„Der satirische Wien-Führer „Wien wie es wirklich scheint“, ist das lustigste Buch über Wien, das es gibt“, hat mir Clemens Ettenauer geschrieben und ich war einen Augenblick verwirrt, habe ich ja gerade erst ein Wien-Buch aus dem Holzbaum-Verlag gelesen, aber Holzbaum verlegt offenbar sehr schnell und scheint Wien auch zu seinen Favoriten zu zählen.
Am Titelbild sieht man „Mozart“, das heißt, wahrscheinlich einen tschechischen oder slowakischen Studenten mit der weißen Perücke und dem Samtjacket, die den Touristen Konzertkarten verkaufen sollen, mit einer Bierdose vor dem Mund.
Auf der Rückseite kratzt er sich am Kopf und das Buch, das wie ein wirklicher Reiseführer aussieht, herausgegeben von Curt Cuisine und Maximilian Zirkowitsch, beginnt mit allgemeinen Informationen über die Wiener Seele und die Wien-Geschichte.
Dann geht es zu den sechzehn Touren. Da gibt es ein „Jüdisches“ und ein „Nazi-Wien“.
Das „Nazi-Wien“ ist ganz einfach zu erforschen. Man setzt sich ins nächste Kaffeehaus „und mit etwas Glück können Sie am Nebentisch einen echten Nazi belauschen: Hahaha… Autobahn…ned ollas schlecht…g`hört a Neuer her…hahaha!“
Das „Wien für Kleinkriminelle“ führt vom Mexikoplatz, übers Stuwerviertel in den Prater. Die FPÖ-Bundesgeschäftsstelle und die Reiffeisen-Zentralbank ist natürlich auch dabei.
Dann gehts ins „Wien für Terroristen“, was wahrscheinlich eine Steigerung der Kleinkriminalität ist.
Dazu führen die Autoren sowohl ins AKH, als auch in die Kapuzinergruft. Wenn man will, kann man mit Liliputbahn in den Prater fahren oder beim Stephansdom auf die Turmspitze steigen.
Wien für „Fundis“ und für „Verlierer“ gibt es auch. Da kann man sich ein Bild des „Heeresgeschichtlichen Museums“ und eines von der „Geisterbahn“ machen. Und macht man die „Wien für Verlierer-Tour“ muß man die ÖVP-Zentrale am Rathausplatz besichtigen, denn „seit Jahren kassiert die Partei bei Wahlen nur Niederlagen.“
Das „Wien für Voyeure und Exhibitionisten“ führt unter anderen ins Cafe Hawelka, denn da hat es ja einmal einen Nackerten gegeben und das „Wien für Blinde“ ist überhaupt sehr lustig, besteht es doch aus nur zwei Seiten und nur aus Blindenschrift.
Vom „Wien für Betroffene“ geht es an die „schönsten Ecken“ und ein „Wien für Untote“, spricht die Vampire an und führt sowohl ins „Filmmuesum“, als auch auf den „Zentralfriedhof“. Die „Kapazinergruft“ ist nochmals zu besuchen und einen „Vampirzahntipp“ gibt es auch.
Danach kommen die Ratschläge zum günstigen Übernachten, was mit einem Bild vom „Otto Wagner Spital“, also dem früheren „Steinhof“, Irrenhaus oder Gugelhupf eingeleitet wird und die angegebenen Preise sind ohne „Schießgewehr“.
„Essen und Trinken“ kann man in Wien natürlich auch. Der Mozart-Keiler tut das mit einer Mozartkugel und ob man den Herrn Lugner wirklich in der Lugner-City am Nebenstisch sitzen sehen kann, bin ich mir nicht so sicher.
Ausgehen, Sport und Sex betreiben kann man ebenfalls und wenn man nur ein kleines Börserl hat, gibt der Satireratgeber besondere Tips.
Denn da gibts „Ringelspieling“, „Hinterhofing“, „Schrebergartling“ und dann natürlich das „Grantling“, das nach Ansicht der Buchautoren alle echten Wiener können müßen.
Heurige gibt es natürlich auch und wenn man am österreichischen Nationalfeiertag in Wien anreist, kann man sogar einen echten Präsidenten in der Hofburg am Tag der offenen Tür die Hand schütteln.
Dann gibts die Anleitungen zum Wienerisch sprechen, also statt „Ich habe kein Interesse an einer Greenpeace Mitgliedschaft“- „Hau di über di heisa, du gtungane Orschwarzn“ sagen.
Am Buchrücken kann man die Warnung: P.S: Nicht für Touristen geeignet finden, was ich mir fast schon dachte.
Denn „Wien existiert nicht, es ist nur ein Schein und nur als Kulisse oder Marketing Gag zu verstehen“. Dafür bietet das Buch aber erstaunlich viel Information und Anmerkung am Rande, nicht alles ist ganz falsch.
2013-10-29
Wien wie es wirklich scheint
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