Literaturgefluester

2016-03-04

Nach dem Sturm

Filed under: Bücher — jancak @ 00:52
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Die 1963 in der SU geborene Nellja Veremej, die seit 1994 in Berlin lebt und 2013 mit ihren Debutroman „Berlin liegt im Osten“ auf der LL gestanden ist, der vom heutigen Alexanderplatz, alten Frauen und Altenhelferinnen erzählt ist mit ihrem zweitenbei „Jung und Jung“ erschienenen Roman „Nach dem Sturm“, sowohl in die Gegenwart, als auch in die Vergangenheit gegangen, erzählt von einem alternden Mann, ist man das mit sechzig heute wirklich schon, einer wahrscheinlich fiktiven Stadt am Mittelmeer und vorallem, genau wie Jan Böttcher in seiner Frühljahrsneuerscheinung von den entwurzelten Generationen aus aller Herren Länder, die sich dort niedergelassen haben und nach den Zeiten des erzwungenen Sozialismus  ihr schönes oder auch nicht so schönes neoliberales Leben leben.

Es ist ein stiller, leiser Roman, die Kathastrophen werden nur angedeutet, umschifft, beziehungsweise, wie auch der Klappentext lobt, in schöner Sprachen und eindrucksvollen Bildern erzählt.

Beginnen tut es tief in der Vergangenheit im siebzehnten Jahrhundert, wo der Hirtenjunge Damir in die Stadt Gradow kommt, wo sich die Flüchtlinge auf der Festung niederlassen dürfen und ihr neues Leben und ihren Aufschwung beginnen.

Richtig von den Flüchtlingen, die das letzte halbe Jahr die Festung Europa so zahlreich stürmen, wird auch erzählt , das tote Flüchtlingskind wird angeschwemmt, während der sechzigjänhre Ivo, der ein Restaurant neben dem Museum auf der Festung  hat, von seiner Frau längst entfremdet in der Bibliothek schläft, einen scheuen Blick auf die junge Praktikantin oder Mitarbeiterin Mira wirft, die dort in der Früh ihren Kaffee trinkt und alles umformen und reformieren will.

Ivo ist der Sohn, einer Mutter die Prag verlassen mußte, als dort die Nazis kamen, sie lernt Dragasch, einen Bauernsohn kennen, der es in Gradow bald zum Universitätsprofessor bringt und seinem Sohn nun eine riesige Bibliothek vermacht, die, weil ja sozialistisch und nicht mehr aktuell, niemand mehr haben will und Ivo hat sich auch längst seinen Kindern, Boris und Ana, die beide in Deutschland studierten, entfremdet.

Boris ist zurückgekommen, um Geschäftsmann zu werden, residiert nun in einen Glaspalast und läßt in seinen Waren Zettelschen mit angeblichen Hilferufen der ausgebeuteten Zwangsarbeiterinnen in der dritten Welt verstecken., Ana verweigert sich im Museum zu arbeiten und widmet sich stattdessen lieber Flüchtlingskindern und die Erben der Leute, die von den Kommunisten vertrieben wurden, melden sich auch bei Ivo und wollen ihre Wohnung zurück.

Dazwischen werden immer wieder Kaptiel beziehungsweise Geschichten aus der Vergangenheit eingeschoben, die Mira im Museum, zeigen will.

So wird die Türkenbelagerung lebendig und der Verrückte bekommt eine Stimme, der sich all dem widersetzen und eine seltsame Kirche errichten lassen will.

In der Stadt gibt eine eine Bruno Schulz Straße und ein geschlossenes Antiquariat in dem man die „Zimtläden“ bewundern kann. Überflüßig zu erwähnen, daß es in dem Gässchen mit den teueren Geschäften, wo Boris und seine Mutter Milly, eine verhinderte Opernsängerin einkaufen, nach Zimt riecht.

So geht es rund um und wir lernen auch hier ein anderes Europa kennen und die Menschen bekommen Gesichter, die uns vielleicht bisher nur aus der Zeitung oder als Gastarbeiter, beziehungsweise Emigranten bekannt waren.

Im Buch gibt einen Plan von der fiktiven Stadt und am Cover ist auch ihre Ansicht abgebildet, die das Buch seltsam altmodisch wirken läßt.

Wo sind die Zeiten der schönen alten „Residenz“ und frühen „Jung und Jung“ Covers mit ihrem einzigartigen Design könnte man fragen und wenn man mehr von Nellja Veremej und ihrer Frühjahrsneuerscheinung wissen will, am 27. 4. stellt sie ihn mit Angelika Reitzer in der „Alten Schmiede“ vor.In Rauris habe ich gerade ergooglet, wird sie auch daraus lesen.

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