Jetzt gibt es die Besprechung von „Rauschen im Kopf“, dem Roman des 1948 in Maribor geborenen slowenischen Schriftstellers, Drago Jancar, der 1998 als bester slowenischer Roman ausgezeichnet wurde, bei Zsolnay erschienen ist, von der städtische Bücherei ausgeschieden im Schrank landete, wo ich ihn gefunden habe.
Drago Jancar ist mir wahrscheinlich schon wegen der Ähnlichkeit des Namens, obwohl meiner, beziehungsweise meine Großmutter ja aus der Tschechei stammt, ein Begriff.
Von „Katharina und der Pfau“ habe ich eine Leseprobe. In der“Alten Schmiede“ beziehungsweise bei „Jugoslawia Revisited“ habe ich ihn gehört.
Der Roman beginnt ganz altmodisch mit einem Erzähler, der im Sommer 1975 in einer uralten k.u.k Strafanstalt der Stadt M., von dem Insassen Keber, der als Weltmann und Soldat, der die Welt bereiste, und vielerlei gesehen und in viele Kämpfe verwickelt war, geschildert wird, die Geschichte des Gefängnisaufstandes der Livada geschildert bekommt, die er mit dem jüdischen Aufstand und der Belagerung Masadas vermengt.
Ganz idyllisch wird das geschildert. Von der Hotelterrasse nebenan klingen Musikklänge und der große Keber hat nur zwei Macken, er kann keine obszönen Gesten, kein „Leck mich am Arsch“, sehen und hält das Scharren von Metalllöffeln nicht aus, hat er doch ständig ein „Rauschen im Kopf“, so der Name der Geschichte und damit hat es in der Livada auch angefangen.
Denn da wurde ein Basketballspiel, Jugoslawien gegen Amerika übertragen, das die Häftlinge gerne sehen wollte. So handelte Keber mit dem „Alten“, das ist der Direktor und ein bedächtiger Mann, aus, daß nur drei Wachen dabei sein sollten, damit es auch gemütlich ist. Wärter Albert spielte nun mit seiner Waffe, provozierte damit Keber und als er noch den Fernseher abdrehen wollte, drehte der durch und schmiß den Fernseher aus dem Fenster und so kam es zu dem Aufstand.
Wärter wurden als Gefangene genommen und Keber und sein Kumpan Johann mit dem Goldzahn marschierten in die Zelle des Buchhalters Alois Mraks, einen belesenen Mann, der den Gefangenen die Gesuche schreibt und machten ihn zum Sprachrohr und damit entglitten die Ereignisse, mit denen Dragor Jancar wohl zeigen wollte, daß Revolten meistens oder auch immer in Terror und Unterdrückung ausarten.
Vergleiche mit der russischen Revolution und der „Animal Farm“ werden in den Rezensionen angestimmt und Dragor Jancar erzählt den Verlauf der gescheiterten Revolution sehr langsam und bedächtig in über zweihundersechzig Seiten mit vielen Rückblicken und den alltäglichen Grausamkeiten eines Gefängnisalltages, die sehr bald entgleitet.
Frauen aus Kebers Leben, die Huren Katharaina und Mascha in Odessa und die Kellnerin Leonica in Ljubljana, von der sich Keber nicht ganz sicher ist, ob nicht Johann etwas mit ihr hatten, kommen in Kebers Gedanken vor und auch der jüdische Aufstand wird als Methapher immer wieder daneben gesetzt.
In der Levada werden aber zuerst Forderungen aufgestellt, nach besseren Essen, besseren Haftbedingungen, besserer Hygiene, wogegen wahrscheinlich nichts zu sagen ist, Keber fordert aber auch die Wiederholung des Basketballspiels, worauf der Minister mit dem Alois Mrak verhandelt, zu lachen beginnt.
Eine schöne Journalistin wird eingeschleust und Keber darf sich mit ihr unterhalten und als der Gefängnispsychologe, die Haftbedingungen der Wärter inspizieren soll, läßt man ihn nicht mehr hinaus. Alois Mrak reißt indessen bald die Macht mit sich, ein Denunizant macht sich zum Polizeiinspektor, die anderen Häftlinge werden gequält, mißhandelt, gefoltert in der Friseurstube, in der ein Richtermörder das Kommando hat.
Auch Keber wird bald die Macht entrissen, man muß sich anmelden, wenn man zum Direktor will, der philosophiert in der Nacht mit dem Gefängnispsychologen, bringt ihm das Saufen bei und verkauft die Wächter nach und nach gegen Essen, das nicht gerecht verteilt wird.
So kommt es wie es kommen muß, Mrak gibt die Erlaubnis, daß der Innenminister mit dem Hubschauber landen darf, drinnen war aber ein Sonderkommando und Mrak wird ganz genau, wie in der franhzösischen Revolution von ihr aufgefressen.
Revolutionen lohnen sich nie und Aufstände geraten schnell in eine Diktatur, ist wahrschein das, was Drago Jancar, der selbst einige Jahre wegen „feindlicher Proaganda“ inhaftiert war, sagen will.
Ein interessanter Roman schon wegen seiner Schreibweise und der bedächtigen Art in der mit vielen Wiederholungen, das erzählt wird, was eigentlich schon auf den ersten Seiten klar ist.
Am Schluß geht es wieder an den Anfang, das heißt in das k.u.k Gefängnis der Stadt M. zurück, wo Keber erzählt und die Band auf der gGegenüberliegenden Hotelterrasse ihr „Besa me mucho“ „Küß mich wild“ spielt.
2014-02-22
Rauschen im Kopf
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