Das ist mein zweiter Archivbesuch in dieser Woche und der dritte in diesem Jahr, denn zum Frauenarchivtag, der seit einiger Zeit zum Geburtstag von Rose Ausländer von den Frauenarchiven gefeiert wird, gab es eine Führung und einen Kurzworkshop von „Stichwort“ – dem Frauen-und Lesbenarchiv, das mir seit Jahren sein Programm und seinen Folder zuschickt.
Da gab es, glaube ich, einmal einen Literaturwettbewerb und einige Veranstaltungen, die ich damals noch im fünfzehnten Bezirk besucht habe, inzwischen ist das Archiv in die Gusshausstraße gewandert und weil ich dachte, eine Führung durch ein Frauenarchiv wäre ganz gut, bin ich hingegangen, bin ich ja irgendwie auch frauenbewegt, so hatte ich meine literarische Sozialisierung ja im „Arbeitskreis schreibender Frauen“, der Ende der Siebziger Jahre, glaube ich, der erste in Wien war, den es in dieser Art und Weise gegeben hat. In der „AUF war ich zwar nie direkt, bin aber durch Ruth Aspöck, Hilde Langthaler Elfriede Haslehner, etcetera damit in Kontakt gekommen.
Die gibt es in dieser Weise auch nicht mehr, vor ein oder zwei Jahren ist aber ein großes Buch herausgekommen, bei dem die Ruth beteiligt war, bei der Eröffnung der Buchhandlung ChickLit war ich und die Hilde Schmölzer ist ja auch eine sehr frauenbewegte Frau und hat glaube ich eines der ersten Bücher über „Frau sein und Schreiben“ in Österreich verfaßt.
Also neugierig und sehr gespannt und dann in einen kleinen Lesesaal mit fünf oder sechs Pulten gesessen, Jacke und Taschen ganz streng in der Garderobe abgeben, mußte man im Literaturarchiv nicht, im Literaturhaus in der Bibliothek glaube ich schon, aber da gebe ich hauptsächlich zu den „Erich Fried Preisverleihungen“ und da steht die Bibiane streng vor den Bücherreihen und schimpft, wenn sich eine Hand den Bücherreihen nähert, um sich eines vielleicht anzuschauen.
Zwei Frauen begrüßten und erzählten von den Beständen und den Sammlungen, eine Preisliste hing auch irgendwo auf, was die Beratungsstunden, das Bücherausleihen, das Kopieren, etcetera kostet, man kann sich also in den Lesesaal setzen, das Archiv nicht online abrufen und in die Bestände auch nicht so hinein, aber wir, zwei Frauen waren außer mir, zur ersten Führrung, um zwei auch gekommen und sonst können, auch ganz streng und inzwischen schon ganz ganz selten, nur Frauen in die Bibliothek hinein.
Es gibt also eine Plakat- eine Film- eine Bücher- eine Zeitschriften und eine Zeitungsausschnittsammlung und in dem Kurzworkshop ging es über das Archivieren oder wenn ich es richtig verstanden habe, das, wie man bei seinen Recherchen zu der nötigen Information bekommt. Regel für das Benützen des Archivs gab es auch, nur mit Bleistift schreiben, damit das Originalmaterial keine Flecken und auch keine Kratzer bekommt. Wir bekamen drei Übungsbeispiele und dazu Photokopien und konnten uns ein bißchen darin üben, das Alter eines Flugblatts zu erkennen, wenn beispielsweise nur 11. 5. und keine Jahreszahl angegeben ist und auch überlegen, wie man zur Zusatzinformation kommen kann.
Interessant, interessant, obwohl ich ja nicht wirklich archivarisch arbeite oder doch vielleicht ein bißchen bezüglich meines Bücherkatalogs und jetzt habe ich, zwar handelt es sich dabei um keine Autorin, aber zwei Novellensammlungen von Stefan Zweig mit teilweise überlappenden Erzählungen zu lesen und da ist es auch sehr interessant, die Sammelbände von den Originalausgaben zu unterscheiden.
Kaffee und Kuchen gab es anschließend auch, obwohl Margit Hauser sagte, Essen und Trinken und Bibliotheksbereich streng verboten ist und im Eingangs- oder Sekretariatsbereich, dort, wo man seine Taschen in Garderobekästen verstauen konnte, lagen Schachteln mit Büchern zur freien Entnahme, möglicherweise Doppelbestände oder unbrauchbares Material und so daß ich meine Bestände mit einem Jutta Schutting Roman aus dem Jahr 1983, in diesem Fall vielleicht besonders interessant, da das Archiv außer den Frauen auch den Transgenderpersonen offen ist, ein Buch von Alice Schwarzer über Simone de Beauvoir und einen Band über Sir Galahad, aufstocken konnte.
Und am Abend ist es dann in die „Gesellschaft für Literatur“ gegangen und zu einem „Ritter-Verlagsportrait“.
„Seltsam!“, werden meine Stamleser jetzt vielleicht sagen.
„Du liest doch keine „Ritter-Bücher“, obwohl du ja einige in deinen Regalen und auf deiner Leseliste stehen hast, warum gehst du dann immer zu der experimentellen Literatur, wenn du selber so realistisch und offenbar auch so wenig abgehoben schreibst, daß du keinen Lesetermin in der „Gesellschaft für Literatur“ bekommst?“
Stimmt, aber ich interessere mich eben für jede Art von Literatur, wahrscheinlich weil ich endlich mal herausfinden will, was die anderen besser, als ich können und als ich die Herrengasse erreichte, fand ich dort ein erstaunlich „unexperimentelles Publikum“, das sich zu kennen schien, sich untereinander begrüßte und vielleicht auch ein bißchen steirisch redete. Die Verwandten und Freunde von Günter Eichberger, der mit Ronald Pohl und Stefan Schweiger auf der Leserliste stand?
Dann wurde lang gewartet, weil der Lektor Paul Pechmann noch nicht eingetroffen war und danach hielt Marianne Gruber ein rührendes Pläydoyer für den „Ritter-Verlag“.
Ich sage da ja immer nur ganz prosaisch „Das ist sehr experimentell!“.
Marianne Gruber schwärmte von den kleinen Büchlein, die der Verlag jetzt schon über dreißig Jahre, da war ich ja einmal bei einem Jubläum in der „Alten Schmiede“, herausgibt, die keinen großen Leserkreis haben, wahrscheinlich nie auf der dBp Liste stehen, aber dafür zum Denken abseits der Mainstraims und der Serien anregen und die sie am liebsten alle lesen möchte.
Dann kam Paul Pechmann, sagte, er erspare dem Publikum die dreißig Jahre Verlagsgeschichte und kam gleich zu den Autoren, die auch schon von Marianne Gruber vorgestellt worden waren.
Stefan Schweiger ein in Berlin lebender Sozialpsychologem der Philosophie und Literaturwissenschaft studierte, wie das gehen kann, habe ich nicht ganz verstanden, begann mit dem Band „liegen bleiben“ und ich habe jetzt vergessen zu erwähnen, die gelben „Ritter-Bücher“ haben jetzt ein anderes Cover und sind ein wenig weniger gelb und Stefan Schweiger, kein narritiver Erzähler, leitete ihn der Lektor ein, begann mit dem Kapitel „Kein Band“, dasm so würde ich es definieren aus einer Art aneinandergereihten Aphorsmen in sehr schönen, aber auch sehr komplizierten manchmal lateinischen Worten bestand und der 1965 auch beim „Standard“ arbeitende Ronald Pohl, der mit mir im gleichen Jahr in die GAV eingetreten ist und den ich schon bei einigen Lesungen hörte, war wieder O Ton seines Lektors diesmal weniger experimentell, dafür spielte er in seinen Gedichten mit der Sprache, brachte Jazz Elemente hinein, erzählte von der Kindheit, den Tanten, dem Bisamberg und Pötzleinsdorf, etcetera und der Band heißt „die akte des vogelsangs“, woraus ich ihn auch schon lesen hörte.
Den 1959 geborenen in Graz lebenden Günter Eichberger kenne ich von der GAV und er hat auch einmal am Rathausplatz in einem Zelt bei den steirischen Tagen gelesen, beziehungsweise mit Olga Flor und Martin Wanko, die steirische Literatur präsentiert und der war erstaunlich unexperimentell, dafür würde ich sagen, eher lustig, sein Band heißt „Wimperntierchen“ und ist eine Art Krimi, beziehungsweise geht es dabei um einen Auftragsmörder, der allerdings ein persönliches Tagebuch führt und dieses dann ins Netz stellt. Das wird allerdings nicht sehr oft gelesen und wenn nicht für wahr gehalten und weiter kann ich nichts erzählen, denn da hörte er mit dem Lesen auf, sagte „Den Rest können Sie kaufen“ und las etwas aus einem neuen Buch, wo es um das Ich und das hirnlose Denken, beziehunsweise die Erziehung geht und dann noch als Bonaus Track eine Szene aus einem Theaterstück, das Hubsi Kramer schon einmal im Kabelwerk spielte und das glaube ich „Der König, die Königin und der Narr“ heißt zumindest las er die drei Rollen mit verstellter Stimme.
Danach sagte Marianne Gruber „Sie wissen liebes Publkim, Sie können fragen, müßen aber nicht!“
„Und die Autoren müßen nicht antworteten!“, ergänzte Günter Eichberger launig. So standen alle auf und begaben sich zum Büchertisch, wo die Bücher, wie Marianne Gruber ebenfalls verkündete, schon auf die Käufer warteten und sich einen Platz auf ihren Nachtisch wünschten.
Aber meiner ist ohnehin schon sehr voll. Ein paar „Ritter-Bücher“ liegen auch darauf oder in der Nähe, zum Beispiel „Birnall“, des im vorigen September verstorbenen Helmut Schranz oder Max Höflers „Texas als Texttitel – ein Rabiatkomödienroman“, das ich, glaube ich, voriges Jahr im Schrank gefunden habe, als ich zum „Erich Fried Festival“ in das Literaturhaus ging.