Literaturgefluester

2014-07-01

Briefe in die chinesische Vergangenheit

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:33

Von den 2012 verstorbenen Juristen Herbert Rosendorfer, der ein breites literarisches Erbe hinterlassen hat und dessen Schwester ich vor kurzem in der „Geellschaft für Literatur“ hörte, habe ich, glaube ich, in den Siebzigerjahren über die sozialistische Zeitschrift „Die Frau“ die meine Mutter regelmäßig las, erfahren. Gelesen habe ich, glaube ich nicht sehr viel von ihm, aber Cornelia Travnicek hat ihn einmal auf ihren Blog erwähnt, vielleicht waren es „Die Briefe in die chinesische Vergangenheit“, auf die sie sich bezog, dieses Buch habe ich jedenfalls im Schrank gefunden, nicht viel damit anfangen können, bis mir die Juristin Nora auf unserer Wanderung vor zwei Wochen, die sich darüber wunderte, daß ich die „Anne Frank“ noch nicht gelesen hätte, von dem wunderbaren Buch erzählte, wo ein Dichter aus dem China des zehnten Jahrhunderts eine Zeitsprungreise in die Zeit von tausend Jahre später macht und seinem Freund Briefe darüber schreibt. Zufälligerweise, beziehungsweise durch einen Berechnungsfehler, landet er aber nicht im Reich der Mitte des Mao Zsedung, sondern kommt in eine seltsame Stadt names Min-chen, das in einem Land namens Ba-Yan liegt.
Ja, Herbert Rosendorfer, der um das Buch zu schreiben, einiges an chinesischen Büchern las und diesbezügliche Studien betrieb, machte es seinen Lesern, beziehungsweise mir recht schwer, denn ich habe seine Übersetzungen nicht immer ganz verstanden. Bei manchen hat er sich, wie beispielsweise bei dem Wort Schi, das auf Chinesisch „Leichnam“ heißt, auch einen Spaß gemacht und „Geschafthuber“ sorgt auch für einge Verwirrungen.
Der Mandarin landet jedenfalls in München der Achtzigerjahre, es gibt noch eine Fortsetzung, die dann nach der Wende spielt, ist verwirrt über die Steinstraßen die „A-taos“ und die Großnasen, die sehr häßlich sind, überall, wie wild herumrennen und so etwas wie einen „An-tsu“ tragen, so daß man Frauen von Männern nicht gleich unterscheiden kann.
Er wird zuerst verhaftet, landet dann bei einem Gelehrten namens Herrn Schi-shmi, der ihn die Sprache lehrt und in die westlichen Gewohnheiten einführt.
Daß man in Bayern keine Hunde ißt, betrübt den Manderin und Vorsitzenden der Dichtergilde, wie er immer wieder schreibt, daß die Großnasen Rindsmilch trinken kann er nicht verstehen. Über ihren „Fort-Schritts-Glauben“ macht er sich lustig und gerät in dem er die neue Welt erobert, immer wieder in Abenteuer, die Herbert Rosendorfer genüßlich erzählt.
Er geht ins Gericht und Schifahren, das ihm auch nicht gefällt, zieht später in ein „Hong-tel“ namens „Vier Jahreszeiten“, glücklicherweise hat er viel Geld mitgenommen, so daß das kein Problem ist und, daß er keinen Paß hat, kann Frau Pao-leng mit der er bald eine Beziehung aufnimmt auch regeln.
Wenn man ein solches Buch schreibt, gerät man wahrscheinlich leicht in Gefahr belehrend zu wirken, beziehungsweise seine Meinungen widerzugeben. Herbert Rosendorfer ist ihr, meiner Meinung nach, auch erlegen, so wenn er zum Beispiel seine Ansichten über den „Irrglauben“ von sich gibt, daß alle Menschen gleich sind und man nicht sagen darf, daß einer minderbemittelt ist.
Der Herr Kao-tai aus dem zehnten Jahrhundert, der sich bei allen fünhundertmal verbeugt und etwa „Würdest du, unvergleichliche Ladenbesitzerin, sonne des Stadtviertel, die Güte haben, einen halben sheng deines honigduftenden Öls mir unwürdigem Zwerg herazureichen“, sagt, wenn er einkaufen will, hat auch so seine Macken. So ist er nicht treu und fängt gleich ein Techtelmechtel mit zwei Frauen, eben mit jener Pao-leng und dann noch mit einer chinesischen Stewardeß, an.
„Kunststück!“, dachte sich Herbert Rosendorfer vielleicht, die Mandarine der chinesischen Vergangenheit hatten ja mehrere Frauen, Nebenfrauen und Konkubinen, wenn sich die geliebte Shiao-shiao dann auch als Katze entpuppt.
Er ist offenbar auch Jurymitglied eines damaligen Dichterwettbewerbs und so schickt ihm sein Freund, mit dem er über ein Zeitfenster in Verbindung steht, auch die Einreichungen der damaligen Dichterschaft und der ach so Höfliche, ätzt und schimpft. Es wird und wurde viel zu viel geschrieben. Jeder Mensch, ein Dichter, damals wie heute und er muß sich das alles durchlesen. Wwie kommt er dazu, hat er in der neuen Welt, doch so viel anderes zu bestaunen? Er tut es dann doch, wählt schließlich einen Glücklichen aus und als er in eine Buchhandlung geht, ist er sehr froh, daß er diesen Namen nicht in der chinesischen Anthologie findet, die Texte bekannter Chinesen enthält.
Er geht auch in Theater bzw. Oper, sieht dort das „Land des Lächelns“ und bekommt gar nicht mit, daß es sich dabei um China handeln soll. Ahnlich geht es ihm bei einem Besuch in einem China-Restaurant. Bezüglich Musik ist er vom Meister „We-to-feng“ (Ludwig van) beigeistert und mit den technischen Errungenschaften, wie dem Telefon und dem Fernseher macht er natürlich auch seine Erfahrungen.
Eine spannende Idee könnte man sagen und Anfangs fand ich es auch sehr lustig, ein wenig anstrengend, wie beschrieben, weil ich nicht alle Namen verstand und dann auch etwas belehrend, wenn Herbert Rosendorfer seine Meinungen und Einsichten da über die Leser stülpt und manches, was in den tausend Jahren da geschehen ist, auch nur sehr verkürzt hinübergeben konnte. Beziehungsweise manches auch sehr langatmig klang, wenn Herr Shi-shmi den alten Chinesen in die politischen Veränderungen einführt und, ich hätte, wenn ich ein solches Buch geschrieben hätte, mich wahrscheinlich auch auf anderes bezogen. So hätte ich wahrscheinlich mehr die politischen Unterschiede herausgearbeitet, aber vielleicht hat Herbert Rosendorfer, das in seinem Fortsetzungsband auch so gemacht.

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