Ich bin ja eine, die zwischen E und U bzw der Publikumsseite und dem Lesetisch ziemlich hin und herpendelt oder gradwandelt, weil die Literatur mir ja sehr wichtig ist und ich zu den Lesereisen, den Stipendien und Preisen nicht so ganz den Zugang habe, interessiere ich mich auch für die Welt des Schreibenlernens. Obwohl ich es ja schon in bißchen kann, schadet es nicht eine Schreibgruppe zu besuchen oder sich über die Schreiblehrgänge zu informieren, noch dazu, wo es das, als ich zu schreiben begonnen habe, kaum gegeben hat. Jetzt gibt es das und der Schreibbegriff beziehungsweise, die Frage ob und wie man das Schreiben lernen kann, hat sich inzwischen auch geändert.
Der Arbeitskreis der schreibenden Frauen von den KPÖ-Frauen Ende der Siebzigerjahren sozusagen initiert, bei dem ich vier Jahre lang mitmachte, war damals in Wien ziemlich einzigartig.
Ja die legendäre Gruppe 47 hat es gegeben, aber da wurde man ja eingeladen und zum Bachmannlesen, das sich 1977 gegründet hat, durfte man sich damals auch noch nicht selber anmelden bzw. bewerben.
Es kamen dann ziemlich bald die Volkshochschulen und die Sager, daß das in Amerika anders ist, daß man dort das Schreiben auf der Uni in kreativen Writingkursen lernt und, daß das dort ganz selbstverständlich die größten Autoren machen, die dann meistens dort auch unterrichten.
Bei uns kann man, wenn man soetwas erwähnt, manchmal noch immer hören „Glaubst du, daß du das nötig hast? Ich habe es ganz allein gelernt!“
Was vielleicht stimmt, aber man kann es auch in der Gruppe und lernen muß man es, denn als Genie kommt keiner auf die Welt und inzwischen hat sich das Blatt auch ein bißchen gewandelt, da einige Autoren das auch als Geschäft für sich entdeckt haben.
So gibt es den Lehrgang für Schreibpädagogik, der sich glaube ich aus den Schreibwerkstätten der Stöbergasse entwickelt hat. Petra Ganglbauer ist da sehr engagiert. Marlene Schachinger hat inzwischen auch ihr eigenes Schreibinstitut, das sich aus der Kunstwerkstatt in der Gallizinstraße entwickelt hat.
Anni Bürkl hat ihre eigene Schreibakademie und Thomas Wollinger hat den „Texthobel“ gegründet und das Writersstudio gibt es inzwischen schon über zehn Jahre und seit drei gibt es, glaube ich, die zwei Tage im Herbst mit den Gratisworkshops, die ich regelmäßig besuche und die immer umfangreicher werden.
Aus einem Lehrgang für Studenten mit Schreibblockaden beim Dioplomarbeitenschreiben, haben sich da inzwischen zwei Lehrgänge „das Professional“ und das „Passion Schreiben“ entwickelt, die jeweils an einem Tag in verschiedenen Workshops vorgestellt werden.
Das Sachbuch und das Presseschreiben, das am Freitag angeboten wurde, habe ich diesmal ausgelassen und bin erst um fünf zu den Bagels und den Muffins und dem anschließenden Vortrag von Judith Wolfsberger gegangen, die sich diesmal ein höchst aktuellen Thema ausgesucht hat, nämlich „Auch Stars wie T.C. Boyle haben Schreib Workshops besucht“ und der war ja vorige Woche in Wien und ist in dieser wahrscheinlich schon in Richtung Frankfurt unterwegs, so hat Judith Wolfsberger einen jungen Mann engagiert, der seine Texte las und sie hat ein bißchen von den Unterschieden zwischen dem amerikanischen und dem europäischen Schreiben referiert und erklärt, daß sie ein Fan des amerikanischen Writings ist und das auch in ihren Kursen umsetzen will.
Sie hat auch ein Mail an T.C Boyle geschickt, der ihr geantwortet hat, so daß ein Interview daraus geworden ist, wo er daß Nährende, die Werkschätzung und das Feedback in den kreativen Writingkursen betonte.
„Du kommst hin, schreibst, was und es wird dir applaudiert!“, während bei uns das Feedback noch immer nicht „friendly“ ist, wie Judith Wolfsberger meinte und von einem Schreibseminar in Innsbruck erzählte, wo die Teilnehmer zerrissen wurden, so daß ein paar gleich einmal abreisten.
Und das kann ich mir vorstellen, habe es auch selbst erlebt und das muß auch nicht sein. ich bin bin ja auch eine Verfechterin, die sich dafür einsetzt, daß jeder schreiben soll, der es will und kämpfe auf meinen Blog oft auf verlorenen Posten, wenn sich da einer meldet und hui schlecht, schon wieder ein Fehler schreit. Das muß nicht sein, denn jeder Text hat Stärken und man kann ja auch davon ausgehen und schrittweise weitermachen.
Es hat sich inzwischen auch bei uns schon etwas getan und wenn es auch noch nicht auf jeder Uni kreative Schreibkurse gibt, den Hochschullehrgang in Leipzig und in Hildesheim , bzw in Wien das Studium für Sprachkunst das Robert Schindel initierte und jetzt von Ferdinand Schmatz weitergeführt wird, gibt es und Leipzig hat es das schon zu DDR Zeiten gegeben und Josef Haslinger, der in Leipzig Professor ist, hält, glaube ich, auch viel von der amerikanischen Art und Weise das Schreiben zu erlernen und hat auf amerikanischen Universitäten, glaube ich, sowohl gelernt als auch unterrichtet.
Aber in Wien, Leipzig, Hildesheim muß man sich bewerben und eine Handvoll wird dann genommen, etwas das ich auch sehr kritisiere.
Ins Writersstudio kann jeder kommen. Man muß die Workshops, außer an den Tagen der offenen Tür, aber bezahlen. Allerdings gibt es, glaube ich, schon eine Förderung dafür und, daß das Schreiben Spaß machen kann und soll ist etwas, das mir auch sehr wichtig ist.
So gab es nach dem Vortrag wieder eine Verlosen wo man drei Schreibseminare und zweimal einen Gutschein für ein Schreibfabrik, ein „Schreibcafe mit Yoga“ und eine „Schreibenacht“, auch schon klassische Angebote des Writersstudio, gewinnen konnte.
Alle um mich herum haben etwas gewonnen und ich bin am Samstag zum Passion Writing gegangen, wofür ich mir schon einiges vorgenommen habe.
Das begann um neun mit dem „Freewriting für Geschichten“,dem „Einstieg ins literarische Schreiben“, in einem sehr sehr vollen Studio, zeitweise waren, glaube ich, an die fünfzig Leute da, vorwiegend Frauen und die in allen Lebenslagen und Ana Znidar, die Short Story Seminar Trainerin begann damit, daß man sich Eigenschaften für eine Figur ausdenken sollte und die mit einer kleinen Handlung verbinden und da hatte ich beim Hingehen ja etwas sehr Interessantes erlebt.
Am Ende der Operngasse saßen zwei Personen, eine große Frau und ein etwas kleinerer schmächtiger Mann auf einem Mauervosatz, dann standen sie auf und taumelten laut lärmend, sich küssend und einander umarmend, die Straße hinab, offensichtlich waren sie etwas angetrunken und ich dachte „Wie komme ich an ihnen vorbei ohne, daß sie mich umrennen!“ und auch, das gehört in mein Notizbuch für die Materialsammlung, denn darüber wollte ich ja schreiben. Hatte ich ja die Idee diesen Probeschreiblehrgang als Materialsammlung zu benützen und viele kleine Einzelszenen für das nächste Projekt zu schreiben. Danach kam die Germanistin Anna Ladurner in einem kurzen schwarzen Kleid, langen fingerlosen Handschuhen, roten Strümpfen und einer weißen Blume im Haar, die für den frühen Morgen ein wenig overdressend anmutete, sich aber auch sonst große Mühe gemacht hat, bei ihrem Schnupperkurs in „Life Writing – kleine autobiographische Textminituaren“, wo es um das Fühlen, Erinnern und Imaginieren ging.
Zuerst zeichneten wir alle aber Wortspiralen, dann gab es kleine Zetteln mit einem Satz,meiner war „Woran hast du erkannt, daß etwas, das dir wichtig war, zu Ende ist?“
Uje j, uje, denn da habe ich nicht an mein Studium oder an einen Urlaub gedacht, sondern daran, daß ich nicht zu schreiben aufhören will und dann eher melancholische Morgenseiten zu diesem Thema geschrieben.
Dann kam wieder Ana Znidar mit dem großen Bruder oder der großen Schwester, nämlich dem „Memoir“ eine „Geschichte aus deinem persönlichen Leben“, beides nicht zu verwechseln mit der Autobiografie und ich habe mich nach der Erkundung meiner starken Gefühle, wie Angst, Genugtuung, etc an das Weiterschreiben der Szene, die ich in der vorigen Wiche in der Schreibgruppe vom Robert begonnen habe, gemacht. Da die das mit dem Kästchen dort märchenhaft fanden, lagen Mutters Dokumente diesmal ganz ordentlich in einer Schreibtischlade und daneben liegt ein Kuvert mit einem Bild von drei jungen Männern und einer Adresse und ich habe inzwischen gedacht, daß bezüglich Spannung, der Konrad aus aktuellen Anlaß ein Waffennarr mit einer legalen oder auch illegalen Waffensammlung im Keller seines Försterhäuschens sein könnte, der Jonas wird auf der Klinik gemobbt und der Benjamin hat nach wie vor Troubles mit seinem aidskranken Freund.
Danach gabs was Neues, total spannend, was zwar nicht sehr viel mit dem literarischen Schreiben zu tun hatte, aber sehr lustig war und ich für die Coveridee der „Dreizehn Kapiteln“ verwenden kann, nämlich „creative Callygraphy“- Experimentieren mit der Handschrift und wir fuhren mit verschiedenen Farben und Stiften über das Papier, um dort ohne Buchstaben Botschaften zu hinterlassen.
Das Programm war dieses Mal so dicht, daß es keine Mittagspause gab, sondern die vierzig Minuten Workshop ohne größere Pause durchgingen. So kam dann wieder Vivien Bronner mit dem Drehbuchschreiben und da habe ich, glaube ich, einen sehr knappen Dialog zwischen einem Paar zusammengebracht, wo die Frau vermutet, daß sie ihn betrügt und der Mann ihr das nicht sagen will „Die rote Stelle an deinem Hals schaut wie ein Knutschfleck aus, wahrscheinlich ist er ein Bienenstich, es gibt aber keine Bienen, hast du nicht aufgepasst?“ – „Natürlich, natürlich, mach dir keine Sorgen und sei nicht paranoid, im übrigen ist das Essen schon wieder angebrannt!“
Dann kam noch einmal was Neues nämlich „Poetry „Die Welt in der Sprache des Erstaunens“ mit Christina Boigner, die an ihrem Hut zu erkennen ist und die ich bei dem Fest vor eineinhalb Jahren kennenlernte. Irene Rauch hat glaube ich vor drei Jahren auch was Lyrisches angeboten. Christina Boigner machte es sehr theatralisch mit Textkärchen und einem Gedicht von Pablo Neruda, der „Ode an die Zwiebel“ Dann solten wir eine „Ode an ein Schreibgerät“ dichten und im Chor den ersten Satz „o du mein blauer Bleistift“, etc murmeln.
Dann kam „Travel Writing“ mit Ana Znidar, der fleißigen, die wieder die üblichen Übungen machte und einen Gast mitgebracht hat. Michael Giongo, der 2009 das „Travel Writing“ buchte und inzwischen Artikeln im Standard hat, von denen er einen, über eine jüdische Gemeinde in Argentinien auch vorlas.
Dann rauchte mir der Kopf, es gab aber noch das „Friendly feedback“ und da las ich die Textstelle vom „Memoir-Workshop“ vor und war über das freundliche Feedback überrascht, es ging nämlich, um das „show not tell!“ und da denke ich ja immer, das kann ich nicht. So kommt die Barbara nach Hause und denkt „Tief durchatmen, ruhig bleiben, ich muß funktionieren!“ und dachte dabei, das ist jetzt nicht gefühlt. Judith Wolfsberger hat es aber gelobt, daß sie daran sofort merkte, daß etwas geschehen ist.
Toll, toll, toll, so ein Workshop-Tag und ich kann das Writerstudio mit seinen freundlichen Trainerinnen wirklich nur empfehlen. Man lernt sehr viel dabei und sie machen sich auch sehr viel Mühe.
Am 24. September und am 24. Oktober gibt es Infotage zu dem „Passion Writing-Lehrgang“ und eines habe ich nun fast vergessen zu erwähnten, was ich auch entdeckte, als ich Frühmorgens in die Pramergasse ging. Vis a vis der Buchhandlung Kuppitsch gibt es einen kleinen offenen Bücherschrank, wo ich ein Leseexemplar aus dem Jahr 2003 entdeckte und mir dachte, toll, wenn da die Buchhandlung hineinlegt, was sie nicht verkaufen kann, es wird wirklich immer besser!
2013-09-21
Kunst und Handwerk des freien Schreibens
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