„Der zweite Roman aus der Provinz“, der 1953 in Gleisdorf geborenen Andrea Wolfmayr, wieder bei „Keiper“ erschienen, der erste hat „Weiße Mischung“ geheißen und die Autorin hat ihn mit mir in den „Textvorstellungen“ vorgestellt und erklärt, daß in der Steiermark die Spritzer Mischung heißen würden.
Ich habe aus „Kerstins Achterln“ gelesen, wo es ja auch um Rotwein geht. Jetzt also doch ein Spritzer in dieser „Soap-Opera“ aus der Steiermark, in der eine Unzahl von Familien vorkommen, die sich lieben, mischen, streiten, das Gesetz umgehen, etcetera, das wirkliche Leben halt.
Daß sie dabei soviel Rotwein trinken würden, ist mir nicht aufgefallen, ging es da eher um härtere Getränke, aber auch um chinesischen Tee, denn die Buchhändlerstochter Barbara, hat sich mit einem chinesischen Apotheker vereinigt, der sie Wasser trinken lehrt und die vegane Küche ist offenbar auch in der Steiermark hoch in Mode, wie das Kinderkriegen.
Doch der Reihe nach oder besser im Anhang nachgeschaut, denn da sind die Familien, die in den Buch vorkommen und sich lustig untereinander vermischen, zur besseren Orientierung aufgereiht und wenn man das erste Buch nicht gelesen hat, tut man sich vielleicht etwas schwer.
Mir ist es jedenfalls so gegangen, daß ich mich am Anfang, wo von Kapitel zu Kapitel, eine andere Familie und deren Schicksal aufgereiht wird, nicht recht ausgekannt habe.
Beginnen tut es mit einer Regina, die lebt mit einem Ludwig auf einem Bauernhof, hat aber im Lotto eine größere Summe gewonnen.
Sie hält das zuerst für einen Spam, Ludwig hat den Schein aber an das Casino geschickt, denn er kann das Geld für den Hof brauchen. Sie nimmt es aber und fährt damit ab und er wird sich später mit einer schönen Praktikantin trösten, die Landwirtschaft studierte.
Dann geht es schon weiter zu Agne,s einer Greißlerin, die bekommt ein Burn Out und wird später mit Wolfgang, das ist der Buchhändler nach Mallorca emigrieren. Migräne hat sie auch und Wolfgang hat drei Töchter, Barbara, Petra, Ami.
Barbara ist die mit dem Chinesen, Amy hat die Buchhandlung übernommen und eine Topchter namens Pearl von einem Musiker, der zuerst in Amerika die große Karriere machen will, dann aber reumütig zurückkommt und Musiklehrer wird.
Petra ist mit Juli verheiratet, der einen Buschenschank führt, in China große Geschäfte machen will, dabei auf schiefe Bahn gerät, beziehungsweise vom Bezirksgauner und seiner Edelnutte gehörig ausgenommen wird.
Man sieht, Andrea Wolfmayr, die selber einmal Buchhändlerin sowie Politikerin war, zieht alle Seiten und kennt sich aus in der Provinz.
Die Frauen werden immer dicker und bekommen alle Kinder, die am Ende von einem anderen Pfarrer getauft werden, denn der früherer, wird gerade selber Vater.
Der Bürgermeister bekommt, glaube ich, in der Kirche einen Schlaganfall und hat Schwierigkeiten mit seiner Bürochefin, die ihn mit Marillenzipfs fütterte und gerne kurze rote Röckchen trägt.
Ja, die Männer gehen fremd und verlassen ihre mittelalterlichen aus der Form gehenden Frauen, die um die Ehe zu retten, vielleicht gerade noch Kinder bekommen können.
Homosexuelle Paarungen gibt es natürlich auch und einen ehemaligen Kulturreferenten, der sich hinuntergetrunken und versandelt hat. Einen Künstler, der von zwei Frauen, der eigenen und seiner Galeristin „gefangengehalten“ wird und nicht sagen darf, daß er Sonnenaufgänge liebt, denn er ist wahrscheinlich ein experimenteller Maler und das wäre dann kitischig.
Allmählich kommt man in das Buch, seine Veränderungen und Wandlungen hinein, kennt sich aus in der vorkommenden Personenschaft und ich habe zwischen meinem Buchpreisbloggen, wieder ein Stück österreichische Gegenwartsliteratur gelesen, die in einen steirischen Kleinverlag erschienen ist, der mir gelegentlich seine Bücher schickt, so daß ich auch in der literarischen Provinz ein bißchen bewandert bin.
Auf einen kleinen Fehler darf ich Verlag und Autorin auch aufmerksam machen, der November hat nur dreißig Tage, aber vielleicht war das so gewollt und ist satirisch zu interpretieren.
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