Ich gehe ja eher selten zu Lesetheaterveranstaltungen, als ich aber nach einem Programm für den Freitag suchte, bin ich auf das „Amerlinghaus“ und Joseph Roths „Legende vom heiligen Trinker“, veranstaltet von Kurt Raubal gestoßen und wußte, wo ich den Abend verbringe, denn Joseph Roth ist ja ein besonderer Dichter, zu dem ich eine besondere Beziehung habe, über die ich schon geschrieben habe.
Nämlich aufgewachsen mit dem „Radetzkymarsch“ im elterlichen Schlafzimmer bzw. Wohnzimmer, als dort noch der Bücherschrank stand.
In den frühen Siebzigerjahren bin ich auf die Verfilmung gestoßen und habe mir gedacht „Ach, wie langweilig und nur eine einzige Frau!“, eine Meinung die sich erst allmählich änderte.
Aber als der Meister einen runden Geburts- oder Sterbetag feierte und ich mir eigentlich keine Bücher mehr kaufen wollte, bin ich nicht umhin gekommen, mein Wort zu brechen und habe mir drei kleine TB-Bändchen besorgt, dafür habe ich die „Kapuzinergruft“ beim Stattersdorfer Flohmarkt liegen lassen, weil ich dachte, daß ich es schon hatte und das Literaturhaus hat mich auch mit einigen Veranstaltungen bzw. einer Ausstellung versorgt. Mit dem Otto habe ich dann auch ein bißchen darüber diskutiert, der ja alles von ihm lesen wollte.
Ich habe den „Radetzkymarsch“ inzwischen gelesen und „Die Flucht ohne Ende“ und die „Legende vom heiligen Trinker“ glaube ich, teilweise auch schon mal als Hörspiel gehört und dann habe ich mir ja eine eigene ausgedacht, als es einmal „Auf Werbefahrt mit Joseph Roth“ ein Stückchen nach Ungarn ging.
Also nach sieben Uhr aufgebrochen und weil ich so wenige Bücher habe, den Umweg über den „Wortschatz“ und die Zieglergasse gemacht.
Im „Wortschatz“ gab es ein besonderes Schmankerl, nämlich eine alte DDR-Anthologie mit dem Titel „Carmen“ und Texten zum spanischen Bürgerkrieg und in der Zieglergasse räumte gerade eine elegante Dame, eine Donna Leon Sammlung ein, so daß ich meine Krimilücken ergänzen konnte und die habe ich dann auch gleich im „Amerlinghaus“ wiedergetroffen, wo sie mich sehr freundlich grüßte.
Ansonsten waren nicht sehr viele Leute da, außer den zwei Lesenden, Lotte Loebenstein und Michaela Stankovsky steht im Programm und Kurt Raubal gab es noch einen lesenden Mann und Musikbegleitung gab es auch.
„Die Legende vom heiligen Trinker“ 1939 geschrieben ist „Roths letztes Werk“ steht im Programm und es ist ein sehr gespenstisch logisches oder auch unlogisches Stück, vor allem wenn man es mit Roth eigenem Tod, der ja offensichtlich kurz darauf erfolgte und der auch ein „heiliger“ oder auch ein „unglücklicher“ Trinker war und wenn ich mich nicht irre, nicht den schönen Tod gestorben ist, den er seinem Andreas, beziehungsweise allen Trinkern wünschte.
Denn da geschehen Wunder um Wunder in der Legende in Paris, wo die Chlochards unter der Seinebrücke schlafen, darunter auch ein eleganter Mann, der dem heruntergekommenen Andreas zweihundert Frances anbietet, er soll sie der kleinen Therese am Sonntag in einer Kirche zurückgegeben.
Das verändert Andreas Leben, er beginnt sich zu waschen und zu rasieren, kauft sich in einem Bistro einen Kaffee und findet dort eine Arbeit für weitere zweihundert Frances. Ein paar Tage trinkt er nur mäßig und schläft in billigen Hotels, dann macht er sich am Sonntag auf in die Kirche, kommt aber zu spät, trifft seine ehemalige Geliebte wieder, mit der vertrinkt er das Geld, beziehungsweise geht er ins Kino, findet aber in der Brieftasche, die er sich früher gekauft hat, tausend France. Aber auch den nächsten Sonntag versäumt er, denn da trifft er einen alten Kumpel, der das Geld von ihm haben will, ein ehemaliger Schulkollege, der ein berühmter Fußballer geworden ist, schenkt ihm einen Anzug und mietet ihm ein Zimmer. Das Geld verprasst er mit einer Schönen im Nebenzimmer. Der elegante Herr gibt ihm noch einmal Zweihundert. Er kommt wieder zu spät und da kommt das Fräulein Therese im blauen Kleid ins Bistro, will das Geld aber nicht haben, sondern steckt ihm selber eines zu und als er es vertrinken will, trifft ihn der Schlag und man trägt ihn statt ins Spital in die Sakristei, wo er verstirbt.
„Wenn doch alle Trinker einen so schönen Tod hätten!“, lautet der letzte Satz und Joseph Roth ist, glaube ich, als er zusammengebrochen ist, im Armenspital falsch behandelt worden und einen elendiglichen Tod gestorben, so daß einer bei diesem letzten Satz das Gruseln überkam. Es war eine sehr schöne Lesetheateraufführung, wo ich dem Mann mit der starken Sprache und der Sehnsucht nach der Donaumonarchie wieder ein Stückchen näherkam.
2014-04-25
Joseph Roths Legende
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