Nachdem wir schon um zwei zurückgekommen sind, um halb neun ausgecheckt, dann in Sopron im Tesco bis halb zwölf eingekauft und an der Grenze Mittag gegessen haben, ist es sich für den letzten Tag der „Literatur im Herbst“ im Odeon, um die ich mich bisher nicht gekümmert habe, noch ausgegangen.
„Gender tun und lassen – Mann und Frau, Normen, Macht und Liebe“, hieß das von Angelika Reitzer und Christine Lötscher kuratierte Thema.
In den früheren Veranstaltungen ist es eher um osteuropäische Länder und den Donauraum gegangen, aber Mann und Frau ist sicher interessant und so habe ich mich mit Trude Kloiber um vier Uhr im „Odeon“ getroffen, wo es gleich mit Sabine Scholls neuen Roman „Wir sind die Früchte des Zorns“, losging, ein Familienroman, der den Müttern gewidmet ist und darum geht, daß die Frauen die Mutterschaft immer an ihrer Töchter weitergeben, die dadurch stumm und unterdrückt werden, während die Männer Karriere machen. Sabine Scholl, von der ich noch nicht viel gelesen habe, sie aber einmal bei einer Lesung hörte und sie auch als Professorin für Sprachkunst kenne, outete sich in der Diskussion als leidenschaftliche Leserin und obwohl ich die 1959 geborene nicht unbedingt als Feministin einschätzen würde, war die Genderproblematik beim Thema Windelwechseln und Kinderschreien einsichtig. Bei Alois Hotschnig „Die Kinder beruhigte das nicht“, dagegen nicht so sehr und Brigitte Schwens-Harrant, die für die offenbar verhinderte Christine Lötscher moderierte, sprach in der Einleitung, daß der ebenfalls 1959 in Kärnten geborene, keiner sei, der jedes Jahr einen dicken Schmöker auf den Martk werfe, sondern nach dem Roman „Leonardos Hände“, sich eher auf Kurzgeschichten spezialisiere, die fein auskomponiert sind und mit dem Dialog spielen. Den 2006 erschienenen Band „Die Kinder beruhigte das nicht“, habe ich einmal im Zelt der Buchkultur bei „Rund um die Burg“ gewonnen, aber noch nicht gelesen, weil ich ja eher für die dicken Schmöker bin.
„Im Sitzen läuft es sich besser davon“ war auf einer „Buch-Wien“ zu hören, aus beiden Bänden las Alois Hotschnig eine Geschichte vor.
Die aus dem Band „Die Kinder beruhigte das nicht“ war seltsam surreal. Da geht einer zu einer Frau, die ein ganzes Zimmer voller Puppen hat, die sie als ihre Kinder bezeichnet, eine hat seinen Namen, er geht immer wieder hin und erlebt sich sozusagen selbst, verliert oder gewinnt seine Identität neu. Die aus dem anderen Band behandelte in Dialogform das „Älterwerden“, in der Diskussion meinte Hotschnigg, daß sich die Leser ihre Deutungen selber geben müßen und ich habe in der Pause mit Trude Kloiber bei einem Glas Wein über die verschiedenen Formen des weiblichen und des männlichen Schreibens diskutiert, dabei sind wir beim nächsten Veranstaltungspunkt, dem Kontrastprogramm zu Alois Hotschnig, nämlich Thomas Meineckes „Lookalikes“ ein bißchen zu spät gekommen, haben die Einleitung versäumt und wurden gleich in den Roman wo es um Josephine Baker, Greta Garbo, Elvis, Marlene Dietrich, Film, Musik etc, geht hineingeworfen und die „Lookalikes“ sind, habe ich mich inzwischen erkundigt, eine Art Doppelgänger, Personen, die den oben genannten ähnlich sehen und der Roman war, glaube ich, sehr dick, wie die anderen an diesem Abend vorgestellten, auch. Thomas Meinecke wurde 1955 in Hamburg geboren ist Musiker und Schriftsteller und meinte in der Diskussion, daß er, wenn bei seinen Romanen der Abgabetermin naht und er mit seinen Themen noch nicht zu Ende ist, mit dem nächsten beginnt und daß ihm die ersten Sätze und das Ende nicht so wichtig ist.
Dann ging es weiter mit der weiblichen Variante des Schreibens, nämlich der Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken und ihrem Buch „Angezogen Die Geheimnisse der Mode“, das sie schon in Frankfurt vorstellte, eine sehr freundliche blonde Frau, elegant im schwarzen Kleid und Stöckelschuhen mit großer Tasche angezogen, die in ihrem Buch von Rousseau, Nietzsche, der Antike und den Unterschied der weiblichen und der männlichen Mode, der Sexualität und der Unterdrückung höchst lehrreich mit vielen Anekdoten und Beispielen zu erzählen wußte und da wahrlich mit den Vokabeln und den Erkenntnissen um sich schmiss.
Mit den Geheimnissen ging des gleich weiter, nämlich mit Oksana Sabuschkos „Das Museum der vergessenen Geheimnissen“, die von Erich Klein moderiert wurde. Der sehr dicke, 2010 erschienene Roman, ist ebenfalls eine Familiengeschichte in drei Generationen und die Geheimnisse sind, wie Oksana Sabuschko auf Englisch erklärte, ein in der Ukraine übliches Kinderspiel. Erich Klein leitete mit einem Stück aus dem Essayband „Planet Wermuth“, nämlich mit der Stelle, daß am 26. April 1986, als in Tschernobyl der Reaktor in die Luft flog, seltsame Schneeflocken zu sehen waren und Oksana Sabuschko, die sehr viel und sehr lebhaft auf Englisch diskutierte, erklärte den weiblichen Anteil des Schreibens, glaube ich, damit, daß heuer nur Frauen die wichtigsten Literaturpreise gewonnen hätten, was vielleicht ein Zufall, aber sehr schön ist.
Zuletzt kam noch die 1979 geborene Dina Nayerl, die während der islamischen Revolution, als Zehnjährige nach Amerika emigrierte, dort kreatives Schreiben unterrichtet und deren 1913 erschienener Debutroman „Ein Teelöffel Land und Meer“, bereits in dreizehn Sprachen übersetzt wurde.
Das andere, es hat schon am Mittwoch und am Donnerstag in der „Alten Schmiede“ und am Freitag im „Odeon“ begonnen und auch Workshops gegeben, die unter anderen von Bärbl Danneberg, die ich ja vom Arbeitskreis schreibender Frauen kenne“, gehalten wurden, habe ich versäumt. Interessante Bücher über Macht und Liebe, Mode und Unterdrückung wurden aber vorgestellt, von denen ich nun auch einiges mitbekommen habe.
2013-11-17
Gender tun und lassen
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