Literaturgefluester

2014-05-05

Im Textstand

Filed under: Uncategorized — jancak @ 20:54

Vor ein paar Tagen das Montagliteraturprogramm ausgewählt. Der Schriftstellerverband im Literaturhaus und die Writerin in Residence der Abteilung Niederlandistik in der „Alten Schmiede“ standen zu Auswahl, dann vereinbarte ich am Freitag eine sechs Uhr Stunde, dachte, „Ich muß nicht überall hingehen!“ und an meine Endlosleseliste, als heute ein Reminder zu einer „Literatur am Naschmarkt- Veranstaltung“ kam. Da bin ich ja im vorigen September bei einer Lesung von Beppo Beyerl das erste Mal gelesen und seither hat es sich irgendwie nicht mehr ergeben.
Aber das erste Standerl links von der Kettenbrückengasse war um dreviertel sieben zu schaffen und so habe ich mich angemeldet und mir einen Platz reservieren lassen.
Das letzte Mal in dem chinesischen Restaurant war es sehr voll und ich hätte es auch fast nicht gefunden, das „Grill- und Bierhaus“, bez. Stand 668 war aber leicht zu finden und Gabriele Petricek, die ich ja immer auf Lesungen treffe, aber seit sie bei den „Mittleren“ las, nicht mehr lesen hörte, hat gelesen.
Um Punkt sieben also eingetroffen und interessanterweise, war es diesmal fast leer.
Gabriele Petricek, die ihren Text „Am Ufer meines Setzkastenss“ aus der eben erschienen Anthologie „Mein Waldviertel“ präsentierte, hatte den Leseplatz liebevoll mit einem alten Setzkasten und der Fibel „Wir können schon lesen“, die ich auch in der Volksschule hatte und leider an die Nachbarkinder in der Otto Bauergasse verschenkt habe, dekoriert.
Julia Danielczyck, die Literaturbeauftragte der Stadt Wien, tauchte auf, Peppo Bayerl, der Mitveranstalter, der morgen in der „Gesellschaft für Literatur“ liest, war schon da und die Rede ging um Waldvierlter Biokartoffel, die die Bioläden Wiens bestellt und dann nicht genommen haben und die heute in einer Internetaktion, zu fünf Kilo für vier Euro zu bestellen waren, wahrhaft zum Thema passend, aber vorher habe ich noch den zwei Damen an meinen Tisch, die mir von der Aktion erzählten, meine Bücher gezeigt und sie zu der Lesung morgen in den Republikanischen Club eingeladen.
Dann gings schon los und Gabriele Petricek, die ja nie ihr Alter verrät und immer mit einem Hut auftritt, ist auch eine sehr poetische Schreiberin. Von einem „hochgradig erotisierenden Kosmos“, stand in der Ankündigung zu lesen, beziehungsweise hat es der Sprecher der Jury, der sie für den Anerkennungspreis des Landes Niederösterreichs vorschlug, so genannt.
Und der Text, in dem es um die Nord, Süd, Ost, West Großeltern Karl, Wilhelmine, Anna und Johann, meine Zuordnungen stimmen jetzt wahrschlich nicht, ging, war auch wirklich höchst poetisch und um die Waldviertelrorte, Wie Raabs, Drosendorf, etc, die auch, in Tschechien oder in der Schleifmühlgasse, wo Gabriele Petricek heute lebt, liegen können, um das Heidelbeerpflücken „Für einen Becher Heidelbeer, zeig ich meinen Busen her!“ und das Lesen lernen „Mama mit Mimi in der Küche“, etc, um das Sauschlachten, das Weinlesen und die Hochzeit der Wiener Großeltern, etc.
Gabriele Petricek ist in ihrem Text wahrhaft poetisch herumgesprungen, von ihrer Schwester gelesen, die auch unter den Zuhörern war und am Schluß auf ihre Bücher und den Büchertisch hingeweisen.
Das nächste Mal, immer am ersten Montag des Monats, wird ein noch unbekannter Jurist lesen und ich habe meine Anmeldung wiederholt, vielleicht klappt es in der nächsten Saison, mit einem neuen oder einem alten Buch.
Das „Literaturgeflüster-Texte-Buch“ und die „Dreizehn Kapitel“ aus dem ich morgen lesen werde, habe ich mitgehabt, aber vielleicht wird ab Oktober, wenn das neue Programm gemacht wird, schon die „Brüderschaft“, an der Alfred gestern korrigierte oder die „Anna“ mit der ich heute nicht sehr weitergekommen bin, fertig sein.

Der Zimmerspringbrunnen

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:10

Ein 1995 erschienener Roman von Jens Sparschuh und ein Fund von der „Thalia-Abverkaufskiste“. Der Name hat sich bei mir offenbar eingeprägt, da der 1955 in Karl Marx Stadt geborene, der in Leningrad Philosophie studierte und Assistent an der Humboldt-Uni war, 2012 für den „Leipziger Buchpreis“ nominiert wurde.
Ein Schelmenroman, ein Roman der Wende, irgendwie steht auch was vom Schwejk geschrieben, also wahrscheinlich nicht gerade der richtige Roman für mich, da ich mir mit den Tölpeln in der Literatur, den ewigen Verlierern, eher schwer tue und auch offensichtlich nicht viel Humor besitze.
Dabei fängt es ganz ernsthaft an oder besser mit einem Horoskop, da steht nämlich, daß der Ich-Erzähler Hinrich Lobek die Initative ergreifen soll und so bewirbt sich der seit drei Jahre Arbeitslose, der mit seiner Frau Julia in einer Neubauwohnung lebt, um einen Job als Vertreter für Zimmerspringbrunnen.
Vor der Wende war er Mitarbeiter im Wohnungsamt, machte Hausbesuche und hatte Beschwerden aufzunehmen, jetzt sitzt er seit drei Jahren zu Hause, gießt die Blumen regelmäßig, die daraufhin eingehen und geht mit dem Hund Hasso, den er Freitag nennt, Gassi, er ist auch auf den Ressortleiter seiner Frau namens Hugelmann eifersüchtig und führt ein Protokollbuch, in dem er alle seine Beobachtungen genau vermerkt. Einen Hobbyraum, wo er Laubsägenarbeiten ausführt, gibt es auch.
Er bewirbt sich also und wird zu einem Seminar eingeladen, weil die Firma ihre Ostkontakte ausbauen will. Lobek ist eher schweigsam und schüchtern und als er beim Rollenspiel den Vertreter mimen soll, ergreift er den Zimmerspringbrunnen und spritzt sich damit an.
„Unterschreiben!“, ruft der Chef dem Kunden zu und Lobek hat die Stelle. Jetzt zieht er sich in den Hobbyraum mit den Schulungsunterlagen zurück und als er im Vorzimmer auch noch die Modelle von „Jonas dem Wal“ aufstapelt, zieht die Frau aus.
Lobek zieht mit Strüver, das ist der Leiter des Verkaufsseminars los und bringt zum Einstieg auch noch die Adresslisten mit, die er von seinen Hausbesuchen hat.
Da wird er von der Firma offenbar für einen Stasimitarbeiter gehalten, aber als der Hund eines der Modelle kaputt macht, Lobek hat sie zu Modellzwecken in der Wohnung aufgestellt, repariert er es mit einem DDR-Kugelschreiber, nennt das Modell „Atlantik“ und es wird der Hit, denn alle wollen nun ein solches haben.
Es kommt auch zu Mißverständnissen, als er einmal einen Massagesalon aufsucht, hält ihn die Domina für einen Kunden, er bekommt blaue Flecke und muß noch hundert Mark dafür zahlen und Strüver hält ihn für homosexuell, als er ihn im Unterleibchen zum Laubsägeabend im Hobbyraum empfängt.
Trotzdem macht er Karriere und wird sogar zum Bereichsleiter Ost. So will er, Weihnachten naht, seine Ehe retten und Julia zurückholen. Er dressiert den Hund, was natürlich nicht gelingt, räumt die Wohnung auf und lädt Julia zum Versöhnungsessen ein, sie bringt aber nur einen Geschenkskorb, während er einkaufen ist und holt ihre Bahncard und ihre Reisetasche ab, so zieht er mit dem Hund zum Bahnhof los, um Julia zurückzuholen, gerät dort in Sandlergesellschaft und verliert offenbar den letzten Halt und ich bleibe wieder etwas ratlos zurück, so schlimm war es doch nicht mit dem Verfall der DDR und eigentlich ist nach der Wende der Aufstieg doch gelungen oder irre ich mich da?
„Mit scharfer Beobachtungsgabe und viel Humor ist Jens Sparschuh in diesem burlesken Vertreterroman das seltene Kunststück gelungen, alle komischen und tragischen Aspekte der Wende aufzugreifen, ohne dabei in Larmoyanz zu verfallen“, steht im Beschreibungstext und die „Berliner Morgenpost“ schreibt auf den Buchrücken „Ein Beweis dafür, daß man ohne Enttäuschungen auch nach deutscher Literatur greifen kann!“, da habe ich nun nicht ganz verstanden, denn ich greife ja sehr oft nach der deutschen, österreichischen und auch ganz anderen Literatur und werde selten enttäuscht, auch hier nicht, obwohl ich es lieber etwas weniger burlesk hätte.

2014-05-04

Herr Mozart wacht auf

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:44

„Herr Mozart wacht auf“, ein Buch aus der „Thalia-Abverkaufskiste“ von 2012 und gehört habe ich auf der Buch Wien 2009 oder 2010 davon, da hatte ich schon ein Buch von einem wiederaufgelebten Mozart gelesen und eines, wo es mit Hitler in die Zukunft geht gibt es, davon hörte ich das erste bei „Rund um die Burg“ neu und Dennis Scheck schmeißt es, weil es auf der Bestsellerliste steht, jedesmal in seiner Sendung das Laufband hinunter, ob er es mit dem von Eva Baronsky geschriebenen Buch auch so machen würde, weiß ich nicht, aber vielleicht hat das gar nicht auf der Bestsellerliste gestanden, obwohl es sehr spannend ist und ich es fast in einem Ruck durchgelesen habe.
Es beginnt am Totenbett, am 5. Dezembre 1791 und das nicht vollendete Requiem spielt auch eine Rolle, dann erwacht Herr Mozart wieder, 2006 glaube ich in einer WG, wird für einen Sandler gehalten, pinkelt auch eine Teetasse voll, die er für einen Nachttopf hält, schreibt am Requiem weiter und läßt die Blätter in Anjus Zimmer, in das man ihn gebracht hat, liegen. Ein anderer WG-Bewohner chauffiert ihn in seinem Toyota auf den Stephansplatz, wie er das macht, ist nicht so ganz klar bzw. möglich, aber Mozart staunt über die Höllenmaschine ohne Pferde, entdeckt zuerst das Haas-Haus, dann den Dom und schließlich die Steine mit den Daten der Musiker, da gibt es einen von einem Johann Strauß, der 1804, also für Mozart noch ein bißchen in der Zukunft, geboren wurde, dann die eigenen Lebensdaten und glaubt da die, die in den Stephansdom strömen, źum jüngste Gericht gehen. So geht er beichten, der Pfarrer fühlt sich genarrt, empfiehlt ihn den Steinhof und auf der Kärntnerstraße lernt er den polnischen Geiger Piotr kennen.
So geht es los, Mozart lernt die Mechanik des einundzwanzigsten Jahrhunderts kennen, nennt sich fortan Mustermann, weil man ihm etwas anderes nicht glauben würde, geht mit Piotr, der verschiedene Engagments in Gasthäusern hat, spielen, um sich sein Essen und ein paar Euro zu verdienen, kauft sich einen Anzug und später eine Jeans und weil er ein Genie ist, fühlt er sich von einem Jazzclub angezogen, wo er fortan für ein paar Bier und Knödeln improvisiert.
Die Frauen ziehen ihn auch stark an, so entkommt er Piotr, der ihm zur Ordnung erziehen will und verbringt eine Nacht mit einer schönen Saxophonistin, die dann aber entschwindet.
In ein Klaviergeschäft geht er auch und spielt dort am Bösendorfer, Herr Liebermann Senior läßt ihn das auch tun und empfieht ihm sogar ein paar Schülerinnen, nur leider kommt er nicht mit dem Handy zurecht. Er bringt ihn auch in ein Wohltätigkeitskonzert, wo sein Genie erkannt wird, als er aber einem Mäzen gegenübergestellt wird, gießt er ihm Sekt auf die Hose, der verschwindet erbost und Mozart improvisiert vorerst weiter.
Die liegengebliebenen Noten wurden inzwischen einen Musikprofessor übergeben und Anju, eine in Salzburg geborene Inderin, begegnet Mozart auch wieder, zuerst hat sie ihn hinausgeworfen, weil er ja in ihre Tasse gepinkelt hat, er bringt ihr eine schöne teure aus altmodischen Porzellan wieder. Es kommt zu einer Liebesnacht, nur als er ihr gesteht, wer er wirklich ist, bekommt sie es mit der Angst zu tun und schickt ihn fort.
Schließlich landet er, weil er ja keine Papiere hat, wirklich noch am Steinhof und wird behandelt. Anju besucht ihn dort, weil sie von ihm schwanger ist, eine Ärztin erklärt ihr ihre Theorien über den Meister und Professor Michaelis kommt ihn auch besuchen, damit er das Requiem fertigstellen kann.
Das ist dann schon ein Jahr, später am 5. Dezembre 2007 und Mozart hält den Besucher für den Erzengel Michael und beginnt das Requiem weiterzuschreiben, beziehungsweise in der Musik, wie kann es anders sein, zu entschwinden.
Ein „Postludium“, die einzelnen Kapitel tragen solche musikalischen Überschriften, die 1968 geborene Eva Baronsky, die für ihren ersten Roman den „Friedrich Hölderlin-Förderpreis“ bekommen hat, scheint sich in die Welt Mozarts sehr eingearbeitet zu haben, gibt es auch, da sind wir zweihundertsechzehn Jahre zurückgeglitten und hören Constanzes schluchende Stimme „Er kann nicht vom Requiem lassen!“ und Mozart schüttelt den Kopf.
Ein witziges, spannendes Buch, in dem man in die Welt Mozarts eintauchen und mit ihm wieder aufmachen und nachdenken kann, wie es dem größten Genie gehen würde, wenn es zweihundert Jahre später wieder aufwacht, sich vor der U-Bahn fürchtet, Telefonnummern für einen Code hält, etc.
Sehr sorgfältig gearbeitet, denn dieser Mozart macht sich auch Gedanken, ob es noch andere Wiedergeborene gibt, denkt über den Sinn seiner Mission, die er offenbar noch zu erfüllen hat, nach, verliebt sich aber ständig, war der echte Mozart so, daß er hinter jedem Frauenzimmer herschlurfte und es gleich abbusselte?
Eva Baronky hat sich auch in seine Sprache eingearbeitet und so spricht der Mozart für uns zweihundert Jahre später Geborene sehr unverständlich und vor allem sind die Briefe, die er Anju aus der Psychiatrie schreibt sehr schwer zu lesen, so daß ich das bald aufgegeben habe.
Es ist also doch gut eine einheitliche Orthografie zu verwenden, natürlich ja, trotzdem ein sehr schöner Roman, der auch zeigt, wie es den polnischen Straßenkünstlern in Wien geht und, daß Mozart, der ja, glaube ich, 1770 oder 80 zwar viel verdiente, aber auch viel ausgab und oft ausgenützt wurde, zweihundert Jahre später, mit vielen Versprechen aber mit wenig Gage spielte.
Das „Buch ist wie eine Umarmung“, hat Robert Schneider auf der Rückseite sehr poetisch formuliert. Ich würde es anders nennen, gefallen hat es mir aber auch.

2014-05-03

Der Professor

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:28

Eigentlich sollte hier ja Hans Falladas „Bauern, Bonzen und Bomben“ das Buch über die scheswig-holsteinische Landvolkbewegung, das ich noch diese Woche auslesen wollte, folgen, dann bin ich aber am Mittwoch zum „Wortschatz“ gegangen und habe dort John Katzenbachs Psychothriller „Der Professor“ gefunden, das mich irgendwie angesprochen hat.
Nun halte ich mich ja, seit ich sie habe, ziemlich strikt an meine Leselisten und ziehe nur Rezensionsexemplare bzw. Urlaubsbücher vor, aber dann las ich im Beschreibungstext, daß es darin um einen an Demenz erkrankten Psychologieprofessor geht, der einen Fall aufzuklären hat und ich schreibe ja gerade auch ein Buch wo es um den Kampf gegen eine solche Erkrankung geht.
Da wollte ich nicht Jahre warten und auch den Fallada, obwohl er ja zum Maiaufmarsch ganz passend wäre, nicht erst auslesen und habe das Buch vorgezogen.
Habe es nicht bereut, obwohl ich es am Anfang ziemlich langatmatig und eher belehrend sowie konstruiert als spannend fand, dann hat es mich aber auch von der Handlung mitgerissen und die Themen, die darin bearbeitet werden, sind sowieso interessant.
John Katzenbach las ich ich dann noch bei „Wikipedia“, da ich den Autor nicht kannte, 1950 in Princeton geboren, ist der Sohn einer Psychoanalytikerin und das merkt man dem Buch, das doch einiges an Fachwissen und genauer Fallbeschreibung bringt, an. Er ist außerdem auch ein Bestsellerautor und hat schon eine ganze Reihe von Thrillern geschrieben, die auf Deutsch „Die Anstalt“, „Der Patient“, „Der Fotograf“, etc, heißen.
Das Buch ist 2011 erschienen und schneidet eine Reihe von brisanten Themen an. Da ist einmal Adrian Thomas, ein Mittsechziger, glaube ich, pensionierter Psychologieprofessor, der an Ratten forschte, der zu seinem Neurologen geht, weil er in letzter Zeit viel vergißt und sich auch mit seiner Frau unterhält, obwohl die schon ein paar Jahre gestorben ist.
„Lewy Body Demenz!“, sagt der und schreibt ein paar Rezepte aus und Adrian beschließt sich umzubringen, hat er doch eine Pistole von seinem Bruder in seinem Kasten, der das schon früher tat. Bevor er aber dazukommt, sieht er ein junges Mädchen mit einem Teddybär am Rucksack, die Straße hinuntergehen, die dann in einen Bus verschwindet, nur die rosa Baseballkappe bleibt liegen.
Adrian beginnt nun eine fortwährende Konservation mit seiner Frau, seinem Bruder, seinem Sohn, alle drei schon verstorben, der Sohn fiel im Irak-Krieg, die Frau hatte deshalb einen Unfall, der Bruder ein Anwalt, war in Vietnam und die drei stacheln ihn auf den Fall aufzulösen. So schnappt er die Kappe und stapft damit von Haus zu Haus.
Der zweite Strang ist die sechzehnjährige Jenniver, die von zu Hause, weil sie möglichwerweise von ihrem Stiefvater, einen esoterischen Sexualtherapeuten mißbraucht wurde, ausreißen will, sie wird von einem Paar, namens von Linda und Michael in einen Bus gezerrt und die sperren sie in einen Keller, fesseln und filmen sie und stellen die Aufnahmen ins Internet.
„Whatcomesnext.com“, heißt die Seite, wo man sich für viel Geld einloggen kann und Jennifer ist schon „Nummer vier“.
Es gibt auch immer Passagen, wo Studenten, Künstler etc auf der ganzen Welt zuschauen, mitfiebern, mitwetten, etc.
Das läuft meines Erachtens ein wenig schleppend an und ich dachte mir, wer ergötzt sich schon daran, daß Jennifer jetzt Haferbrei ißt oder pinkelt, aber dann geht es bis zu ihrer Entjungferung und am Schluß als die Zuschauerresonanz nachläßt, soll auch ihr Tod inszeniert werden.
Dazu kommt es aber nicht, ist ihr doch Adrian auf der Spur und eine Polizistin namens Teri Collins, eine alleinerziehende Mutter, die offenbar ihrem gewalttätigen Gatten davonlief, die Jennifer suchen soll, gibt es auch.
Der Professor geht zu seinem Nachfolger, kommt auf die Idee, daß es um Internetsex gehen könnte und mit Hilfe eines Triebtäters, der eine an Alzheimer erkrankte Mutter hat, die er liebevoll pflegt, obwohl es ihm die Gesellschaft nicht leicht macht, kommt er auch auf die Seite und gerade noch zu der Farm, als Jennifer schon fast den Verstand verloren hat und sich erschießen soll.
Teri kommt dabei ums Leben, der Professor wird angeschossen, überlebt aber und im Epilog, drei Jahre später, ist Jennifer die beste Psychologiestudentin und soll ein Stipendium bekommen, sie geht aber jeden Donnerstag mit einem Blumenstrauß zu Teris Gedenkstein und dann in das Altenheim, wo sie dem inzwischen schon sehr abgebauten Professor, Gedichte vorliest.
„Er freut sich, wenn Sie kommen, auch wenn er Sie nicht mehr erkennt!“, sagt die freundliche Schwester. Jennifer glaubt ihr das nicht und hat für den Professor auch schon den Giftcocktail vorbereitet, den sie ihm liebevoll spritzt, während sie ihm Gedichten vorliest und von ihrem Studium erzählt.
Ein doch sehr spannendes Buch, das sehr brisante Themen aufgreift und auch fachkundig abhandelt, aber leider leider wieder so endet, wie es nicht notwendig wäre und ich es nicht haben will, denke ich doch, daß es auch ohne die liebevolle Sterbehilfe geben müßte, selbst wenn das der Bachpreisträger von 2009 auch nicht anders darzustellen wußte.

2014-05-02

Das Versprechen

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:47

Nach dem „Mörda Frühling“ geht es auch bei mir mit einem Krimi weiter, allerdings mit einem schon sehr alten und von prominenter Hand geschrieben.
Friedrich Dürenmatts „Versprechen“ stammt, wenn ich mich nicht irre von dem Kauf mit dem Büchergutschein, den ich einmal bei der Szene Wien gewonnen habe. Damals wollte ich eigentlich den „Verdacht“ haben, habe mich gerirrt und das Büchlein sehr lange liegen lassen.
Jetzt ist es doch an die Reihe gekommen und es war sehr interessant, denn die Kriminalromane des berühmten Schweizer Autors sind sehr bedächtig und auch sehr ungewöhnlich, wenn man von dem heutigen Krimigeschmack ausgeht.
Es gibt eine Rahmenhandlung, da hält einer in Chur einen Vortrag über Kriminalromane, es ist eine sehr langweilige Lesung, im Nebenraum spricht einer über Goethe, was er lieber hören will, nach der Veranstaltung geht er in die Hotelbar einen trinken und wird dort von einem alten Kriminalrat angesprochen, der ihm sagt, was ihm an Kriminalromanen nicht gefällt, nämlich, daß im wahren Leben nicht immer die Schuldigen gefunden werden und bietet ihm an ihn am nächsten Morgen nach Zürich zu chauffieren.
Er tut das mit dem Umweg über eine Tankstelle, dort sitzt ein alter verblödeter Mann und in dem verlotterten kleinen Wirtshaus daneben, serviert eine blonde Frau mit einem ebenso verwahrlosten Mädchen.
„Das war einmal mein bester Kommissar!“, sagt der Kriminalrat und erzählt die Geschichte von dem Gritli mit dem roten Röckchen und den blonden Zöpfchen, das eines Tages im Wald ermordet aufgefunden wurde.
Ein Hausierer meldet das und Kommissar Matthäi, der eigentlich seinen Dienst in Jordanien antreten soll und bei der Schweizer Polizei schon quittiert hat, fährt hin und verspricht der Mutter des Kindes, daß er den Täter fangen wird.
Die Menge will dann den Hausierer, der schon einschlägig vorbestraft ist, lynchen, Matthäi bringt ihn aber nach Zürich und sein Nachfolger verhört ihn solange, bis er gesteht. Am nächsten Morgen erhängt er sich in der Zelle und als Matthäi beim Begräbnis des Gritli und auch am Flughafen Kinder sieht, dreht er um und will den wahren Täter fangen.
Er hat dabei keine Unterstützung, die Polizei will ihn sogar psychiatrisieren lassen. Er mietet aber eine Tankstelle, stellt sich die blonde Frau mit einem blonden Mädchen ein, das er im roten Röckchen den Lockvogel spielen läßt. Denn das Gritli hat von einem Riesen erzählt, das ihm Igelchen schenkte. Es sieht dann fast so aus, als würde der Deal gelingen, das Mädchen kommt mit Trüffeln heim, aber die Polizei. die schon anrückt den Täter zu fangen, findet ihn nicht.
Die Jahre vergehen, Matthäi verblödet, bis der Polizeirat eines Tages an das Krankenbett einer alten Frau gerufen wird, die ihm die Geschichte des wahren Täters erzählt, der ausgerechnet, als er Anneliese ermorden wollte, einen Autounfall hatte.
Der Kommissar will das Matthäi auch erzählen, es ist aber schon zu spät, er bekommt es nicht mehr mit. Böse und vielleicht auch ein bißchen unlogisch, diese 1958 geschriebene Geschichte, aber sehr interessant und allen Krimifans sehr zu empfehlen.

2014-05-01

Auroras Anlaß

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:08

„Eines Tages sah sich Aurora Rodriguez veranlaßt, ihre Tochter zu töten“, beginnt Erich Hackls 1987 erschienene erste Erzählung, mit der er auch gleich den „Aspekte Literaturpreis“ bekommen hat.
Ich sehe den 1954 in Steyr geborenen Dichter ja öfter in der „Alten Schmiede“ oder bei anderen Veranstaltungen. So hat ihn Angelika Reitzer zu ihrem „Wie im echten Leben-Symposium“ eingeladen, bei Friedl Hofbauers Begräbnis hat der den Nachruf gehalten, ein Buch zum Februar 1934 hat er kürzlich mitherausgegeben und seine letzte dokumentarische Erzählung über seine Mutter habe ich in der „Alten Schmiede“ und im Radio bei einer literarischen Soiree, wo er von Karin Fleischanderl und Jochen Jung ziemlich verrißen wurde, auch verfolgt.
Wann ich den Dichter bzw. seine Werke kennengelernt habe, weiß ich gar nicht so genau.
„Abschied von Sidonie“ habe ich im Schrank gefunden, der Otto hat mir aber „Als ob ein Engel“ einmal zum Geburtstag mitgebracht.
So ist „Auroras Anlaß“, das dritte Hackl-Buch, das ich gelesen habe. Offenbar findet man seine Werke nicht so oft in den Schränken. Ich war aber bei einigen Lesungen, über die von „Familie Salzmann“ habe ich gebloggt und bei einer Theordor Kramer Preis-Verleihung in Krems, wo der die Laudatio hielt, habe ich ihm zwei Bücher, ich glaube „Lore und Lena“ und „Mutter möchte zwanzig Kinder“ verkauft.
Seither grüßt er mich, wenn er mich sieht und ich schätze den realistischen dokumentarischen Schriftsteller, der sich sowohl mit antifaschistischen, als auch mit lateinamerikanischen Themen befaßt, sehr, weil ich ja auch realistisch, wenn auch nicht unbedingt dokumentarisch schreibe.
Nun zu Hackls Erstling, der in der Zeit erschien, als ich von der HNO-Klinik in die freie Praxis ging, die auch eine freiberulfiche literarische Tätigkeit werden hätte können, jedenfalls habe ich damals intensiv an „Zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt“ geschrieben, eine Erzählung, die nicht sehr gefallen hat.
Erich Hackl ist dann, glaube ich, sehr schnell berühmt geworden.
„Abschied von Sidonie“ zählt zur Schullektüre und wird bei mir auch sehr oft aufgerufen, die Besprechung von „Dieses Buch gehört meiner Mutter“ im Ö1, die ich als wir von „Leipzig“ zurückkamen, im Radio hörte, zeigt aber, daß die realistischen dokumentarischen Schreiber, auch wenn sie schon sehr berühmt sind, nicht immer unbedingt als literarisch gelten.
Hackl hat es aber doch geschafft und mit der Geschichte der Aurora Rodriguez, die, glaube ich, eine wahre ist, gleich einen bedeutenden Newcomer-Literaturpreis bekommen und nun kennt ihn jeder in Österreich, der sich nur ein bißchen für Literatur interessiert und sein Erstling hat mich auch sehr beeindruckt.
Es ist übrigens ein schon ziemlich abgegriffenes Buch, das ich da gelesen habe und wenn ich mich nicht irre, habe ich es vor zwei drei Jahren bei „Reichmann“ eine der beiden Buchhandlungen auf der Wiedner Hauptsstraße, die diese so belebten und die es nun beide nicht mehr gibt, gemeinsam mit Bernhards „Kind“ und Milena Mosers „Blondinenträume“ aus der Abverkaufskiste gezogen. Der Vorleser hat es, wie ich angestrichen und auch ein paar handschriftliche Bemerkungen dazu gemacht, die er aber, bevor er es verkaufte, sorgfältig ausradierte, so daß ich nichts dazu schreiben kann.
Also nur eine kurze Inhaltsangabe, da ist also Aurora Rodriguez, 1890 in Spanien geboren, die als Kind schon die Armut der Arbeiter und die Ungerechitgkeit mit denen die Dienstmädchen behandelt werden, erlebt. Sie erlebt wahrscheinlich auch die Unterdrückung der Frau, der Vater, ein Rechtsanwalt scheint sich aber mit dem kleinen Mädchen sehr zu beschäftigen. Sie fühlt sich auch von der Bibliothek sehr angezogen, spielt immer darin und wird eines Tages Zeugin, als eine Dame zu dem Advocato kommt, die sich scheiden lassen will.
Weil sie aber schuldig geschieden werden würde und das Sorgerecht ihres Kindes verlöre, verzichtet sie schließlich darauf und der Vater findet sein Töchterchen mit der Puppe im Arm und als er sie fragt, wie sie denn hieße, antwortete sie ihm „Rosa und daß sie ihr ganz allein gehört!“
Am Tag ihrer Großjährigkeit gibt sie ein Inserat in der Zeitung auf, daß sie einen Mann für eine Schwängerung sucht, er muß gesund und geistig hervorragend sein, sie will ihn aber nicht heiraten und später nichts mehr mit ihm zu tun haben.
Es meldet sich ein Priester, Aurora gibt sich ihm hin und zieht mit dem Kind bzw. noch früher nach Madrid und mietet sich in eine kleine Pension ein. Sie nimmt sich auch ein Dienstmädchen namens Julia Sanz und widmet sich fortan ganz der Erziehung ihres kleinen Mädchen, das zwar nicht mit anderen Kindern spielen darf, aber alle Gelehrsamkeit der Welt zur Verfügung bekommt, so daß sie schon mit vier Jahren dem Dienstmädchen einen Vortrag über die Befruchtung hält.
In dieser Zeit erfährt Aurora auch, daß der Priester gar keiner, sondern ein Verbrecher, war, was sie in eine tiefe Krise stürzt.
Hildegart darf aber jetzt in eine Schule, was gar nicht so einfach ist, eine richtige für sie zu finden, sie beginnt aber schon mit zwölf oder dreizehn Jahren Jus zu studieren, schreibt für eine Zeitung Artikeln für die Befreiung der Frau und beginnt sich politisch zu betätigen. Die Mutter immer an ihrer Seite und Schwierigkeiten gibt es auch, da sich die Bauern am Land gar nicht so gern befreien lassen wollen. So kommt es zu einer Anklage und zu einem Parteiauschluß und Hildegart beginnt sich auch von ihrer Mutter zu emanzipieren, will eine Stelle in London bei einem Sozialforscher annehmen, auch eine Beziehung aufnehmen etc.
So kommt es zu der schon Anfangs geschilderten Tat. Die Mutter stellt sich der Polizei, wird als geistig zurechnungsfähig zu sechundzwanzig Jahren Haft verurteilt, gilt im Gefängnis als Querulantin und ihre Spuren verlieren sich im spanischen Bürgerkrieg. Sie soll aber im Dezember 1955 gestorben sein.
Hackl gibt auf den letzten Seiten die Quellen an, die er für das Buch benützt hat und bedankt sich bei der Stadt Wien für die Zuerkennung eines Stipendiums.

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