„Eines Tages sah sich Aurora Rodriguez veranlaßt, ihre Tochter zu töten“, beginnt Erich Hackls 1987 erschienene erste Erzählung, mit der er auch gleich den „Aspekte Literaturpreis“ bekommen hat.
Ich sehe den 1954 in Steyr geborenen Dichter ja öfter in der „Alten Schmiede“ oder bei anderen Veranstaltungen. So hat ihn Angelika Reitzer zu ihrem „Wie im echten Leben-Symposium“ eingeladen, bei Friedl Hofbauers Begräbnis hat der den Nachruf gehalten, ein Buch zum Februar 1934 hat er kürzlich mitherausgegeben und seine letzte dokumentarische Erzählung über seine Mutter habe ich in der „Alten Schmiede“ und im Radio bei einer literarischen Soiree, wo er von Karin Fleischanderl und Jochen Jung ziemlich verrißen wurde, auch verfolgt.
Wann ich den Dichter bzw. seine Werke kennengelernt habe, weiß ich gar nicht so genau.
„Abschied von Sidonie“ habe ich im Schrank gefunden, der Otto hat mir aber „Als ob ein Engel“ einmal zum Geburtstag mitgebracht.
So ist „Auroras Anlaß“, das dritte Hackl-Buch, das ich gelesen habe. Offenbar findet man seine Werke nicht so oft in den Schränken. Ich war aber bei einigen Lesungen, über die von „Familie Salzmann“ habe ich gebloggt und bei einer Theordor Kramer Preis-Verleihung in Krems, wo der die Laudatio hielt, habe ich ihm zwei Bücher, ich glaube „Lore und Lena“ und „Mutter möchte zwanzig Kinder“ verkauft.
Seither grüßt er mich, wenn er mich sieht und ich schätze den realistischen dokumentarischen Schriftsteller, der sich sowohl mit antifaschistischen, als auch mit lateinamerikanischen Themen befaßt, sehr, weil ich ja auch realistisch, wenn auch nicht unbedingt dokumentarisch schreibe.
Nun zu Hackls Erstling, der in der Zeit erschien, als ich von der HNO-Klinik in die freie Praxis ging, die auch eine freiberulfiche literarische Tätigkeit werden hätte können, jedenfalls habe ich damals intensiv an „Zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt“ geschrieben, eine Erzählung, die nicht sehr gefallen hat.
Erich Hackl ist dann, glaube ich, sehr schnell berühmt geworden.
„Abschied von Sidonie“ zählt zur Schullektüre und wird bei mir auch sehr oft aufgerufen, die Besprechung von „Dieses Buch gehört meiner Mutter“ im Ö1, die ich als wir von „Leipzig“ zurückkamen, im Radio hörte, zeigt aber, daß die realistischen dokumentarischen Schreiber, auch wenn sie schon sehr berühmt sind, nicht immer unbedingt als literarisch gelten.
Hackl hat es aber doch geschafft und mit der Geschichte der Aurora Rodriguez, die, glaube ich, eine wahre ist, gleich einen bedeutenden Newcomer-Literaturpreis bekommen und nun kennt ihn jeder in Österreich, der sich nur ein bißchen für Literatur interessiert und sein Erstling hat mich auch sehr beeindruckt.
Es ist übrigens ein schon ziemlich abgegriffenes Buch, das ich da gelesen habe und wenn ich mich nicht irre, habe ich es vor zwei drei Jahren bei „Reichmann“ eine der beiden Buchhandlungen auf der Wiedner Hauptsstraße, die diese so belebten und die es nun beide nicht mehr gibt, gemeinsam mit Bernhards „Kind“ und Milena Mosers „Blondinenträume“ aus der Abverkaufskiste gezogen. Der Vorleser hat es, wie ich angestrichen und auch ein paar handschriftliche Bemerkungen dazu gemacht, die er aber, bevor er es verkaufte, sorgfältig ausradierte, so daß ich nichts dazu schreiben kann.
Also nur eine kurze Inhaltsangabe, da ist also Aurora Rodriguez, 1890 in Spanien geboren, die als Kind schon die Armut der Arbeiter und die Ungerechitgkeit mit denen die Dienstmädchen behandelt werden, erlebt. Sie erlebt wahrscheinlich auch die Unterdrückung der Frau, der Vater, ein Rechtsanwalt scheint sich aber mit dem kleinen Mädchen sehr zu beschäftigen. Sie fühlt sich auch von der Bibliothek sehr angezogen, spielt immer darin und wird eines Tages Zeugin, als eine Dame zu dem Advocato kommt, die sich scheiden lassen will.
Weil sie aber schuldig geschieden werden würde und das Sorgerecht ihres Kindes verlöre, verzichtet sie schließlich darauf und der Vater findet sein Töchterchen mit der Puppe im Arm und als er sie fragt, wie sie denn hieße, antwortete sie ihm „Rosa und daß sie ihr ganz allein gehört!“
Am Tag ihrer Großjährigkeit gibt sie ein Inserat in der Zeitung auf, daß sie einen Mann für eine Schwängerung sucht, er muß gesund und geistig hervorragend sein, sie will ihn aber nicht heiraten und später nichts mehr mit ihm zu tun haben.
Es meldet sich ein Priester, Aurora gibt sich ihm hin und zieht mit dem Kind bzw. noch früher nach Madrid und mietet sich in eine kleine Pension ein. Sie nimmt sich auch ein Dienstmädchen namens Julia Sanz und widmet sich fortan ganz der Erziehung ihres kleinen Mädchen, das zwar nicht mit anderen Kindern spielen darf, aber alle Gelehrsamkeit der Welt zur Verfügung bekommt, so daß sie schon mit vier Jahren dem Dienstmädchen einen Vortrag über die Befruchtung hält.
In dieser Zeit erfährt Aurora auch, daß der Priester gar keiner, sondern ein Verbrecher, war, was sie in eine tiefe Krise stürzt.
Hildegart darf aber jetzt in eine Schule, was gar nicht so einfach ist, eine richtige für sie zu finden, sie beginnt aber schon mit zwölf oder dreizehn Jahren Jus zu studieren, schreibt für eine Zeitung Artikeln für die Befreiung der Frau und beginnt sich politisch zu betätigen. Die Mutter immer an ihrer Seite und Schwierigkeiten gibt es auch, da sich die Bauern am Land gar nicht so gern befreien lassen wollen. So kommt es zu einer Anklage und zu einem Parteiauschluß und Hildegart beginnt sich auch von ihrer Mutter zu emanzipieren, will eine Stelle in London bei einem Sozialforscher annehmen, auch eine Beziehung aufnehmen etc.
So kommt es zu der schon Anfangs geschilderten Tat. Die Mutter stellt sich der Polizei, wird als geistig zurechnungsfähig zu sechundzwanzig Jahren Haft verurteilt, gilt im Gefängnis als Querulantin und ihre Spuren verlieren sich im spanischen Bürgerkrieg. Sie soll aber im Dezember 1955 gestorben sein.
Hackl gibt auf den letzten Seiten die Quellen an, die er für das Buch benützt hat und bedankt sich bei der Stadt Wien für die Zuerkennung eines Stipendiums.
2014-05-01
Auroras Anlaß
2 Kommentare »
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eine bisschen sehr oberflächliche Rezension. Das Thema, ob Erziehung jemanden zur Gänze bestimmen kann, ob der Zweck die Mittel heiligt, ob man aus purem Egoismus seine Tochter als politische Waffe ausschließlich zu seinen Zwecken benützen darf, der historisch äußerst interessante Hintergrund, die verlogene katholische, antiquierte Einstellung einer ganzen Gesellschaft, die daraus gedankliche Erstarrung des einzelnen, die Emanzipation weg von der Allmacht-Mutter… wäre interessant gewesen, darüber mehr zu erfahren!
Kommentar von Susanne Kara — 2019-03-27 @ 10:55 |
Mag sein, aber sicher so wie ich es beim Lesen empfunden habe, es ist ja jetzt schon länger her, daß ich das Buch gelesen habe, so daß ich mich gar nicht sehr so genau daran erinnern kann.
Aber wenn Sie meinen, daß etwas fehlt, können Sie es ja ergänzen, ich bin neugierig und gespannt und viele Grüße aus Wien!
Kommentar von jancak — 2019-03-27 @ 11:09 |