Ein Slogan passend zur eigenen Reise, aber auch heitere Verse von Eugen Roth, dem Müncher Lyriker, 1895 – 1976, mit den berühmten „Ein Mensch….“ Gedichten, aus dem Carl Hanser Verlag, der ebenfalls in München angesiedelt ist, aus dem Jahr 1954, ein sehr altes Bändchen also und ein Fund aus dem offenen Bücherschrank, der jetzt auf meiner Leseliste steht.
Ein Mann mit blauen Anzug, gelben Schal, weißen Hut und Schuhen gut gelaunt mit einer Pfeife im Mund, man sieht, es ist ein altes Buch, denn solches wäre heute als Cover wohl nicht mehr möglich, sitzt auf einem Schiffchen mit zwei Rädern mit einem roten Regenschirm auf dem „Gute Reise“ steht und fliegt damit ins blaue, in die Wolken in die Zukunft hinein.
So weit das Cover und dann geht es los mit den heiteren Versen, kurz nach dem Krieg geschrieben wahrscheinlich, denn manche beziehen sich noch darauf, so gibt es doch die „Kriegsfahrten“, wo der Landser „kam durch den Krieg, höchst unfreiwillig, Oft weit herum und zwar recht billig, Weil ihm der gute Vater Staat Die Hinfahrt gern bezahlen tat“
Aber es ist auch die Zeit des Aufschwungs, wo die Straßen gebaut werden und die Autos dahinrasen zu den Gasthäusern, die sich schnell auf Gäste einstellten und dann enttäuscht waren, wenn die vorüberfuhren oder die Leute, wenn ein Omnibus, wie das damals hieß, doch anhielt, nur schnell auf die Toilette wollten, in die Büsche schifften und vielleicht auch noch den Flieder stahlen.
Auf 144 Seiten macht sich der humoristische Lyriker, oft auch in seinen Menschgedichten, über all das lustig und reimt mit scharfen Ironie:
„Die Gletscher wandern und die Dünen, Von Wanderpreisen, Wanderbühnen, Von Wanderlebern oder nieren Muß weiter man kein Wort verlieren. Es reist der Lachs, es reist der Aal. In ganzen Schulen zieht der Wal.
Das machen aber auch die Menschen, ist es offenbar die Zeit des Massentourismus und der Pauschalreisen, wo der arme Einzeltourist, Eugen Roth mag es erlebt haben, dann kein Zimmer und kein Essen bekommt, weil alles schon besetzt oder vorausbestellt.
„Ein Mensch, der kürzlich ganz privat Spazieren gehn in München tat, an Leuten aus Versehn geriet, die standen wo in Reih und Glied“
Ist ja nicht so schlimm könnte man denken, geht man halt vorbei an der Reisegruppe, aber „und drohend wurde er gebeten Bei seiner Gruppe einzutreten. Er protestierte doch vergebens: Schon ward, trotz seines Widerstrebens, Der Mensch mit abegezählt zu vieren.
Und hat zum Schluß, schon halb betäubt, sich auch nicht länger mehr gesträubt. Als unfreiwilliger Ersatzmann Sah er den Königsstein und Watzmann Und war auch, gegen Mitternacht nach München heil zurückgebracht“
Wahrscheinlich auch nicht ganz so schlimm, schlimmer ist es vielleicht, wenn man den Zug versäumt, obwohl man doch extra deshalb, um sechs aufgestanden ist, während ein anderer Glück gehabt, viel später aufstand und doch zurechtgekommen ist.
„Merke!“, fügt Eugen roth noch listig an, das ist eine Metapher für das auf und ab des Lebens.
Aha, und wenn man schon Reisen macht, beispielsweilse nach Italien, wie in den Fünzigerjahren üblich, aufgebrochen ist, muß man den Zurückgelassenen auch Souveniers mitbringen. Auch davon lebt eine Industrie und die Verwandten warten auf den „Schund“, wie Roth manchmal abschätzig schreibt.l
„Edelweiß und Alpenrosen, Geldbeutelige Lederhosen, Kuhglocken, goldig, läutend hell, Mit einem Bild von Bayrischzell. Die ganze Welt wird untergehen, ihr werdet noch im Laden stehen.“
Und
„Doch kanns selbst Guten kaum gelingen, Heut noch was Schönes mitzubringen. Ist doch die ganze Welt im Grund Nur übervoll vom gleichen Schund“.
Da sind wir schon bei der „Werbung“, bei der „Reklame“, wie das damals hieß:
„Die Reiselust Dir zu beraten, Starrt jede Wand bunt von Plakaten“ und auch bei der Zeit, denn die hat man ja in Zeiten des Massentourismus, wo man Rom in einen Tag, oder vielleicht in ein paar Stunden sehen, soll, nicht mehr.
„Spottbillig drückt wenn auch mit Schmerz, Der treue Schweizer dich ans Herz.“
Und dann steht man in Weimar und bekäme vielleicht, wie es früher üblich war, eine Einladung von Goethe, ihn in drei Tagen zu besuchen, aber da ist man schon längst abgereist, das Bett ab-beziehungsweise für den nächsten Massentouristen schon neu überzogen.
„Wer vierzehn Tag, ein Land bereist, Beschreibt es gleich, als Mann von Geist.
Und sieh, er hat im Grunde recht: Der erste Eindruck ist nicht schlecht! Doch nichts zu wissen, war der Schluß Des alten Gregorovius: Wie Rom ist, hört ihr nicht von mir- Ich bin erst dreißig Jahre hier!“
Lang lang ist das her und beim heutigen Pauschaltourismus nicht mehr möglich, aber auch Goethe hat Italien bereist und Roth darüber gedichtet:
„Der Leser möge sich des weitern An Goethes Texten selbst erheitern, Denn trieb ich fort so, breit im Strom, So kämen wir ja nie bis Rom, Geschweige bis Sizilien gar. – Wie fein heraus der Goethe war, Der an den Stätten, die ihm lieb Rund anderthalb Jahre blieb. Das konnt er als Minister halt, Bei weiterlaufenden Gehalt. Und dann noch ein besonderes Glück: Als Klassiker kam er zurück!“
Wir können dagegen ein paar Tage mit einem Bus nach München oder Italien fahren, beziehungsweise ins Kino gehen und uns all das, wohin man fahren könnte, viel einfacher ansehen und Sprachen können muß man als Reisender ja auch noch.
So ist es, wie uns Roth fast anempfiehlt, vielleicht besser gleich zu Hause zu bleiben und einen Abgesang nach all dem Reisefieber, Reisewarnungen und Kartengrüßen gibt es auch:
„Auch ich, der leider fürchten muß, Daß man sich ärgert, mache Schluß. Und wünsche meinem Leserkreise Von Herzen – trotzdem gute Reise“
Nun denn, ich werde es mir zu Herzen nehmen und davon berichten, obwohl ich ja, wie ich ja immer schreibe, eigentlich nicht so besonders reiselustig bin.
Liebe Frau Jancak,
ein berühmter, österreichischer Schriftsteller, sein Name ist Jörg Mauthe. Er schrieb einen Schüttelreim, der folgendermaßen lautet: „Der eine Mensch träumt von Traumreisen, der andere bleibt in Raum Traisen!“
Wie heißt es schon bei Eugen Roth?
Kunst des Reisens
Was heißt schon: Reiselust entfalten?
Hauptsache ist: auch durchzuhalten!
Man überschau zu diesem Zwecke
Die ganze, vorgefaßte Strecke:
In Rothenburg frißt man vor Gier
Sich über an Romantik schier,
In Würzburg ist man auch noch munter,
Banz schluckt man kaum mehr ganz hinunter,
Um sich bereits an Vierzehnheiligen
Nur äußerst mühsam zu beteiligen.
Wenn dann, als letzter Höhepunkt,
Das beispiellose Bamberg prunkt,
Kann man, zu Tod erschöpft, nur sagen:
„Sehr schön! – Ich kann nichts mehr vertragen!“
Der Klügere läßt sich, ob der Tauber,
Nicht ganz betäuben von dem Zauber,
Daß er auch noch in Dinkelsbühl
Den Reiz des stillen Winkels fühl,
daß er in Creglingen noch kregel –
Einteilen! heißt die erste Regel.
Ich will hinzufügen, daß ich gerne ein Städtereisender bin, der momentan in einem kleinen Dorf zuhause bei meinen Eltern bin. Dieses Dorf ist zu einer Stadt geworden, weil sich die Häuserzahl in den letzten 25 Jahren verdreifacht hat. Das erste Mal urkundlich erwähnt im Jahre 1430, also vor genau 586 Jahren. Daher stelle ich mir gerne die Frage, „Warum in die Ferne schweifen oder reisen, wenn das Glück liegt so nah, nämlich vor unserer Haustür: ist unser Garten!“
Herzliche Reisegrüße
Ihr
Manfred Lagler – Regall
Kommentar von Manfred Lagler-Regall — 2016-05-29 @ 13:32 |
Vielen Dank für den Gedichtzusatz und nachdem ich von meiner Reise zurückgekommen bin, liebe Grüße aus dem Traisental
Kommentar von jancak — 2016-06-12 @ 16:33 |