Literaturgefluester

2016-04-21

Lange Erzählspiele

Die „Alte Schmiede“ hat offensichtlich einen neuen Moderator, auf jeden Fall stellte Ludwig Roman Fleischer, die beiden Romane von Erst Wünsch und Bettina Balaka unter dem klingenden Titel „Erzählspiele mit Romansujet als Satire ohne gekränkten Idealismus“, vor, den ich eigentlich auch jetzt noch nicht verstanden habe.

Jedenfalls scheint es um Satire zu gehen und Roman Ludwig Fleischer, den ich ja eher als Autor beziehungsweise Verleger kenne, überraschte durch seine lange und sehr ausführliche Einleitungen, die den Eindruck machte, er würde sich sehr gut auskennen und die Bücher gelesen zu haben.

Den 1951 geborenen Ernst Wünsch kenne ich durch das Hörspielstudio und den „Textvorstellungen“, in denen interessanter Weise auch Ludwig Roman Fleischer präsentiert wurde und interessant war für mich bei der Biografievorstellung, daß der  am Attersee lebende, ein größeres Werk hat, als ich dachte.

Studiert hat er Theaterwissenschaft, Germanistik, Theologie, dann war er Puppenspieler, Filmemacher, etcetera.

Und seine in Verlagen, wie „Sisyphos“, „Resistenz“ ,“Kitab“ erschienenen Romane, dürften irgendwie zusammenhängen und der heute vorgestellte „Der Abschweifer“, spielt am Attersee, der einen anderen Namen trägt. Ein erfolgsloser Schriftsteller namens Leo Kmetko, das Alter Ego Ernst Wünschs, wie in dem Roman auch vorkommt, wohnt dort in einer verfallenen Villa und soll ein Kochbuch schreiben.

Er bekommt eines Tages einen Brief von seinem Verleger, der schickt ihm einen Filmemacher, der einen Film über ihn drehen soll. Der kommt ohne Equipment und um das im Attersee versengte Nazigold scheint es auch zu gehen.

Das alles hat Ludwig Roman Fleischer in etwa  in seiner Einleitung erklärt. Dann kam die sehr lange, fast eine Stunde dauernde Lesung, in der der Autor seine Figuren vorstellte. Da gibt es einen Pianisten, der seinen Flügel in den See versenkte. Einen Exkurs über den See gab es auch und dann noch ein langes Gespräch, wo Ludwig Fleischer, wie er es nannte, viele naive Leserfragen stellte, beispielsweise die, wie autobiografisch ist das Ganze und warum der Leo ein erfolgloser Schriftsteller ist, was auch irgendwie in dem Buch beantwortet wird.

Der Autor beantwortete es mit den Schwierigkeiten mit den Kleinverlagen, etwas was ich mir gut vorstellen kann und dann gab es überraschender Weise eine Pause, beziehungsweise O-Ton Fleischer, ein akademisches Viertel, die wahrscheinlich einige der Zuhörer vertrieb, so daß es nachher als Bettina Balaka an die Reihe kam, schon ziemlich leer war.

Bei Bettina Balaka überraschte Ludwig Fleischer auch über seine große Werkkenntnis. Er stellte die 1966 in Salzburg geborene in ihrer Vielseitigkeit vor und mir ist sie ja auch nicht so unbekannt, seitdem ich, ich  glaube, 1992 im Rahmen meiner Jurytätigkeit für das Nachwuchsstipendium ihren Namen und ihre Texte kennenlernte.

Bettina Balaka erzählte in ihrer Einleitung, daß sie gerne in der „Alten Schmiede“ lesen würde, weil sie dort, als sie noch ganz unbekannt war, einen Stapel Gedichte hinschickte und gleich zu einer Lesung eingeladen wurde und Ludwig Roman Fleischer lobte noch die Vielseitigkeit ihrer Romane.

„Eisflüstern“ handelt vom ersten Weltkrieg, „Kassiopeia“ von Venedig. Dann gibt es noch ein Buch über einen Hund und jetzt in der „Prinzessin von Arborio“ um einen Satiren Krimi oder wie Bettina Balaka erklärte, um Frauen, die sich Schwerverbrechern hingezogen fühlen,  ihnen  Briefe ins Gefängnis schreiben, sie heiraten, etcetera.

In dem Buch geht es um die umgekehrte Form. Die Heldin ist eine schöne Frau namens Elisabetta  Zorzi, die ihre Männer umbringt und das weiß man gleich am Anfang.  Ludwig Roman Fleischers naive Leserfrage war dann auch, ob das mit dieser Eisdielenmöderin zu tun hat, die es ja gegeben hat?

Eine schöne Frau, deren Schönheit allerdings vom Chirurgen stammt, die ein italienisches Restaurant, ich glaube, in Wien führt und die Männer mordet, wenn sie sie enttäuschen. Der erste hat sie geformt, das heißt ihrer Schönheitsoperationen bezahlt, der zweite betrogen, danach hörte Bettina Balaka, die überraschend kurz gelesen hat, auf.

Ludwig Roman Fleischer erzählte noch von einem Gefängnispychologien, der sie entlarvt, ihr dann aber doch verfällt und ein langes Gespräch mit vielen Fragen aus dem noch vorhandenen Restpublikum gab es auch und einen sehr direkten Hinweis auf den Büchertisch.

Kaufen und lesen. Mit „Kassiopeia“ habe ich das schon getan und Bettina Balaka erzählte noch, daß es sie gereizt hätte, über das zu schreiben, was man angeblich nicht darf.

Also einen historischen Roman, die gibt es über den ersten Weltkrieg aber inzwischen zu Hauf oder über Hunde, die sind in der letzten Zeit auch sehr geschrieben worden, über Venedig oder eben über einen Krimi, wo man schon weiß, wer die Mörderin ist, aber eigentlich ist es Bettina Balaka weniger um den Krimi, als um die psychologische Frage, warum Menschen sich zu Schwerverbrecher hingezogen fühlen, gegangen.

Das ist eine Frage, die mich auch beschäftigt, bei Jack Unterweger, aber auch in meiner Praxis konnte ich das ein bißchen mitvergfolgen.

Es wird wahrscheinlich schon ein bißchen das Helfersyndrom sein und auch das sich überschätzen, bei den Frauen. Bei Männern gibt es das auch viel weniger zu geben, erzählte Bettina Balaka, wenn dann muß die Mörderin schön sein und die Männer werden schwach, während das bei den Männer wurscht ist.

Spannend auch die Frage, ob das bei „Haymon“ erschienene Buch einmal zu mir kommen wird.

2016-04-20

Ungeduld des Herzens

Passend zur gestrigen „Soma Morgenstern-Gedenkveranstaltung“ Stefan Zweigs 1939 erschienener, ich glaube, einziger fertig gestellter Roman „Die Ungeduld des Herzens“, wie Joseph Roths „Radetzkymarsch“ warscheinlich auch ein Abgesang an die Monarchie, spielt das Buch ja 1914 in einer kleinen Garnisonstadt, kurz vor Ausbruch des ersten Weltkrieges und wird vor Ausbruch des zweiten, dem Erzähler von einem Offizier berichtet. Es ist aber, denke ich etwas verhaltener, hat mich, was eigentlich selten geschieht, sehr beeindruckt, obwohl manche Stellen nach heutigen Geschmack eindeutig kitschig sind, andere dagegen so offen, daß man sich wundert, daß das 1939 schon geschrieben wurde.

Ich habs ja, glaube ich, schon einmal geschrieben, daß ich in „Von Tag zu Tag“ einmal die Besprechung eines Buches über die neuere österreichische Literatur und da sagen hörte, daß die Autoren Peter Rosegger und Stefan Zweig aus dem Kanon der bedeutenden Schriftsteller gestrichen und dafür Michael Felder aufgenommen hätten. Von Felder habe ich seine Augobiografie gelesen, von Rosegger vor Jahren „Jakob der letzte“ und war tief beeindruckt von dem meiner Meinung nach ersten Roman über den Umweltschutz.

Von Zweig habe ich bis jetzt die „Schachnovelle“ und vor Jahren, noch als Hauptschülerin, die Biografie „Maria Antoinette“ und etwas später „Die Welt von Gestern“ aus dem Büchertschrank meiner Eltern gelesen und eine „Arte-Doko“ gehört, die mich veranlaßte, aus meinen Beständen, die Zweig-Bücher herauszuholen und den geplanten Vicki Baum-Schwerpunkt noch eine Weile aufzuschieben.

Die „Ungeduld des Herzens“ habe ich mir aus Harland mitgenommen, eine „Donauland-Ausgabe“, ob ich sie mir einmal zu Weihnachten wünschte oder im elterlichen Bücherkasten war, weiß ich nicht so genau, aber wieder ein ungelesenes Buch, das nach Jahren zur Ehre kommt und für mich ein weiteres Pläydoyer für das Büchersammeln ist.

Es ist, glaube ich, auch ein Meisterstück des Erzählens, denn sehr verwinkelt und sehr geplant, mehrere Novellen hineingepackt, mehere Ebenen und es beginnt, 1938 oder 39, wo der Erzähler in einem Cafe einen Offizier trifft, der ihm  Angesichts des kommenden Krieges seine Geschichte von der längstvergangenene gestrigen Welt erzählt.

Die „Ungeduld des Herzens“, ist eine Metapher für das Mitleid. Zweig schreibt vom Falschen und vom Echten. Der fünfundzwanzigjährige Leutnant, Anton Hofmiller, hat wohl das Falsche, als er, Sohn armer Leute, der in seiner Garnison immer neben den reichen Kameraden steht und sich sein Geld einteilen muß, zum reichen Herrn von Kekesfalva zum Abendessen in sein Schloß gebeten wird.

Er kommt wegen einer dienstlichen Angelegenheit zu spät, kann sich so über die Verhältnisse wahrscheinlich nicht orientieren und fordert, als es zum Tanzen geht, die Tochter des Gastgebers auf. Die erstarrt, denn sie ist gelähmt, was er nicht wußte, er stürzt entsetzt davon, wird aber wieder in das Schloß gebeten und ist von der Freundlichkeit, die ihm entgegenströmt, sehr gerührt.

Täglich besucht er fortan die Gelähmte, ein siebzehnjähriges Mädchen und es passiert, was passieren muß, sie verliebt sich in ihm.

Der Vater bittet Hoffmiller mit dem Arzt Dr. Condor zu sprechen, wie hoffnungsvoll oder hoffnungslos die Krankengeschichte wirklich ist? Einem Fremden wird der Arzt die Wahrheit eher sagen und Hoffmiller verspricht es , ohne was man hier wohl tun sollte, die Frage zu stellen und was passiert, wenn die Sache aussichtslos ist?

Der Arzt führt Hofmiller in eine Weinstube und erzählt ihm erst lang und breit die Geschichte, daß Kekesfalva kein wirklicher Adeliger, sondern ein ehemals armer Jude ist, der die Gesellschafterin einer Fürstin, der das Schloß früher gehörte und die aus Zorn auf ihre erbschlechenden Verwandten, das Schloß ihr vererbte, um  ihren Besitz prellen wollte. Dann heiratet er sie doch, es wird eine gute Ehe und als sie stirbt, vertraut er dem Arzt die Geschichte an.

Für die Gesundheit der geliebten Tochter würde der alte herzkranke Mann alles tun und der Arzt weicht auf die Frage „Hoffnungslos? aus, denn was ist das?

Als er Medizin studierte galt der Diabetes als hoffnungslos, inzwischen kkann man ihn mit Insulin behandeln. Es gibt also nur noch nicht zu behandelnde Krankheiten und dann erzählt er von einem Fall von der Heilung einer Lähmung von der er gehört hat.

Hofmiller fährt zum Vater und tut nun etwas, was ich unlogisch finde und aus heutiger Sicht nicht verstehen kann. Er redet ihm die Heilung ein.

„Es gibt Hoffnung, sie wird mit der neuen Kur bestimmt gesund!“,  etcetera. Das hat fatale Folgen, denn der Vater und die Tochter haben nun falsche Hoffnungen und Edith schreibt ihm einen langen Brief über ihre Gefühle.

Hofmiller will den Dienst quittieren, um aus der Bedrängung herauszukommen, besucht aber vorher den Arzt in Wien und dessen blinde Frau, die der geheiratet hat, weil er sie nicht heilen konnte.

Der Arzt sagt, man muß alles aufklären.

„Halt, halt!“, antwortet Hofmiller wieder.

„Nur nicht zu früh die Hoffnung zerstören!“, denn es gibt ja auch psychische Kräfte, sowie Sigmund Freud, füge ich hinzu und Stefan Zweig war, glaube ich, von seinen Schriften sehr begeistert.

So geht das Spiel weiter. Edith soll in die Schweiz zur Kur und Hofmiller sie bis dahin jeden Tag besuchen. Die Kranke droht mit Selbstmord, wenn man ihr nicht zu Willen ist. Der Vater kommt zu Hofmiller und bittet ihn auf Knien, doch sein Kind zu retten und so kommt es zu einer heimlichen Verlobung, beziehungsweise zu einem öffentlichen Kuß von Hofmiller, der wieder von seinem Mitleid hin-und hergerißen wird.

Dann geht er allerdings in eine Kneipe und in ein Kaffeehaus, um sich zu betrinken, trifft dort seine Kameraden, die ihm mit der Verlobung aufziehen. Er dementiert verzweifelt. Das ist eine Lüge, also ein unehrenhaftes Verhalten und das ist für einen Offizier unwürdig. Frauengeschichten und Saufen sind erlaubt, beziehungsweise wird es von den Vorgesetzten gedeckt. Das nicht, also ebenfalls Selbstmord, als einzig ehrenhafter Ausweg aus diesem Fall.

Als er mit diesen Gedanken in die Kaserne wankt, wird er von seinem Vorgesetzten gemaßregelt. Er erzählt ihm alles und der sagt „Unsinn!“ und versetzt ihn an eine andere Stelle.

Mit den Kameraden wird er sprechen, so daß alles vertuscht werden kann. In Wien, steigt Hofmiller  aus dem Zug, um mit Dr. Condor zu sprechen und als er ihn nicht antrifft, Handies hat es ja noch nicht gegeben, schreibt er ihm einen Brief, wo er ihn bittet zu Edith zu fahren und wenn sie will, wird er quittieren, sie heiraten, etc.

In Brünn will er nach Kekesfalva telegraphieren, aber so viele Leute stehen am Postamt und lesen wahrscheinlich schon die Nachricht von der Ermordung des Thronfolgers. In der Nacht wird er aufgeweckt, ein Telephongespräch, die Verbindung klappt aber nicht, das Telefonfräulein entschuldigt sich. Es ist jetzt soviel los und am Morgen erfährt er, alles war umsonst und ist zu spät gekommen. Edith hat seine Untreue erfahren und sich vom Balkon gestürzt. Betroffen sütrzt er sich in den Krieg, wo alles nichtig wird, denn die Zahl der Menschen, die er dort tötet, wofür er noch einen Orden bekommt, sind unzählig. Nur einmal wird er noch in der Oper, wo er den Doktor und seine Frau trifft, an seine Schuld erinnert und jetzt soviel Jahre später, ist wieder alles anders, denn die Emigranten beginnen schon  das Land zu verlassen.

Im „Marbacher Literaturarchiv“ habe ich gelesen, gibt oder gab es eine Sonderausstellung zu diesem Buch und da wurde auch die Frage diskutiert, wie weit der Roman autobiografisch ist? Etwas was mich eigentlich nicht so interessiert. Für mich wurde die Frage beantwortet, daß Stefan Zweig ein Schriftsteller ist, der in den Kanon gehört und dem man lesen sollte, um die Vergangenheit und die Geschichte Österreichs der letzten hundert Jahre zu verstehen und das habe ich mit zwei Novellenbänden, dem Portrait von „Joseph Fouche“ und dem Wiederlesen der „Welt von Gestern“, auch vor.

2016-04-19

Eine Gedenktafel für Soma Morgenstern

Den Namen Soma Morgenstern habe ich, glaube ich, 2007 oder 2008 zum ersten Mal gehört, als es im Literaturhaus eine große Joseph Roth Ausstellung gab. Da wurde er, beziehungsweise die Biografie, die er über ihn verfaßt erwähnt.

Das habe ich dann auch ein bißchen in der „Radiosonate“, die ich 2008 geschrieben habe, verarbeitet und irgendwie ist der Morgenstern Roman „Der Tod ist ein Flop“zu mir gekommen, beziehungsweise steht er in meinem Bibliothekskatalog.

Ich kann mich aber gar nicht mehr daran, daß ich ihn gelesen habe. Der Name hat sich mir aber eingeprägt und so war ich auch sehr interessiert, als ich im Programm der „Gesellschaft für Literatur“ lesen konnte, daß zum vierzigsten Todestag, des aus Ostgalizien stammenden jüdischen Schriftstellers, eine Gedenktafel an dem Haus in der Belvederegasse Nummer 10, in dem er von 1934 – bis März 1938, wo er emigrieren mußte, wohnte und das auch zufällig das ist, in dem die „Auge-Weihnachtsfeiern“ stattfinden, enthüllt wird.

So ein Zufall und wieder ein Stückchen mehr über das Wien vor achtzig Jahren und die Bigografien, der nicht so bekannten Schriftsteller, erfahren, das mich ja sehr interessiert. Bei der Gedenktafelenthüllung von Veza Canetti in der Ferdinandstraße, bin ich vor drei Jahren gewesen und Erika Mitterer hat eine in der Rainergasse und das ist ja die Verlängerung der Belvederegasse.

Über Joseph Roth, mit dem er befreundet war, gibt es ja jedes Jahr Veranstaltungen im Literaturhaus.

Soma Morgenstern, der 1890 geboren wurde und in New York starb, muß erst eintdeckt werden, betonte Manfred Müller bei der Enthüllung dann auch und erzählte, daß Georg B. Deutsch, die Idee zu der Gedenktafel hatte.

Er ist vor einem Jahr damit zu ihm gekommen, hat dann das Geld dafür aufgetrieben. Schriftsteller, wie Karl Markus Gauss, Andre Heller, Eva und Robert Menasse, Doron Rabinovici, Robert Schindel, aber auch Barbara Rett, der Hausherr und andere, haben sich beteiligt und nun ist die in Amerika lebende Familie, der 1929 geborene Sohn Dan zum Beispiel, nach Wien gekommen, um der Enthüllung beizuwohnen.

Soma Morgenstern ist 1912 zum Studium nach Wien gekommen, hat dann in sechundzwanzig Jahren fünfundzwanzig Wohnungen gehabt. Er war auch, glaube ich, eine Zeit in Berlin und war Korrespondent einer Frankfurter Zeitung und hat die Jahre in der Belvederegasse, als sehr glückliche bezeichnet.

Am Abend gab es dann noch  eine Gedenkverantaltung im Jüdischen Museum, die Morgensterns Wiener Jahre und seiner Flucht ins Exil gewidmet war.

So erzählte Georg B. Deutsch, der auch eine „Morgenstern-Homepage“ hat, über die Wiener Jahre und der Schauspieler Peter Matic las ein paar Stellen aus den entsprechenden Büchern vor.

Es gibt glaube ich eine elfbändige Werkausgabe, die zum größten Teil erst nach dem Tod von Morgenstern erschienen ist.

Morgenstern war, wie schon beschrieben mit Joseph Roth, aber auch mit Alban Berg befreundet, über beide hat er Biografien geschrieben und Joseph Roth, der von sich behauptete, unmusikalisch zu sein, hat er auch ein Lieblingslied beigebracht. Das wurde dann auf Deutsch gelesen und auf Jiddisch gesungen und nach der Emigration ist es für Morgenstern nach Frankreich gegangen, seine Frau ist mit dem Sohn dagegen zuerst nach Dänemark geflüchtet, bevor sich die Familie in New York wiederfand.

Es hat  einen Vortrag über Morgenstern in Frankreich von dem französischen Germanisten Jaques  Lajarrrigue gegeben.

Dann kam der Sohn, der ein bekannter Jazzforscher war und berichtete, daß er nach achtundsiebzig Jahren, die Wohnung, in der er seine Kinderjahre verbrachte, wiedergesehen hat.

Die hatte sechs Zimmer, im Badezimmer gab es ein Fenster, von wo aus man den Kahlenberg sehen konnte und Alban Berg hat dem kleinen Dan, die ersten Jazzplatten geschenkt.

Sehr interessant, denn jetzt wurde mein Morgenstern Interesse wieder geweckt und ich werde mich wohl auf die Suche „Der Tod ist ein Flop“ machen, obwohl ich ja bezüglich meines „Work in progress“, einen Stefan Zweig Schwerpunkt, der auch mit Soma Morgenstern berfreundet war, einlege und jetzt gerade „Die Ungeduld des Herzens“ lese, die mich sehr beeindruckt hat.

2016-04-18

Zsuzsanna Gahses Stadtlandschaften

Beiden  samstägigen „Literatur-und Wein-Veranstaltungen“ habe ich Robert Schindel, Christoph W. Bauer, Margret Kreidl und Zsuszanna Gahes Gedichte im „Salzstadl“ versäumt, weil ich stattdessen lieber durch die Steiner Weinrieden wanderte, da man bei dem Wiener Literaturangebot aber nichts wirklich versäumen kann, konnte ich Zsusanna Gahse heute in der „Alten Schmiede“ nachhören.

Da habe ich dann wegen meiner achtzehn Uhr Stunde, die „Stunde der literarischen Erleuchtung“, wo Daniel Wisser Günter Eichs  „Maulwürfe“ vorstellte, aber ich habe ja auch wegen der „Literatur und Wein“ den zweiten Tag des „Ilse Aichinger-Symposiums“ in der „Gesellschaft für Literatur“ versäumt.

Zur Lesung von Zsuzsanna Gahse, die 1946 in Budapest geboren wurde und in der Schweiz lebt, bin ich aber zurechtgekommen und konnte im „Schmiedensaal“ auch gleich die experimentelle Szene Wiens oder einen Teil davon begrüßen, Margret Kreidl, Bodo Hell, Angelika Kaufmann, Lukas Cejpek, Elfriede Czurda, Herbert J. Wimmer und und und….

Kurt Neumann stellte sie auch gleich als experimentelle Autorin vor und führte wieder sehr lang und ausführlich durch ihren in der „Edition Korrespondenzen“ erschienenen Band „Jan, Janka, Sara und ich“, der tatsächlich sehr kompliziert zu sein scheint und aus mehreren Ebenen besteht.

Da scheint es ersteinmal um „A-Texte“ und dann um eine Stadtlandschaft in Büren zu gehen, wo dreiundzwanzig Personen sprechen, beziehungsweise ihre Ansichten über die Stadt in ein Tonstudio aufsprechen. Drei davon kommen  im Titel vor und dann gibt es noch Taltexte und manche der Aufzeichnungen bestehen nur aus einem Wort.

Kompliziert?

Sehr würde ich sagen, zumindest eine realistische Autorin, die sich nach Handlung und Personenführung sehnt, tut sich da schwer.

Zsuszanna Gahse hat aber mit großer Begeisterung gelesen und an einigen Stellen auch noch Anmerkungen gemacht, so an einer, daß sie hier gerne, wie in der Operette eine Musikeinlage hätte.

Dann gab es ein Gespräch beziehungsweise Fragen von Kurt Neumann, wie ein solcher Text entsteht?

Zsuszanna Gahse antwortete, daß sie zuerst einen Essay beschrieben hat, dann sind wir aber schon andere Einfälle zu Geschichten gekommen und so hat sie dann diese in ihrem großen Wohnzimmer ausgebreitet und eine Textsorte, die nicht Prosa und auch nicht Lyrik ist, ist entstanden.

Das Publikum schien sehr interessiert und ebenfalls begeistert.

Eine Anspielung an Günter Eich und eine an Nathalie Sarraute, die ich auch schon einmal in einer „Stunde der literarischen Erleuchtung“ gehört habe, hat es gegeben und danach die Aufforderung, sich beim Büchertisch einzudecken und alles nachzulesen.

„Beim dritten oder vierten Lesen des Buches, kennt man sich auch aus, welche Texte nun von welchen Personen sind“, hat Zsuszanna Gahse noch in ihrer Einleitung versprochen und am Ende der Veranstaltung hinzugefügt, daß es am Schluß des Buches ein Register gibt, wo sich das nachschauen läßt.

2016-04-17

WELT.ALL.TAG bei „Literatur und Wein“

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Viktor Jerofejew

Viktor Jerofejew

Miljenko Jergović

Miljenko Jergović

Das internationale Kulturfestival „Literatur und Wein“ findet inzwischen, wie Sylvia Treudl bei der Eröffnung stolz erzählte, zum achtzehnten Mal in Krems und Göttweig statt, zum vierten Mal sind wir dabei.

Das Motto lautete heuer „WELT.ALL.TAG“ und begonnen hat es am Donnerstag im Literaturhaus Krems mit einer Lesung des  1966 in Sarajevo geborenen und seit 1993 in Zagreb lebenden Miljenko Jergovic, der aus seinem atuobiografisch klingenden Roman „Vater“ gelesen hat, in der Beziehung des Sohnes zu seinem Vater, einem Arzt, geschildert wird.

Dann folgte der  1947 in Moskau geborene Viktor Jerofejew mit seinen  2013 bei „Hanser“ auf Deutsch erschienenen Roman „Die Akimuden“, der ein bißchen an Bulgakovs „Der Meister und Margarita“ erinnert.

Jedenfalls wird Moskau von einer Horde Untoter übefallen, einige nisten sich in der Wohnung des Erzählers ein und der Autor erzählte im Interview, daß man mit Satire viel besser Kritik am System üben kann und scheint das mit seinem Roman, der sehr witzig und fantastisch klang, auch bewiesen zu haben.

20160415-181546

Eva Jancak, Margarita Kinstner

Eva Jancak, Margarita Kinstner

Am Freitag ging es dann in Göttweig mit der Begrüßung des Abtes und der Doppelconfercne, Literatur-und Weinvorstellung, weiter und zwar begann Margarita Kinstner, die ich ja vom Cafe Anno, bziehungsweise dem Blog von Thomas Wollinger kenne und die mit ihren Debutroman „Mittelstadtrauschen“ ja sehr schnell bekanntgeworden ist.

Inzwischen gibt es einen zweiten Roman „Die Schmetterlingsfängerin“, im vorigen Jahr erschienen, der ein bißchen an mir vorbei gegangen ist, wo es um die Entscheidung einer Lehrerin geht, ihrem Freund oder Mann nach Sarajevo zu  folgen und dort sein Kind zu bekommen.

 

War eine sehr spannende und erfrischende Lesung, dazwischen bin ich das  Exemplar von Jan Böttchers „Y“, das wiedermal zu viel zu mir gekommen ist losgeworden und das erste Glas Wein mit Blick von der Terrasse auf die Donau wurde auch getrunken und ein paar Leute begrüßt.

 

Judith Kuckart

Judith Kuckart

Pedro Lenz

Pedro Lenz

Die 1965 geborene Schweizer Schriftstellerin Ruth Schweikert von der ich „Augen zu“ im Vorjahr gelesen habe und „Ohio“ an die Reihe kommen sollte, wenn ich mit meinen Stefan Zweig Schwerpunkt, den ich mir bezüglich meines derzeitigen Romanprojekts aufgelegt habe, fertig bin, folgte mit „Wie wir älter werden“ und dann kam Ernst Molden mit seiner Band und stellte ein Projekt  vor wo es um die Au, den Nationalpark und das Wasser ging und erzählte, daß er einen Auftritt wie diesen liebe, eine halbe Stunde singen, dann zwei Stunden die besten Weine trinken, denn dazwischen ging es ja weiter mit der langen Lesenacht und dem „Weltalltag“ mit dem 1935 in Meran geborenen Joseph Zoderer, dem Mann mit dem Hut, den Sylvia Treudl sowohl, als Klassiker als auch als Gegenwartsautor vorstellte, seine Werke werden jetzt von „Haymon“ wieder aufgegelgt und so las er aus den „Farben der Grausamkeit“ und da war es für mich spannend zu sehen, wieviel man von seiner Lektüre vergißt, beziehungsweise fielen mir einigen originelle Wortschöpfungen und Wenungen auf, an die ich mich nicht erinnern konnte.

Mit der Büchnerpreisträgerin von 2012, der 1960 in Hameln geborenen Felicitas Hoppe, die ich 1996 in Klagenfurt, als sie dort einen der Bachmannpreise gewann, kennenlernte, ging es weiter und das war für mich wieder eine Überraschung, habe ich ja mit dem „Picknick der Friseure“ das 2913 gelesen habe, nicht besonders viel anfangen können und das sagte ich auch in der Pause zu Wolfgang Kühn, als er mich fragte, wie es mir das Festival gefällt?

Wolf Wondratschek

Wolf Wondratschek

Karl-Markus Gauß

Karl-Markus Gauß

Jetzt las sie aus dem 2012 erschienenen Roman oder erfundenen Autobiografie „Hoppe“ und da war ich eigentlich auch sehr skeptisch. Dann hat mir diese Fabulierkunst und die Geschichte einer Felicitas die mit ihrem Vater alleine in Canada aufwächst, beziehungsweise Eisschlittschuhläuferin ist und hunderttausend andere Dinge macht, die in der echten Biografie nicht aufscheinen, aber sehr gefallen.

Dann gabs noch mal Molden und nochmal Pause, dann folgte Antonio Fian, auch ein alter Bekannter von „Literatur und Wein“, wie mir überhaupt auffiel, daß sich einige Autoren oder Musiker wiederholen und immer wieder eingeladen werden und der las eine Menge seiner Dramulette  und ist auch Gegenstand  einer der Sonderpublikationen, die es in diesem Jahr wieder gab.

Der Samstag war dann wieder rund und zwar begann es im Literaturhaus Krems mit einer weiteren „Transfair-Folge: Von Staatsfeinden, Paranoia und zivilen Ungehorsam“, wo Klaus Zeyringer mit Kathrin Röggla und dem Tierschützer Martin Balluch über ihre Bücher diskutierte, während es eine Parallelveranstaltung mit fünf internationalen Lyrikern aus Italien, Slowenien, Wales, Deutschland und Polen, zu deren Veröffentlichungen es auch je eine Sonderpublikationen „Veropolis – wo Lyrik zu Hause ist“, gegeben hat, die es zur freien Entnahme gab, beziehungsweise bei den „Festivalpaß-Goodies“waren.

Harri Stojka

Harri Stojka

Stefan Slupetzky

Stefan Slupetzky

Ich habe mich  für das  Literaturhaus entschieden, wo Klaus Zeyringer die Fiktion zu diesem Thema  dem Realismus gegenüber stellte.

Arbeitet ja die 1971 in Salzburg geborene Kathrin Röggla von der ich „Wir schlafen nicht“ gelesen habe und die ich auch schon bei verschiedenen Veranstaltungen gehört hat, ja mit realistischen Material aus dem sie ihre Texte macht.  sie las auch einen, wo das Wort „Schweigeminute“ in  Formen variiert wurde, während der Tierschützer Martin Balluch, der mit seinem Hund ins Literaturhaus gekommen ist, ein Buch über seinen Prozeß geschrieben hat und daraus zitierte.

Am Nachmittag bin ich wieder auf die Wanderung, diesmal mit dem Winzer Urban Stargards, der schwedische Wurzeln hat, auf die Steiner Weinrieden gegangen. Danach las Christian Futscher, den ich vor kurem im „MUSA“ hörte, aus seinem bei „Czernin“ erschienenen satirischen Text „Was mir die Erdmänchen erzählen“, in dem sehr viele Tiere vorkommen.

Mit dem Bus ist es dann nach Gottweig zum zweiten Leseabend gegangen, wo ich die mir bisher unbekannte Judith Kuckart kennenlernen, die das Publikum wählen ließ, welche Geschichte es aus ihrem neuen Erzählband hören wollte und dann von einer Schauspielerin las, die in einer Bäckerei arbeitet und dabei offenbar sehr viel flunkert.

Sonnenuntergang auf Göttweig

Sonnenuntergang auf Göttweig

Trio Lepschi

Trio Lepschi

Den Schweizer Pedro Lenz, der dann folgte, kenne ich durch das „Bachmannlesen“, er las ein langes Gedicht, scheint auch viel in der Berner Mundart zu schreiben und lobte seinen „Patenwein“ aus dem Weingut Hirsch.

 

Der 1943 geborene Poppoet Wolf Wondratschek, der nach dem ersten Musikblock, der diesmal wieder von Harri Stojka und seiner Band gestaltet wurde, gehörte wohl zu den bekanntesten Autoren, die am Samstag auftraten. So hielt ihm Sylvia Treudl auch eine sehr leidenschaftliche Einführung. Er las ein Stück aus seinem schon 2002 erschienenen Roman „Mozarts Friseur“, wo es um drei alte und falsch gehende Uhren geht, die ein Museumsdirektor für ein Kunstwerk hält, so daß der Friseur schnell eine Biografie herum erfindet.

Politisch wurde es wieder mit Karl Markus Gauß und seinen Journalen, aus denen er einige Kostproben gab und Stefan Slupetzky mit seinen „Lemming-Romanen“ ein bekannter Krimiautor, mit denen der den „Glauser-“ und den „Perutz Preis“ gewonnen hat, sowie auch Musiker, hat jetzt mit „Der letzte große Trost“, sowohl einen Familien als auch autobiografischen Roman geschrieben, den er nach der zweiten Musikeinlage vorstellte.

Christoph Mauz

Christoph Mauz

Die Gebirgspoeten

Die Gebirgspoeten

Mit dem Trio „LEPSCHI“ in dem Stefan Slupetzky, Tomas Slupetzky und Martin Zrost spielen und das ich schon einmal im Wiener Literaturhaus hörte, ist es in der Sektmatinee am Sonntag in Krems weitergegangen und die  stand im Zeichen der Schweiz-Östereischichen Freundschaft, kamen doch nach einem Musikauftakt die „Gebirgspoeten“, die aus den Schweizern Rolf Hermann, Achim Parterre und Matto Kämpf bestehen, die in karierten Hemden auftraten und sich, wie im Programm steht, mit „Den Mythen und Klischees der Schweiz“ auseinandersetzen zu Wort und danach wieder der Schauspieler Christoph Mauz mit einem „Willkommenskultur“ getitelten Programm, das aus Texten von Karl Kraus zum Beispiel aus den „Letzten Tagen der Menschheit“ und Anton Kuh bestand und da  hundert Jahre alte literarische Betrachtungen, die wie Christoph Maunz erklärte, erstaunlich heutig klingen, excellent aufführte und so ist dieser „Weltalltag“ in Göttweig und Krems mit vielen Weinproben, bekannter und unbekannter Literatur zu Ende gegangen und während das Team um Sylvia Treudl das Programm für das nächste Jahr zusammenstellt, bleibt zu hoffen, daß er die  Welt vielleicht ein bißchen besser macht.

 

 

2016-04-16

Florian Berg ist sterblich

Als ich im März in Leipzig war, war ich  auch bei einer Lesung von Absolventen des „Leipziger Literaturinstiuts“ und da ein Stück aus Janko Markleins bei „Blumenbar“ erschienenen, wahrscheinlichen Debutroman „Florian Berg ist sterblich“ gehört, den der 1988 in Bremen geborene, der 2010 den „Open Mike“ gewonnen hat, über einen jungen Studenten, der an der Leipziger Uni im ersten Semester Philosophie studiert und nun vor einer Beschwerdestelle wartet, weil er keinen Platz für ein Proseminar bekommen hat und stattdessen einen Französischkurs besuchen solll, geschrieben hat.

Eine Satire über das Studentenleben würde ich es interpretieren, auch ein Buch über das Erwachsenwerden und bei „Amazon“ kann man lesen, daß dieser Florian Berg sehr unsympathisch ist.

So habe ich das teilweise auch empfunden, aber das ist wahrscheinlich Absicht des Romans und der Clou, Florian Bergs Unentschloßenheit zu zeigen, dem dann in einem Seminar, das er auf Vermittlung der Studentenvertreterin Line, doch bekommt, demostriert wird, das er sterblich ist, denn alle Menschen sind das, Florian Berg ist ein solcher, etcetera…

Denn er ist ein Sohn zweier Pastoren, aus einem kleinen Dörfchen, die Mutter ist für die Beerdigungen zuständig, der Vater für die Hochzeiten und deshalb schwankt der liebe Junge, wie ein Baum im Wald, na ja.

Es wird in zwei Strängen erzählt, der erste ist Florians Studentenleben, Line, die sich in ihm zu verlieben scheint und ihn küßt. Er tut das nicht, hält aber still, weil sie sich für ihn ja einsetzen will. So bekommt er ein Seminar bei einer Anna Kuszlak, mit der will er nun Kontakt und auf Kaffee und Kuchen gehen…

Sie verhält sich abwartend, nimmt ihn aber dann doch auf einen Spaziergang mit, wo sie die Deutschlandfahnen von den Autos entfernt, sie ist nämlich sehr politsch.

Line besetzt inzwischen die Uni, um gegen die Bildungsmisere zu kämpfen. Das wollen, die Wirtschaftstudenten, die gerade Vorlesung haben, aber nicht und Anna fährt dann auch noch nach Santiago de Chile, um die dortigen Proteste zu unterstützen.

Florian reist ihr nach, wohnt bei einem Couch-Surfer im siebzehnten Stock eines Hochhauses und weil der Lift gerade kaputt ist, muß der arme Portier seinen riesigen Rucksack hinaufschleppen.

Im zweiten Strang wird von der Kindheit erzählt. Den Eltern die sich streiten, der Depression des eher hilflosen Vaters, der immer zu dem Sohn ins Zimmer geht und mit ihm reden will, beispielsweise, ob er weiß, wie man ein Präservativ verwendet?

„Ich muß lernen!“, antwortet der dann und schickt ihn hinaus.

Mit seinem Freund Ole, einem Bauernsohn hat er einen Bund gegründet, der keine Mädchen zulassen will, eines drängt sich hinein, verwirrt die Burschen und schließlich wird die „Grüne Garde“ eine grüne Jugendorganisation, Florian besteht sein Abitur und zieht nach Leipzig.

Jugendbuch habe ich bei „Amazon“ gelesen. Ja, Janko Märklein ist noch sehr jung und sieht auf dem Foto am Klappentext auch so aus.

Der Roman ist, was man wahrscheinlich im „Literaturinstitut“ lernt, sehr gut konstruiert und mich hat die satirische Seite, die lapidar schlapsige Art, wie der junge Mann da von den Initialriten des jungen Florian erzählt, sehr angesprochen.

Um in den Bund hineinzukommen, muß man Käfer essen und Hunde töten. Das ist vielleicht kein besonderes Zeichen der Neuzeit und war schon früher so. Die Lieblingslektüre von Florian Berg und seinen Freunden ist aber „Harry Potter“. Den liest er noch als Student, neben philosophischen  Schriften. Aber er und seine Freunde lesen ihn nicht nur auf Deutsch oder vielleicht in der englischen Originalfassung, sondern auch auf Japanisch, Lateinisch etcetera.

Was ich mir, als die Überforderung der heutigen Jugend interpretieren würde und daher sehr froh bin, auf das Buch aufmerksam geworden zu sein, das sonst, ist es ja schon 2015 erschienen, an mir vorbeigegangen wäre und jetzt ja ein anderes Buch einer noch jüngeren Frau über die Schwierigkeiten des Lebens in aller Munde ist.

2016-04-15

In den Wäldern des menschlichen Herzens

Der 1974 in Potsdam geborenen Antje Ravic Strubel, die 2001 beim Bachmannpreis gewonnen hat, hat mit dem, wie am Cover steht, Episodenroman „In den Wäldern des menschlichen Herzens“ einen Reigen des einundzwanzigsten Jahrhunderts geschrieben, wo es hauptsächlich um Frauenbeziehungen geht, aber auch eine Transgender Person, was der Grund auch war, weshalb ich das Buch anfragte und gelegentlich ein Mann, spielen eine Rolle.

Der Schausplatz ist die moderne globalisierte Welt, wo wir ja so leicht von einem Kontintent in den anderen fliegen und auch unsere Wohnort wechseln, also von Berlin nach Amerika oder nach Schweden ziehen, weshalb die Umwelt verschmutzt, so daß man sich dann auch in die modernen Naturoasen,  wie in die Wüsten bei L.A oder in die schwedischen und norwegischen Fjorde zum Kanufahren und Marathonlaufen begibt, wo man sich vor den Mückenschwärmen schützen muß.

Katja, Rene, Leigh, Faye, Emily, Helen, Sara etcetera spielen eine Rolle und flattern in wechselnden Beziehungen durch die Kapiteln, in denen man nach und nach eine Handlung erkennt.

Ich habe das ja in den „Dreizehn Kapitel“, wo es nicht um Sex geht, auch einmal versucht, jetzt weiß ich, daß das „Episodenroman“ heißt und Sex spielt in den Episoden eine große Rolle. Es geht um Sex und um menschliche Beziehungen, allerdings in einer viel moderenen Art (no na), als bei Arthur Schnitzer, obwohl es ein Weihnachtskapitel gibt, das mich an seinen „Anatol“ erinnerte.

Also, Katja und Rene fahren zum Kanaufahren nach Schweden und Katja gesteht der Journalistin, die ein Crossover zwischen einem Reiseführer und einem Reiseroman mit fiktiven Elementen schreiben will, daß ihr die Beziehung mit ihr keinen Spaß mehr macht, so läßt sie „Katjuscha“ zurück und im nächsten Kapitel sind wir in Kalifornien, wo Emily, mit Leigh, der einmal ein Mädchen war, in die Wüste fährt und dort verschwindet.

Sie taucht dann etwas später in Hiddensee, in Deutschland auf, wo sie kellnert und noch nicht so gut Deutsch spricht, daß sie Kinder, die Quallen quälen zurechtweisen könnte.

Sie ist die Tochter von reichen Eltern, die ihr Geld mit dem Verkauf an Wasserrechten verdienen, als sie das anprangert, wird sie entführt und in der Wüste ausgesetzt. In der Bar in der sie in Deutschland arbeitet, lernt sie Rene kennen, übersetzt ihr Buch und stellt es mit ihr in Manhatten bei einem Übersetzerkongreß vor.

Es soll auch groß, allerdings in einer anderen Übersetzung, herauskommten, was zur Beziehungskrise zwischen ihr und Rene führt und die gibt es bei zwischen Faith, Emilys Freundin, die einmal mit Leigh in die Wüste fuhr, um nach Emily zu suchen, sich jetzt aber in Schweden in einer Dreierbeziehung vorfindet, auch und am eindrucksvoll- skurillsten fand ich die Sznene, wo Helen, das ist eine Frau aus dieser Dreierbeziehung, nach Berlin fliegen will, am Flughafen aber eine Frau sieht, die nach Münschen will. Sie ändert ihren Plan, folgt ihr ins Hotel, das sie sich eigentlich nicht leisten kann und wird von der Rezeptionistin angerufen, die ihr sagt, daß sie die Polzei rufen will, weil unten in der Lobby eine verrückte Alte eine Party feiern will. Sie geht dann hinunter, um sich an den Freigetränken zu bedienen.

Am Schluß wird es ein wenig unverständlich, denn da fährt eine „sie“ mit einem Katt durch Mecklenburg, Vorpommern, ein alter Mann rennt in ihr Auto, niemand der Alten in dem Dorf hilft ihm, denn in der DDR hat man die Unbequemen dorthin ausgesetzt und die Erzählerin entdeckt in Katts Aufzeichnungen, den Namen „Katjuscha“ und die Beschreibung „Es ging um Sex. Sex in Hotels, auf Felsen, in Bars, nüchtern, drastisch, verliebt“ und der Reigen hat sich geschlossen.

Ich habe Antje Ravic Strubel, wie schon erwähnt durch ihren Text beim Bachmannpreis kennengelernt, die ich mir damals, glaube ic,h noch ausdruckte und nachlas und dann 2003 oder vier oder fünf, als es in der „Buchlandung“ die Ein-Euro Bücher gab, einiges von ihr entdeckt und auch gelesen, aber wie ich mich erinnern kann, eher unverständlich gefunden.

Jetzt habe ich vor ein paar Tagen „Tupolew 134“ von ihr im Schrank gefunden.

„Kältere Schichten“ war 2007 für den „Leipziger Buchpreis“ nominiert, mit „Sturz der Tage in der Nacht“ ist sie 2011 auf der  LL des „Deutschen Buchpreises“ gestanden.

Jetzt habe ich sie in Leipzig auf dem „blauen Sofa gehört, wo sie sagte, daß wir immer noch sehr wenig Ahnung über die verschiednenen Beziehungsformen haben und beispielsweise, Transsex mit Transgender verwechseln, was aber, wenn ich  John Irving richtig verstanden habe, eine Veränderung der Sprache ist, so daß man heute zu dem, was früher Transsex war, heute politisch korrekt Transgender sagt.

Und verändert hat sich, wie das Buch deutlich zeigt, auch sonst sehr viel.

2016-04-14

aichinger- digital human

Ein „Ilse Aichinger-Symposium“ in der „Gesellschaft für Literatur“, das erste, wie Manfred Müller in seiner Einleitung erzählte, Vorträge und Lesungen hätte es aber schon gegeben.

Die erste im Dezember 1965, da hat sie aus „Eliza Eliza“ gelesen.

Das habe ich natürlich versäumt, war aber schon bei Aichinger Veranstaltungen in der „Alten Schmiede“ und einmal, glaube ich, in der Beamtenversicherung, da hat sie noch selbst gelesen, vor circa zehn Jahren oder etwas länger und da habe ich mir auch das „Edition Korrespondenzen Heftchen“, wo ihre Publikationen angekündigt waren, signieren lassen.

Jetzt tritt Ilse Aichinger nicht mehr öffentlich auf, dafür gab es aber ein großen Foto von ihr vor dem Vortragspult und das „Aichinger Symposium“, das am Donnerstag und Freitag in der Herrengasse stattfand wurde, von Christine Invanovic konzipiert, die ist Professorin der Komparatistik und das „Symposium“ ist ein Studentenprojekt, deshalb waren auch sehr viele junge Leute da.

Drei von ihnen haben am Vortragspult Platz genommen und es begann mit einem Film aus dem Jahr 1965 „Bücher beim Wort genommen: Schlechte Wörter“, den Johannes Schlebrügge und Ulrike Voswinckel im Haus der Dichterin in Großgmain, wo sie damals lebte, drehte.

Es ging um das Buch „Schlechte Wörter“ und die noch sehr jung wirkende Ilse Aichinger las daraus den Text „Dover“: „Wult wäre besser als Welt.  Weniger brauchbar, weniger geschickt…“

Dann ging sie einen Wiesenweg hinunter und erklärte, wie bei ihr das Schreiben funktioniere. Der erste Satz muß stimmen, mehr weiß sie nicht, aber wenn sie den hat,  läßt sie sich treiben und der Text entsteht und bei den Figuren ist das ähnlich.

Erstaunlich,  von einer eher experimentellen Dichterin, mit einer Stimme, wie sie heute Valerie Fritsch hat, schon  1976, das zu hören, was heute in jedem Schreibgeberratbuch lesen kann und im Anschluß an den Film lasen die drei Studenten, den Text nochmals vor und diskutieren mit dem Publikum eineinhalb Stunden darüber, wie man ihn verstehen kann.

Ich habe ja Ilse Aichinger so verstanden, daß ihr Schreiben ein Assoziationsfluß ist, also aus dem Unbewußten kommt, interessant also die Deutungen der Studenten und interessant, sozusagen live eine Proseminar zu erleben oder sich vorzustellen, wie das Studieren heute geht.

Dann gabs eine Pause und dann ist es mit „Ilse Aichinger und der Film“ weitergegeangen. Alexander Horvath, der mit ihr befreundet war, hat dazu einen Vortrag gehalten,  Ilse Aichinger ist ja sehr lange jeden Tag ins Kino gegangen und hatte vor zehn oder fünfzehn Jahren auch einen diesbezügliche „Standard Kolumne“.

Im Anschluß daran hat Anne Bennent Aichingers Gedichte gelesen und am Freitag geht es weiter mit dem Syamposium. Ich bin aber schon nach der Pause, in der ich mich sehr lang und sehr intensiv mit dem „Korrespondenz-Verleger“ Reto Ziegler, der auch mit Ilse Aichinger befreudet ist und der sich jede Woche besucht, unterhalten, gegangen, weil ich  mit dem Alfred nach Krems zum achtzehnten „Literatur und Wein- Festival“ gefahren bin und das Wochenende auch in St. Pölten, beziehungsweise Krems und Göttweig bleiben werde.

Ergänzend ist vielleicht noch hinzuzufügen, daß es  bei dem Symposium auch um Orte, beziehungweise Verortungen geht, deshalb auch der Text „Dover“ und deshalb gab es auch eine Fotoausstellung mit Bildern von den Studenten, an der Stelle, wo sonst die Fotografien von Hertha Müller, Friederike Aichinger, Gert Jonke hängen und digital:human heißt das  Studentenprojekt wahrscheinlich, weil sich die Studenten auch im Internet damit beschäftigen und da sozusagen ein „Aichinger-Haus“ eingerichtet haben.

 

2016-04-13

Dunkles Italien

Heute bin ich wieder einmal in die Hauptbibliothek gewandert und habe dort einen Italiener kennengelernt, der mir sonst entgangen wäre.

Gioaccino Criaco, 1965 in Africo, Aspromonte Gebirge geboren, in Mailand Rechtsanwalt gewesen, stellte, wieder assistiert von Robert Reinagl und vorgestellt vom Italien Korrespondent Andreas Pfeifer moderiert, seinen von Karin Fleischanderl übersetzten und bei „Folio“ erschienenen Roman „Schwarze Seelen“ vor.

Deshalb bin ich einmal gleich Gustav Ernst fast in die Arme gelaufen, den ich schon lange nicht gesehen habe und Andreas Pfeifer stellte dann die Gegend des Aspromonte, eine schöne aber auch offenbar gefährliche und sehr arme Gegend, denn in dem ersten Stück das gelesen wurde, erzählt einer, wie er als Kind mit seinem Vater und seinem Bruder ein „Schwein“ durch  die bergige Gegend führ, das stellt sich bald als ein entführter reicher Industrieller vor. Sie gehen mit ihm in eine Hütte, geben ihm zum essen, sperren es dann in den Stall, dann fahren oder gehen sie zurück in ihre Wohnung, um am nächsten Morgen mit dem Schulbus in die Stadt zu fahren. Denn sie sind arme Ziegenhirten und brauchen solche Geschäfte offenbar zum Überleben.

Später gehen sie zum Studium nach Mailand, geben das aber  bald auf und leben vom Drogenhandel, werden reich dabei, sind aber getriebene und kehren noch ein bißchen später in das Heimatdorf zurück.

Das waren die drei Leseblöcke.

Dazwischen gab es Gespräche über die Mafia, die Geschichte des Landes und die Karriere des Autors, von dem im Programm steht, daß sein Vater in einer Blutfehde ermordet wurde und sein  Bruder einer der meistgesuchten Kriminellen war.

Er hat es aber geschafft, als Rechtsanwalt und jetzt als Autor auf der „richtigen Seite“, die auch diskutiert wurde, zu bleiben. Das Buch wurde inzwischen verfilmt und die zahlreichen Fragen aus dem Publikum erkundigten sich nach der Rolle der Kirche, der Frauen und, wie man es schafft die Kinder von der Kriminalität wegzubringen.

„Die Literatur!“, war glaube ich ein Vorschlag, des charmanten und auch sehr selbstbewußten Moderators.

So konnte man das Buch auch kaufen und signieren lassen und ich habe wieder etwas gelernt, obwohl mich die kitalienische Mafia ja nicht so besonders interessiert. Von der alltäglichen Gewalt, in der, weil so armen Gegen offenbar schon schon Kinder zu Kriminellen werden und ganz selbstverständlich in den Neunzehnsiebziger bis neunziger Jahren tausende Reiche entführt wurden, habe ich allerdings nichts gewußt.

2016-04-12

Grillparzer-Bachmann-Jelinek

„Vom  Vielvölkerstaat zur europäischen Union“, hieß ein Vortrag von Prof Pichl, den die „Grillparzer-Gesellschaft“ anläßlich ihrer GV in der“Gesellschaft für Literatur“ veranstaltet hat.

„Dargestellt bei Franz Grillparzer-Ingeborg Bachmann und Elfriede Jeliniek“, hieß es noch weiter, was der Grund auch war, warum ich hingegangen bin, denn diese Autorenauswahl  ist ja sehr interessiert, wenn auch durchaus unterschiedlich.

Ruth Aspöck, die ja seit ihrem „Grillparzer-Buch“ Mitglied der „Grillparzer-Gesellschaft“ ist, habe ich gleich gesehen, die sich mit einer Dame unterhielt, die sich als Agnes Pistorius entpuppte und deren Buch über ihre Mutter, Hedwig, die im Burgtheater öfter die Libussa spielte, habe ich ja gelesen.

Die „Libussa“ nicht und auch nicht im Burgtheater gesehen, aber kürzlich Friedrich Schreyvogels „Grillparzer-Biografie“ und über die europaische Union, beziehungsweise ihren Schwierigkeiten bei der Flüchtlingsfrage kann man  jetzt öfter in den Medien hören.

So wurde heute  bei von „Tag zu Tag“ ein Roman des Satirikers Klaus Oppitz „Landuntergang“ vorgestellt, wo Österreich ein Polizeistaat ist, der aus der EU ausgetreten ist und Arbeitslose und Regimekritiker in Textilfabriken sperrt. Aber darum ist es bei dem Vortragt nicht gegangen, sondern um Grillparzers Weltbild, der ein großer Monarchist gewesen ist und am einem Untergang des Vielvölkerstaats wahrscheinlich sehr gelitten hätte.

Was er zu einer möglichen EU gesagt hätte, darüber kann man wahrscheinlich nur spekulieren und Ingeborg Bachmann hat in ihren „Drei Wegen zum See“ auch schon durch den Namen Franz Joseph Trotta  monarchistische Anklänge beziehungsweise solche an Joseph Roth anklingen lassen und die Jelinek hat sich, wie Professor Pichl erwähnte in ihren Werken nicht auf die EU aber sehr wohl in ihren Interviews darauf bezogen. War sie doch zuerst gegen einen Beitritt, dann aber in Zeiten der FPÖ-Siege froh, „in der Löwengruppe nicht ganz allein zu sein“, wie ich es im Jahr 2000 einmal in einem Essay bezüglich der „Santktion bezüglich schwarz-blau“ formulierte.

Nachher gab es eine lange Diskussion mit der Frage, wie Grillparzer zur EU gestanden wäre und Fragen zu Deutschland und dem eisernen Vorhang.

Zur Literatur wurde weniger diskutiert, wurde, die in dem eher kurzen Vorttrag  auch nur angerißen, obwohl Prof. Pichl in seinem Schlußwort alle zum Lesen von Grillparzer-Bachmann-Jelinek aufrief und das habe ich mit Ausnahme der Jelinek, bei der die ich eigentlich mehr zu Veranstaltungen gehe als lese, in letzter Zeit auch getan und die ist ja, weil sehr links, bei manchen, wie Professor Pichl bezüglich seiner Vortragserfahrungen erlebte, nicht so beliebt, hat aber sicher sehr viel Kritisches zur momentanen Weltlage zu sage.

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