Am 23. April ist der Welttag des Buches, der, glaube ich, in Österreich zum fünfundzwanzigsten Mal gefeiert wird und ich bin wahrscheinlich 1997 auf ihn gestoßen, als ich wegen meiner „Frauenlesung“, die ich damals in der „Alten Schmiede“ organisierte, zur GAV über den Umweg in die Wollzeile gegangen bin, wahrscheinlich habe ich mir schon damals die Gratisbücher des Buchhandels geholt, da gab es noch ein deutsches und ein österreichisches, in dem, glaube ich, auch ein Gerhard Kofler-Text enthalten war.
Walter Famler hat für die Zeitschrift „Wespennest“ bzw. für „Amadeus“ auch eines gemacht und seither verfolge ich die Aktionen zum Welttag, die sich durchaus verändert haben.
Man könnte ätzen, es wurde daran gespart, so gibt es das deutsche Büchlein nicht mehr und das österreichische hat seit einigen Jahren das Wort „Erlesen“ im Titel, „Erlesene Reisen“, „Erlesenes Europa“, „Erlesenes Menü“, „Erlesenes Waldviertel und Theater“, heuer waren die Krimis dran, herausgegeben von Eva Rossmann und Rotraud Schöberl und Anna Jeller hat zum zweiten Mal in ihr Schaufester hundert verpackte Bücher gelegt und zum Blinddate aufgefordert, so daß ich heute sehr beschäftigt war.
Kurz nach neun in das Schaufenster gegriffen und ich habe etwas gelernt, wenn ich nach einem etwas dünneren greife, erwische ich vielleicht ein mehr literarischeres, habe ich gedacht und mit Ludwig Lahers „Bitter“ recht behalten, dann zum „Morawa“ marschiert und da noch zwei der kleinen Büchlein erwischt, in die man etwas schreiben kann, die es seit zwei Jahren zusätzlich gibt.
Dann bin ich noch zum „Wortschatz“ gegangen, wenn schon „Welttag des Buches“ ist und da lag, oh Freude, Andrea Winklers „Hanna und ich“ darin, im Vorjahr habe ich Peter Stamms „Seerücken“ gefunden.
Danach bin ich vorerst in meine Praxis und habe Mittag gegessen und für den Nachmittag hatte ich auch etwas vor, denn der fünfte Bezirk ist ja bezüglich Feste für Kunst und Kultur, Kreativenstammtischen und Bücherregalen sehr rührig und so wurde bei den „Wohnpartnern“ im Reumannhof mit einem „Büchertauschfest“ eine „Büchertauschbörse“ eröffnet und ich wurde gemeinsam mit Harald Pesata, der die „Fünfer-Edition“ herausgegeben hat und noch einigen anderen zum Lesen eingeladen.
Um sechzehn Uhr wurde das Fest, das im Hof des schönen alten Gemeindebau stattfand, von der Bezirksvorsteherin eröffnet, die sich, wie kann es anders sein, als große Leserin outete, die keinen Tag vergehen läßt ohne ein Buch vor dem Einschlafen wenigstens in die Hand zu nehmen.
Dann konnte man sich das Bücherregal, das sich im Büro befindet, ansehen, im Hof gab es einen Tisch, wo man sich maximal zwei Bücher entnehmen konnte und einen anderen, wo die „Eine Stadt- ein Buch-Restexemplare“, die es noch zu geben scheint, von der Bezirksvorsteherin, der Stadt Wien oder von wem auch immer, gespendet wurden, die habe ich ja ziemlich vollständig, bis auf die Anna Gavalda, die ich schon früher im Bücherschrank gefunden und gelesen habe und aus Platzgründen habe ich darauf verzichtet, die Gratisbücherreihe zu vervollständigen.
Um fünf ging es los mit der Lesung von Harald Pesata, der unter dem Motto „Heitere Geschichten im Wiener Dialekt“, seinen Text aus der „Fünfer Edition“ von dem Baugerüst in der Pilgramgasse und den vom Tod des Ernst Hinterberger, aber auch den von einem Greißler, den es einmal im fünften oder vierten Bezirk gegeben hat, vorlas und dann las er noch aus seinem „Wienerischen Struwelpeter“, den er inzwischen auch geschrieben hat und in einer großen Lesetour vorzustellen scheint.
Danach folgte ich mit dem „Gruftiemädel“ und der „Taubenfütterungszene“ aus der „Absturzgefahr“ und dann kam eine Lyrikerin, die im Reumannhof wohnhaft ist, wie sie von Willi Heimlich, dem Organisator vorgestellt wurde.
Ingrid Müller, eine Kärtnerin, wie sie erzählte. Die zweite Lyrikerin war Elisabeth Chovanec, die inzwischen in ein Seniorenwohnhaus gleich in der Nähe gezogen ist und die ich ja auch von den Lesefesten des Bezirks, den Poet- Nächten kenne und die ich auch einmal zu den „Mittleren“ eingeladen habe, als ich die noch machte.
Hilla M.Faseuluka, die auch eine Hausbewohnerin zu sein scheint, hat dazwischen auch gelesen, war bei dem Fest doch jeder eingeladen, seine Lieblingstexte vorzustellen, da die „Wohnpartner“ ja die Kommunikation zwischen den Hausbewohnern herstellen, fördern bzw. verbessern wollen. Schachnachmittage, Spielfeste, etc veranstalten und so gab es auch viele Kinder in dem Hof, die ebenfalls ein Spiel vorbereiteten, es gab auch ein Buffet mit Saft, Kaffee, Bagels und Kuchen und danach war noch Zeit doch noch in die „Alte Schmiede“ und zu Gustav Ernst zu schauen, der um halb acht von Franz Schuh interviewt wurde, beziehungsweise, wie im Programm angekündigt war, eine Soloperformance veranstaltete.
Es war aber doch ein Dialog, zu der Ernstenschen Ausdrucksform sehr passend und der drehte sich um die Siebzigerjahre, wo sich die beiden in der „Wespennest-Redaktion“ getroffen haben und ganz unterschiedliche Erwartungen hatten.
Franz Schuh hat sich eine lebenslange Freundschaft vorgestellt, der Realist Ernst hat die Konkurrenz zwischen denanderen Dichter vorausgesehen und erzählte, daß das Schreiben für jeden einzelnen von ihnen wichtiger, als die Zeitschriftenherausgabe war.
Die sollte nebenbei laufen, bzw für sie eine Publikationsmöglichkeit darstellen, die sie sonst nicht hatten und nach dem Gespräch kam die Lesung aus Gustav Ernst neuem, bei „Haymon“ erschienenen Roman „Zur unmöglichen Aussicht“, der wieder eine spezielle Erzählstruktur hat.
Wahrscheinlich ist es gar kein Roman, sondern eine Geschichtenansammlung, die auf ganz raffinierte Art erzählt wird.
Erzählt der Ich-Erzähler doch von seinen Begegnungen in einem Kaffeehaus mit einem Herrn namens Kagraner und der erzählt ihm wie aus tausend und einer Nacht, eine Menge Geschichte, wie beispielsweise, die von einem Koffer, von einer Frau die im Zug Karotten ißt, Geschichten übers Altern, über das Beobachtetwerden durch Überwachungskameras, etc.
Ein neuer Gustav Ernst mit einem neuen Erzählton und ich habe sehr viel über die Ernstsche Schreibweise gelernt. Kurt Neumann kündigte am Schluß noch an, daß das Ganze wieder in Buchform der literarischen Öffentlichkeit zugängig gemacht werden soll und Gustav Ernst bedankte sich mit leiser Ironie, daß er sich schon freue über sich sehr viel Neues zu erfahren.
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