Ganz zufällig schließt sich das zweite Buch des Jahres nahtlos an das erste an. Matthias Frings „Der letzte Kommunist-Das traumhafte Leben des Ronald M. Schernikau“, das 2009 für den Leipziger Buchpreis nominiert war. Das war das Jahr, wo ich nach der Lesung in der „Alten Schmiede“ mit Cornelia Travnicek et al, nach Leipzig gefahren bin, am Donnerstag, wo der der Preis vergeben wurde, die Lesung bzw. die „Blaue Sofa Präsentation“ des 1953 geborenen Journalisten und Sachbuchautors Matthias Frings habe ich gehört und dann lag das Buch 2012 auf dem Thalia Abverkauffstapel, ich habe danach gegriffen und die ersten Tage des Jahres damit verbracht, nach der großen Ausreisefarce von Ingo Schulze, wo ist jetzt das Paradies, innerhalb oder außerhalb der DDR, von einem zu lesen, der am 1. September 1989 als alles gegen Westen zog, Staatsbürger der DDR wurde, ein Traum, den er nicht lange lebte, denn die DDR ist ja dann bald gestorben und der 1960 geborene homosexuelle Dichter folgte ihm bald als eines der frühen Aids-Opfer nach.
Ich war zweimal in der DDR, 1985 mit dem Alfred und der kleinen Anna, wo einem alle noch sehr böse anschauten und die Verwandten sich wohl tagelang anstellten, um den Gästen aus dem Westen ein tadelloses Menu zu servieren und der kleinen Anna Stofftiere in die Hand drückten und 1990, als es das Land der Form nach noch gab, aber man schon durch die Mauer vom Osten problemlos in den Westen fahren konnten und umgekehrt, was wir auch regelmäßig machten.
Und die DDR ist ein Land, das mich sehr interessiert und ich schon viel darüber gelesen habe, früher habe ich mir die Bücher in der Zentralbuchhandlung bzw. in Ungarn besorgt, jetzt lese die die dBP Bücher und das andere was ich so finde und in den Schränken findet man manchmal immer noch ganz besondere Gustostückerln, die mich dann auch zu dem einen oder anderen Kapitel inspirieren.
Das Buch ist im „Aufbau Taschenbuchverlag“ erschienen, ein berühmter DDR Verlag, wo ich noch von den Volksstimmefesten früher, sehr schöne alte Gustostückerln in meinen Regalen liegen habe, der sich inzwischen total wandelte, den Eigentümer wechselte, die Stilrichtung, etc und als wir 2005 im Jänner in Leipzig waren, um Utes fünfzigsten Geburtstag zu feiern, fiel ich über die große Abverkaufskiste bei „Hugendubl“, wo ein ATB Taschenbüchlein lag „Und leiser Jubel zöge ein -Autoren und Verlegerbriefe 1959-1959“, unter anderem von Ulrich Becher, von dem ich damals noch nicht sehr viel wußte.
Das Buch des letzten Kommunisten, also des „Spinners, der freiwillig in ein Land ging“, aus dem alle wollten und das es dann bald nicht mehr gab, ist auch sehr interessant und für ein Sachbuch ungewöhnlich, beginnt es doch mit „Mein Name ist Helmut Frings“, inzwischen hat der Autor seinen Vornamen gewechselt und den zweiten, dem ersten vorgezogen und erzählt, wie er als junger Studienabsolvent von Aachen nach Berlin kam, Regisseur werden wollte, kellnerte, dann als Schauspieler arbeitete und ein Buch über schwule Männer mit einem zweiten zu schreiben begann.
1980 war das, in den wilden Jahren, im Zuge der Recherche lernte er Ronald M. Schernikau kennen, der 1960 in Magdeburg geboren wurden und die fast fünfhundert Seiten erzählen abwechselnd, von dessenMutter Ellen, einer Krankenschwester und Regimetreu, die ein Verhältnbis zu einem verheirateten Mann hat, der sich nicht und nicht scheiden ließ, und wegen dem sie mit dem kleinen Ronald 1970 in den Westen ging, nicht weil sie mit dem Land unzufrieden war, wie sie bei den Einreiseverhören nicht müde wurde, zu betonen.
Ihr Pech war, daß der im Westen auch schon wieder verheiratet war und sie sich vor Heimweh die Augen ausweinte, zurückwollte und nicht konnte und mit dieser Sehnsucht ihren Sohn wohl auch ansteckte.
Der ist 1980 ein schöner junger Mann, mit Bärtchen und gepflegten roten Haaren, immer schwarz gekleidet, am Titelbild trägt er weiß und sieht Conchita Wurst ähnlich und der hatte zwei Lieben, die Literatur, die Männer und den Kommunismus, also drei, jedenfalls hat er schon vor der Matura eine „kleinstadtnovelle“ im „Rotbuchverlag“ veröffentlicht und war damit in den Achtizgerjahren im „Club zwei“ bei Peter Huemer, das kann man sich bei You Tube ansehen. Er hatte einen Freund, den Schauspieler Thomas Keck, der wiederum mit einem anderen liiert war, so daß es Eifersuchtsdramen gab und er fand nach dem ersten Buch, nur mehr schwer einen Verlag für seine andere Sachen.
Er war ein Verfechter der Kleinschreibung und auch sonst sehr experimentell, hatte Kontakt zu Elfriede Jelinek, Peter Hacks, Ulrich Berkes, und es zog ihm sehr nach Ostberlin, er suchte auch Kontakt zu DDR Verlagen und studierte dann am Leipziger Literaturinstiut, bis er das Einreisevisum bzw. die Staatsbürgerschaft bekam, (die Mutter ist auch zurückgegangen) und sehr früh verstorben ist und daher vielleicht zu einer linken Legende wurde.
Der dritte Teil sind Geschichten des Autors selbst, er schildert sein Leben im wilden Berlin der Achtzigerjahre, seine Freunde, die auch an Aids erkrankenten, seine weiteren Bücher, seine Erlebnisse mit Alice Schwarzer und auch einen Weihnachtsabend, den er mit einem Freund in einer wilden Drogienorgie verlebt und von allen zu Sekt eingeladen wird.
Spannend, spannend, diese“ rasante Zeit und Sittengeschichte“, wie am Buchrücken steht. Ih habe sie mit meinen eigenen Erlebnissen in dieser Zeit verglichen und bin, weil ich ja jetzt auf der „You Tube Schiene“ bin, auch wieder dorthin gegangen und habe mir eine DDR-Serie angeschaut, die zwischen 1988 und 1990 in vierzehn Folgen im DDR-Fernsehen lief und war erstaunt über die bürgerliche Idylle, die da berichtet wird.
Handelt die Geschichte ja von einem Oberarzt und seiner Familie, seinen Affairen und seinen Kindern und man sieht ihn mit dem Trabi durch das Bild huschen aber vom realen Sozialismus, den Republikfluchten und der Wende, außer daß alle lieb und glücklich sind und ihre Familienprobleme lösen wollen, ist nicht viel zu hören.
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