Jetzt geht es weiter mit der Leseliste, die schon korrigiert und meinem Leseverhalten angepasst wurde, aber Ekatharina Heiders erster Geschichgtenband „meine schöne schwester“ muß sich noch ausgehen, ist das doch sozusagen ein Rezensionsexemplar und sogar eines aus dem vorigen Jahr, denn die liebe Chrisa Stippinger gibt mir alles von ihrer „edition exil“ was ich haben will und als ich sie Vorjahr nach dem Buch fragte, wahrscheinlich war es auf der „Buch-Wien“, war die Leseliste von 2013 schon so voll, daß ich einen „Weihnachtsmarathon“ einlegen mußte.
Die 1990 in Irkutsk geborene Ekatharina Heider, die seit 2001 in Wien lebt, seit 2011 am „Institut für Sprachkunst“ studiert und 2010 den Exil- Jungendpreis, 2012 den Hauptpreis gewann, kenne ich seit zwei Jahren, da bin ich zuerst auf die IG-Autoren Demonstration für die Festplattenabgabe mit halben Herz gegangen und dann ins Literaturhaus, wo Christa Stippinger ihre „Edition Exil“ und Ekatharina Heider vorstellte und war sehr beeindruckt, wenn nicht fast schockiert über die scharfen schönen Worte in der diese junge Frau die Überforderungen des Lebens, die Beziehungsgeschichten, die Krisen, Kathastrophen etc. erzählt.
Die Titelgeschichte war auch dabei, Katharina Heider habe ich dann 2013 in der „Kolik-Lounge“ wiedergetroffen und im November nochmals bei der Exil-Lesung, da gab es dschon das Buch und ein wenig habe ich auch diesmal bedauert, daß es Kurzgeschichten sind und es stimmt ja auch, es ist schwer sich auf einma auf sechsundzwanzig Geschichten einzulassen, die alle geballt von Sprache und dem Leben sind, aber alle paar Seiten von etwas anderen handeln. Oder auch nicht, denn es sind oft sehr ähnliche Themen die da erzähltwerden, zumindest handeln sie von jungen Frauen und ihren Schwierigkeiten mit dem Leben, das alle in sehr kunstvollen Wendungen und, wie in der „Edition Exil“ üblich kleingeschrieben.
Also durchdie Nöte und Überforderungen der jungen Frauen von heute und seltsam, beim Lesen habe ich das gar nicht mehr so arg empfunden, wahrscheinlich ist das schon der Gewöhnungseffekt.
So erzählt in „rosarote träume“ in unserer heilen Weltidylle eigentlich ungewöhnlich, eine junge Frau, nachdem sie ihre Schwangerschaft entdeckt und sogar einen Freund hat, der sich darauf freut, wie sie ihr Baby haßt.
„bitte, sage ich. bitte, bitte stirb.“
Ungewöhnlich vielleicht so direkt zu lesen, im Leben selber höchstwahrscheinlich nicht, denn da kommen ja viele Babies gar nicht auf die Welt und bei denen, die doch geboren werden, bekommen die Mütter oftmals Wochenbettdepressionen.
Und auch die Titelgeschichte habe ich diesmal nicht so bedrückend gefunden, vielleicht habe ich inwischen anderes ähnlich Schwieriges gelesen.
Da wird von der schönen Schwester erzählt, bei der alles besser als bei der Protagonistin ist, sie hat eine Tochter, keinen frechen Bengel, wie die Erzählerin, ißt biologisch vollwertig, hat einen tollen Mann, eine schöne Wohnung, einenTraumkob, etc und sie hat Krebs, wie sie bei der Einladung zum Abendessen erzählt.
„ich sage ja, sie hat immer alles. immer alles bekommen.“, lautet der Schlußsatz.
In „mein bruder und ich“ ist eine Schwester, die nicht wirklich eine solche ist, in ihren Patchworkbruder mit dem sie aufgewachsen ist, verliebt und bekommt ihn schließlich auch und „angst um michael“ müßte mir, der VT-Therapeutin, die oft mit Panikattacken zu tun hat, auch bekannt sein.
In „der himmel/trotzdem geht das nicht“ ist die Erzählerin in einen verheirateten Mann verliebt und schreibt ihm E.-Mails, während sie zu Parties geht, arbeitet, sich betrinkt, etc
„als ich dich zum ersten mal sah, sah ich zum ersten mal den himmel.trotzdem geht das nicht.“, mailt er ihr irgendwann zurück.
„Jakob hasst micht“ ist ein wenig kryptisch und nicht ganz einfach zu verstehen. Da lebt die Erzählerin mit Jakob und beklagt sich, daß er mit ihr nicht spricht, sie ignoriert, ihre extra für ihn gekaufte Reizwäsche nicht ansieht und sie, als sie sich aus Protest damit auf den Boden legt, nur irgendwann ins Bett trägt, ohne sie weiter zu berühren. Er erzählt das dann auf Parties und seiner Mutter, so holt sie sich eine Natascha von der Straße in die Wohnung, er packt seine Koffer, bleibt aber trotzdem da, bzw. kommt er nach ein paar Tagen zurück, schmeißt Natascha aus der Wohnung und sagt zu ihr immer wieder „wir schaffen das schon“
„ich weiß ehrlich gesagt nicht, was wir schaffen sollen, aber ich vertraue ihm, also wird er schon recht haben, denke ich.“, lautet hier der Schluß.
Ähnlich kryptisch die „schönen schuhe“, wo die Erzählerin, wegen einer schönen Frau verlassen wird und fortan nur mehr „so vor sich hin vegetiert, aber trotzdem schöne schuhe“, trägt.
Sie färbt sich, wohl um sich zu verändern, die Haare rot, davon ist dann die Badewanne tagelang rot, daß man glauben könnte, es hätte sich jemand umgebracht, sie muß auch schwarze samthandschuhe tragen, um was zu verstecken? Und es ist auch schwer die Blicke die anderen zu ertragen, die sie einer zuwerfen, wenn man in einer Nervenklinik war.
Ja, ich weiß, das Schöne an den Kurzgeschichten sind, daß sie nicht alles verraten, daß sie nur andeuten, ihre Geheimnisse haben und, wie das Elend einer verlassenen Liebe von der sehr jungen Autorin erzählt wird, ist wirklich sehr beeindruckend. Ein bißchen etwas davon, habe ich vor dreißig Jahrenselbst erlebt, da habe ich mir zwar nur die Haare geschnitten und nicht die Pulsadern, aber, daß es helfen kann, alles zu verändern, habe ich damals auch gedacht und mich vielleicht besonders schön angezogen.
Dann gibt es eine Geschichte über eine Wohngeminschaft, wo es „immer dreckig, meistens laut ist und sich alles wie in einem schlechten Film anfühlt. Neben der Erzählerin leben noch Agnes, Annika und Pat dort, Annika hat Narben an den Armen nach denen man nicht fragen darf. Pat hat trägt eine schwarze Unterhose, raucht einen Joint und liebt sich mit der Ich-Erzählerin, die am nächsten Tag weiß, daß sie aus der Wohnung muß.
In „luisa“ zieht die Erzählerin in Luisas Wohnung, in der noch alle ihre Sachen sind, bitte alles so lassen, sagt der Vermieter, die Erzählerin vergräbt aber das Tiefkühlhund im Garten, schlüpft in Luisas Kleider und nach und nach auch in ihre Person.
Und so geht es weiter in den sechsundzwanzig Kurzgeschichten, die meistens eine Ich-Erzählerin haben und die von Peter dem Maler, Karl dem Klavierspieler und vielen anderen erzählen.
In „Postkarten“ liebt Richard Paula und die Erzählerin Richard bei dem sie wohnt und offenbar auch schläft. Paula ist dagegen ständig auf Reisen, schickt Postkarten, die inzwischen schon vergilbt an der Wand hängen und die Besucher, aber das ist doch schon so lange her, sagen.
„im februar kommt sie vielleicht für zwei wochen nach wien sagt“, sagt er.
das hat er schon oft gesagt, aber nie war sie da.
„du weißt sie wir dir nie gehören“, sage ich.
„o ja, wir heiraten irgendwann, ich sag dirs“, lauten hier die letzten Sätze.
“ katarina heider erzählt prägnant, knapp und scheinbar kühl geschichten vom verlust der beziehung des ichs zu sich selbst, von der liebe, platonisch oder sexuell, oder zwischen geschwistern oder alles auf einmal“ steht am Buchrücken und ich füge noch hinzu, daß es hier wieder ein starkes Sprachtalent unter Dreißig zu entdecken gibt, von der ich vielleicht noch hören und schreiben werden.
Vielleicht wenn sie beim Bachmannpreis liest, fürs MUSA ein Stipendium bekommen hat, ihr erster Roman bei „Droschl“, „DVA“ oder anderswo erschienen ist, etc und da fällt mir ein, daß ich vor einiger Zeit auch einen anderen themen- und sprachenschweren Geschichtenband einer jungen Autorin gelesen habe, die bei „Exil“ einmal gewonnen und begonnen hat.
Kommentar verfassen