Literaturgefluester

2014-01-13

Blondinenträume

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:02

Milena Mosers, 1994 in der rororo Reihe „Neue Frau“ von Angela Praesent und Gisela Krahl herausgegebenen, Roman, den ich vor, glaube ich, zwei Jahren um einen Euro in dieser inzwischen geschlossenen Buchhandlung in der Wiedner Hauptstraße kaufte, ist wahrscheinlich eine Farce und eine Parodie, auf das Leben in einer Schweizer Sozialsiedlung.
„Hier werden die Probleme unseres kleinkarierten Alltags gesprengt – gefühlsecht, grotesk, wirklichkeitsnah und unbeschreiblich komisch“ steht am Buchrücken. In einer Ein-Stern Amazon Rezension, habe ich etwas von einer Seifenoper und langweiligen Durchschnittscharakteren gelesen, was ich nicht finden konnte, denn durchschnittlich sind die Frauen, die in diesem Wohnblock leben nicht, mir war es vielleicht ein bisschen zu rasant und vielleicht auch zu grotesk und komisch, da ich damit ja meine Schwierigkeiten habe, aber schön der Reihe nach, obwohl das nach den vielen Handlungsschwenkungenen und Schleifen gar nicht so eifach ist.
Da gibt es Lotti, das ist eine ältere Frau, die immer Morgenmäntel trägt, auch wenn sie einkaufen geht oder Krankenbesuche macht, die erwacht am Morgen aus einem Alptraum, daß ihr inzwischen fünfunddreißigjähriger Sohn ihr eine Muttertagszeichnung schenkt und man erfährt nach und nach, sie ist Tagesmutter und betreut die Kinder der anderen Sozialfälle in der Siedlung, bringt sie in die Schule und in den Kindergarten und die ehrbaren Familienfrauen, die auch hier wohnen, zerreißen sich den Mund über die Alkoholikerin und schreiben Briefe an die Briefkastentante der Tageszeitung.
Marion Meierhans, zweifache Mutter mit dem dritten Kind schwanger tut das auch. Dann gibt es noch Natalie, das ist eine Siebzehnjährige mit Kinderwagen und Elma, die Alleinerzieherin von Serafina, die nicht im Büro arbeiten mag, sondern lieber einen Mann will.
An diesem Morgen sind sie alle aus dem Häuschen, denn in die Siedlung zieht ein Alleinerzieher mit zwei Kindern und alle Frauen drehen durch und Elma und Natalie steigen mit ihnen auch ins Bett oder wollen ihn heiraten, Frau Meierhans, will für ihn kochen und seine Kinder versorgen, aber die bringt Zeno Held schon zu Lotti.
Durch Frau Meierhans Briefe an Frau Donata, erfährt man, ihre Ehe ist nicht gut, ihr Mann mißhandelt sie und schlägt sie und als das dritte Kind noch ein Junge wird, müßen ihn die Krankenschwestern erst anrufen, damit er sie besuchen kommt.
Sie bekommt auch sowas wie eine Wochenbettdepression, wird aber von Lotti, Natalie und Zeno besucht und bei der Taufe kommt es zu einem Eklatat, weil der Kinderwagen mit Kind in der Kirche vergessen wurde, während alle beim Leichenschmaus saßen.
Am nächsten Tag gibt Herr Meierhans seine größeren Kinder bei Lotti ab und verschwindet. Marion tut das auch, das Baby wird dann im Keller gefunden und Lotti muß handeln.
Das Zeno etwas seltsam ist, hat sie auch schon herausgefunden und seine Kinder werden von ihrer Mutter geholt, die Zeno verlassen und sich emanzipieren wollte, als Rache hat er das Haus angezündet und Sophie die Schuld gegeben, so daß ihr das Sorgerecht entzogen wurde.
Jetzt muß er dafür büßen, beziehungsweis die Wünsche von Natalie, die inzwischen eine Superpizzeria aufgezogen hat und Elma befriedigen.
Daß Lotti auch einmal in einer postnatalien Depression ihr Kind getötet hat, erfahren wir auch, bis alles fulminant endet. Elma zieht mit Serafina zu der zweiten Frau ihres Exmannes zurück, Natalie in eine Wohngemeinschaft und Zeno scheint ein Kind von Natalies Mutter, die eine überforderte Emanze ist, zu bekommen, er wird Kindergärtner und Frau Meierhans Briefkastentante, die ihre eigenen Briefe beantwortet.
Eine Parodie auf das Elend der Alleinerzieherinnen und unterdrückten Frauen, überzeichnet und inzwischen vielleicht sogar ein bißchen altmodisch wirkend. Aber ich habe mich auch schon mal geärgert, wenn beispielsweise bei einem Psychotherapeutentreffen sich alle Psychotherapeutinnen begierig auf den einzig anwesenden Arzt stürzten.
Die Frauen könen vielleicht doch nicht so ganz aus ihrer Haut heraus und sind vielleicht auch ein kleines bißchen selber schuld an ihrem Elend. Das Leben in Sozialwohnungen ist aber sicher nicht so einfach und normalerweise, kommt wahrscheinlich eher das Jugendamt auf Besuch, als der Märchenprinz und das war es wohl auch, was die 1963 geborene, in Zürich lebende Milena Moser, die mit „Putzfraueninsel“ und „Hausfrauenschlampe“ bekannt geworden ist, überzeichnet ausdrücken wollte.
Ich habe von ihr das 2010, erschienen „Möchtegern“ eine Satire auf das Schreiben beziehungsweise literarische Castingsshow gelesen und, glaube ich, noch so ein kleines Rowohlt-Bändchen in meinen Regalen

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