Stammleser werden es vielleicht bemerkt haben, das „Literaturgeflüster“ schleppt sich seit einiger Zeit so dahin, ich bemühe mich mit meiner Leseliste und den Rezensionsexemplaren, die zwischendurch eintruddeln, zurechtzkommen, gehe zu Veranstaltungen und trödle, was die „Brüderschaft“ und die „Anna“ betrifft, mehr oder minder dahin.
Bei der „Brüderschaft“ ist jetzt die Vorschau ins Netz gegangen, ein paar Korrekturdurchgänge noch, dann könnte das Buch an die Druckerei gehen. Vielleicht ist es zur Lesung am 27. Juni im „Werkl“ schon fertig, ich werde jedenfalls ein paar Stellen daraus lesen.
Mit der „Anna“ gehts auch wieder, die große Unlust ist weg, die kleine bleibt und wird sich wohl auch nicht so einfach vertreiben lassen, denn die Frage, warum es ausgerechnet mir nicht gelingt, im Literaturbetrieb auf oder wenigstens etwas Beachtung zu finden, ist ja nicht so einfach zu beantworten.
Die Lust zu großen Schreibberichten fehlte also in der letzten Zeit. Ich machte meine Praxis, meine Abrechnungen, bin zu ein paar Fortbildungsveranstaltungen gegangen und habe zwischendurch nicht sehr oft Zeit für meine „Works on Progress“ gefunden, habe getrödelt, beziehungsweise mich im Internet umgesehen und das ist ja auch sehr interessant, beziehungsweise ist mir da, bin ich daraufgekommen, in letzter Zeit auch so einiges entgangen.
Denn ich habe mich wieder mal bei „Die Leselust“ auch ein sehr engagierter Blog umgesehen, da gab es ja vor kurzem eine Bloggerdiskussion, auf die ich noch eingehen werde und bin daraufgekommen, daß Elke Heidenreich, die, als ich zu Bloggen anfing, sich wegen Marcel Reich Ranicki mit dem deutschen Fernsehen anlegte, daher mit ihrer Sendung „Lesen“ ins Netz abwanderte und sie bald darauf aufgab. Sie hat sich dann, wie ich hörte einem Musikverlag gewidmet, jetzt erfuhr ich, daß sie schon länger im „Schweizer Literaturclub“, moderierte und habe mir da ein paar Sendungen angeschaut, die sehr spannend waren.
Da scheint es ja einen Konflikt mit dem Chefmoderator Stefan Zweifel gegeben zu haben und wenn man sich durch die Sendungen durchguckt, merkt man, die können nicht miteinander, Elke Heidenreich redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist, schimpft auch mal über Sybille Lewitscharoff, die ja in letzter Zeit auch durch ihre starke Worte über Selbstmörder, „Amazon“ und Retortenkinder aufgefallen ist oder sagt, daß sie Peter Handke, den Literaturgott nicht mag, dafür aber gerne Frank Schätzing liest. Ich denke da spricht sie vielen aus der Seele, auch wenn ich solche Beschimpfungen nicht mag und Stefan Zweifel ist eher der leise Intellektuelle und soll jetzt mit ihr Platz tauschen. Warum machen sie die Sendung nicht weiter miteinander? Es braucht ja vielleicht keinen Chef und diese kleinen Geplänkel zwischendurch waren auch ganz spannend.
Dann gab es letzte Woche eine Diskussion bei „Buzzaldrin“, ob Blogger Diletttanten sind und das kommt ja immer wieder und ist schon die wiederholte Diskussion, bei der ich auch auf einen Blog einer Österreicherin stieß, die sehr genau über die Buch Wien berichtete und auch einige Videos einstellte. Aber immer stößt man auf Beschwerden über die Selbstpublisher bei „Amazon“, über die sie sich ihre Rezensionsexemplare „abstauben“ und über die sogenannten Kampfleser.
Wahrscheinlich gehöre auch ich dazu, weil ich denke, wenn ich schon so viele Bücher habe, dann sollte ich sie auch lesen und wenn ich vor den Bücherschränke stehe, wie gestern vor dem „Wortschatz“ und ich finde ein Buch von Julia Kröhn, beziehungsweise eines von Carla Federicos „Feuerland-Bücher“, sowie Daniel Glattauers „Weihnachtshund“ auf den ich schon lange spitze, (Julia Franks „Mittagsfrau“, Sarah Kuttners „Mängelexemplar“ und Anna Gavaldas „Zusammen ist man weniger allein“, habe ich schon gelesen), nehme ich sie mit und pfeife darauf, daß ich mir keine neuen Bücher mehr nehmen wollte, weil ich vielleicht nicht mehr alle, die ich habe lesen kann und da erlebe ich auch immer wieder Überraschungen, denn ich bin ja eine, die sich am Autorennamen orientiert, dann rasch zugreift und vielleicht zu Bücher von Ullrich Becher kommt, keine Ahnung wer das ist, weil sie Johannes R. Becher kennt.
Inzwischen weiß ich dank der Neuauflange von „Kurz nach 4“ und seinem Briefe-Buch viel über den Autor, aber ich habe einige Jürgen Becker- Bücher in meinen Regalen, die ich wahrscheinlich beim raschen Zugreifen, mit dem Jurek verwechselte und liegenließ, denn einen Jürgen Becker kenne ich ja nicht, jetzt bin ich daraufgekommen, daß das der nächste „Büchner-Preisträger“ wird und freue mich schon auf das Lesen.
Die neuen „Bachmannpreisleser-Namen“ weiß man auch schon und oh Überraschung, fünfeinhalb sind aus Österreich, der halbe ist auch noch ein geborener Deutscher und heißt Tex Rabinobwitz, die deutschen kenne ich zu meiner Schande kaum, aber einer hab bei „Septime“ verlegt und da hat die liebe Frau Gmeiner den Bloggern seine Bücher angeboten, was ich sehr schön finde und vielleicht noch einmal dazu aufrufen möchte, doch vielleicht diese Bloggervorurteile zu lassen und sich die Blogs in Ruhe anzusehen und da wird man für jeden Geschmack etwas finden, hochqualifizierte und auch die, die mal schnell ihre Meinung rüberhauen wollen und vielleicht auch erzählen, daß sie jetzt aufs Klo gehen. Der Rudi Lasselsberger ist ein solcher, aber den halte ich für sehr qulifiziert und lese ihn auch gerne.
Es tut sich also viel, auch bei den Veranstaltungen, die ich jetzt schon für den Juni eingeplant habe, ich blogge ja wieder einmal mit meinen Buchbesprechungen weit voraus und kann auch nicht immer hingehen wo ich will, weil ich auch etwas arbeiten muß, aber da gibt es jetzt ein tolles „Lyrikfestival“ in der „Alten Schmiede“ und der erste Weltkrieg und Berta von Suttners hundertster Todestag naht sich in Kürze auch.
Wenn ich schon an den Juni denke, ist es nicht weit zu den Sommerplänen, die diesmal auch ein wenig anders sind, denn die Anna borgt sich in der letzten Juniwoche das Auto aus und gibt es erst in der ersten Juliwoche zurück, was bedeutet, daß sich meine Sommerfrische, um eine Woche verschiebt.
Nicht schlimm könnte man denken, aber seit einigen Jahren beginne ich, die entspannt mit dem „Bachmannsurfen“ in Harland auf der Terrasse und gehe dazwischen Radfahren an die Traisen. In Wien könnte ich das zwar zwischen meinen Stunden auch auf der Terrasse tun, aber da gibt es auch die Sommerakademie des Instituts für jüdische Geschichte, auf die ich in den letzten Jahren verzichtet habe. Die ist heuer in der WU, wenn ich also schon in Wien bin, gehe ich hin und zu Mittag mit dem Alfred essen, aber der macht am ersten Tag ein großes Fest und wird wahrscheinlich kochen.
Also am Tag die Akademie und der „Bachmannpreis“ kommt erst am Abend, da kann man ja alles nachhören, wird also ein bißchen hektisch werden, aber sicherlich interessant und manchmal denke ich, es ist ohnehin nicht sehr viel los bei mir.
Und weil ich mit der „Anna“ jetzt doch ein bißchen weiterkommen, wachsen auch die nächsten Schreibepläne und da ist ja wieder die Idee, den Sommer für ein intensives Brainstorming zu nützen. Ich könnte ja wirklich durch Wien oder Harland ziehen und die Ideen kommen lassen und einmal über etwas ganz anderes schreiben, wie sich das ja auch meine Leser wünschen. Einen modernen Wien-Roman vielleicht?
Mal sehen, wie das gelingt, es ist auch davon abhängig, wann ich mit der „Anna“ jetzt wirklich fertig werde. Einige Zeit werde ich dazu schon noch brauchen und dann den Sommer für das Neue nützen. Klingt spannend und werde ich auch tun und dazwischen meine Bücher lesen, schauen, daß der Herbst nicht zuviel Rezensionsexemplar bringt, so daß ich auch die alten Bücher schaffe. Es macht ja nichts, daß ich eine bin, die sich für alles interessiert und am liebsten alles lesen will, das reguliert sich schon von selbst und ein guter Überblick über die Gegenwartsliteratur kann ja nicht schaden oder sollte ich mich da irren?
2014-05-31
Wiedermal ein Wochenendbericht
Felix, der Floh
Jetzt kommt eine Parabel von Bernhard Hüttenegger, den ich vor zwei Jahren bei einer Lesung in der „Alten Schmiede“ hörte, auf das freie Künstlerleben. Die Geschichte von „Felix, dem Floh“, der sein Leben als Hundefloh beim Wolfshund Rolf satt hat und mit einem Sprung in die Freiheit Wanderfloh wird, um das Leben kennenzulernen.
Da geht es ihm höchstwahrscheinlich so, wie der Biene Maja von der ich erst am Wochenende hören konnte, er springt herum und wird als erstes von der Ameise Amelie, in die er sich prompt verliebt, vor dem Breitmaulfrosch gerettet. Dann geht es durch die Wüste, um die Sandflöhe zu besuchen.
Die haben einen Wasservorrat und sind mit der Springmaus befreundet, die Felix ihre schönen Sprünge vorführt. Er fährt aber mit der Schneckenpost zu den Wasserflöhen, lernt das Schwimmenen, feiert mit ihnen ein Fest, dann geht es im Libellenflug ans Meer.
Dort wird er vom Dolmetsch und Künstleragent, dem Menschenfloh Kasimir, der ein Schlitzohr ist, für den Zirkus Halifax angeworben und aus ist der Traum von der Freiheit.
Denn Felix wird als dritter Kunstspringer angestellt und muß in den Strohkoffer, in dem die Künstler auf ihrer Fahrt von Standort zu Standort eingesperrt sind und über das freie Künstlerleben resumieren können.
Es gibt auch Unfälle, wenn der Direktor leicht betrunken mit seiner Mannschaft vom Rad fällt oder die Künstler ihre Ohrstöpsel nicht um haben und so vom Applaus der Zuschauer ihre Trommelfelle zerplatzt werden und nach der Vorstellung tritt der Direktor mit der Fliegenklatsche auf, damit ihm seine Künstler nicht als dressierte Hausflöhe weggeschnappt werden.
„Die Freiheit ist ein Traum, wie die Kunst“, sagt so am Schluß der Fabel Felix, der inzwischen zweiter Springer geworden ist, zum ersten Kunstspringer Archibald, dem er von seinem Leben auf dem Hund, seinen Reisen durch die Welt und seiner Liebe zu Amelie erzählt, der er beschließt, einen Brief durch die Schneckenpost zu schicken.
„Du bist ja ein richtiger Philosoph geworden!“, antwortet der.
„Und beide müssen lachen.“
Bernhard Hüttenegger wurde 1948 in Rottenmann in der Steiermark geboren, hat früh beschlossen freier Schriftsteller zu werden und verfügt über eine umfangreiche Werkliste, die man bei „Wikipedia“ nachlesen kann. Ich habe von ihm noch nichts anderes, als das kleine, 1993 bei „Wieser“ erschienene Büchlein gelesen.
2014-05-30
Der Dämon und Fräulein Prym
Der 1947 in Rio de Janeiro geborene Autor Paulo Coelho ist für seine esoterisch spirituellen Geschichten bekannt, „Meister der Sehnsuchtsfabeln“, steht am Buchrücken, andere mögen es kitschig und für nicht sehr literarisch halten, Coelho ist jedenfalls ein Bestsellerautor und einer, der schon vor Jahren, seine Werke zur freien Entnahme auf seine Website stellte, wie ich hörte, in den Bücherschränken ist er auch sehr oft zu finden, so habe ich „Elf Minuten“ gelesen, „Veronika beschließt zu sterben“, den „Jakobsweg“, anderes, darunter auch ein Buch über bzw. Gespräche mit dem Meister stehen noch auf meiner Leseliste und „Der Dämon und Fräulein Prym“, ist Teil der 2000 erschienenen Diogenes-Jubiläumsausgabe, eine Fabel über das Gute und das Böse und die Kämpfe der Engel mit den Dämonen oder umgekehrt.
Ferdinand Raimund hatte ja auch einmal so ein Thema und Friedrich Dürenmatt bei seiner „Alten Dame“. Die wird von Coelho auch zitiert, als er seinen Fremden, schön vom Dämon begleitet, das kleine Dörfchen Bescos, das nicht viel mehr als eine Kirche und ein Hotel hat, betritt.
Die alte Witwe Berthe sitzt vor ihrem Haus und sieht ihn das Dorf betreten, er nimmt im Hotel Quartier, macht falsche Angaben über seine Person und dann seinen Rucksack in dem elf Goldbarren stecken und sich mit ihnen auf den Weg in den Wald, um sie zu begraben, dann geht er zu Fräulein Prym, der Kellnerin, die auch manchmal mit den Gästen ins Zimmer geht, zeigt ihr das Gold und sagt, sie bekommt einen Barren, wenn sie dem Dorf ausrichtet, sie bekämen die anderen, wenn sie dafür einen Mord begehen.
„Kennen Sie Dürenmatt?“
„Ja!“, lügt Chantal und kennt ihn nicht. Sie läßt sich für ihre Botschaft auch drei Tage Zeit, versucht inzwischen mit ihrem Barren das Dorf zu verlassen, was nicht gelingt, denn dieses wird von verschiedenen Fabeln, wie dem verfluchten Wolf, den Heiligen und Athab dem Räuber, der von ihm bekehrt wurde, beherrscht, so erzählt sie dem Dorf am dritten oder vierten Tag doch die Geschichte, das Ganze soll innerhalb einer Woche passieren und die Dorfhonoratoren, der Bürgermeister, seine Frau, der Pfarrer, die Wirtin und noch zwei andere werden aktiv, beginnen von der Opferung zu sprechen, wählen die alte Berthe aus, der Pfarrer entpuppt sich, wie zu erwarten als scheinheiliger Widerling und Chantal marschiert noch einmal zum Barren, um das Dorf zu verlassen, was wieder nicht gelingt, denn die Engeln und die Teufeln streiten in ihrer Seele. Berthe wird indessen zuerst von ihrem toten Mann und Chantals ebenfalls verstorbener Großmutter heimgesucht, dann von der Wirtin und der Bürgermeisterin, schließlich wird sie vom Pfarrer betäubt und zum Richtplatz getragen, die Männer zücken die Gewehre, da kommt Chantal angelaufen, ruft „Halt!“, erzählt den Männern wieder eine Fabel, läßt sich vom Fremden schließlich das Gold überschreiben und verläßt das Dorf.
In einem Nachwort erzählt Coelho noch, wie er auf die Idee zu dieser Geschichte gekommen ist und ich, die ich nicht besonders esoterisch bin, habe ein paar Gedanken mitgenommen, denn natürlich weiß man bei solchen Geschichten, das Böse wird siegen, bei Dürenmatt ist es, glaube ich, so, bei Coelho dem esoterischen Geschichtenerzähler natürlich nicht, aber wenn einer kommt und die Leute auf eine solche Probe stellt, werden sie schwach, in der Fabel, in der Literatur, im wahren Leben, wo es ja unbestritten auch sehr viel Böses gibt, scheint das aber nicht zu funktionieren, zumindest ist da noch niemand auf die Idee gekommen, also sieht man wieder die Macht der Literatur und der Überhöhung, aber ich bin nicht religiös und obendrein auch sehr pessimistisch veranlagt, so daß ich nicht an das Gute im Menschen glaube.
Der Boxer
Fünf grüne Hefte liegen vor dem Autor beziehungsweise Ich-Erzähler, des 1976 geschriebenen Romans von Jurek Becker, der mich Anfangs genauso ein wenig verwirrte, wie sein Erstling „Jakob der Lügner“, denn um Boxen geht es in dem Buch eigentlich nicht oder nur am Rande.
Es geht um das Überleben nach dem Holocaust, um die Traumen und Bewältigung der Zurückgekommenen und um die hat man sich in Ostberlin der Neunzehnsiebzigerjahre wahrscheinlich noch nicht sehr gekümmert und so war Jurek Becker wohl einer der ersten, der das tat und meine Verwirrung kommt bei beiden Büchern wohl aus der Authentizität, in der sie geschrieben wurden.
Da ist Aron Blank, der aus dem Lager entlassen wird, sich für einen Ausweis fotografieren lassen muß, er geht in die Stadt und sucht nach einem Fotografen, so leicht sind die nicht zu finden und als er bei einem läutet, will der eine Unmenge Geld dafür.
Aron Blank weist ihn in Schranken, bekommt die Fotos und marschiert damit aufs Amt. Dort verlangt man Dokomente, aber nichts mehr da, außer dem Entlassungsschein aus dem Lager und so erfindet Aron Blank seine Biografie neu, macht sich um sechs Jahre jünger, das heißt er streicht, die Kriegsjahre weg, nennt sich nun Arno und gibt Leipzig statt Riga als Geburtsstadt an.
Es wird ihm eine Wohnung zugewiesen, in der bis vor kurzem ein hoher Nazi wohnte und es dauert einige Zeit, bis Aron in seinem Bett schlafen kann.
Dann macht er sich auf die Suche nach seiner Familie. Frau und zwei seiner drei Kinder sind umgekommen, das dritte, Mark hat er, während der Flucht, bei einer Nachbarin zurückgelassen, jetzt wendet er sich an eine amerikanische Hilfsorganisation und die dafür zuständige junge Frau namens Paula, findet auch ein Kind in einem Kinderheim, das so alt ist, allerdings heißt es Berger mit Nachnamen.
Aron besucht das Heim, Paula hat sich inzwischen bei ihm einquartiert, spricht mit einer Ärztin, stört sich an ihren roten Fingernägeln und auch daran, daß sie sagt, daß sie hier ist „Um die Kinder zu heilen, nicht um sie zu unterhalten!“
Was im Klartext heißt, sie liegen im Bett, bekommen Essen und Medikamente, es wird aber nicht mit ihnen gesprochen, bzw. gespielt.
Aron besorgt im Schwarzhandel, in dem er inzwischen tätig ist, Schokolade und Spielsachen, holt Mark heim und nachdem Paula ihm verlassen hat, auch die Krankenschwester Irma, die seine Geliebte wird und ihn irgenwann auch verläßt.
Aron fängt zu trinken an, hat Herzprobleme, bekommt Krebs, aber erst wird Mark eingeschult, was etwas schwierig ist, weil man sich auf die Vergangenheit der Lehrer nicht wirklich verlassen kann, kommt einmal mit einem blauen Aug nach Hause, weil er von den Kindern geschlagen wurde.
Da erzählt ihm Aron eine Geschichte, daß er auch einmal boxen lernte, um sich gegen schlagende Kinder zu wehren, erkennt aber, daß man eher beliebt, als stark sein sollte. Eine moralische Annahme, die, wie ich anmerken möchte, wahrscheinlich nicht der Wirklichkeit entspricht.
Aron fährt mit Irma und mit Mark dreimal ans Meer, soweit, wie einem die DDR wohl fahren ließ und als es 1953 zum Aufstand des 17. Juni kommt, mit Datum wird das nicht beschrieben, gerät Aron in Panik, wohl weil er sich an den Holocaust erinnert.
Es kommt aber noch schlimmer, Mark, der nach dem Abitur Mathematik studiert, kommt eines Tages nicht mehr nach Hause, bei einem Zwanzigjährigen an sich nicht so schlimm, nur kommt ein paar Wochen später ein Brief aus Hamburg, Republikflucht. Aron zeigt dem Ich-Erzähler, dem er diese Geschichte wohl Anfangs Siebzig, als seine Gesundheit schon gezeichnet ist, erzählt, die Briefe, die er jahrelang von seinem Sohn bekommen hat, bis der nach Israel gegangen ist und 1967 dort wohl fiel, weil er seither nichts mehr von ihm hörte.
Aron hat die Briefe nie beantwortet, ist aber nach dem ersten nach Hamburg gefahren, damals konnte man noch nach Westberlin und von dort zum Flughafen, war dann aber wohl beleidigt, weil er den Sohn nicht antraf und jetzt kommen auch die Zweifel, ob Mark Berger wirklich sein Sohn war oder ihm die schöne Paula nicht ein anderes Kind unterjubelte.
Ein wenig ungewöhnlich dieser Bericht eines Holocaust-Überlebenden und wohl das, was Jurek Beckers Literatur ausmacht, der in Lodz geboren wurde und von seinem Vater, wohl etwas jünger gemacht wurde, damit er nicht deportiert wurde. 1997 ist er an Darmkrebs gestorben. Dazwischen war er DDR-Dissident, ist nach Westberlin emigriert und als alles vorbei war, hat er auch die Fernsehserie „Liebling Kreuzberg“ geschrieben.
„Schlaflose Tage“ habe ich von ihm gelesen und besprochen, „Amanda herzlos“ nur gelesen und „Bronsteins Kinder“ steht in meinem Katalog, ob ich das Buch gelesen habe, kann ich mich nicht mehr so genau erinnern und Jurek Becker wiederzulesen, um den es jetzt ein wenig still geworden sein dürfte, ist sicher interessant und zu empfehlen, also auf zu den Bücherschränken, wo ich das Buch gefunden habe.
2014-05-29
Vorschau auf “Brüderschaft”
Als Barbaras Mutter völlig unerwartet an den Folgen eines Sturzes verstirbt, findet sie in ihrer Dokumentenmappe ein Foto mit drei jungen Männern am Meeresstrand von Bibione, auf dessen Rückseite eine Adresse steht.
Ein Hinweis auf Barbaras bisher unbekannten Vater und die Suche nach ihm, beziehungsweise den Brüdern Konrad, Jonas und Benjamin Wohlfahrt, ein Historiker, ein Psychiater und ein Zahnarzt beginnt.
Wieder eine kleine Kostprobe durch mein nächstes neues Buch, das ich im Oktober und November geschrieben habe, obwohl im Manuskript noch ein paar Fehler stecken.
Das Cover zeigt ein Bild von zwei Freunden vom Alfred, das er ausgesucht hat, weil er das, vom Meer mit einem Vögelchen auf einen Stein nicht haben wollte.
Eigentlich hätte man ja eines mit drei jungen Männern in Badehosen, die fröhlich in den Achtzigerjahren am Strand der Adria stehen und winken nehmen sollen. Aber das war nicht vorhanden.
Obwohl ich weiß, das Gewinnspiele bei mir nicht so wirken, habe ich mich doch für eines entschloßen und mir drei Fragen ausgedacht:
1. Worum geht es in dem Buch?
2.Im Rahmen welcher Aktion habe ich mich da im Herbst ein bißchen „durchgeschummelt“? und
3.Das wieviel „selbstgemachte“ wird die „Brüderschaft sein und wie heißt mein anderes in der „Edition Wortbrücke“ herausgebrachte Buch?
Wenn man sich durch die Schreibberichte, durch die Verlinkungen klickt klickt oder den Beschreibungstext liest, sollte man die Antworten leicht finden.
Der erste, der mir eine der drei oder alle drei Fragen, je nach dem wem, wofür sich der erste Beantworter entschieden hat, schickt, bekommt das Buch, nachdem es, was hoffentlich bald geschieht, erschienen ist.
Dann endet auch das Gewinnspiel und ich gebe die möglichen Gewinner auf der Seite auf der ich das Buch mit wahrscheinlich einem Bild von mir, noch einmal vorstelle, bekannt.
Wer wissen will, wie ich schreibe und wie ein „selbstgemachtes Buch“ aussehen kann und wie gut oder „dilettantisch“ ich schreibe und wieviele Fehler trotz Alfreds Lektorat trotzdem noch in ihm stecken sollten, kann es bei mir bestellen.
Ich verkaufe es zum Selbstkostenpreis und schicke es zuzüglich der Portokosten nach Erscheinen zu.
Und für Rezensionen, die ich dann auf meinen Blog stelle, wenn sich kein anderes Medium dafür findet, bin ich auch dankbar. Also ebenfalls bei mir melden, wenn jemand das Buch besprechen will.
Sobald der letzte Fehler gefunden ist und das Manuskript an die Druckerei gehen wird, gibts auf meiner Website ebenfalls eine Vorschau mit einem Probekapitel.
Ich habe mich für das „Gruftiemädel“ entschieden, das ich auch auf der anderen Buchmesse gelesen habe und dazu gibts auch einen kleinen Einblick.
Und jetzt werde ich den Feiertag benützen, um auch an meinem nächsten neuen Buch, „Anna kämpft gegen das Vergessen“, weiterzumachen und meine Korrigierblockade damit zu beenden, aus dem ich übrigens am nächsten Dienstag, beim Fest für „Kunst und Kultur“ im Amtshaus Margareten, den Beginn lesen werde. Ob ich das „Gruftiemädel“ oder etwas anderes aus der „Brüderschaft“ im „Werkl im Goethehof“ am 27. 6. lesen werde, weiß ich noch nicht so genau. „Kerstins Achterl“ und Texte aus dem „Literaturgeflüster-Texte-Buch“ sind auch geplant.
Ich lade jedenfalls zu beiden Veranstaltungen herzlich ein. Da gibts dann auch ein paar der von mir bereits erschienenen Bücher anzusehen.
2014-05-28
Ein kurzer Sommer der Literatur
Im Februar ist der langjährige Volkstimme(chef)redaktuer Lutz Holzinger einige Tage vor seinem siebzigsten Geburtstag gestorben, der unter anderen, auch in der von Gerald Grassl herausgegebenen „Tarantl“ geschrieben hat, so sind jetzt in der „Edition Tarantel“ „essays & rezensionen zu medien, literatur & kunst“ erschienen.
Ein erster Band, wie Gerald Grassl in seiner Einleitung anmerkt und auf das vielfältige und vielschichtige Material hinweist, das Lutz Holzinger hinterlassen hat.
Auf der Kundgebung zum ersten Mai hat mir Gerald Grassl, die Einladung zu einer Präsentation des Buches in die Hand gedrückt, die am 2. Mai stattfand.
Da sind wir aber, glaube ich, nach Harland gefahren, so daß ich auf das Buch erst am vorigen Freitag auf der KritLit aufmerksam wurde und es jetzt lesen kann, weil mich die Essays zur Literatur der Siebzigerjahre etc, natürlich sehr interessieren und ich Lutz Holzinger, beziehungsweise seinen Namen, als Redakteur der Volksstimme auch aus dieser Zeit kenne, weil ich dort meine Texte hinschickte und Lutz Holzinger hat auch einige davon veröffentlicht.
Nicht umsonst verweist Gerald Grassl in seiner Einleitung darauf, daß Lutz Holzinger ein vielseitiges Wissen hatte, sich für alles interessierte und es kaum einen Autor in dieser Zeit gab, den er nicht kannte.
So sind „Zeit an Rosa Krantz zu denken“, „Spritzen kriegen“ 1983, „Zur ewigen Erinnerung oder was hat das österreichische Militär mit dem Sonnenzug zu tun“,1984 und „Beobachtungen beim Postaufgeben“ 1985 erschienen.
Dann kam eine Pause, beziehungsweise, wie ich mich vage erinnere, eine Diskussion mit Lutz Holzinger, ob es im Karl Marx Hof Dienstbotenwohnungen gegeben hat, wie ich einmal hörte.
In dieser Zeit war ich ja im „Arbeitskreis schreibender Frauen“, bzw, hat sich der 1984 etwa aufgelöst, ich habe die Volksstimme bis zu ihrer Reduzierung und Umstellung in das Magazin „Salto“ auch regelmäßig gelesen und erinnere mich auch Lutz Holzinger im „Rotpunkt“ gesehen zu haben. Da hatte ich ja viel später eine Lesung, aus dem „Novembernebel“, glaube ich, Bärbl Danneberg hat dort ihr Buch „Alter Vogel flieg“ vorgestellt und Lutz Holtzinger sein „Gespenst der Armut“.
Grund genug mich an die revolutionären Siebziger- und Achtzigerjahre und an Lutz Holzinger zu erinnern, der auch im „Wespennest“ in „Weg und Ziel“ in „Frischfleisch und Löwenmaul“ oder wie die marxistischen bzw. kritischen Literaturzeitschriften damals geheißen haben, publizierte.
Bildmaterial mit Fotos von Bekannten sind in dem Buch auch zu entdecken. So gibt es Bilder von Arthur West, Eugenie Kain, Franz Kain, etc, „lauter Tote“, wie Alfred einwarf, aber auch eines von Helmut Rizy, bei den entsprechenden Rezensionen, die Lutz Holzinger, der bis zu seiner Pensionierung bei einer Autozeitschrift gearbeitet hat, zu entdecken. Sportler war Lutz Holzinger auch.
In dem Buch geht es aber, wie schon der Titel sagt, viel um Literatur und das ist auch das, was mich, die ich mich bei Marx und der „Ästhetizierung des Marktes“, nicht so besonders auskenne, hauptsächlich interessiert.
Es beginnt aber nach Gerald Grassls Einleitung mit einem diesbezüglichen Artikel aus der „Gesellschaftlichen Arbeit und private Hauswirtschaft, Raith Verlag, 1974“ und geht dann in den „Kurzen Sommer der Literatur – Über den Arbeitskreis österreichischer Literaturproduzenten“ weiter.
Da gab es ja diese orange „Jugend und Volk- Reihe“, bei der Lutz Holzinger offenbar mitgemacht hat und die frühen Siebzigerjahre waren literarisch sehr produktiv, wurde da ja die GAV gegründet, wo Holzinger auch Mitglied war und so kann man in dem Buch sehr viel über die sozialkritische oder realistische Literatur der Siebzigerjahre erfahren.
Konkreter wird es dann, wenn es beispielsweise um Jura Soyfer geht und der wurde in den Siebzigerjahren wiederentdeckt, für mich zumindestens, die damals in einem „Wespennest“ einen Auszug von „So starb eine Partei“ in die Hand bekam und wohl zum ersten Mal diesen Namen hörte.
Lutz Holzinger beschreibt, daß es schon in den Fünfzigerjahren Wiederentdeckungsversuche gab. Die sind wohl an mir vorbeigegangen. So freut mich das handschriftliche Manuskript mit Korrekturen, auf Seite 55, die Einleitung zu einer Qualtiger-Lesung, an der VHS-Brigitteau vom 11. 11. 1978 ganz besonders. Dann gibt es einen Artikel über Jura Soyfer als „Realistischer Phantast“.
„Die Zitate aus diesem Artikel sind dem 1979 bei Reclam in Leipzig erschienenen Auswahlband Jura Soyfer „Diese Ordnung schuf der liebe Gott“ entnommen, für den Lutz Holzinger diesen – leicht gekürzten und überarbeiteten Text ursprünglich verfasst hat. Dieser Band wurde von Werner Martin unter Mitarbeit von Roland Links und Wilhelm Kroupa herausgegeben“, hat Gerald Grassl angemerkt. Und das alte Reclambändchen, habe ich vor ca zwei Wochen im Schrank gefunden und auf meine Leseliste gesetzt.
Bei Lutz Holzinger geht es aber nach einem Artikel über den ORF und Gerhard Bacher mit einem „Brief zur österreichischen Literatur“ weiter, der im „Österreich heute -Ein Lese Buch, Volk und Welt DDR, 1978“, erschienen ist und der ist besonders interessant und all jenen zu empfehlen, die sich ein schnelles Bild über die Literatur in Österreich der Siebzigerjahre machen wollen.
Was hat es da in der Nachkriegsliteratur gegeben? Heimito von Doderer hat seine, wie Lutz Holzinger schreibt „geschwätzigen Romane „Strudelhofstiege“ und „Die Dämonen“ geschrieben.
Dazu merke ich an, daß die „Dämonen“, im Sommer 1977 in meine Hände gekommen sind und ich von den Schilderungen des Österreichs in der Zwischenkriegszeit, eines sicher sehr konservativen Dichters, sehr begeistert war.
Es hat aber auch die „Wiener Gruppe“ gegeben und die haben sich einem „Dadaismus“ verschrieben und waren mit wenigen Ausnahmen auch nicht sehr gesellschaftskritisch.
Aber es gab 1973 auch Michael Scharang mit seinem „Charly Tractor, Gernot Wolfsgruber, Franz Innerhofer, und und und.
Es gab die „Zeitschrift Wespennest“ mit ihren „brauchbaren Texten“, Gustav Ernst, Marie Therese Kerschbaumer, Elfriede Jelinek, etc werden erwähnt und in einem anderen gekürzten Artikel Bilder von ihnen gezeigt.
In „Bestie Mensch“, setzt sich Lutz Holzinger mit dem „Fall Unterweger“ und den Pressereaktionen darauf auseinander, der auch für mich bedeutend ist, da einige meiner Texte in der „Wortbrücke“ erschienen sind, bzw. mein einziger in einem Verlag veröffentlichter Roman, die „Hierarchien“ in der „Editon Wortbrücke“.
2010 war Lutz Holzinger einen Tag in der „Augustin-Redaktion“ in der Reinprechtsdorferstraße, wo ich ja einmal Gast bei der Schreibwerkstatt war und dann den Flohmarkt besuchte und berichtete, von der Ausgabe der Zeitungen an die Kolporteure und die Arbeit der Sozialarbeiter dort. Über Robert Sommer, den Redakteur gibt es auch einen Artikel, dann wird das „Schwarzbuch Raifeisen“ vorgestellt, das Lutz Holzinger mit Clemens Staudinger herausgegeben hat.
Es gibt einen Artikel zu Thomas Bernhards „Heldenplatz“, der ja 1988 zu einem Skandal führte und wie schon erwähnt Rezensionen zu Büchern von Helmut Rizy und Eugenie Kain. Uwe Timms „Freitisch“, wo drei Männer Arno Schmidt besuchen wollen, wird auch besprochen.
Im „Stifter-Jahr“, gab es eine Arbeit über den großen oberösterreichischen Schulinspektor und Dichter, was Lutz Holzinger wahrscheinlich besonders gut konnte, da er eine Dissertation über „Witiko“ geschrieben hat, obwohl ein bürgerlicher Dichter, wie der des „Spätsommers“, von einem Kommunisten sicherlich sehr kritisch zu sehen ist.
Einen Nachruf auf den am 8. Dezember 2012 gestorbenen Werner Kofler ist in der „Tarantel“ zu finden und Artikel über den Massengeschmack und den Kulturbetrieb gibt es immer wieder auch, ein Beispiel wäre das „Elend der Kritiker“ wo Holzinger beklagt, daß er an der meist amerikanischen Bücherflut keinen Geschmack mehr findet und führt an Beispielen, die ihn nicht gefallen haben, seltsamerweise Roberto Bolanos „2066“, David Foster Wallace „Unendlicher Spaß“ und Herta Müllers „Atemschaukel“ an, was mich etwas erstaunte.
Am Schluß gibt es einen Bericht über seine Krebserkrankung und seine Erfahrungen im AKH, um die ihn Bärbl Danneberg, die auch einen Nachruf verfasst hat, gebeten hat.
Andere Nachrufe kommen von Elfriede Jelinek, Peter Turrini, etc, es wird auch eine Geschichte erzählt, wie der junge Dr. Holzinger aus dem Bundesheer entfernt wurde.
Ein interessanter Streifzug durch die „Linken Wörter Österreichs“ seit 1970 bis hinauf in die Gegenwart, so daß ich die Lektüre wirklich nur empfehlen kann und mich schon auf die anderen „Tarantel-Bände“ freue.
2014-05-27
Poliversale 7
Die Poliversale, das große Lyrikfestival das derzeit in der „Alten Schmiede“ stattfindet, ist offensichtlich weltumfassend und bietet vom 14.5.-12.6. Lyrik aus jedem Teil der Welt an.
Gestern auch einen Schnellgrundkurs in der österreichischen und auch ein Stückchen der deutschen Literatur.
Die meisten Abende habe ich ja bisher aus Zeitgründen und weil ich woanders Fortbildungen hatte versäumt, in Russland bin ich aber gewesen. Heute wurde es zweisprachig und die Sprache war das große Thema der Naturgedichte, die auch sehr gesellschaftlich und den Alltag umfassend umspannend waren, wie Michael Hammerschmid einleitete, bzw. erklärte.
Das begann mit Maja Haderlap, der Kärntner Slowenin und Bachmannpreisträgerin von 2011 und da darf ich gleich einen kleinen Einschub machen, denn die Namen des heurigen Bachmannlesens wurden heute bekanntgegeben und auch, daß Maja Haderlap die Eröffnungsrede halten wird und das war eine kleine Überraschung, beziehungsweise sehr erfreulich, nämlich sechs Leser aus Österreich, sechs aus Deutschland und zwei aus der Schweiz, von den Deutschen kenne ich nur Kerstin Preiwuß aus Leipzig, von den Österreicherin Olga Flor, Gertrud Klemm, von Roman Marchel habe ich ein Buch gelesen, bei Birgit Pölzl war ich glaube ich einmal bei einer Lesung, bei Tex Rubinowitz, den Falter Zeichner, der eigentlich ein Deutscher ist, auch einmal und Georg Petz ist mir glaube ich noch unbekannt.
Aber zurück zur Lyrik und zu Maja Haderlap, die hat ja ihre Gedichte auf Slowenisch zu schreiben angefangen, in den Siebzigerjahren in Zeitschriften und dann auch Bände veröffentlicht.
„Gedichte-Psemi-Poems“, Drava 1998, stellte sie vor und sagte dazu, daß sie die Gedichte in Vorarbeit zu ihrem Roman geschrieben hätte. Jetzt schreibt sie auch auf Deutsch Gedichte, sie las aber zweisprachig und es ging in ihnen sehr viel, um ihre erste Sprache.s kamen dann auch unveröffentlichte Gedichte und als zweite Leserin des Abends wurde die in Bautzen lebende 1951 geborene Sorbin Roza Domascyna, die seit 1989 ihre Gedichte verlegt und aus vier Bänden las, vorgestellt. Sie begann auch gleich mit der Frage, in welcher Sprache sie nun schreiben solle und mischte die Sprache in ihren Anagrammen und anderen Texten auch munter durcheinander.
Dann gings hinauf, beziehungsweise nach Australien oder Australien kam in die „Alte Schmiede“, denn die australische Botschaft hat dem 1939 geborenen Les Murray, einen eher fülligen Herrn, der auch ein Gedicht zur Fettleibigkeit hatte und ein bißchen Deutsch zu sprechen schien, den Flug gestiftet.
Die Verlegerin Margitt Lehbert las auf Deutsch, der Autor auf Englisch und die Gedichte waren, wenn man sie mit der gestrigen Lesung vergleicht, besonders interessant, nämlich purer Alltag bzw. wahre Geschichten, die von dem Koffer, der beim Zoll aufgemacht werden soll und dann ist er leer, von landwirtschaftlichen Maschinen, seiner Übersetzertätigkeit, und so weiter uns so fort, handelten.
Man sieht Poetik muß durchaus nicht abgehoben sein. Sprachspielereien gab es auch und die Übersetzerin betonte mehrmals, daß sie sich mit dem Übersetzen schwer getan hat, aber einen Sammelband mit hundert ausgewählten Gedichten, die jetzt auch in Australien erschienen sind, herausgegeben hat.
„Aus einem See aus Strophen“ heißt er sinnig. Tiergedichte, die der Übersetzerin besonders gefielen gab es auch und Richard Wall ist, glaube ich, extra aus Oberösterreich gekommen, Elfriede Haslehner zu der ersten Lesung, um Maja Haderlap zu hören, deren Buch sie gelesen hat.
Beim Nachhausegehen bin ich ein bißchen bei der Oper stehengeblieben, um den Schluß des Balletabends, nämlich die vier letzten Lieder von Richard Strauss anzusehen bzw. anzuhören und sozusagen eine Poliversale zur Musik zu machen.
Sind Blogger Dilettanten?
Seltsame Frage könnte man denken und den Kopf schütteln, wenn man zu „Wikipedia“ geht oder in einem Lexikon nachliest, daß das ein Begriff aus dem achtzehnten oder neunzehnten Jahrhundet ist, um die adeligen Musiker von den Profi-Musikanten, die um Geld spielten, zu unterscheiden.
Ein Liebhaber, kein Fachmann oder Amateur, was damals nicht abfällig gemeint war, inzwischen aber in der Umgangssprache so gebraucht wird und als Schimpfwort gilt, also nicht das sein kann, was für Blogger gilt, denn das ist ja ein Begriff des einundzwanzigsten Jahrhunderts und wurde durch das Internet hervorgebracht, das ja Demokratie und Meinungsfreiheit für alle bringt.
Sollte man meinen, denn, wenn ich so an meine Bloggerkarriere zurückdenke, gab es da immer wieder Diskussionen, ob die Blogger das denn dürfen? Bücher rezensieren, ihre Meinung sagen und auch die entsprechende Qualität dazu haben
Die erste Diskussion war im Sommer 2010 und wurde durch „Leselustfrust“, eine meiner ersten Lieblingsbloggerinnen ausgelöst, als die Anni Bürkls „Ausgetanzt“ besprach was ihr nicht sehr gefallen hat.
Dann kam die Rezensionsexemplarediskussion in der „Winterfrische“ und ich habe auch immer ein paar Kommentare gehabt, die meinten, daß ich nicht so schlecht schreiben dürfe, weil das den Profi-Schreibern schade, das ist ein Kommentar den ich nicht verlinken kann, weil er in der Spamkiste enthalten war.
Das schlechte Schreiben der Blogger, die wie die Schwammerln aus dem Boden schießen, nicht schreiben können, das aber tun, Leselustfrust hat, glaube ich, auch deshalb mit dem Bloggen aufgehört, weil ihr das mit den Rezensionsexemplaren nicht so gefallen hat und ich habe immer wieder meine Meinung geäußert, daß ich das toll finde, daß so viele Leute schreiben und in den sechs Jahren, die ich meinen Blog nun schon fast betreibe, auch verschiedene Blog-Entwicklungen entdecken können.
Denn da gibt es eine große Vielfalt und Bandbreite, auch einige Moden, die sich ständig ändern, so gab es eine Zeit lang die Awards, die die Blogger unter sich verteilten und auch verschiedene Lesemarathons, Monatsstatistiken und Challenges und durch eine solche bin ich auch zu meiner Leseliste gekommen, die bald wechseln, vielleicht auch, weil sie von den anderen meistens kritisiert werden.
„Ach nicht schon wieder diese Leselisten und Selbstberweihräucherungen!“
Seit ich blogge, hatte ich verschiedene Lieblingsblogs und ich habe auch kein besonderes Problem mit den jungen Frauen, die ihre Chick Lits und Vampirromane lesen und darüber schreiben, Sternchen, Hüte, Bücher, verteilen, Gewinnspiele machen, etc, wenn ich mich auch für anderes interessiere und da derzeit bei Buzzaldrin, die mit ihren Blog viel Anerkennung bekommt, sehr viel kommentiere und bei der bin ich letzten Samstag auch auf eine Diskussion, die in Göttingen stattfand, aufmerksam geworden „Demokratisierung der Literaturkritik – Fluch oder Segen?“, habe „Wow!“ gedacht und „Schade, daß ich da nicht dabei sein kann!“ und mich gewundert, daß Mara Giese, die da ja einiges zu sagen hätte, nicht mitdiskutiert.
Am Podium saßen nur ein mir unbekannter Blogger und ein Medienwissenschafter, den ich schon einmal kennenlernte, weil er einen Artikel über sogenannten V-Logs geschrieben hat und da ein wenig über die jungen Mädchen, die da in kessen Worten ihren „Harry Potter“ präsentieren, herzog.
Mara Giese hat die Veranstaltung am Sonntag besprochen und ich habe wieder etwas über Laienrezensionen gelesen. Da gab es auch einmal ein Interview mit Sigrid Löffler, die sich dagegen aussprach und darüber, daß die Blogger nur die Feuilletons nachahmen würden, was mich ein wenig wunderte, da ich ja bisher immer hörte, daß sie wegen Rezensionsexemplaren bloggen und dann on den Klappentexten abkupfern würden.
Vom Schlechteren des Schlechtten ist etwas gestanden, worauf ich ja ein bißchen traumatisch bin und davon, daß sich der Medienwissenschaftler innovativere Besprechungen wünscht.
Das führte zu einer regen Diskussion, wo ich auch eifrig kommentierte, einige andere Artikel entstanden, denn die Blogger sind inzwischen sehr selbstbewußt, lassen sich nicht mehr alles gefallen und ich fand das meiste sehr qualifiziert und weiß auch, daß die Blogger und ihre Ansprüche sehr verschieden sind.
Da gibt es die jungen Fantasyblogger, wie Studentinnen und auch wahrscheinlich prekär beschäftigte Literaturwissenschaftlerinnen, die sich Visitenkarten drucken lassen und das Sprungbrett in den Literaturbetrieb suchen, Leute die Bücher rezensieren, über den Literaturbetrieb schreiben, Autorinnen, Dozentinnen, wahrscheinlich auch Hausfrauen, Mütter in Karenz und und…
Meistens sind es Frauen, die über das Lesen bloggen, ein paar Männer sind auch dabei und am Abend schaltete sich der 1973 geborene Harun Maye ein, lobte an sich die Blogger, rief sie aber zu einem „Fröhlichen Dilettantismus“ auf und gab einen entsprechenden Link, der beweisen sollte, warum das etwas Schönes sei, was meinen Widerstand erregte und ich auch nicht ganz verstehen kann, wieso Blogger Dilettanten wären, weil es ja einige gibt, die damit Geld verdienen wollen, einige, die studiert haben, wobei es auch kein Berufsbild des Bloggers gibt, daß das aber alle nur zu ihren Hobby und zu ihrer Freude machen, glaube ich auch wieder nicht und vor allem leben wir nicht mehr im neunzehnten Jahrhundert und könnten einen zeitgemäßeren Ausdruck, für diese Beschäftigung finden, die vielleicht in der Freizeit und freiwillig geschieht, wenn wir schon einen solche brauchen.
Ich würde den Lebensstil dem Hobby vorziehen, weil das auch ein wenig abwertend klingt und wenn es sein muß, kann man auch autodidaktisch sagen, obwohl es nicht ganz klar ist, warum man für Menschen die öffentlich ihre Meinung über Sachen, die sie interessieren, äußern, unbedingt einen eigenen Ausdruck braucht, das Wort Bloggen oder Internet-Tagebuch spricht ohnehin für sich, aber natürlich verstehe, daß das Bedrohung und Widerstand erregt und nicht immer, wie es sollte, anerkannt wird, was ich eigentlich sehr schade finde.
Da wird von der angeblich schlechten Qualität gesprochen, statt sich darüber zu freuen, daß es da jetzt so viel Vielfalt gibt und jeder seine Meinung schreiben kann und schade finde ich, daß bei solchen Diskussionen über die Blogger geredet wird und viel zu wenig Betroffene eingeladen werden, selber ihre Meinung sagen. Warum sitzen da eigentlich nur Männer auf dem Podium, die vielleicht nicht wirklich sehr viel Ahnung über das Bloggen haben?
Daß die bloggenden Frauen das können, hat ja die Diskussion bei Buzzaldrin bewiesen, auch wenn ich mich ein wenig wunderte, daß das „Lob des Dilettantentum“ so hingenommen wurde und sich außer mir niemand darüber aufregte und Mara Giese, die sich ja outete, daß sie gerne mit Dennis Scheck „konkurrieren“ würde, sich gleichzeitig, als eine solche bekannte, was eigentlich ein seltsames Mißverhältnis ist.
Es gab schon einmal eine Diskussion, wo jemand schrieb, es würde keine Literaturblogs geben und nur einen Englischsprachigen zitierte, obwohl damals eine große Bloggeraktion lief und ich auf der anderen Seite immer das Stöhnen darüber höre, daß heute schon Krethi und Plethi bloggt!
Schön, denke ich, da kann man sich ja das Passende nach seinem Geschmack aussuchen und vielleicht sollte man auch einen Wettbewerb ausrufen, um ein Ersatzwort für den „Fröhlichen Dilettanten“ zu finden, der meiner Meinung nach nicht stimmt, nicht passend ist und mir nicht gefällt.
Ich habe auch nichts gegen die Professionalität, da ja jeder nur das schreiben wird, worüber er was weiß und ihn interessiert und wenn ich meine Meinung zu einem Buch sage, brauche ich kein Hochschulstudium und Literaturkritik werden die meisten Blogger auch nicht betreiben wollen, sondern ihren Spaß haben, ohne gleich „dilettantisch“ zu sein.
Ich verstehe mich jedenfalls als schreibene Frau und blogge, um mich zu präsentieren, meinen Schreibprozeß darzustellen und so weiter und so fort.
Die Bücher bespreche ich als Erinnerungshilfe, das betrifft auch die Veranstaltungen und ich betrachte mich nicht als Dilettantin, obwohl das bei mir, da ich ja Psychologie und nicht vergleichende Literaturwissenschaft studierte, noch am ehesten zutrifft.
Ich lebe auch nicht davon und will nichts verdienen, aber eine Dilettantin bin ich nicht, weil ich im einundzwanzigsten Jahrhundert lebe und sich das im Internetstil ein wenig moderner ausdrücken lassen müßte und es wundert mich ein wenig, daß es nicht längst schon einen trashigen englischen Ausdruck dafür gibt, wie das auch in anderen Bereichen so passierte und auch, daß ein 1973 geborener Medienexperte, wenn er sich über die Bloggerlandschaft äußern soll, nichts als einen anachronistischen Ausdruck dafür findet, der für komponierende Fürsten des achtzehnten Jahrhunderts erfunden wurde, wenn er sie loben will, was ich schon glaube und nicht an die abwertende Bedeutung denken will, die dieses Wort heute hat. Interessant ist das aber schon und vielleicht bekomme ich auch ein paar Kommentare dazu, denn ich gehöre auch zur Bloggerszene, auch wenn ich manchmal ein bißchen in ihr zu verschwinden scheine.
2014-05-26
Dichten in Gesellschaft
Der 6. Abend der „Poliversale“ von der ich bisher nur einen Teil des 3. mitbekommen habe, stand unter einem besonderen Thema beziehungsweise unter einer bestimmten Vorgabe.
„Kann man mit Gedichten reden, diskutieren? Kann man über Gedichte und Dichtung reden, ohne sich auf Gedichte beziehen?“, steht im Programm und Michael Hammerschmid, der Kurator lud dazu fünf Autoren ein, die er offenbar eine bestimmte Frage stellen, sie zwei Gedichte von sich selbst und zwei von anderen anderen aussuchen und das Ganze dann noch untereinander kommizieren ließ.
Da ich jetzt am Montag, um sechs eine Fixstunde habe, kam ich etwas zu spät und hörte, als ich einen Platz gefunden habe, gerade Christine Huber, die Veranstalterin der „Dicht-Feste“ von denen das letzte im Rahmen der „Poliversale“ am Donnerstag stattfand, gerade erzählen, wie bei ihr Gedichte entstehen.
Beziehungsweise, daß Wort und Bild bei ihr im Zusammenhang stehen, sie sucht sich dann zwei Begriffe aus und montiert an ihnen solange herum, bis man die Frage „Was will uns der Dichter dazu sagen?“, nicht mehr beantworten kann.
Es folgte eine Diskussion mit Ferdinand Schmatz, der das ähnlich oder andehttps://literaturgefluester.wordpress.com/2012/03/13/zweimal-felix-philipp-ingold/rs zu machen scheint. Dann die zwei Huber Gedichte und je eines von Felix Philipp Ingold und eines von Gertrude Stein, alles sehr experimentell und so kenne ich ja die Autorin, die mit Ilse Kilic befreundet ist, in der Edition „Freibord“ puliziert, nach Gerhard Koflers Tod gemeinsam mit Gerhard Jaschke GAV-Generalsekretärin war, jetzt ist das Ilse Kilic mit Gerhard Jaschke und als ich vor langer langer Zeit nach Klagenfurt zum „Preis der Arbeit“, den es damals kurz dort gegeben hat, eingeladen wurde, war sie auch dort und hat mit einem Text über Zimmermädchen, der sicher realistisch war, gewonnen.
Ferdinand Schmatz, der, wie ich 1953 geboren wurde, inzwischen Leiter des Hochschullehrgangs für Sprachkunst ist, folgte und erzählte, daß er mit oder durch Reinhard Priessnitz sozialisiert wurde. Er hat sich auch eines seiner Gedichte ausgesucht und las dann aus dem „großen babeln“.
Ich war schon öfter in seinen Veranstaltungen und kann mich an die zwei „Reisen – in achtzig Gedichten um die ganze Welt“, bzw. „in achtzig flachen hunden in die ganz tiefe Grube“ Bücher erinnern, die er gemeinsam mit Franz Josef Czernin sowohl bei Heimrad Bäcker in Linz, als auch bei Jochen Jung in Salzburg herausgegeben hat und den letzteren damit hineinlegte.
Das „Edition neue Texte-Buch“ habe ich glaube ich in meinen Beständen.
Die Diskussion bezog sich auf die Wiener Gruppe und Ferdinand Schmatz Sozilisation zum Dichter, die außer von Reinhard Priessnitz auch von Ernst Jandl und Friederike Mayröcker geprägt wurde.
Der Doyen und ehemalige Professor für Sprachkunst, Robert Schindel folgte und sprach von seiner Sozialisierung durch den sozialistischen Realismus, da seine Eltern Kommunisten waren, die das Wort als Waffe prägten.
Nach der Pause kam die 1983 in Graz geborene Sonja Harter, die ich, glaube ich, zum ersten Mal persönlich sah und die auch einen ganz anderen Ton in die bisher eher experimentelle Diskussion einbrachte, nämlich durch ihre Frage, wie sehr die Mutterschaft das Dichten verändert und dazu das Beispiel brachte, daß Friederike Mayröcker bei der Mitteilung, daß sie schwanger wäre, zuerst „Um Gottes Willen“ und dann erst „Gratuliere!“, gesagt hätte.
Es folgten zwei Gedichte, eines von Friederike Mayröcker, die sich darin ihre Kinder, die sie nie gehabt hat, vorstellte und eines von Helwig Brunner über seine Vaterschaft und in der Diskussion waren die Dikutanten ein bißchen ratlos und wußten nicht, wie die Mutterschaft zum Dichten passe? Mir sind da die Frauen eingefallen, die am Küchentisch zu schreiben angefangen haben, während ihre Kinder schliefen, aber das waren Astrid Lindgren und Christine Nöstlinger, also nicht unbedingt Lyrikerinnen, allerdings habe ich, glaube ich, auch gehört, daß Nelly Sachs am Küchentisch in Schweden gedichtet hätte, während sie ihre Mutter betreute.
Und Andreas Unterweger, der auch kein Lyriker ist, hat ein Buch über seine Vaterschaft geschrieben. Gibt es das weibliche und männliche Dichten und kann man das Geschlecht erkennen? Ich behaupte da ja immer, daß man kann und der „Fried-Preisträger“ Nico Bleutge, der auch noch am Podium saß, erzählte von einem Projekt, wo man man das untersucht hätte und 98% der Schätzungen wären richtig gewesen.
Der 1972 in München Geborene, der in letzter Zeit einige Gedichtbände herausgegeben hat, erzählte etwas von einer „Dämmeratmosphäre, die ihn interessieren würde und wurde dann auf „Naturgedichte“ festgelegt, was er gar nicht so sehen wollte, beziehungsweise von Michael Hammerschmid Wahrnehmungsdichter genannt.
Am Schluß folgte noch eine Runde, wo jeder der Eingeladenen ein paar Gedichte las und ich habe wieder sehr viel, obwohl ich den Zusammenhang in dieser Diskussions- und Fragerunde nicht ganz gesehen habe und auch nicht wirklich verstanden habe, was das Dichten jetzt mit der Gesellschaft zu tun hat, weil man das ja meistens wohl allein betreiben, aber natürlich für diese tun wird. Ein interessanter Aspekt des Lyrik-Festivals in der „Alten Schmiede“ also und morgen geht es weiter und da werde ich auch pünktlich sein.
2014-05-25
Hotel Amerika
Auf Maria Leitners „Hotel Amerika“, den 1930 herausgebrachten ersten Reportage-Roman der Weimarer Republik, bin ich, glaube ich, durch das Gewinnspiel des „Duftenden Doppelpunkts“ zur Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 aufmerksam geworden. das Buch war ja dabei, wie man auf den ersten Seiten des 2013 in der Bibliothek der Frauen, der „Edition Mokka“, herausgegebenen Ausgabe sehen kann. Auf der Krit Lit habe ich das Buch bekommen, das ein wenig anders ist, als die „Hotel-Bücher“ Vicki Baums“, die ja ungefähr zeitgleich entstanden sind.
Maria Leitner wurde 1892 in Varazdin bei Zagreb in eine zweisprachig jüdische Familie geboren. Sie war Journalistin und Schriftstellerin und hat wohl schon in den Neunzehnhundertzwanzigerjahren das getan, womit Günter Wallraff später berühmt werden sollte, als Zimmermädchen in Luxushotels und als Bedienerin in Fastfoodbuden gearbeitet und sie hat auch für den „Ullstein-Verlag“ von 1925-1928 Amerika bereist, um solche Reportagen herauszugeben.
So schildert „Hotel Amerika“ auch das Luxushotel von unten, aus der Sicht der kleinen Leute, der Angestellten, des Personals, die oft Emmigranten aus Deutschland, Italien, Schweden oder woanders sind.
Es beginnt an einem Morgen hoch oben in einem Schlafsaal des Reinigungspersonal, wo nur die zwei Ältesten eine Kommode haben, die anderen haben nur ein Bett und ein Fach im Kasten. Geputzt wird auch nicht wirklich, aber unter Shirleys Bett steht ein Koffer mit einem billigen Abendkleid und sie denkt sich gleich, nachdem ihre Mutter, die auch in dem Hotel arbeitet, sie weckte „Heute ist mein letzter Tag, als Wäschemädel!“, denn Shirley hat große Flausen im Kopf, beziehungsweise träumt sie davon, von „ihrem Freund“ hier weggeholt zu werden.
Der ist ein Mister Fish und hat auch andere Pläne, denn in dem Hotel soll am Abend eine große Hochzeit gefeiert werden. Die Tochter eines Zeitungsmäzens soll einen Sportler heiraten und Fish hatte offensichtlich ein Verhältnis mit ihr, beziehungsweise Briefe, mit denen er ihren Vater erpressen will. Der läßt sich nicht so leicht erpressen und gerät auch nicht aus den Fugen, als Fish sich von einem Kellner eine Kellneruniform besorgen läßt, um sich am Abend in den Ballsaal hineinschmuggeln zu lassen. Vorerst geht es aber an die Arbeit, beziehungsweise wird beschrieben, wie die Hausdamen über die Zimmerflure wachen und die Wäschemädel in ihren schmucken Uniformen die Wäsche verteilen.
Fritz, ein Emigrant aus Deutschland, der von seiner Firma entlassen wurde, weil er bei der Gewerkschaft war, wird als Küchenhilfe angestellt und gerät in Panik, als er den Hummern die Scheren zusammenbinden soll, damit sie nicht zu viel Aufruhr machen, wenn sie ins kochende Wasser geworfen werden.
Im letzten Speisesaal des untersten Personals gibt es inzwischen eine Aufregung, weil sich das gegen die faulenden Kartoffeln zur Wehr setzen, die ihnen serviert werden.
Shirley hält eine flammende Rede, der Page Salvatore, ein im italienischen Viertel geborener Italiener geht mit der Schwedin Ingrid, die ebenfalls Stubenmädchen ist, in sein Viertel, um ihr die Konditorei seinen Vaters zu zeigen und erklärt ihr, daß er in dem Hotel arbeitet, weil er auch mal etwas anderes als das „Little Italy“ von New York sehen will.
In den Zimmeretagen kommt es indessen zu großer Aufregung, weil alle etwas wollen, einen Brief, eine Büglerin, ein Arzneimittel, das Personal aber noch in den unteren Küchenräumen, bei der Streikbewegung ist und die Hausdame muß beruhigen.
Dann kommen sie schon angelaufen und die Ballsäle für den Abend sind auch schon geschmückt, mit exotischen Blumen und lebenden Schmetterlingen.
Die Kellner müssen alle Französisch reden, um feiner zu sein, es wird auch jetzt ein Aufstand geprobt. Sie fordern besseres Essen und eine Gehaltserhöhung, bevor sie sich an die Arbeit machen. Majories Bräutigam verschmäht aber die Hummer, denn ein Sportler darf nur weiche Eier oder Grießbrei essen. Die Kellner servieren ihm das, beziehungsweise treiben sie ein wenig Schabbernak, indem sie statt Mayonnaise süße Eiercreme den vornehmen Gästen servieren, dann geht aber doch alles seinen Weg und die verfänglichen Briefe Majories, die Mister Fisch, der ein sehr erbärmlicher Kellner ist, auf die Tische legen will, entpuppen sich, als Bibelschriften, so wird ihm nichts anderers überbleiben, als für einen anderen Reichen, „die Außenreklame für Betshäuser zu machen“.
Aber auch Shirley ist entlassen worden und muß den Traum an Mister Fishs Seite reich zu werden, aufgeben, was ihr aber nichts macht, hat sie sich doch in den Küchenjungen Fritz verliebt, der schon auf sie wartet.
„Einmal wird das alles uns gehören, aber bis dahin müssen wir schwer kämpfen. Was tut es? Ich bin ja jung und das ganze Leben steht noch vor mir!“, endet das Buch zuversichtlich, was im realen Leben etwas anders war, hat doch Maria Leitners Leben 1942 in Marseille geendet, wie ich „Wikipedia“ entnehme.
Sie war auch in Frankreich, wohin sie flüchten mußte, im politischen Widerstand tätig und ist dort „vor Erschöpfung gestorben.“
In Traude Korosa, der Herausgeberin, Kapitel über das Leben der Schriftstellerin, steht noch, daß es auch sein kann, „daß sie von den Nazis verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht wurde.“
Traude Korosa, die ich 1987 bei der Schreibwerkstatt in Linz, zu der ich eingeladen wurde, weil ich mich am Max von der Grün Preis beworben habe, kennenlernte, die auch GAV-Mitglied ist und bei der „Frauen lesen Frauen-Gruppe“ gelegentlich mitmacht, hat dem Buch auch noch einen, für mich eher unnötigen Anhang, beigefügt, wo Worte wie „Spucknapf“ oder „Scheuerfrau“ erklärt werden und in der „Editorischen Nachbemerkung“ erklärt, daß das Buch auf der Erstausgabe von 1930 basiert und sorgsam bearbeitet wurde. Was heißt, daß die Rechtschreibung eher beibehalten wurde und auch das Wort „Neger“, das heute ja als politisch unkorrekt gilt, in dem Buch mit einem Sternchen versehen und im Anhang erklärt, zu finden ist.
„Aber Maria Leitner hätte mit unserem heutigen Wissen dieses Wort als politisch inkorrekt empfunden und es auf keinen Fall in ihren Texten verwendet“, vermutet Traude Korosa noch, was wahrscheinlich stimmen wird.
1930 hat man dieses Wort aber verwendet und „Afroamerikaner oder Farbige“ würde in diesen Kontext wahrscheinlich etwas seltsam klingen. Auch etwas worüber man nachdenken kann und auf jeden Fall lohnt es sich, diesen Reportage-Roman zu lesen, in die Programme der „Edition Mocca“ hineinzuschauen und vielleicht auch bei den Gewinnspielen des „Duftenden Doppelpunktes“ mitzumachen und mich hat es in der Annahme verstärkt, daß der „Milena-Verlag“ mit Maria Leitner eine weitere Frau hätte, die er wiederauflegen könnte. Aber das wird ja schon von Traude Korosa in „ADA-Bibliothek der Frauen“ getan, die auch Auguste Groners „Der Rote Merkur“ ein Wiener Kriminalroman aus dem Jahr 1907 herausgebracht hat und in der „Edition Mokka“ sind auch Max Winters Sozialreportagen „Die Steigeisen der Kopfhaut“ zu finden.