Jetzt kommen die sechzehn kurzen Erzählungen aus dem 1984 erschienenen „dtv-Taschenbüchlein“, das am Cover vor einem begrünten Gartenzaun, einen großen gelben deutschen Postkasten trägt, den es noch heute gibt und an welchen wir in der letzten Woche öfter vorbei gefahren sind, der 1932 in Darmstadt geborenen Gabriele Wohmann, die in den Siebzigerjahren, als ich sowohl studierte, als mich auch für Literatur zu interessieren begann, sehr bekannt war, so daß ich, um den Namen nicht herumgekommen bin, einige Bücher von ihr in Harland stehen habe und wohl auch einiges gelesen habe, obwohl sie, wie die sechszehn Erzählungen beweisen, nicht sehr leicht zu verstehen ist, weil sprachlich hintergründig und auch etwas distanziert erzählt, wie ich realistisch flapsig formulieren würde. Heute hört man eher weniger von ihr, sie scheint vergessen zu sein, ihre letzten Romane sind wie ich „Wikipedia“ entnehme, in den frühen Zweitausenderjahren erschienen, aber man findet öfter etwas in den Schränken, so auch das 1984 erschienene Bändchen, da im Juni besagten Jahres, die Klassenbeste der 6A in Melk, wahrscheinlich in einem Gymnasium bekommen hat und dann irgendwann viel später im Schrank deponierte. Ob sie es gelesen hat, weiß ich nicht, ich hätte es mit Sechzehn höchstwahrscheinlich nicht verstanden, habe ich mir in den jeweiligen Hotelzimmern zwischen Ingoldstadt und Würzburg und dann noch im Zug nach Wien schon recht schwer getan, was wohl daran liegt, daß ich eine bin, die es gerne realistisch hat, die alles nacherzählen können will und wahrscheinlich auch eine Anhängerin des linearen Schreibens, also das, grob gesagt, was nicht für besonders literarisch gilt, Gabriele Wohmann ist oder war aber eine Meisterin des literarischen Erzählens und so geht es in den sechzehn Kurzgeschichten auch höchst anspruchsvoll zu und sie sind, wie ich vermute, höchstwahrscheinlich weder für eine Klassengabe einer sechsten Gymnasialklasse, noch als Reiselektüre für das „deutsche Lesen“ auf einer Radtopur zwischen Ulm und Regensburg geeignet, aber wo soll man sie sonst lesen? Man soll es natürlich und sich wahrscheinlich mehr Mühe geben, als ich es tat, trotzdem nehme ich mir, glaube ich, einen Eindruck des Wohmannschen-chreibens mit und wenn ich auch nicht alle Geschichten verstanden habe, realistisch ist das, worum es darin geht wohl auch, ist die Einsamkeit heute wahrscheinlich noch ein viel größeres Thema, als es vor dreißig Jahren war und die Literatur soll ja, wie ich höre, kunstvoll und abgehoben sein und wenn man es einfacher will, kann man sich ja etwas anderes zum Radfahren mitnehmen, in den Bahnhofkiosken werden die Chicklits und die Krimis ja auch angeboten, ich habe mich aber in Gabriele Wohmann eingelesen, von der ich auch gerne wissen würde, was sie heute macht und wie es ihr geht und dem „Rheinischen Merkur“, am Buchrücken entnehme ich, „daß die Kunst von Gabriele Wohmanns Gegenwartsschilderung darin liegt, daß sie in der scheinbaren Normalität heutigen wohlgeordneten Lebens plötzlich die Brüchigkeit der vermeintlichen Sicherheit, mehr noch: die Gefahr, die für die Psychie gerade in dieser Sicherheit liegt, aufzeigt“. Vielleicht ist es das, was mich ein wenig störte oder mir das Lesen schwermachte, weil ich gerne alles psychologisch gradlinig und nachvollziehbar haben will, vielleicht habe ich deshalb Psychologie studiert, höchstwahrscheinlich sogar und nun hinein in die Nacherzählung oder zu dem, was in meiner Erinnerung haften geblieben ist: Der Buchbeschreibung führt noch die Erzählung „Solange es Menschen gibt“ an und da geht es um Frau Schober, Witwe wohlsituatiert und bei ihr hat sich eine Miriam mit ihrem Freund einquartiert, die ihr nach und nach alles wegnimmt, schwanger wird und sogar davon spricht, daß die Wirtin in ein Altersheim ziehen soll, damit es mehr Platz für sie, ihren Freund und ihr Kind in dem Wohnhaus gibt. Nicht alltäglich erzählt, aber wahrscheinlich eine alltägliche Geschichte, die sehr vielen Frauen oder auch Männern, inzwischen sicher passierte und noch passieren wird und ähnlich eindrucksvoll auch die Geschichte „Erinnerungen an den Tod von Felix Mendelssohn Bartholdy“, um den es, wenn ich mich recht erinnere, dabei gar nicht geht, sondern um zwei Geschwister, die mit ihren Puppen spielen oder spielten. Wahrscheinlich handelt die Erzählung von der Vergangenheit, als sie Kinder waren, jetzt ist wahrscheinlich sowohl die Mutter tot, als auch die Tanten, von denen ebenfalls erzählt wird. In „Mein schönster Tag“ geht es um einen Zoobesuch und um einen Schulaufsatz, der darüber geschrieben wird und da ist etwas Schreckliches passiert, nämlich der Freund Peter, konmmt dabei um und die Erzählerin heißt Molly und das ist ein Name, der passt, wie gleich am Anfang steht. Später kommt man darauf, daß sich das am „schönsten Tag“ auf das Moll des Lebens bezieht. „Tiefe Not“ ist auch so eine Geschichte, da richtet eine Frau alles für eine Party her, überlegt, ob es Würstchen geben soll, entscheidet sich dann für Salzgebäck und dazwischen soll sich der Sohn auf eine Schularbeit für den Buß und Bettag vorbereiten, aber man ist im Wohlstanddeutschland nicht mehr gläubig, die Pastoren interessieren sich, das ist wohl als leichte Kritik zu verstehen, mehr für den Umweltschutz und die Friedensbewegung, als für Bach und so plätschert es dahin, wird bosartig, brüchig und man kann über diese vermeintliche Wohstandswelt bei Getränken und Kuchen nachdenken, aber etwas anderes haben wir in Würzburg im „Kulturspeicher“ beim Volker Pispers auch nicht gemacht und auch da habe ich das meiste, worüber die Leute lachten, so gar nicht lustig gefunden. „Strafporto“ ist auch so eine tiefgründige Geschichte. Da will eine alte Frau ihrer Tochter ein Erinnerungsalbum in den Urlaub nachschicken, sie ist aber nicht sicher, ob sie es mit der Frankierung richtig schaffte. Die tochter soll aber nicht über sie lachen und sie als hilflose Alte brandmarken. So rennt sie durch die Sommerhitze zum Postkasten, um sich das Paket vom Postler wieder zurückgeben zu lassen, weil sie sich vor dem weniger, als vor ihrer Tochter geniert. Sechzehn tiefgründige Geschichten über Nachbarinnen, Hausfrauen, Lehrerinnen, Ehebruch und Kinder, die das zu verhindern wissen und noch vielesmehr, die alle etwas mit der deutschen und wahrscheinlich auch anderen Wohlstandseinsamkeit zu tun haben und die sehr tiefgründig und schön erzählt sind. Ich würde diese Themen ja viel einfacher und verständlicher hinunterschreiben, werde aber ( auch) nicht gelesen und ich habe noch andere Wohmann-Bücher auf meiner Liste stehen, weil ich sie mir aus dem Schrank nehme, wenn ich sie finde und in Harland habe ich auch noch einiges, was ich höchstwahrscheinlich noch nicht gelesen habe.
2015-05-21
2015-05-20
2015-05-19
Deutsches Lesen
Vor einiger Zeit bin ich ja auf die Idee gekommen, auf meine jeweiligen Reisen immer die Bücher einzupacken, die in dem Land, in das ich fahre, spielen oder von dortigen Autoren geschrieben wurden. Also nach Polen Bücher polnischer Autoren, nach Ungarn ungarische, und so weiter und so fort. Da liegt es auf der Hand nach Deutschland, die von Deutschen mitzunehmen, was ja ein Sonderfall ist, da ich meistens Deutsch lesen, obwohl ich sehr davon überzeugt bin, daß man in Österreich österreichisch spricht und ich auch von der österreichischen Literatur viel halte, sie von der deutschen unterscheide, aber zufällig auf meiner Leseliste bald einige Bücher von Bachmannpreisträgern oder Lesern oder solchen, die auf der dBp Liste standen, an die Reihe kommen, die ich mir vor einiger Zeit bei diesem „Augustin-Flohmarkt“ kaufte. Also habe ich mir, als wir mit dem Zug und dem Klapprad nach Ulm gefahren sind, Bernhard Schlinks „Vorleser“ und einen Erzählband von der 1932 geborenenen Gabriele Wohmann eingepackt, dazu dann auch die „Picus-Lesereise-Donau“, obwohl die ja viel mehr in Bulgarien, Ungarn, Rumänien etc, als in Deutschland spielen. Auf meiner Leseliste kommt bald Lisa-Marie Dickmeisters „Vom Atmen unter Wasser“, Sudabeh Mohafez „brennt“, Alina Bronskys „Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche“ und Sabrina Janesch „Katzenberge“ an die Reihe, aber soviele Bücher kann man ja in zwei kleine Radtaschen nicht packen und so typisch Deutsch sind die Bücher wahrscheinlich auch nicht, obwohl die Autorinnen ja beim Bachmannpreis gelesen haben. Damit also losgefahren und im Zug schon mit der „Lesereise Donau“ begonnen, in Ulm sind wir dann spazierengegangen, haben herausbekommen, daß dort Susanne Heinrich, die auch schon beim Bachmannpreis gelesen hat, einen Poetry Slam veranstaltet und sind dann in fünf Buchhandlungen gelandet, die sehr viele Buchjournale liegen hatten und in der ersten, die auch sehr viele Schulbücher bzw. religiöse Literatur liegen hatte, aber auch Vea Kaisers neuen Roman, hat es dann auch das Kinderbuch zum „Welttag des Buches“ „Ich schenk dir eine Geschichte“ gegebeben, das ich mir in Wien gar nicht mehr nehme, da ich aber mit dem „Donaubuch“ schon weit gekommen bin, hatte ich Angst mit meinen drei dünnen Büchern, in der Urlaubswoche vielleicht gar nicht auszukommen. Das könnte ich dann lesen habe ich gedacht und dann die zweite Buchhandlung besichtigt, die eine Mischung zwischen Antiquariat und Museum war, weil immer wieder auch Bücher in Glaskästen ausgestellt waren und es auch sehr viel antiquarisches gegeben hat und sich das Geschäft auch interessanterweise im „Unseld-Haus“ befunden hat. Die dritte Buchhandlung gehörte auch zu einer Kette bzw. einem Buchclub, dann kamen wir aber zum „Thalia“ und der verkaufte in großen Kisten, das, was es sonst um 3. 99 um einen euro ab, weil er offenbar geschlossen wird. dazu belauschte ich später ein Gespräch zwischen einer Kundin und einer Verkäuferin, die das sehr bedauerte, aber erst wühlte ich mich durch die Kisten, die schon ziemlich ausgesucht schienen, aber schließlich habe ich achtzehn Bücher zur Kasse getragen und einige von deutschen Autoren, die beim Bachmannpreis gelesen haben, bzw. auf der dBp-Liste standen waren auch dabei. Daniel Kehlmanns „Leo Richters Portrait“, beispielsweise, der zählt wahrscheinlich schon zu den österreichischen Autoren, lebt in Wien und Berlin und vielleicht New York, wurde aber in München geboren, dann gab es „verschwunden“ von Silvia Bovenschen, „Gewalten“ von dem Leipziger Clemens Meyer, „Mit der Geschwindigkeit des Sommers“ von Julia Schoch, „Vier Äpfel“ von Davon Wagner, „Unter Paaren“ von Thomas Lang, Michael Lentz „Liebeserklärung“ und Jakob Heins „Liebe ist ein hormonell bedingter Zustand“, also geographisch alles ziemlich durch- und auseinander, aber Deutschland ist ja sehr groß und wenn man auf meine elendslange Leseliste sieht, wird man merken, daß ich sobald ohnehin nicht zum lesen kommen werde, höchstens wenn ich früher fertig bin, habe ich gedacht, könnte ich ja mit dem dünnen Kehlmann Büchlein oder mit der Silvia Bovenschen etc, beginnen. So weit kam es dann nicht und am nächsten Tag in Gundelfingen, bin ich aus dem Gasthaus Sonne, wo wir übernachteten gegangen und gleich auf die Bücherkiste vor der Stadtbücherei gestoßen. „Zum Verschenken“ stand darauf und das waren auch Bücher über Witze und zur Schwangerschaft, es lag aber auch Canettis „Fackel im Ohr“ darin und für mich besonders interessant das „Weißbuch – Verführung zum Lesen“ eine Sammlung der schönsten Geschichten aus dem „Dtv-Verlag“ und da bin ich schon darauf gekommen, daß zu Ingoldstadt die Marie Luise Fleißer mit ihren „Pionieren aus Ingoldstadt“ etct passt. Vielleicht finde ich da was darin habe ich gedacht, war nicht so, aber Erzählungen der Gabriele Wohmann gab es zu finden und die sechzehn Erzählungen zur „Einsamkeit“ habe ich ja nach dem Donaubuch begonnen. In Ingoldstadt gab es , wie in Würzburg auch, einen Bücherfrühling und da lesen die bekannten Autoren wie Robert Seethaler, Michael Köhlmeier, Vea Kaiser, etc, man kommt den Österreichern in Deutschland also nicht aus und Vea Kaisers neuer Roman war auch in den meisten Buchhandlungen zu finden und dort bin ich dann auch in Regensburg viel herummarschiert, da gibt es auch die „Dombrowski-Buchhandlung“ der Büchergilde und die hatten auch sehr schöne Buchjournale, sogar eines über das „Reisen“ mit Texten unter anderen von Martin Pollack, also wieder kein Deutscher, aber es gab auch ein Heftchen mit Lyrik Empfehlungen, wo zwar Daniela Strigl Andrea Grill empfahl aber auch die „Regentonnenvariationen“ von Jan Wagner und „manual numurale“ von Judith Zander vorkamen. Vielleicht ist das Österreichische vom Deutschen doch nicht so leicht zu trennen.Ich habe aber jetzt wieder sehr viel Lesestoff und wenn wir demnächst wieder nach Leipzig zu Utes sechzigen Geburtstag fahren, werde ich mir wieder etwas entsprechendes mitnehmen, da könnte dann auch der Clemens Mayer passen und während ich jetzt wieder zwanzig neue Bücher habe, mit denen ich von Ulm nach Regensburg geradelt bin, was wahrscheinlich ziemlich einzigartig ist, lesen sich deutsche österreichische und schweizer Autoren durch über hundertsechzig deutschsprachige Neuerscheinungen um im August die Longlist für den neuen dBP bekanntzugeben und die Liste der vierzehn Autoren, die heuer in Klagenfurt lesen dürfen, da werden wahrscheinlich wieder mehr deutsche als österreichische dabei sein, wird es auch bald geben. So einfach ist das eine vom anderen doch nicht zu trennen, obwohl ich nach Leipzig nichts österreichisches mitnehmen werden, höchstens das, was ich der Ute als Geschenk mitbringe und das ist wahrscheinlich das „Miranda Schutzengelchen“, ich hatte aber auch Anna Migutschs „Zwei Leben und ein Tag“ im Gepäck, Christine Gräns „Helden sterben“, einen „irren Wien-Roman“, wie am Cover steht und Margit Schreiners „Eskimorolle“. Swpannend spannend und wahrscheinlich hätte ich auch noch genauer auf die byerische Literatur schauen sollen, also den Herbert Rosendorfer einpacken, wenn ich schon nichts von der Marie Louise Fleißer habe, aber vielleicht läßt sich das einmal im Wortschatz am Margaretenplatz oder in einem der offenen Wiener Bücherschränke finden.
Interessant dazu sind auch die „Gedanken für den Tag“, die Cornelius Hell diese Woche dem bayrischen Schriftsteller und Umweltaktivisten Carl Amery zum zehnten Todestag widmet, von dem ich mir einmal bei „Thalia“ in der Wienerstraße „Das Geheimnis der Krypta“ gekauft und gelesen habe, weil ich ihm natürlich mit dem Jean verwechselte.
2015-05-18
Lesereise Donau
Der „Picus-Verlag“ hat eine sehr schöne Lesereihe, wo man die Gegenden dieser Welt literarisch bereisen kann und da gibt es von Duygu Özkan und Jutta Sommerbauer ein Bändchen, wo es in achtzehn Kapiteln vom „Schwarzwald zum schwarzen Meer“ hinuntergeht, die, glaube ich, alle in der „Presse“ als Artikeln erschienen sind und hier in einem Buch zusammengefaßt wurden, das sich der Alfred einmal kaufte und mir nach dem Lesen überließ, so daß ich es auf unsere jetztige Donauradreise mitnahm, obwohl es eigentlich gar nicht passte, da nur ein einziges Kapitel ein Stück beschrieb, das wir bereisten, so daß ich in Ulm, Gundelfingen und Donauwörth von Bulgarien, Moldawien und Budapest gelesen habe, aber soviel Phantasie habe, mir das Gelesene vorzustellen, beziehungsweise bin ich die Donau schon selber ein Stückchen hinauf und hinunter geradelt bzw. mit dem Schiff gefahren.
Mit der Anna, als sie klein war, sind wir zweimal von Passau, einmal bis Melk und das zweite Mal bis Ybbs geradelt, mit der Ruth von Ybbs bis Regensburg die Donau hinauf, mit den Hundertmarks dann ein Jahr später von Traismauer nach Passau mit dem Rad und mit dem Zug bzw. dem Schiff wieder zurück und von Bratislava sind wir einmal mit dem Literaturschiff bis nach Wien gefahren und viel früher auch schon einmal mit einem Schiff von Budapest nach Wien, viel weiter sind wir die Donau nicht hinuntergkommen, das heißt, in Begrad waren wir auch zweimal, da allerdings mit dem Auto und als ich 2007 von Ruths Radreise zurückgekommen bin, habe ich „Und Trotzdem“ geschrieben und da reist ja eine Frau auch ihrem Krebs davon, beziehungsweise fährt sie mit dem Rad bis zum schwarzen Meer.
Aber zurück zum Buch und das beginnt an der Quelle, beziehungsweise mit der Erkenntnis, daß die Donau zwei solche haben soll, nämlich eine in Donaueschingen, die andere in Furtwangen und dort waren wir nicht, haben wir die heurigen Radreise ja erst in Ulm begonnen, da gibt es aber ein Kapitel in dem Buch, das sich mit der „Ulmer Schachtel“, das sind die Boote, die es dort gibt und die wir nicht gesehen habe, beschäftigt.
Ein Kapitel beschäftigt sich mit einem Frachtschiff, beziehungseise dem Kapitän Bach und ein solches Schiff haben wir gesehen, dann geht es in dem Buch, aber schon nach Grein und dort waren wir auf unseren Radreisen, haben bei der der Ruth auch eine Führung gemacht und daher auch das Theater besichtigt, das in dem Buch beschrieben wird und in dem Cafe Blumensträußl gab es bei der Ruth auch eine Lesung, Irene Wondratsch hat da ihr Buch vorgestellt.
Dann gehts schon nach Wien und da ist ja interessant, daß die Donau, die schöne blaue, die soviel besungen wird, daneben und nicht durch die Stadt fließt und das die eigentliche Donau, der Donaukanal ist und den habe ich ja öfter beschrieben, zum Beispiel in den „Donaugeschichten“, die ich bei Ruths Radreise in Vilshofen vorstellte, aber auch in „Tauben füttern“.
Dann gehts nach Bratislava bzw. in die Slowakei wo Michal Hvorecky, der einige Jahre auf einen Ausflugsschiff gearbeitet hat, die Donau als Sehnsuchtsort in seinem Roman „Tod auf der Donau“ beschrieben, den ich sowohl in Leipzig als auch auf unserer Schifffahrt von Bratislava nach Wien hörte.
In dem Kapitel „Eine Retortenstadt für Stalin“ geht es nach Ungarn und da wird beschrieben, „Wie im ungarischen Dorf Dunapentele (fast) eine kommunistische Musterstadt entstand“.
„Schwaben“ auf der Donau gibt es auch und dann geht es in die ostslawonische Stadt Vukovar wo die Serben und die Kroaten versuchen ihre Kriegstrauma zu bewältigen.
Eine Geschichte von einem „Donauschwimmer“ gibt es auch und bis 1971 hat es in der Donauenge des eisernen Tores ein überbleibsel des osmanischen Reiches gegeben.
Dort war der rasende Reporter Egon Erwin Kisch, von dem ich gerade seinen „Marktplatz der Sensationen“ lese und hat von den „so tiefverschleierten Frauen“ geschrieben, von denen man „gerade die O-Beine“ sieht.
In einem Kapitel erinnert sich der Schriftsteller Laszlo Vegel an Novi Sad und den habe ich, glaube ich, bei der „Literatur im Herbst“ gehört.
In Bulgarien gibt es ein Gefängnis auf den Fluß und dann geht es schon nach Russe, dem Geburtsort von Elias Canetti und da ist es interessant, daß es „Die Fackel im Ohr“, wo er, glaube ich, seine Kindheit dort beschreibt, in der Kiste vor der Städtischen Bücherei in Gundelfingen, also sehr weit weg, aber auch an der Donau, zu finden gab.
Die Kaviarfänger, die die Störe auszurotten drohen, werden in einem Kapitel beschrieben, dann geht es in die Republik Moldau, ins Donaudelta und ganz am Schluß zu den Altgläubigen im ukrainischen Wylkowo.
Interessant, interessant im Schnellverfahren die Donau hinunterzulesen und wahrscheinlich als Sehnsuchtsort für weitere Reisepläne sehr geeignet, literarisch bin ich ja schon öfter im schwarzen Meer gewesen und einen Radführer, wo die Radwege in Donaueschingen, bzw. der Rhein-Main-Donaukanal beschrieben werden, hat der Alfred in der Touristen-Information in Würzburg auch bekommen, so daß er schon Pläne für die nächste Donau-Radreise schmiedet, wo man dann ja auch wieder diesbezügliche oder auch andere Bücher mitnehmen und lesen kann.
2015-05-17
Reisen
Auf dem Fahrrad durch Deutschland reisen, Quatsch, nicht so patschert formuliert, eine Woche lang die Donaus hinauf oder hinunter radeln. Von Ulm nach Regensburg, weil wir im Jahr 2007 mit Ruths Dichterkarawane von Ybbs nach Regensburg mitgefahren sind.
Mit dem Klapprad fahren, reisen, radeln, das der Alfred extra besorgte, damit wir nicht auf die Geduld der ÖBB oder der deutschen Bundesbahn angewiesen sind und so, wie 2007, viermal umsteigen müßen, um von Regensburg nach St. Pölten zu kommen.
Reisen, ein allzeit beliebtes Thema. Dabei bin ich, ganz ehrlich nicht besonders reiselustig und nach Shanghai, New York, Teneriffa, etcetera zu fliegen, interessiert mich nicht die Bohne. Dafür bin ich eine bibliophile Frau, die ihre Pension lieber damit verbringen will, ihre tausend, zwei oder vielleicht schon dreitausend ungelesenen Bücher aufzulesen, statt um die Welt zu reisen.
Eine Einstellung, die in meiner Umgebung eigentlich nicht verstanden wird, aber trotzdem praktizieren und darüber schreiben. Immer wieder, immer öfter und das ist auch oft das Thema von Lesungen.
So kann ich mich an einen Sommer erinnern, wo die Sommerfrische, die ich regelmäßig, statt einer Urlaubsreise in Harland bei St. Pölten verlebe und dort Rad fahre, schreibe, bade, meine Bücher lese, etcetera, mit einer Lesung in Krems an der Donau, begonnen wurde, wo das Thema „Reisen“ war und Robert Eglhofer mit einem roten Stern am Käppchen von Kuba gelesen hat und Ruth Aspöck von Italien, beziehungsweise über die Reisen, die sich machte, als sie dem alten grantigen Hofarchivdirektor Grillparzer nachgereist ist.
Reisen sind Abenteuer mit den Füßen und den Geldtaschen, während das Lesen und das Schreiben angeblich, die im Kopf sind.
Was habe ich eigentlich so gegen das Reisen? Gute Frage. Denn eigentlich bildet es. Erweitert den Horizont und ich bin als Studentin natürlich herumgefahren. Habe Amsterdam, New York, Japan und später auch öfter Italien bereist und man muß wohl auch ein Stückchen von dieser Welt gesehen haben, um sich auszukennen und mitreden zu können, ecetera.
Aber ganz ehrlich halte ich von diesen organisierten Touristenreisen und den überall gleichen Hotelzimmern, die ein bis zwei Hunderter pro Nacht kosten nicht viel. Was habe ich von der all inclusiv Reise, wo man sich hinter einer Mauser am Pool bräunen lassen kann, während draußen vor der Mauer der Security Guard steht und die ausländischen Touristen von den Einheimischen abschirmt.
So nicht und möchte ich nicht reisen, obwohl ich natürlich weiß, daß Bücher auch nur eine Ersatzbefriedigung darstellen.
Reisen also. Nächste Woche geht es los. Von Ulm mit der Bahn mit dem Klapprad im Gepäck und dann mit dem Rad nach Regensburg und das wird mir schon gefallen. Im Nachhinein voll damit zufrieden sein und so schließe ich jetzt diesen Text, den ich sehr unkonzentriert und abgelenkt vor mich hingeschrieben habe, während es drüben in dem Cafe um die Eichmann-Prozesse und das Onanieren gegangen ist.
Entstanden am 7. Mai im Cafe Ludwig im Rahmen der „Westbahn-Spontan Schreibegruppe“
Eine Übersicht über meine Reisen und die in diesem Rahmen entstandenen Reisetexte gibt es hier: 1 2 3 4 5 6 78 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
2015-05-16
Alberta empfängt einen Liebhaber
Weiter geht es mit den Liebesromanen, vom Harlander „Thalia-Abverkaufsstapel“, obwohl ich gar nicht sicher bin, ob Band sechzehn der „Brigitte Buch-Edition- Die Liebesromane“ wirklich ein solcher ist und in dem hundertzehn Seiten Büchlein, steht auch keine Gattungsbezeichnung.
Ich würde es eher für eine dreiteilige Erzählung halten und interessant, seltsamerweise geht es wie bei „Agnes“ und „Luft und Liebe“ auch ein wenig, um die Schreibprozesse, zumindest kippt die Geschichte, der 1956 bei Potsdam geborenen Birgit Vanderbeke , die in Südfankreich lebt, mit „Das Muschelessen“, ein Buch das ich endlich lesen sollte, 1990 beim „Bachmannpreis“ gewonnen hat und von der ich „Geld oder Leben“ und „Sweet Seexteen“ gelesen habe, im zweiten Kapitel“ Jeanne-Philippe“, in das Leben der Schriftstellerin, wo sie vom Schreiben der Geschichte erzählt.
Aber wieder schön der Reihe nach, damit sich meine Leser auskennen und nicht über meine elendlangen Schachtelsätze stolpern:
„Seit sie Teenange sind und „Bis zum jüngsten Tag“ sind Alberta und Nadan füreinander bestimmt. Doch leider sind sie selbst nicht immer dieser Meinung. Und wenn, dann auch nicht immer gleichzeitig. So umkreist das verhinderte Traumpaar einander ein halbes Leben lang. Dabei könnte alles so einfach sein, wenn Männer und Frauen nur nicht so verschieden wären“, erfährt man am Buchrücken und im ersten Kapitel „Eine Mizzebill“ geht es damit los, das Alberta und Nadan vor Himmelfahrt durchbrennen wollen.“
Sie haben nur das Problem, daß sie nicht genau wissen wohin, sie will nach Paris, weil sie Übersetzerin ist und sich dort mit ihrem Autor unterhalten könnte, er nach Amsterdam, weil Paris schmutzig ist und es dort Kakerlaken in den Zimmern gibt, das kann aber sie nicht leiden, weil dort die Häuser Halbgardinen haben.
So wäre Kopenhagen noch eine Option, dann kippt es in das Ferienlager, wo sich die Beiden mit Fünfzehn kennenlernten und bei einer Nachtwanderung offenbar küssen wollten und das irgendwie auch nicht zusammenbrachten, dann taucht noch eine Bettina auf, mit der Nadan sich befreundet. Sie geht mit einem Rudi davon und später ist sie mit Rudi bei ihm und Bettina zum Essen eingeladen. Einige Jahre später bEschließen die Beiden durchzubrennen und übernachten in einem Hotel zwischen Ludwighafen und Mannheim, können aber nicht schlafen, weil sie die ganze Nahct husten muß, er Migräne bekommt, so flüchtet sie auf den Balkon und am nächsten Tag trennen sie sich, er geht nach Arizona, um dort Astrophysik zu studieren, sie nach Lyon, um zu unterrichten und zu übersetzen.
Kapitel zwei „Jean-Philippe“ beginnt mit den Worten „Es ist schon einige Jahre her, seit ich die Erzählung, „Eine Mizzebill“ schrieb. Ja richtig eine Mizeebill ist „so ziemlich das Übelste was einem Mann passieren kann“ und außerdem ist Alberta eine solche, zumindest behauptet Nadan, das vor Rudi und Bettina und nennt sie auch immer so.
Die namenlose Erzähler, vielleicht Birgit Vanderbeke, das ist ja immer die Frage, jedenfalls eine Schriftstellerin und Übersetzerin, die mit ihrem Mann Jean-Philippe und der kleinen Tochter bei den Schwiegereltern in T. lebt, zeigt ihm die Geschichte und er sagt, sie ist noch nicht fertig.
Dann geht es in dem Kapitel, um verschiedenes anderes, um den Keuchusten der Tochter, um die Weinstöcke der Schwiegerteltern, auch um die Übersetzungen eines Herrn Vallot, der möglicherweise ein Plagiateur ist und der interessanterweise sowohl von Alberta, als auch von ihrer Schriftstellerin übersetzt wird.
Jean- Philippe fragt jedenfalls immer wieder in dem Kapitel nach, wie es Alberta geht und es endet damit, daß sie ihm antwortet „Oh Alberta empfängt einen Liebhaber.“
So heißt dann auch Kapitel drei, da kommt Alberta nach Hause und am Antrufbeantwortet hat Nadan ihr seinen Besuch angekündigt. Was sie in Aufregung versetzt, sie überlegt sich Sätze, was sie sagen oder nicht sagen soll, damit sie nicht in Streit getraten, schließlich fällt ihr ein, daß sie sich über „Vallot“ unterhalten könnten. Sie beginnt das Abendessen vorzubereiten, Taubensuppe, bekommt aber nur Wachteln, die Nachspeise mißlingt, für die Forellen kauft sie eine eigene Pfanne, damit sie sich nicht anlegen, dann öffnet sie ihm mit Hauspantoffeln und noch naßen Haaren und das erste was er macht, ist, daß er einen Viertelstunde telefoniert, bevor er ihr eröffnet, daß er einen Wagen braucht, weil seine Frau hochschewanger ist, dann geht er und im Epilog zeigt die Erzählerin die Geschichte Jean-Philippe,“ der sie las und dannkam er lachend und gut gelaunt heraus und sagte ironisch: Madame meine Hochachtung. Ich lachte auch und sagte: Monsieur, heute abend bringen Sie mal Ihre Tochter ins Bett.“
Am Buchrücken kann man noch „Genau beobachtet, gnadenlos komisch und ungemein lebensklug: die Geschichte einer großen Liebe mit Hindernissen“ lesen.
Ich würde es wieder eher etwas konstruiert und künstlich empfinden und kann als Bonmot noch anmerken, daß ich mich vor einigen Wochen in der „Gesellschaft für Literatur“, mit der Stammbesucherin, die immer die „Literatrischen Soirees“ besucht, über das Lesen unterhalten habe, wo sie mir sagte, daß sie „Alberta empfängt einen Liebhaber“ gelesen, ihr das Buch aber nicht gefallen hat.
2015-05-15
Luft und Liebe
Der nächste Fund beim „Thalia-Abverkauf-Stapel“ um den Jahreswechsel 10/11 oder 11/12 mag das wohl gewesen passt thematisch gut zu Peter Stamms „Agnes“, denn auch bei Anne Webers „Luft und Liebe“ geht es um das Schreiben über das Schreiben oder wie ich es mir interpretiere, um das Schreiben eines Liebesromans Anfang des dritten Jahrtausends ohne kitschig zu wirken.
Es könnte auch als eine Parodie auf einen Liebesroman zu verstehen sein und ich habe die Lesung daraus in der „Alten Schmiede“ schon gehört und da, wie ich bekennen muß, nicht wirklich verstanden worum es geht, beziehungsweise hat sich, die 1964 geborene, in Paris als Autorin und Übersetzerin tätige Anne Weber, die auch beim Bachmann-Preis gelesen und oder gewonnen hat, nicht in die Karten schauen lassen.
Es geht also, wie schon der Titel sagt, um einen Liebesroman, die Protagonistin, Ich-Erzählerin und Schriftstellerin, die wahrscheinlich, wie das beim Schreiben so ist, nicht Anne Weber ist, hat schon, wie sie schreibt, einen schlechten Roman darüber geschrieben und ihn in den Mistkübel geworfen.
Da hat sie das selbst Erlebte, einer Kunstfigur namens Lea zugeschrieben und das Resultat hat ihr nicht gefallen, also noch einmal von vorn, wie das die Schriftsteller ja angeblich öfter so tun.
Die nächsten achtzig bis vielleicht hundert Seiten passiert in sehr schönen Worten, manchmal auch mit der französischen Übersetzung, nicht sehr viel.
Man erfährt, daß die Protagonistin, bzw. Leo schon einmal verheiratet war und zwar mit einem Vladimir, der sich gleich nach Zeremonie wieder scheiden ließ, weil er die Bindungen des Ehstands nicht ertrug, dann taucht ein Interviewer, ein Adeliger, namens Enguerrand bei der Erzählerin auf, um sie zu inerviewen.
Er verschwindet, nach Jahren treffen sie sich wieder, es gibt auch einen Aufenthalt in Italien und der Roman, bzw. die spannende Handlung immer wieder vom Perspektivenwechsel unterbrochen, den die Erzählerin „Arme Ritter-Roman“ nennt beginnt.
Lea, im Papierkorb liegend, funkelt auch immer wieder dazwischen, aber jetzt werden die Protagonisten, die Prinzessin und der Ritter genannt, denn die Liebe ist ja offensichtlich ein Märchen, wie uns Anne Weber vielleicht sagen will und die Protagonistin schon über vierzig.
Also eigentlich nach heutige Auffassung nicht zu spät ein Kind auf natürliche Weise zubekommen. Die Protagonistin, die von ihrem armen Ritter, auf sein Schloß geladen wird und sich dort die Zimmer aussuchen darf, das Schreibkämmerchen, das Schlafzimmer und daneben das für das künftige Kind, das sie sich wünscht, der Ritter hat nichts dagegen, muß dazu aber die Fortpflanzungsspezialisten aufsuchen und viele Untersuchungen über sich ergehen lassen, denn nach dem Liebesakt vom Sperma keine Spur.
Der Ritter ist liebevoll und entledigt, wie er versichert, sich seines Spermas in der Kabine, als die Prinzessin aber ins Labor kommt, verkündet ihr der Chef betroffen, das Sperma ist nicht da.
Der Prinz ist reumütig, versichert die Prozedur zu wiederholen, entzieht sich aber wieder seiner Pflicht, obwohl er ihr doch schon vor Zeugen, die Hochzeit versprochen hat, als sie ihm in seinem Schloß anruft, hebt niemand ab, es kommt aber ein Brief, er hat sich reumütig und von Schuldgefühlen, ob seines Versagens geplagt, auf Reisen begeben.
Wie, denkt sich da die Prinzessin, die fortan die tote genannt wird, der Betrug hat ihr offensichtlich den Todesstoß versetzt, wie kann er das, geht er doch nie auf Reisen, weil das Personal fehlt, um das Haus zu hüten?
Also fährt sie hin, der Prinz öffnet verschämt und aus der Küche kommt eine Mathilde, Jeanne oder Benedicte, im siebenten Monat schwanger und stellt sich als die Schloßfrau vor.
Die Prinzessin rauscht beleidigt ab, sinnt auf Rache und wird fortan auch die Rächerin genannt. Sie kauft sich Farbe, Leinen und Holzrahmen, malt Transparente, auf denen seine Schuld zu lesen ist, mietet sich in einem Hotel ein, um in der Nacht die Tafeln aufzustellen.
Nur leider wählt sie dazu den Hinterausgang, die Alarmanlage ertönt, der Wirt muß sich seine Hosen anziehen und ihr das Vordertor aufsperren, sie stellt die Tafeln trotzdem auf, wird anonym angezeigt und klaut ein Fahhrad, um mit vielen Plänen in die Zukunft davonzuradeln, kommt aber natürlich wieder in ihr Leben zurück.
„In ihrem ersten Liebesroman konstruiert Anne Weber ein elegantes Verwirrstück um große Gefühle. Aus einer eigentlich banalen zwischenmenschlichen Begebenheit wird so ein raffiniert aufgebautes Lesestück in bester französischer Tradition“, kann man noch am Buchrücken lesen.
Dazu passen auch die beiden anderen kürzlich gelesenen Liebesgeschichten zum Vergleichen , wie andere Autoren, die schönste Sache der Welt beschreiben und eine „Dachkammer“, wo es um die Liebe geht, gibt es auch.
Das „Show, not tell“, das man, wie man in den Schreibwerkstätten lernt, unbedingt beachten soll, wurde hier jedenfalls nicht ausgeführt oder aber parodiert und da dachte ich, wenn ich über das Erzählen reflektiere, wäre das, weil ich es nicht besser kann.
Vielleicht schreibe ich also doch nicht so schlecht und bräuchte wirklich nur einen Lektor, der meine Fall. und Beistrichfehler korrigiert, über die sich meine Leser manchmal aufregen.
2015-05-14
Agnes
Auf Peter Stamms ersten Roman „Agnes“ bin ich durch das „Literaturcafe“ aufmerksam geworden, denn da gab es ja 2012 in Deutschland diese Aktion zum „Tag des Buches“, wo man dreißig ausgesuchte Bücher verschenken durfte.
„Agnes“ war dabei und Wolfgang Tischer hat sich mit dem Buch und einer Reporterin auf einen Dorf- oder Kleinstadtplatz gestellt und dann eine Glosse darüber geschrieben, daß sich Bücher angeblich nicht verschenken lassen, weil die Leute abwehrend vorbeigegangen sind.
Da habe ich andere Erfahrungen, aber vielleicht ist „Agnes“ in einer Einkaufspassage, Samstag um zwölf nicht das richtige Buch. Ich hätte es jedenfalls sehr gern genommen, habe von Peter Stamm dann den Erzählband „Wir fliegen“ gelesen und von dem 1963 geborenen Schweizer Autor schon etwas gehört gehabt.
Dann lag „Agnes“ auf dem „Thalia“ 3.99 Stapel und bevor ich ich zum Lesen gekommen bin, wurde das Buch, das auf der Leseliste deutscher Gymnasien steht von Malte Bremer im Literaturcafe verrissen.
Ein Verriß, den ich, obwohl ich nicht das Buch, nur den Autor kannte, nicht nachvollziehen, für höchst subjektiv und vielliechtein bißchen überheblich und von oben herabgehalten habe.
Herr Bremer hat sich dann bei mir gemeldet und ich habe ich vorigen Jahr in Leipzig auch persönlich kennengelernt. Was mich an der Diskussion vielleicht noch etwas störte, waren die Lesermeinungen, die sich gleich anschlossen, inzwischen gibt es aber auch einige differenziertere und es ist wahrscheinlich gut über ein Buch zu sprechen, so daß man es danach lesen und sich selber ein Urteil bilden kann.
Das habe ich jetzt getan, auch in ein paar Stunden und der Badewanne und ich kann mich ein ganz kleines Bißchen Malte Bremers Meinung anschließen, zwar nicht, daß das Buch Schüler zum Langweilen bringt und auch nicht, daß Peter Stamm kein anerkannter Autor ist, nur, daß ich den Stil vielleicht auch ein bißchen hölzern und dstanziert empfunden habe.
Ich kann aber, glaube ich, auch nachvollziehen warum das so ist.
Und die Idee, die meiner Meinung nach, dahinter steckt, finde ich höchst interessant und sie hat mich zum Nachdenken gebracht.
Geht es da ja um das Schreiben übers Schreiben oder um den Roman im Roman, bzw. kann man, glaube ich, sehr bildhaft nachvollziehen, was das Leben von der Literatur unterscheidet.
Da ist also der Ich-Erzähler, ein Sachbuchautor, der über Luxuslokomotiven ein Buch schreiben soll und deshalb in einer Bibliothek in Chicago sitzt, da kommt Agnes, eine fünfundzwanzigjährige Studentin, bezüglich Männer noch recht unerfahren hinzu, geht mit dem Autor zuerst Kaffee trinken und dann mit ihm chinesisch oder indisch essen und da wäre gleich mein erster Kritikpunkt, wo die Schreibidee vielleicht ein bißchen hölzern wirken könnte.
Der Autor steht auf Seite 22, lädt sie in ein chinesisches Restaurant ein, da liegt dann vorher noch eine tote Frau auf der Straße, auch eine Metapher, die ich für etwas unnötig empfinden würde. Es wird zwischen Agnes und dem Protagonisten aber viel über das Sterben und die Furcht davor diskutiert, dann geht Agnes mit ihm in seine Wohnung und da zeigt er ihr einen Erzählband, den er geschrieben hat.
Er hat sich es also schon mit der schönen Literatur probiert und da hat Agnes die Idee, daß er über sie, bzw. ihre Beziehung schreiben könnte.
Vorher probiert sie es noch selbst und er verreißt es, so daß sie den Versuch dann zerreißt, obwohl er zugibt, daß es vielleicht besser, als das seine war und dann beginnt er über ihre Beziehung zu schreiben.
Da kommt es auch zu Fehleinschätzungen der Wirklichkeit der Beiden, so behauptet sie, sie wären in einem indischen Restaurant, das erste Mal gewesen und irgendwo weiter hinter im Buch steht dann, es war ein indisches Restaurant.
Nun gut, das kann ich nachvollziehen, daß das Gedankenexeperimente sind, die dann auf dem Papier nicht so gut ankommen, aber den Unterschied zwischen Literatur und Leben kann man hier, glaube ich, sehr gut begreifen und mir wird ja auch immer vorgeworfen, bei mir passiert nichts und ich schreibe zu wenig abgehoben.
In einer normalen Beziehung passiert wahrscheinlich üblicherweise auch nicht so viel, daß man einen spannenden Plot daraus machen könnte und so steht der Autor bei der Beschreibung des Textes über Agnes auch bald an, beziehungseise muß er sich was ausdenken und dann passiert doch etwas, nämlich Agnes wird schwanger.
Er reagiert blöd, patzig, gemein, sagt, er will kein Kind und trifft sich auch mit einer anderen Frau, die er inzwischen kennengelernt hat. Als er zurückkommt ist Agnes, die inzwischen bei ihm wohnt, weg, ausgezogen, hinterläßt sie Nachricht, sie wird das Kind bekommen und damit zu einem anderen Mann gehen.
Da wird er wieder reurig, rennt ihr nach und eines Tages kommt auch ein Anruf einer Freundin, Agnes geht es sehr schlecht, sie hatte eine Fehlgeburt, das Kind ist also weg und sie kann wieder bei ihm einziehen.
Jetzt schreibt er über das Kind, gibt ihm den Namen Margret, weil die Kellnerin in dem Kaffee, in dem er das schreibt, diesen Namen auf ihrem Schildchen hat. Agnes geht mit ihm auch einkaufen, kauft eine Puppe, einen Teddybären und auch Kleider für das nicht geborene Kind, über das er inzwischen eine Geschichte geschrieben hat.
Wirft das dann heulend weg, er geht wieder zu der anderen Frau, feiert mit ihr Sylvester und als er zurückkommt ist Agnes weg, verschwunden und so heißt auch der erste Satz des Buches, um den Bogen wieder zurückzuspannen:
„Agnes ist tot. Eine Geschichte hat sie getötet.“, aber das weiß man eigentlich nicht. Beziehungsweise habe ich das nicht so empfunden oder so interpretiert und habe eine sehr spannende Geschichte eines anerkannten Autors gelesen, vom dem ich inzwischen auch „Sieben Jahre“ gelesen habe, „Seerücken“ habe ich beim vorigen „Tag es Buches“ im „Wortschatz“ gefunden und bei einigen Lesungen habe ich den Autor inzwischen auch erlebt.
2015-05-13
Ein Liebessommer
Der 1973 erschienene Roman, des 1931 in Prag geborenen Ivan Klima ist ein sehr beeindruckender Roman, der starke Gefühle auslösen kann, so habe ich in einer Rezension gelesen, das selten noch ein Roman den Rezensenten so traurig gemacht hat Und ich kann mich dem auch anschließen.
Dann ist er auch noch sehr politisch und ein großes Stück Psychologie ist ganz überraschend auch noch dabei.
Da ist David Krempa, Biologe, sechsunddreißig, verheiratet, Vater zweier Töchter und Sohn eines berühmtes Arztes und einer Sängerin, die ihre Karriere allerdings beenden mußte und an Kehlkopfkrebs starb.
Eine sehr bürgerliche Karriere für das Prag der frühen Siebzigerjahre also, der Prager Frühling ist vorbei und Ivan Klima, kann ich noch anmerken, ist 1969 nach Amerika gegangen, 1970 aber wieder nach Prag zurückgekehrt, wo seine Werke bis zur Wende nur im Ausland erscheinen konnten.
Das ist vielleicht auch ganz interessant für den Roman, in dem England eine große Rolle spielt, denn die Mutter des Protagonisten hätte dort einen großen Auftritt gehabt, die Reise aber wegen der Geburt des Sohnes absagen müßen. Da hat der kleine Bub der Mami versprochen, ihr wenn er groß ist einen ganzen KOnzertsaal in England zu mieten, dazu ist es nicht gekommen.
Jetzt steht der ehrgeizige bessessen arbeitende Wissenschaftler, er forscht an Mäusen an der Unsterblichkeit, selbst an einer solchen Wende, er soll im Sommer, der Roman beginnt, glaube ich, im April, für ein Jahr auf eine englische Universität gehen.
Die Hausfrau in dem Haus, wo sie leben, stirbt unerwartet, die war ein Drachen und ließ niemanden an das Obst im Garten heran, trotzdem bittet ihn seine Frau Kamila, eine Lehrerin, zum Begräbnis zu gehen. Er will nicht, er ist beruflich überlastet, tut es dann doch und das Unheil beginnt und wieder einmal sind die Frauen an allem Schuld. Ivan Klima scheint aber ein großartiger Romancier zu sein, der die Wenden und die Drehungen ins seinen Bücher gekonnt setzt, davon noch später.
Erst geht er unwillig hin, will gleich weg, er ist auch sparsam, fast geizig und da gibt es auch eindrucksvolle Szenen mit einer häßlichen Blumenfrau, bei der er seine Blümchen kauft, die für Kamila und für das Begräbnis und da sieht er ein schönes junges Mädchen, Iva eine Studentin die das Puppenspiel studiert, für die Schauspielerei ist sie angeblich zu unbegabt, sie singt auch in Clubs und David fährt sie statt ins Institut zurückzukehren, wie er eigentlich wollte, heim, verabredet sich mit ihr für nächste Woche, sagt ihr aber pflichtbewußt ab.
Dann kommt wieder die böse oder abgearbeitete Frau ins Spiel, denn am Wochenende sind die Krempas bei seinem Chef eingeladen. Sie geht aber nicht mit, so geht er allein, zuerst zum Chef und dann in den Club, wo Iva singt und das Unheil beginnt, denn die ist so ganz anders als er. Lebt in den Tag, genießt das Leben, sie ist zwar verheiratet, lebt aber nicht mit ihrem Mann zusammen, sondern läßt sich von Freunden ausführen und sich von ihm Rosen kaufen, alle, die die häßliche Blumenfrau hat, obwohl es für die Gattin vorher nur vier Narzissen waren.
Er kauft ihr auch Schuhe und ein Kleid und sie ruft ihn immer nur spät abends an, weil sie am Tag ja schlafen muß, da kommt es zu einer grotesken Szene, daß er sich im Schrank versteckt, damit seine Frau, die ohnehin schon etwas ahnt, das Telefon nicht hört.
Er trifft Iva, in Prag herrschte um diese Zeit offenbar Wohnungsnot und sie wohnt irgendwo mit ihrer Großfamilie, auch in seiner Wohnung, während Kamila bei Verwandten ist, später schickt er sie mit den Kindern zu ihrer Familie und fährt mit Iva nach England, denn da hat er schon das Visum.
Sie will eigentlich nach Italien und schwärmt immerzu von Vendig und hat auch viele Freunde, die ihr die Einladungen in fremden Länder verschaffen und David, der ihr nach und nach oder vielleicht schon sofort verfallen ist, tut alles was sie will, obwohl sie ihn zuerst beschimpft und dann wieder lieb ist und lockt.
Eine fürchterliche Frau könnte man sagen und der arme Mann, wieso rennt er so sehentlich in sein Unglück, man kann es aber auch sicher, als Parodie auf das damalige politische System verstehen.
David wendet sich jedenfalls total, der so sparsame Mann, der nichts tat, als für sein Häuschen zu sparen verschleudert sein Geld und vernachläßigt seine Vorlesungen, auf die er sich eigentlich vorbereiten will.
So gerät der Aufenthalt in England auch zu einem Fiasko, sie betrügt ihn mit jüngeren Männern, er will von ihr los, es gelingt ihm aber nicht, so zerreißt sie den Brief den er an seine Frau schreibt und als er dann mit Kamila, die schon zu packen angefangen hat, sein Auslandsjahr antreten will, hindert sie ihn auch daran, er gibt den Aufenthalt auf, die Frau kommt jetzt endgültig darauf, aber Iva ist auch verschwunden, meldet sich nicht am Telefon.
Hier besteht er Roman teilweise aus Selbstgesprächen und inneren Monologen Davids, der nicht mehr weiß wohin er gehen soll.
Er geht aber zu Ivas Mann und bittet ihn nachzsehen, was mit Iva ist. Der beruhigt ihn, das macht sie immer, daß sie mit ihrem Selbstmord droht und das ist ja die überraschende Wende, denn man denkt die ganze Zeit, er bringt sich um, hat keine andere Chance, weil er sichselber unaufhörlich auf den bisherigen zweihundert Seiten in den Abgrund trieb, am Schluß liegt Iva in ihrem Blut und die Psychologie kommt ins Spiel, denn offensichtlich war der schöne junge Lockvogel auch nicht so glücklich und David geht wieder zu der Blumenfrau, der er eigentlich am Anfang alle ihre Rosen schenken wollte. Jetzt bestellt er zuerst einen Kranz daraus für das Begräbnis, dann die ganzen Rosen und die schenkt der der Blumenfrau, bevor er geht ohne zu wissen wohin…
Ein sehr beeindruckendes Buch, das man lesen sollte, wenn es noch zu bekommen ist.
Ich habe es wieder und dafür bin ich sehr dankbar im offenen Bücherschrank gefunden, von Ivan Klima in den Neunzigerjahren, nach der Wende, mir „Liebe und Müll“ gekauft und wahrscheinlich, obwohl ich mich nicht mehr sehr daran erinnern kann, gelesen und den Autor auch einmal im Leipzig auf dem blauen Sofa gehört.