Der Name Franz Michael Felder hat sich bei mir durch das Vorarlberger „Felder-Archiv“ eingeprägt, von dem Ulrike Längle, auf den GAV- Sitzungen immer wieder erzählte und irgendwie die Vorstellung, daß das ein berühmter Vorarlberger Dichter ist, aber sonst nicht sehr viel von ihm gehört und auch nichts gelesen. Vor einiger Zeit wurde in „Von Tag zu Tag“ ein Buch über die österreichische Literatur vorgestellt und dort Franz Michel Felder für bedeutender als Peter Rosegger und Stefan Zweig gerühmt, dann habe ich im Schrank die 1985 bei „Residenz“ erschienene Autobiografie „Aus meinem Leben“, des 1839 geborenen und schon 1869 in Schopperau gestorbenen gefunden und mich in das Leben eines Vorarlberger Bauern eingelesen, der sich immer als Sonderling erlebte und dabei in seinen knapp dreißig Lebensjahren erstaunlich viele Leistungen und Veränderungen erbrachte.
Peter Handke hat das Vorwort geschrieben und den Dichter sehr gelobt, das Buch wurde übrigens aus der Städtischen Bücherei ausgeschieden und wurde dort von 1985 bis 1991 dreizehnmal ausgeborgt.
Die ersten Kapiteln beschreiben die Kindheit. Vor Franz Michael ist ein Bruder gestorben und als der kleine Franz Michel durch eine Nachläßigkeit eines betrunkenen Arztes ein Auge verliert, verliert die Mutter ein weiteres Kind.
Aufgezogen wird der Bub vom „Gottle“, einer im Haus lebenden Base, die ihm Lieder vorsingt und das Musizieren beibringt. Als Franz Michel das erste Mal in die Kirche darf, ist er so gerührt, daß er Weinkrämpfe bekommt, worauf ihn der Vater nicht mehr in die Gottesdienste und auch nicht zur Schule gehen lassen will.
Der Lehrer bzw. der Pfarrer verhindert das, so wird Franz Michel ein sehr fleißiger Schüler, dem das Lesen sehr wichtig ist, im Sommer geht es auf die Almen, er zieht auch mit einer Bettlerin herum und kommt ins Gerede, weil die für den Lebensuntüchtigen bettelt, wovon er keine Ahnung hatte. Für das Abonnieren einer Zeitung wird gespart und die dann auch weitergereicht und als Franz Michel erklärt, daß er Bibliothekar werden will, bekommt der Lehrer so einen Schreck, daß er ihm Bücher aus seiner Bibliothek verspricht.
Sonst werden in den Bauernhäusern meistens nur Kalender gelesen, die Frauen sticken in Heimarbeit, es wird Käse erzeugt, die die Bauern, dann nur sehr billig und nicht auf dem freien Markt verkaufen können und Franz Michel beginnt sich auch die Bücher von Schiller und Goethe zu bestellen.
Irgendwann lernt er Anna Katharina Moosbrugger, die Schwester eines studierten Freundes, kennen, ein sehr gelehrtes Mädchen, das Gedichte schreibt, den Garten pflegt, was für die Vorarlberger Bauern für wahrscheinlich genauso nutzlos, als das Bücherlesen gilt und so gibt es anfangs auch mit der Beziehung Schwierigkeiten.
Anna Katharina, genannt Nanni, muß auf Anraten ihrer Familie mit einem anderer aufs Tanzfest gehen, damit sie mit Franz Michael nicht ins Gerede kommt, dann stürzt der mit seinen Kühen ins Wasser und ertrinkt beinahe weil er nicht schwimmen kann. Da kommt Nanni am Sonntag zu ihm in die Stube und schlägt ihm selber eine Heirat vor, der schließlich ihre Mutter zustimmt, so daß es am 4 Februar 1861 zur Hochzeit kommt.
Ein paar Seiten später endet der erste Teil der Autobiografie. Dem Nachwort von Walter Methagl entnimmt man, daß der Ehe fünf Kinder entsprangen, Nanni 1868 stirbt, worauf er in kurzer Zeit seine Autobiografie verfaßt und selbst sieben Monate später kaum dreißigjährig an TBC verstirbt. Dazwischen hat er nicht nur drei Romane geschrieben, sondern auch eine Bibliothek im Dorf geschaffen, sich für die Verbesserung bei der Käserei eingesetzt und mit seinem Schwager eine politische Partei gegründet, die allerdings von der Kirche und vom Pfarrer sehr angefeindet wurde.
Ein sehr beeindruckendes Leben und ein sehr beeindruckendes Buch, an dem ich trotzdem eher lang gelesen habe, in dem vor allem die Stellen berühren, wo Felder über seine Liebe zu Büchern und das Lesen spricht, in einer Zeit wo Bücher nur von den Wohlhabenden gekauft wurden und daher auch die entsprechenden Inhalte hatte.
Es gibt auch einen „Franz Michael Felder-Verein“, in dem man Auskunft über die vergriffenen und erhältlichen Publikationen bekommen kann und ich will der literarischen Bedeutung des Vorarlberger Dichters nichts entgegenreden, denke aber doch, daß Peter Rosegger zumindestens als gleichwertig zu betrachten ist und Stefan Zweig hat ohnehin einer Bildungsschicht angehört, die sich den Zugang zu Büchern niemals erkämpfen mußte, sondern, wie er in seiner „Welt von Gestern“ schrieb, die neuesten Dichter in der Schulbank las, während die Professoren draußen das langweilige Veraltete beschwafelten.
2013-09-27
Aus meinem Leben
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