Ich habe es ja schon öfter geschrieben, das Tolle an den „Offenen Bücherschränken“ ist, das ich durch sie an Bücher herankomme, die sonst an in mir vorbeigegangen wären, wie beispielsweise jetzt der 1921 in Lemberg geborene und 2006 in Krakau gestorbene, Stanislaw Lem, von dem ich zwei Bücher gefunden habe, die ich jetzt hintereinander lesen werde.
Von den großen Science-Ficton Autor, er hat aber, glaube ich, auch genreübergreifend geschrieben, habe ich 1992 das erste Mal gehört, da hat sich Radek Knapp auf ihn bezogen und er galt für mich seither, als der Doyen des fantastischen Schreibens und das ist im „Futurologischen Kongreß“, 1970 geschrieben, die deutsche Fassung ist ein bißchen später erschienen, gleich zu merken, obwohl wir inzwischen bezüglich der Fantastik und Science schon ein bißchen weiter sind. Der Roman ist jedenfalls sehr rasant und reißt die Leserin in abenteuerliche Geschwindigkeit in die Welt in „Constricana“, wo der achte futorologische Weltkongreß im Hilton Hotel stattfinden soll.
Der Ich-Erzähler ist ein gewisser Ijon Tichy, ein Astronaut, offenbar schon bekannt aus anderen Lem-Romanen und man wird gleich in den Taumel einer ungeheuren Ideenvielfalt hineingerissen.
In dem Kongreß scheint es um die Frage der Überbevölkerung zu gehen, in dem Hotelzimmer gibt es Zwieback, ein Kletterseil und eine Tarnpelerine und die Versicherung der Direktion, daß es garantiert bombenfrei sei.
Auf den Straßen draußen scheint es Gewaltexzesse zu geben, im Hotel hört man von der Entführung von amerikanischen Botschaftsangehörigen.
Es gibt auch noch andere Kongreße, zum Beispiel den der Verleger der befreiten Literatur, die sich sehr freizügig geben oder den der Streichholzschachtelsammler und als Tichy in seinem Zimmer Wasser trinkt, gerät er in einen halluzinatorischen Zustand, denn das Wasser war vergiftet, beziehungsweise war ihm ein „Begütigungsmittel“ beisgesetzt, damit es zu keinem Aufstand der unzufriedenen Bevölkerung kommt. Er muß zuerst mit sich selber kämpfen, dann mit anderen Kongreßteilnehmern, da gibt es zum Beispiel einen Professor Trottelreiner mit Brille und Regenschirm, in die Kanalisationsanlage flüchten, wo es zu weiteren hallizunationsartigen Erlebnissen kommt, Tichy schließlich tiefgefroren wird und im Jahr 2039 in einer schönen neuen Wunderwelt erwacht, wo alles durch Pillen, die Absolventin, Theodizina, Freudian, Mementin etc, heißen, geregelt wird, man nicht mehr stirbt, es keine Bücher mehr gibt, sondern man die Weisheit mittels Lutschtabletten einnimmt, jeder den Nobelpreis für sich beantragen bzw die größten Kunstwerke billig kaufen kann.
Man spricht auch eine andere Sprache. „Wohn“ heißt zum Beispiel Wohnung, „Dings“ das Fernsehen und die Zeitungen zersetzen sich nach einem Tag selber, damit man befreit vom unnützen Wissen wird. Es gibt auch keinen Knast, sondern so was wie eine Fußfessel, die aber um den ganzen Menschen herumgelegt wird, um ihm vom Bösen abzuhalten.
Mißbrauch gibt es natürlich auch, so können sich die Frauen ihrer Männer entledigen, in dem sie ihnen durch Medikamente vorgaukeln, sie befinden sich auf Safari oder Weltreise, in Wirklichkeit liegen sie irgendwo am Dachboden und verhungern. Denn in Wirklichkeit hat das Problem der Überbevölkerung bis 2039 ja noch mehr zugenommen und während die Menschen glauben, sie trinken die teuersten Weine, befinden sie sich in größter Armut und werden durch einen künstlichen Einheitsbrei ernährt.
Tichy, der am Anfang eine wunderschöne Krankenschwester hat, die ihn in die neue Welt einführt, trifft bald Professor Trottelreiner wieder, der sich ihm als „Sachsichtiger“, er wird nicht durch Maskone narkotisiert, outet, sondern nimmt an einem weiteren geheimen Weltkongreß teil, für den er drei Modelle erarbeit, um zu einer Lösung der Probleme zu kommen.
Einen Gegenspieler gibt es auch, Dr. Symington, der Tichy erwischt und bedroht und am Ende erwacht der wiede in dem Abwasserkanal unter dem Hotel, wo er sich mit der Direktion und anderen Kongreßteilnehmern geflüchtet hat.
Trottelreiner ist auch da, der zweite Tag des futorologischen Kongreßes beginnt und Tichy beginnt so laut zu lachen, daß den Wissenschaftler ihre Skripten entfallen und „im schwarzen Wasser in eine unerforschte Zukunft entschwimmen.“
Spannend, spannend, das 2014 zu lesen, wo sich manche von den Phrophezeiiungen schon erfüllt haben, die Menschen aber immer noch mehr oder weniger lustig, depressiv, überwacht, angetörnt, etc vor sich hin und weiterleben.
Siegfried Lenz hat den Text für den Buchumschlag geschrieben und ich freue mich auf das zweite Buch „Der Mensch vom Mars“, das in der Beschreibung, als Einstiegslektüre für Lem-Neulinge empfohlen wird, da bin ich ja schon ein kleines Stückchen darüber hinaus.
2014-04-10
Der futorologische Kongreß
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