Literaturgefluester

2014-05-10

Die weiße Wildnis

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:06

Walter Buchebners „Gedichte und Tagebücher“, 1974 herausgegeben von Alois Vogel, ausgeschieden aus der Städtischen Bücherei in der Grundsteingasse, das Entlehnblatt auf der ersten Seite zeigt keine Eintragungen, gefunden vor zwei Jahren im offenen Bücherschrank ebendort.
Von Walter Buchebner, der wie Elfriede Jelinek, in Mürzzuschlag geboren wurde, habe ich in den späten Siebzigerjahren durch den „Buchebner-Preis“ gehört, an dem ich mich ein paar Mal beteiligt habe.
Felix Mitterer und Gloria Kaiser haben da, glaube ich, gewonnen und Erich Holzer hat mir gesagt, daß man schon bekannter sein müße, um da mitzumachen.
Den Preis hats dann bald nicht mehr gegeben und ob ich bis Daniela Striegl „Die Eule von Wien“ herausgegeben hat, viel von Buchebners Gedichten gehört oder gelesen habe, glaube ich eher nicht.
Der Dichter wurde jedenfalls 1929 in der steirischen Stadt geboren und hat sich, da er Nierenleidend war, 1964 erschossen.
Alois Vogel hat zwei Bände seiner Werke herausgegeben, in Zeitschriften und Anthologien sind seine Gedichte erschienen, die von Hermann Hakel gefördert wurden, der übliche Weg in den Literaturbetrieb der Fünfziger und Sechzigerjahre, der in den Tagebüchern auch sehr schön beschrieben ist.
Das Bändchen beginnt mit dem Langgedicht „die weiße wildnis – in der das lied stirbt aus der wiederkehrt für immer“
Die Tagebücher beginnen 1946 in Mürzzuschlag, da ist der krieg vorbei, Buchebner erinnert sich an das, was seine Mutter 1938 in ihr Tagebuch über Schuschnigg schrieb.
Er wurde, glaube ich, in den Krieg noch einberufen, beziehungseise desertierte er, dann kam er nach Wien, versuchte sich als Arbeiter den Proletariern mitzuteilen. Hakel hat dann ein Gedicht von ihm in einer Zeitschrift gebracht, beziehungsweise, das so entstellt, daß Buchebner es fast nicht mehr erkannt hat.
Er berichtet auch von einem Abend in der „Gesellschaft der Literatur“, wo er Jandl kennenlernte, Doderer hat er auch getroffen und Henz hat ihm seine Gedichte zurückgeschickt.
Buchebner war dann, wie einige Dichter in den Fünfziger und Sechzigerjahren Bibliothekar in den Städtischen Bücherei, offenbar eine soziale Absicherung für die Schreibenden.
Die Nierenkrankheit ist Ende der Sechzigerjahre aufgetreten, wo sich Buchebner mit seinen frühen Tod beschäftigt, die Untersuchungen im AKH werden beschrieben, die Nierensteine, die Operationen und wie er sie erlebte.
Er hat sich auch mit dem Dichten und dem Rhythmus der Sprache beschäftigt und ist nach Paris gereist. Ein paar Seiten wurden aus den Tagebüchern herausgerissen, beziehungsweise später durch Freunde wieder hinzugefügt, wie Alois Vogel genau anmerkt.
Am Schluß gibt es wieder Gedichte, die sehr lang sind und immer wieder einzelne Worte und Verszeilen extra herausgehoben werden, wie „paris ma poesie, wo wir immer wieder „aux cing billards“ finden können.
„die revolte“ „ich saufe – sie ob sie mich – angst ich – ich schreie im rotweinrausch – in die arme einer neuen poesie – dichtung ich will die poesie- ich besaufe mich mit rotwein und im rotweinrausch mit der hoffnung auf rauschgift aus paris – revolte – ich – die revolte – april 1961“
1961 hat der im Cafe Sport in der Schönlaterngasse, wo es heute das „Literarische Quartier der Alten Schmiede“ gibt, auch das Manifest der Poesie geschrieben, das mit den Worten „Die Literatur ist tot! – Es lebe die Poesie!“, endet.
Das Buch endet mit einem Nachwort von Alois Vogel, der im „Literaturkreis Podium“ tätig war, und dort auch von mir etwas veröffentlicht hat, in dem er betont, daß er nach seinem ersten, 1969 bei „Jugend und Volk“ herausgegebenen Buchebner-Band „zeit und zellulose“ noch einen zweiten mit den Werken des Dichters erscheinen lassen wollte.
Erklärt ein bißchen was dazu und wundert sich, daß Buchebner, der sich auch mit der Beatbewegung, mit dem Blues und der Malerei beschäftigt hat, in den Siebzigerjahren nicht bekannter gewesen war, hätte ihn die Jugend doch eher als den „strengen Jandl“ annehmen müssen.
Einzig Hans Heinz Hahnl hat sein Talent erkannt und in der Arbeiter Zeitung am 21. Juni 1970 geschrieben „Buchebner… könnte man als einen geistigen Vater jener Protestliteratur nennen, die nun aus dem Boden schießt…“-
Vogel schließt seine Betrachtungen mit „Ich bin mir bewußt, damit nichts Endgültiges über Walter Buchebner vorzulegen. Wenn der Dichter über seine Zeit zu wirken imstande ist, und ich glaube es, daß er es ist, wird vielleicht einmal eine wissenschaftlich erarbeitete Ausgabe folgen. Bis dahin mögen die beiden Bücher Anstoß und Aufforderung sein.“
Seit 2011 sind wir mit Daniela Striegls „ich die eule von wien“ einen Schritt weiter.

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