„Blau“, den dritten Roman des 140 geborenen Grazer Sigi Faschingbauer, gerade bei „Keiper“ erschienen, habe ich angesichts meiner überlangen Leseliste gar nicht bestellen wollen, aber doch bekommen, am Montag vor der „Buch-Wien“ zu lesen begonnen, was bei einem vierhundertzwanzig starken Buch gar nicht so einfach war und ich komme manchmal auch nur langsam in ein Buch hinein.
Das „Blau“ bezieht sich auf die Farben der Kornblumen, die zieren auch das Cover und sind tatsächlich oder fiktiv das Symbol der Rechtsextremen, am Schluß des Buches steht, daß die Personen und die Handlung bis auf die historischen Tatsachen erfunden sind und es geht um die Neonazis in der Steiermark, die ihre Fäden durch ganz Europa ziehen oder umgekehrt, überall ihre Mörder haben und erstaunlich brutale Methoden dabei anwenden.
Es geht auch um einen Einzelnen, den männlichen Helden David Kordek, so um die Vierzig, das Buch hat einen weiten Handlungsbogen, der sich in drei Teilen von 1990 bis 2006 dahin zieht, die einzelnden Kapitel haben alle Überschriften und ist daher ein wenig schwierig zu lesen, es gibt auch abwechselnden Erzähltechniken, so Poster im Buch und Dialogpassagen, insgesamt ist es vielleicht ein wenig langatmig und ein Buch, das sich mit der Political Correktness beschäftigt, sollte vielleicht nicht das Wort „mongoloid“ für das Downsyndrom verwenden und einen Afghanen als Orientalen bezeichnen und, das führe ich noch an, bevor ich zum Inhalt komme, „Fahrenheit 451“ wurde von Ray Bradbury und nicht von George Orwell geschrieben, im Koma kann man aber wahrscheinlich vieles leicht verwechseln.
David Kordek lebt also in Graz, als Informatiker, hackt manchmal herum, hat eine fünfzehnjährige Tochter namens Susanna mit Down-Syndrom, die begeistert Schnee und Städte zeichnet, einen Malkurs besucht, die Mutter hat die Beiden schon lang verlassen, David hat auch einige Affairen, trifft dann aber Susannas Therapeutin, eine indische dunkelhäutige Ärztin, verliebt sich in sie und einen sozialdemokratischen Vater, der vor sich hinschweigt, weil er als Kind beobachten konnte, wie seine Mutter starb, weil ein brutaler SS-Mann oder Polizist, Zigeunerkinder in den Tod jagte, hat er auch.
Er studierte in den Neunzigerjahren in Wien und kam mit Freunden in ein Lokal der Burschenschaftler, die sich mit den Studenten anlegten, es kam zu einer Anzeige, ich glaube, auch zu einem Freispruch, aber das Blut war gerochen, David hackte ein wenig herum und als er später mit seiner Familie auf einen Bauernhof kommt, gerät er bei einem Spaziergang zu einem rechtsradikalen Ausbildungslager und fotografiert.
Die Filme wurden ihm zwar abgenommen, ein paar rutschten aber durch ein Loch in seiner Jackentasche und als er auf der Polizei eine Anzeige macht, gerät er an einen radikalen Polizisten, der Sohn des Mannes, der seine Mutter auf dem Gewissen hat, der erledigt die Drecksarbeit für die Rechtsradikalen, hat dabei seine eigenen Methoden. David wechselt den Betrieb, gerät an eine Firma, die sich offensichtlich rührend, um ihre Mitarbeiter kümmert, der Afghane Em Em darf aber nicht Davids Stellvertreter werden und der schwule Karl Rosen wird mit seinem Freund auf dem Weg zu einer Berghütte der Firma auf einem Schlitten in den Abgrund gefahren.
Weil die schöne Sekretärin Befh eine Cassette fand, wo ihr Chef den Mord in Auftrag gab, wird auch sie brutal ermordet, der Chef natürlich auch und David, der inzwischen Kontakt mit dem Verfassungsschutz aufnahm, kommt beinahe ebenfalls um.
Das ist jetzt kein Spam, denn das erfährt man schon am Anfang des ersten Teiles, das auf ihn geschossen wird und seine Tochter Susanna hört zu zeichnen auf, ruft bei der Rettung an und sagt solange „Ich bin Susanna Kordek, mein Vater blutet- bitteee schnell“, bis er gerettet wird.
Aber das erfährt man erst am Ende des ersten Teils, im zweiten liegt er im Koma, im dritten erwacht er, hat sich mit der Ärztin, die in Indien ein Spital für mental beeinträchtigte Kinder aufbauen will, angefreundet. Susanna stellt ihre Werke aus und bekommt ein Begabtenstipendium, David hat sich selbständig gemacht und weiß jetzt nicht, ob er Fredda nach Indien folgen soll, dann holt ihn die Vergangenheit ein und er muß noch einmal beweisen, ob ein linker Außenseiter Chancen gegen abnorme Neonazis und rechtsradikale Organisationen hat?
Ein spannendes Buch, das uns in die Welt der Rechtsradikalität und ihre Vernetzungen einführen kann, auch ein wenig vom Leben mit dem Down-Syndrom und wie man die Betroffenen fördern kann, erzählt, das meiner Meinung nach, vielleicht ein wenig gestrafft und überarbeitet gehört, aber auch auf seine ausufernde Erzählweise lesenswert ist.
In Graz wurde es vor kurzem auch vorgestellt und präsentiert, bei der „Buch Wien“ hat der „Keiper-Verlag“ heuer leider gefehlt, aber die war einigen Verlagen, wie ich hören konnte, zu teuer.
Das Buch läßt sich aber sicher in jeder guten Buchhandlung erwerben oder bestellen.
Kommentar verfassen