Literaturgefluester

2016-07-31

Sommernomaden

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Jetzt kommt ein Sommerbuch, zehn Stories von Marianne Jungmaier, die ja das „Saiko-Reisestipendium“ bekommen hat, die einen hinführen an die Orte dieser Welt und dennoch eigentlich viel weniger von den Städten oder Ländern, als von Lebensgefühlen und Beziehungen und, das alles in einer sehr poetisch schönen Sprache, die von vielen englischen Ausdrücken untersetzt ist, erzählen.

Ja, Marianne Jungmaier, 1985 geboren ist ein Kind der Achtzigerjahre aufgewachsen in den Neunzigern, „wo Bill Clinton Präsdient war, Dolly geklont wurde und der Disc- den Walk man ablöste“.

So reißt es die in Linz geborene herum, deren Debutroman ich im letzten Herbst gelesen habe und die ich auch einmal on der „Alten Schmiede“ hörte, sie reist herum und schreibt Briefe oder Mails, wie das  heutzugtage heißt aus allen Gegenden, die sie dann beispielsweise mit Erika Kronabitter bei den „Wilden Worten“, las.

In Indien erfährt man von ihrem Großvater, der aus Kroatien flüchten mußte und von Miro, der kein spanischer Maler ist, sondern Miriolsav heißt, ebenfalls aus Kroatien kommt und in Indien so eine Art Hostel zu betreiben scheint.

Ihn hat Marianne Jungmaier beziehungsweise die Ich-Erzählerin „im Reiseführer für Fremde, dem ungeschriebenen Atlas der Unbekannten, die man einmal Freunde nennen wird“, gefunden.

Sie wird ihn wieder verlieren, denn das Leben und die Reisen der Sommernomadin geht ja weiter und sie wird ihn auch so niemals wiedertreffen „weil wir nicht gleich bleiben. Weil die Person, deren Reiseführer wir lesen, eine andere sein wird, schon im nächsten Moment.“

Wunderschön poetisch ausgedrückt und schon geht es weiter nach Venedig oder an den Banhof von Linz, wo sie „Eli mit den braunen Lederschuhen, den dunkelgrünen Wollsocken und einer Plastikmargarite im kurzen blonden Haar „trifft, mit der sie in Vededig ihren Geburtstag feiern wird.

Die schenkt ihr schon in Salzburg ein blaues Kleid und sie wird sie, die „so viel Verständnis für Neurosen hat“, auch verlieren, „denn  sie kann nur dann ich sein, wenn sie alleine ist“, sie wird sie aber auch wiederfinden, denn der Geburtstag ist noch lang und sie wird ihre Küße auch elf Monate, bis zu Elis Geburtstag in „Stanniolpapier“ aufbewahren.

Nach Beldgrad in eine Stadt „in die man vor und während des Krieges offenbar nicht reiste“, ich war 1998 vor dem Kosovkrieg mit Anna und dem Alfred da um meine Tante Dora zu besuchen, geht es offenbar zu einer Lesung oder eine Kulturveranstaltung, dennnoch teilt sie mit Sergio, das Schlafsofa in ihrer Gastwohnung und denkt wieder an ihren Großpapa, der  von dort flüchtete und danach nach Norwegen ging, um dort eine neue Familie zu gründen.

In Berlin und London trifft sie sich  mit Mitgliedern ihrer „Reisefamilie“, die sie in Indien kennenlernte, besucht mit ihnen Nachtlokale, wo man  der Drogen wegen, die man später konsumieren wird, besser vorher den Weg am Handy markiert, hat mit ihnen Sex und man sieht, wie die Geschichten zusammenhängen und das Leben und die Beziehungen einer modernen Reisenomadin aussehen kann, während sie nach Island, eine sehr starke Geschichte, offenbar mit ihrer Mutter reist, mit der sie Schwierigkeiten hat.

Sehr zart werden die Differenzen, das Ausweichen und das Nichtaushalten von Nähe angedeutet, die nur „sie“ genannte Reisepartnerin zahlt für sie, was der Erzählerin Schwierigkeiten macht, denn „wo bleibt da der Ausgleich des Gebens und Nemens?“

In „Die Heimat der Kolibris“ geht es nach Brasilien, das Land der Zukunft, wie Stefan Zweig vor über siebzig Jahren schrieb.

Marianne Jungmaier wird es anders erlebt haben, geht es doch mit einer Nachbarin, der deutschen Wiebke oder Wi zu einer Caroline, die sie im Flugzeugt kennenlernte und die ihr auffiel, weil sie dort die Decken einsammelte, dann erzählte sie ihr, daß sie einer Religion angehöre, die ihre Feste mit einer drogenähnlichen Substanz zelebriert. Zu so einer Zeremonie, wo alle weiß gekleidet sind, brechen die beiden auf und die Kolibris, die Namengeber der Geschichte, flirren ums Haus.

In Schottland geht es wieder in ein „Writer Retreat“ oder zu einem Stipendienaufenthalt, wie sich die prekären Arbeitsverhältnisse aufstrebender Jungautoren abzuspielen scheinen und zwar in ein ganz spezielles, in ein Schloß einer alten Dame namens H, das von einem Manager geleitet wird, der gleich beim Ankommen erklärt, „daß es der Ettikette entspricht, daß sich Günstlinge und Gebende nicht begegnen“.

Ja, es ist hart  das Mäzenatentum auch noch im einundzwanzigsten Jahrhundert und die Jungautoren sind wohl auf solche Begünstigungen angewiesen, so sind gerade  zwei Frauen und zwei Männer anwesend. Namen darf der Manager nicht nennen, es gibt drei Mahlzeiten am Tag, eine große Bibliothek, aber kein Internet und auch keine Möglichkeit außer halb des Parkes die Gegend zu erforschen oder einkaufen zu gehen. Denn das Schreiben ist das Wichtigste. Begegnungen mit den anderen Günstlingen gibt es also nur beim Frühstück mit der selbstgemachten Zitronenmarmelade oder abends beim drei- oder viergängigen Dinner. Da huscht dann auch manchmal die Mäzenin, begleitet von einem Gewehr vorbei und Marianne Jungmeier hat Zeit an ihren Texten zu arbeiten oder  eine makaber schöne Geschichte zu schreiben.

Es geht dann noch nach Nevada  und am Schluß nach Kerala zu einem Jogalehrernamens Steve, der mit einem Scooter fährt und mit dem sie Silvester verbringt, womit sich der Kreis wieder schließt und wir sind an den Anfang der Geschichten  zurückgekommen, die von Trennungen und Begegnungen, sich Verlieren und dem Wiederfinden, Sex, Drogen, Vegie-Momos, Cuppuccinis, Keksen, etcetera handeln und, wie nicht nur der letzte Text zeigt, nicht nur im Sommer spielen.

Der Klappentext hat noch ein Foto der sehr fotogenen jungen Frau, die vor einem Stapel alter Koffer posiert, wahrscheinlich ist sie eher mit Rucksack und Trolley losgereist, um „Ihre Geschichten aus dem Inneren der Ferne voll magischer Momente und einzigartiger Begegnungen“, wie am Buchrücken steht, zu erleben.

2016-07-30

Sommergeschehen

Daß der heurige Sommer mit den Sommerfrischenwochenenden ein wenig anders werden wird, als die vorigen, habe ich schon geahnt, bin ich ja nur für ein verlängertes Wochenende in Harland bei St. Pölten, wo ich dem Alfred an den Freitagen meistens helfe, die Thujen, die er abschneidet, wegzuräumen, am Samstag sind wir am Markt, am Sonntag auf der Rudolfshöhe, da bleibt nicht sehr viel Zeit für mein Schreiben, beziehungsweise dem Korrigieren der „Berührungen“.

Das habe ich dann in Wien, in den Zeiten wo ich keine Stunden habe, getan, habe da wieder gedacht, ich bin bald fertig und kann bald mit meinem Sommerroman „Claire Klara Clarisse“ beginnen, dann aber prompt Fehler um Fehler gefunden und da ich in der vorigen Woche ja einige Mails vom User Uli bekommen habe, der meinte, daß ich nicht schreiben kann und nur unverständliches Zeug fabriziere, bin ich in mich gegangen und habe angefangen, den Text laut vorzulesen, womit ich mit dem Korrigieren wieder am Anfang war und wahrscheinlich den Rest des Sommers damit beschäftigt sein werde.

Aber eigentlich habe ich das ohnehin so vorgehabt und ist mir bei meinen früheren Texten auch so gegangen.

Diese Woche hatte ich aber nicht viel Zeit dazu, denn am Montag habe ich dem Alfred nicht mit den Thuljen geholfen und bin auch nicht. wie die zwei Wochen davor in Wien gewesen, weil ich doch Stunden hatte oder der Alfred seine Begtriebratsitzungen, sondern wir haben einen Auflug in das Mühlviertel gemacht.

Einen alternativen Shoppingtag könnte man so sagen, denn der Alfred hat eine Sendung des bayrischen Rundfunks über das alternative Handwerk in Oberösterreich gesehen, dann sind wir zuerst in das Landbrauhaus Hofstetten gefahren, um einzukaufen, weil es im August wieder ein Geburtstagsfest geben wird,  dann waren wir in Lembach in einem tollen Bio-Restaurant Mittagessen, bevor wir zu „Naturfaser Fölser“, einem kleinen Betrieb in Helfenberg fuhren, wo sich der Alfred zwei Hosen bestellte.

Dann haben wir noch seinen früheren Arbeitskollen besucht, der in der Nähe mit seiner Frau einen alternativen Bauerhof betreibt, haben seine Schafe und seine Enten bewundert und Felizitas hat mir von ihrer Tante Maria Hauser erzählt, die eine Lokaldichterin ist und da bin ich darauf gekommen, daß ich mir aus Leipzig ein Buch von ihr mitbrachte, da dort der Stand der Oberösterreicher ja immer Gratisbücher zu freien Entnahme hat, das ich noch lesen muß.

Ja, das Mühlviertel ist, sowohl was den Genuß und die Naturfasern betrifft, als auch bezüglich der Literatur aktiv, hatte die Ruth ja auch einmal ihren Verlagssitz dort, als sie noch die „Edition die Donau hinunter“ betrieb und diesen Freitag und Samstag bin ich mit dem Alfred auf dem Hochschwab gewesen, etwas was mich fast ein wenig übernommen hat, aber auch sehr schön war.

Morgen werde ich mir den Text weiter laut vorlesen und hoffen bald damit fertig zu werden und die „Nika“ wird am Montag warhrscheinlich auch ausgeliefert werden.

So daß es eigentlich ein intensiver Juli gewesen ist, der mit dem „Bachmannpreis“ und der „Sommerakademie“ begonnen hat.

Bei einigen literarischen Festivals bin ich in Wien gewesen, habe mir zweimal die Ö-Töne und zweimal die „Podium- Sommerlesungen“ angehört, am Karlsplatz beim Filmfestival bin ich gewesen und vorigeWoche auch zweimal am Rathausplatz und im August wird es mit einem Ausflug nach Innsbruck und dem Besuch eines Hauermarktes weitergehen und natürlich auch mit dem Korrigieren der „Berührungen“, die ich wirklich hoffe einigermaßen fehlerfrei hinzukriegen, so daß es bald auch eine Vorschau mit einem „Mimikry-Gewinnspiel“ geben wird.

Das Cover mit den Bücher, die in dem Roman vorkommen, haben wir schon gemacht und die „Bierdosengeschichte“ aus der letzten Schreibgruppe werde ich verkürzt, als Beschreibungstext nehmen und ein schönes Gedicht von Richard Weihs wird es als Motto auch geben.

2016-07-29

Zwei Tiroler mit viel Freiheit

Friederike Gösweiner

Friederike Gösweiner

Nachdem ich letzte Woche die O-Töne ausgelassen habe, weil ich Eva Schmidt schon in der „Alten Schmiede“ gehört und Irmi Fuchs Debut schon gelesen habe, habe ich mich diesen Donnerstag mit dem Alfred im Museumsquartier getroffen.

Die O-Töne finden ja abwechselnd im Haupthof und bei den Boule Bahnen, je nach Prominenz der Lesenden offenbar, statt.

Wenn es regnet geht es ins Quartier 21, wo übernächste Woche auch Friederike Mayröcker lesen wird, diesmal also in dem kleinen Hof, dafür zwei Moderationen, da Daniela Strigl offenbar die Debutreihe betreut, während die Hauptlesenden  von abwechselnden Hauptmoderatioren angekündigt werrden, der diesmal Klaus Zeyringer war, der auch  bei „Literatur und Wein“ den Samstag moderiert und ein Bild der diesmaligen Debutantin gibt es schon in meinem Blog, hat sie ja Alfred in Leipzig im Österreich-Cafe fotografiert und auch ihr Buch gekauft, während mir die 1980 in Tirol geborene Autorin bisher eher unbekannt war.

Ihr Roman  „Traurige Freiheit“ ist bei „Droschl“ erschienen und handelt von der schönen neuen freien Arbeitswelt des Prekariats, ein trauriges Buch, wie Daniela Strigl ankündigte, beziehungsweise hat es Karl Markus Gauss so beschrieben, das von einer Hanna handelt, die mit einem Jakob, einen Arzt, in einer Stadt wie Innsbruck lebt und in Berlin die Chance auf ein Volontariat bekommt.

Norbert Gstrein

Norbert Gstrein

Jakob will zwar keine Fernbeziehung, eine Freundin stellt ihr aber eine Wohnung zur Verfügung, das Volontariat geht offenbar schief, zu Jakob kann sie  nicht zurück, so bleibt sie in Berlin, hat kein Geld, arbeitet tagsüber in Bibliotheken, nimmt Abends Schlaftabletten.

Das Leben ist hart und Daniela Strigl hat in ihrer Einleitung auch noch vom Scheitern gesprochen.

Friederike Gösweiner bedankte oder beschwerte sich danach, daß sie als Vorhut lesen müsse oder dürfe und meinte, daß der ebenfalls Tiroler Norbert Gstrein, der, glaube ich, aber inzwischen in Hamburg lebt, ihr Buch schon Korrektur gelesen habe, der lobte es dann sehr, bevor er mit seiner „Freien Welt“ begann und da habe ich die Buchvorstellung auch schon in der „Alten Schmiede“ gehört und da las Norbert Gestrein aus dem Roman, wo ein österreichischer Schriftsteller namens Hugo, den Lebensspuren des jüdischen Schriftstellers John, der kein Opfer sein will, aufspürt, fast die gleichen Stellen, nur bei der ersten, wo die Beiden ein Jahr vor Johns Tod durch die Wüste fahren, bin ich mir nicht ganz sicher, dann kam aber die Stelle mit dem Nachruf in der Buchhandlung in San Francisco und auch die letzte Stelle wo er nach Israel fliegt und mit John Mauthausen besucht, habe ich, glaube ich, schon gehört.

Neu war für mich, daß Norbert Gstrein, wie Klaus Zeyringer betonte, seine Schreibprozesse immer in seine Romane einbezieht und das finde ich  sehr interessant und am Schluß wies der Autor noch auf ein Buch von Claude Simon hin, das er in den offenen Bücherkästen Hambrugs gefunden habe und das man lesen solle.

20160728-202011

Man soll vielleicht auch „In der freien Welt“ lesen,  jedenfalls konnte man sich das Buch, wie auch das von Friederike Gösweiner signieren lassen und ich bin gespannt oder erwarte es mir eigentlich, daß es entweder auf die deutsche oder österreichische oder vieleicht sogar  auf beide Buchlisten kommt und dann bin ich gespannt, ob es zu mir kommt.

Ansonsten warten in meinen Regalen von meinen Bücherfunden ja noch „Die englischen Jahre“ und „Das Handwerk des Tötens“ auf mich. „Einer“ und „Anderntags“, die Frühwerke habe ich aber, glaube ich, auch noch nicht gelesen.

2016-07-28

Die Stadt Anatol

Nun kommt wieder eines der Bücher von Alfreds Bücherstapel.

„Die Stadt Anatol“, des von 1879-1951 lebenden DDR-Schriftstellers Bernhard Kellermann, 1932 geschrieben, 1936 verfilmt, 1980 in dritter Auflage bei „Volk und Welt“ erschienen.

„Wikipedia“ entnahm ich, daß Bernhard Kellermann mit dem Roman „Der Tunnel“ bekanntgeworden ist, 1920 den Roman „Der neunte November“ geschrieben hat, womit er bei den Nazis in“Ungnade“ fiel, worauf er aber weder emigrierte, noch Widerstand leistete, sondern fortan Trivialromane schrieb.

In der DDR gründete er dann mit Johannes R. Becher einen Kulturbund, bekam auch den Nationalpreis.

Ob es sich bei der „Stadt Anatol“, um einen der besagten Trivialromane handelt, ist mir nicht ganz klar geworden, die Verfilmung wird als Abenteuerfilm bezeichnet, mir scheint das Ganze eher eine Farce auf den Kapitalismus zu sein. Das verschlafene Städtchen Anatol liegt irgendwo neben Europa, da auch von Belgrad und Bukarest die Rede ist, wird es wohl im Osten sein und im Klappentext steht etwas davon, „daß man am Morgen, auch wenn man im besten Hotel abgestiegen ist, am Morgen beim Aufwachen das Geschwätz von Bäuerinnen und das Gequietsch von Schweineherden hört.“

In diesem Hotel steigt  der junge Ingenieur Jacques Gregor, ein Sohn der Stadt, der aber in Wien studierte und jetzt offenbar von Paris zurückkommt und wird vom Hotelier zuerst fast hinausgeworfen, hat er doch seine letzte Zeche nicht bezahlt und seine Brüder, ein Rechtsanwalt und ein Gelehrter weigerten sich das für ihn zu tun.

Das Städtchen hat aber noch andere Bewohner, eine Baronin, die für ihre Tochter Sonja, den besten Ehemann sucht. Jacques Freund Janko, ein Offizier, der spielt und trinkt und hoch verschuldet ist und dann gibt es noch einen seltsamen Bauern und Einsiedler, dessen Tochter Franziska, was eigentlich sehr modern ist, den Vater anklagte, sie mißbraucht zu haben.

Er wurde aber freigesprochen, die Tochter für verrückt erklärt und ist  im Städtchen nicht gut angesehen. Sie hat bei einer Tante in Bukarest gelebt, jetzt kommt sie , nachdem der Vater  gestorben ist, zurück und wohnt im Hotel neben Jacques.

Warum der überhaupt in einem Hotel absteigt, ist mir nicht ganz klar geworden, er benimmt sich aber sehr geheimnisvoll, spaziert in der Stadt herum, nimmt Gesteinsproben und telegraphiert immer mit einem Berliner Bankhaus mit dem er Geschäfte machen will.

Er befreundet sich auch mit Franziska, die, als sehr bäuerlich, beziehungsweise ordinär geschildert wird, ihn aber immer spöttisch anlächelt, als würde sie ihn durchschauen.

Von ihr will der Berliner Bankier, der nun doch mit Jaques Geschäften einverstanden ist, den Bauernhof ihres Vaters kaufen, sie weigert sich aber und verpachtet ihn nur, der Bruder Roul, will  Jacques, damit er sich nicht mehr länger im Städtchen herumtreibt und ihm Schande macht, Geld anbieten, damit er wieder ins Ausland geht.

Dann kommt aber ein Telegramm und die Nachricht, daß in dem Brunnen des Bauernhofes Erdöl gefunden wurde. Das Städtchen verändert sich über Nacht und die Rechtsanwälte und Bankbeamten haben viel zu tun. Neben dem Hotel wird ein Schild „Anatol Naphta AG-Alvensleben & Co – Berlin -New York“ aufgestellt.

Spekulanten, Erdölarbeiter und Ingenieure kommen, der Hotelier Koroschek will neben dem „Trajan“ ein neues Hotel ganz aus Glas aufstellen, der Kaufmann Rotkehl mit den beiden verheirateten Töchtern, die aber kurz nach der Hochzeit wieder  zu ihm zurückgekommen sind, will ein sechsstöckiges Kaufhaus bauen und die Vergügungsetablissements florieren.

Ein Kinopalast namens „Traumland“ entsteht, man sieht Bernhard Kellermann ist wirklich sehr modern, der Buchhändler breitet Bücher über Sex und Verhütung in die Schaufenster und die jungen Frauen, Mädchen aus bürgerlichen Familien stehen davor Schlange und der Doktor Wossidlo, Sohn des Apothekers beginnt eine Abtreibungsklinik, zu moderaten Preisen, zu betreiben.

Auch die Schwindler kommen und schütten Erdöl über den Friedhof und Janko wird von seinem Bruder Boris, der auch eine Erdölgesellschaft gegründet hat, nach dem Tod des Vaters aus dem Haus geworfen, der gewinnt aber plötzlich durch die Erdölspkulationen Riesensummen und wirbt, um Sonja weiter, die aber sehr fromm und keusch,  zuerst von ihren Verehrern nichts wissen will.

Köstlich, die Veränderung von Jaques Bruder Roul, dem Notar, dem sein Püppchen Olga, die sehr eifersüchtige Ehefrau, aus dem Hause treibt, als er eine Bardame, die sich nun auch in dem verschlafenen Städtchen angesiedelt hat, beraten will.

So gibt es Geschichte um Geschichte und auf und abs. Bauern werden zu Millonären und andere werden von Spekulanten aus dem Haus getrieben.

Die Baronin verliert ihr Geld und geht mit dem von Janko auf Reisen, der sich plötzlich zum Guten zu verändern scheint und sich dann doch wieder in die Bordelle zum Spielen und zum Trinken begibt.

Boris Erdölgesellschaft macht bakrott und nun muß er sich an den Bruder wenden und die von Jacques gegründete, wechselte die Besitzer und die neuen werfen auch ihn, der, wie Franziska, die sich zur feinen Dame gewandelt hat, die Geschehnisse durch einen spöttischen Schleier sieht, hinaus.

Janko verlobt sich schließlich doch mit Sonja, will sie in Wien heiraten und baut ihr schon ein Haus aus Gold und Marmor, mit, wie sie es sich wünscht,einem Musikzimmer und einer Bibliothek, dann wird er aber ermordet. Jaques hat die Stadt verlassen und die Spekulanten und moralsch Herabgekommenen bleiben in Anatol zurück.

Am Schluß gibt es noch eine Notiz, beziehungsweise eine Erklärung des Verlags, daß es Bernhard Kellermann nicht nur um einen „Erdölroman“ gegangen ist, obwohl er sich die Funde, die es in Rumänien und Baku gegegeben hat, sehr wohl angesehen hat.

„Nicht das Öl sei der Held des Roman, sondern die kleine, stille Balkanstadt, am Rande der Zivilisation  gelegen: der Held, das sind ihre Bürger. Die soziale Struktur der Provinzstadt wird gesprengt, die gesellschaftlichen Schichtungen verwerfen sich, die moralischen und ethischen Grundmauern, die fest, wie Felsen schienen, gehen in die Brüche.

Diese symptomatische Vorgang, die Auswirkungen des technischen Fortschrittes unter kapitalistischen Bedingungen, ist das eigentliche Thema des Romans. Kellermann kommt zu denm Schluß: „Solange die Bodenschätze der privaten Spekulation ausgeliefert sind, werden die Menschen nicht anders handeln, als die Leute in Anatol.“

Was wohl ein Grund dafür ist, daß das Buch aus denNeunzehnhundertdreißigerjahren 1980, in der DDR, die es ja schon lange nicht mehr gibt, erschienen ist.

Bernhard Kellermann ist inzwischen wahrscheinlich auch vergeßen und der Roman nur mehr im Antiquariat erhältlich. Die Spekulationsgeschäfte des Kapitalismus gehen aber lustig weiter, wenn sie auch heute eine andere Form angenommen haben und die Spekulanten anderen Namen tragen.

2016-07-27

Lucy fliegt

Jetzt kommt ein Buch, das ich fast übersehen hätte, obwohl ich ja auf der „Kremayr&Scheriau-Release-Party“ war und mir Gustav Ernst dort Petra Piuk vorstellte und „Bücherwurmloch“, die unermüdliche Salzburger-Bloggerin, hatte es, glaube ich, mal auf ihrer Faebookseite und bei den O-Tönen, wird auch vorgestellt.

Da bin ich dann auf Petra Piuks „Lucy“ fliegt gekommen, habe das Buch, weil Debuts ja wichtig sind und es ja jetzt auch einen „Debutpreis“ gibt, bestellt und gelesen und war wieder einmal überrascht über den neuen frischen Ton, in dem da eine die Nöte oder „Krankheit der Jugend“ beschreibt.

Dabei ist die 1975 geborene Petra Piuk, die, wie viele junge Literaturstars, die „Leondinger Akademie“ besuchte, vielleicht hätte ich das auch machen sollen, aber vielleicht hätte Gustav Ernst mich nicht genommen, gar nicht mehr so jung, sie hat aber lange im „Doku-Soap-Bereich“ gearbeitet, wie ich dem Klappentext entnehme und genau darum geht es in diesem Buchdebut, in dem die Nöte, Ängste, Schwierigkeiten, die junge Frauen heutzutage haben, wieder einmal sehr treffend und auf andere Art und Weise beschrieben werden, wie es beispielsweise Helene Hegemann, Ronja von Rönne, Ekatarina Haider, Olga Grjasnowa, um nur ein paar Bücher, die ich gelesen habe, zu nennen, tun.

Da ist Luca, 23, die eigentlich Linda heißt und von ihr handelt der Roman, auf dem es auf jeder Seite ein kleines Flugzeug zu sehen gibt.

Denn Lucy fliegt, wie schon der Titel sagt, nach Hollywood oder L.A, um dort eine Karrere als Schauspielstar hinzulegen, den Oscar, zu empfangen, der rote Teppich ist schon ausgebretet und wem diese Jungmädchenphatasien zu heavy sind dem kann ich daran erinnern, daß die fast dreiundsechzigjährige Blogbetreiberin, ja auch vom Nobelpreis träumt und dann jedesmal aufjapst, wenn wieder einer schreibt, „Kann es nicht sein, daß Sie nicht schreiben können, gute Frau!

Auch die Form ist bestchend. Denn da gibt es immer ganz kurze Abschnitte, die mit „Lucy 23, will nach oben“ oder „Lucy 23, hat pralle Brüste“, etcetera beginnen und dann folgt das jeweilige Kapitel.

Um gleich ein bißchen zu mäken, mir scheinen diese Überschriften, wie man sie ja vielleicht auch in der E.T.A Hofmannschen Manier finden wird, dann nicht immer von dem folgenden Kapitel genügend abgehoben, wenn da ein Lektorat vielleicht darauf geachtet hätte, daß das zwei paar Schuhe sind und oben knapp zitiert wird, was unten dann ausgeführt, wäre es vielleicht mehr gewesen oder dichter geworden.

Und dann hinein in das Leben oder in den Flug dieser jungen, Frau, dieser dreiundzwanzigjährigen Linda, die in einem Wiener Gemeindeau aufgewachsen ist, Schöpfwerk oder Rennbahnsiedlung würde gut passen, das Buch spricht von Floridsdorf, der Vater hat sich irgendwann verabschiedet, bevor er die Kindergartenzeichnung, der Vierjährigen mißachtete, die alleinerziehende Mutter ist mit der aufgeweckten Kleinen  überfordert, denn die bricht die Schule ab, fickt alle Burschen, ist also frühreif und hat hohe Pläne.

Denn Lucy will ja, wir wissen es schon, hoch hinaus, sie will Schauspielerin werden, aber nicht nur irgendeine gewöhnliche, die dann vielleicht als Statistin auftritt oder Joghurt Reklamen dreht, sie will den Oskar, sie will nach L.A und dafür ist sie bereit alles zu tun.

Sie hat auch jede Menge Ratgeberbücher dafür schon gelesen oder in der Tasche und darin steht dann all das Zeug, wie man es beispielsweise auch auf der Autorenseite von Annika Bühnemann, die ja junge Autorinnen auf dem Weg zu dem Erfolg berät, finden kann, wie „Du hast dein Leben in der Hand!“, „Alle Türen, stehen, dir offen“,“Du bist deines Glückes Schmid!“, „Denk positiv!“, etcetera.

Und so wurschtelt sich Linda tapfer und entschlossen auf dem Weg nach oben. Sie nennt sich dazu, als erstes Lucy, denn Linda ist zu banal und klingt nach Gemeindebau und, daß man, wenn man Jennifer oder Jessica heißt, beispielsweise schon Punkte auf der Karriereleiter verloren hat, kann man ja inzwischen auch in den diversen Ratgebern lesen.

Also kippt sie sich selbst eine Flasche Sekt über den Kopf und beginnt ihr neues Leben, während das alte nach dem Schulabbruch bedeutet, daß sie kellnert, weil sie aber nach L.A will, bewirbt sie sich als Stewardess, wird aber bem Assessment nicht genommen, weil bei den Rollenspielen, die Phantasie mit ihr durchgeht und sie dem Passagier dem schlecht ist, gleich die Notfallstropfen auf die Nase drückt, statt, wie es eine erfolgreichere Bewerberin tut, ihm einfach ein Glas Wasser anzubieten.

Jetzt sitzt aber Lucy im Flugzeug, dieses hebt noch nicht ab und sie gebraucht auch ihre Notfallstropfen, denn sie hat Flugangst und sie quasselt oder denkt sich durch das Buch. Ihre Fantasie, die sie zweifellos hat, geht mit ihr durch, so denkt sie einerseits,“Tief durchatmen!“, was ich meinen Panikpatienten auch raten würde, dann sieht sie sich schon in sämtlichen Turbulenzen und mit den Passagieren neben oder hinter ihr will sie auch anbandeln.

Allmählich bekommt man heraus, daß das Flugzeug gar nicht nach L.A. sondern nach Düsseldorf geht und, daß Lucy, die sich nach der Bewerbung, als Flugbegleiterin auch in eine private Schauspielschule begeben hat, aus der sie auch hinausfliegt, nachdem sie zuerst die Hauptrolle und dann die Nebenrolle, die sie bekommt, mit ihrer überbordenden Phantasie vermasselt hat, Turbulenzten mit diversen Männern und eine Schwangerschaft gibt es auch, in eine dieser Realityshows begeben hat, wo man, wenn man gewinnt, eine kleine Rolle in einem Film in Hollywood bekommt.

Lucy ist in der zweiten Runde, sieben der Aufgenommenen sind schon hiausgeflogen, die anderen sieben müssen nach Düsseldorf fliegen und das wird offenbar gedreht und Lucy spielt also eine Rolle, bekommt aber prompt einen Panikanafall und dann tritt noch eine Mia auf, von der mir nicht ganz klar ist, ob, das jetzt die Stewardess ist, die während der Bewerbung statt Lucy genommen wurde oder die Produktionsleiterin, die das ganze überwacht, die hat aber Lucy während des Aufnahmegespräches: „Du kannst mir Vertrauen!“, entlockt, daß sie nach dem Kellnern in einer Escortagentur gearbeitet hat, die hat das dann trotz Versprechen in die Zeitung gesetzt und als Lucy das erfährt, dreht sie endgültig durch.

„Verbissen klammert sie sich an ihre Traumwelt, bis sie die Realität vollkommen aus den Augen verliert!“, steht im Klappentext, was in der Realität der jungen Frau aus dem Wiener Gemeindebau, die ganz nach oben will, bedeutet, daß sie schon die roten Teppiche sieht, während in Wahrheit die Ambulanz anrückt und der Doktor mit der Spritze und der Zwangsjacke, was vielleicht nicht mehr gan2z der Realität von 2016 entspricht, sie aus dem Flugzeug holt.

Petra Piuk wird aber auf den Sets, der „Soap-Opern“ schon einiges von den Nöten der jungen Frauen gesehen haben, die ganz nach oben, nach Hollywood oder in die „Austra next Supermodels-Kreisen“ wollen und dafür sehr viel tun, sei es, daß sie sich auf eine Anorexie hinunterhungern, mit den wirklichen oder vermeintlichen Produktionsleitern ins Bett gehen, koksen, saufen spritzen und dann doch nicht nach oben kommen, denn der Weg dorthin ist ja sehr dünn und auf der Spitze ist nur wenig Platz und so habe ich jetzt ein sehr beklemmendes beindruckendes Buch gelesen, die ich ja auch so Träume habe und mit meine zweiundsechzig Jahren in der Realität, weder nach Klagenfurt noch auf eine Buchpreisliste kam und es trotzdem weiter versucht.

Denn man soll ja seine Träume leben, steht in den Ratgebern, wenn es einem das Gegenüber, die Filmfirmen, die Castingshows, aber auch die Verlage oder die Literaturagenturen,  so schwer machen, hat man es nicht leicht und man wird scheitern, wenn man von untern kommt, keine Beziehungen hat, sprich keinen Vater,  der Regisseur ist und einem die Einladung für die Premierenparty in die Hand drücken kann, wie Lucy meint und das auch ununderbrochen vor sich hindenkt.

Petra Piuk wird demnächst ihr Debut bei den O-Tönen vorstellen. Ich freue mich schon darauf.

2016-07-26

Zu Lasten der Briefträger

Jetzt kommt ein wahrer österreichischer Klassiker aus einem inzwischen klassischen und in dieser Form ebenfalls nicht mehr bestehenden „Residenz-Verlag“, nämlich das1974 erschienene „Zu Lasten der Briefträger“, die Litanei in bester „Bernhardscher“ oder vielleicht auch anderer Manier auf die Untugenden des sozialistischen bayrischen Nachkriegsstaates, geschrieben von dem sprachsinnigen, 1938 in Oberösterreich geborenen Philologen und Universitätsprofessor Alois Brandtstetter, der sein Deutsch aus dem FF versteht.

Ein wahrer Klassiker und schon der Titel und wahrscheinlich nur der, ist inzwischen in aller Munde und weil Alfreds Vater ja Briefträger war, hat er ihm, so geht die Mär, dieses Buch einmal zu Weihnachten geschenkt. Das, was ich jetzt gelesen habe, stammt allerdings aus Alfreds Bibliothek und ich kann das Buch 2016 wirklich allen nur empfehlen, die wissen wollen, was sich in den letzten vierzig Jahren bei uns und anderswo so alles verändert hat.

Es ist kein Roman, wie auch „Jung und Jung“ 1974 auf die Litanei hinaufdruckte, sondern ein Monolog, denn da erzählt einer, ein namenloser Ich-Erzähler, seinem Postmeister von den Zuständen in einem niederbayrischen Dorf.

Er erzählt ihm von den Taten, beziehungsweisen Untaten seiner drei Briefträger, dem Ferdinand Ürdinger, dem Karl Deuth und dem Franz Blumauer und da wird, ist Brandstetter ja ein wahrer Sprachvirtuose, alles durcheinandergewürfelt und kein Stein, beziehungsweise Brief auf dem anderen gelassen.

Denn die Postboten hatten schon in dem sozialistischen Wiederaufbauzeiten Rationalisierungsprobleme und eigentlich keine Zeit zum Zustellen, mußten sie die Post, die Karten und die Briefe zur Wahrung des Briefgeheimnisses doch vorher lesen und weil sich inzwischen ebenfalls die Zeiten geändert hatten, hatten sie dem Entziffern der Kurrenth- oder Süterlinschriften ihre Probleme oder würden sie bekommen, wenn keine der Briefträger diese Schriften mehr lesen würde können.

So mußten sie sich das Austragen einteilen und konnten nicht wegen jeder Drucksache gleich aufs Land hinauslaufen, sondern gewöhnten es sich an, die Post gleich gesammelt zu überbringen oder die Drucksorten, was Sache war und wie Brandtstetter listig nachweist, viel besser funktionierte und die Postboten so gleich zu Kanditaten eines Friedensnobelpreises machte, in den Flüßen vorher zu entsorgen.

Oder halt, das traf besonders für die Wahlwerbung zu, denn wozu böses Blut in die Dörfer bringen? Die Wahlwerbung wurden gar nicht erst zugestellt und so ein Volk, was wir uns in Österreich derzeit ja besonders zu Herzen nehmen können, gar nicht erst gegeneinander aufgehetzt.

Aber auch sonst war das Austragen der Briefe sehr beschwerlich, lagen ja mindestens sieben Wirtshäuser im Revier des Ferdinand Ürdinger, des heiligen Trinkers oder gleich vierzehn, wenn man den Rückweg einrechnet.

Und so saß er dann dort und traf sich mit seinem Kameraden, zu denen auch der Ortsgendarm Valentin Naderhirn  gehörte, zum Kartenspielen, aber vorhin las er ihnen die besten Stücke aus deiner Post vor, die Liebes- oder die Amtsbriefe und wenn sich dann ein Ortsunkundiger über die Verletzung des Amtsgeheimnis beschwerte und nach dem Gendarmen rief, war dieser gleich zu Amtshandeln an der Stelle, wobei er manchmal die Uniform verwechselte und den Querulanten aus dem Lokal verwies.

Mit den Paketen, die zu Weihnachten zugestellt werden sollten, wurdeähnlich verfahren, denn „Mit Packeln darst nicht fackeln!“, sagt Karl Deuth, der Philosoph und Senisible unter den Drein.

So wurden die, wo „Vorsicht Glas!“ draufstand, gleich probehalber und, um das zu überprüfen, denn es wird ja soviel geschummelt und übertrieben, vom Tisch geworfen und der Hausfrau konnte es dann leicht passieren, daß sie statt eines Porzellangeschirr von der Schwiegermutter, ein „Glockenspiel“, das heißt einen Scherbenhaufen zugestellt bekam, wobei Karl Deuth, der Feinsinnige, dann die schuld auf die Bahn und die besoffenen Bahnbeamten, die dort hantieren, zu schieben wußte.

Und so weiter und so fort, über zweihundert Seiten, wird geschimpft oder eigentlich nur erzählt, in feinster, schöner Sprachen mit vielen lateinischen Brocken, die Mißstände aufgezählt, die damals, 1974, sicher eine Farce und eine Übertreibung waren, aber in Zeiten, wie diesen, wo wir vor einer Wahlwiederholung stehen, weil da zu früh, zu spät oder mit nicht ordentlicher Besetzung höchstwahrscheinlich ohnehin richtig ausgezählt wurde oder man sich seine Pakete inzwischen nicht mehr von der Post, sondern vom nächsten Schneider oder „Kleintierprofi“ abholen kann, weil die Post inzwischen längst privatisiert wurde und ihre einstmals unkündbaren Beamten zu Hort- oder Heimerzieher umgeschult, beziehungsweise gleich in Frühpension geschickt hat, kann man sich darüber wundern, lachen, schmunzeln, ärgern, staunen, etcetera.

Aber auch über anderer wird hergezogen, über die Tierbeschau zum Beispiel. Da geht der Tierarzt mit dem Fleischhauer durch die Reihen der geschlachteten Rinder- und Schweinehälten, macht seine Nase zu und drückt seinen Unbedenklichkeitsstempel darauf und nachher bekommt er zum Lohn und zum Dank für seine Gefälligkeit ein schönes Fleischpaket.

Der Gemischtwarenhändler muß herhalten und die Bauverordnung und besonders wird über die Lehrer und das Schulwesen hergezogen.

Köstlich, das Kapitel über die Mengenlehre, wo er Erzähler dem Postmeister diese erklärt. Der Direktor, der früher Oberlehrer hieß und heute kein Instrumente mehr spielen kann, hat eine Menge von fünfzehn Lehrern mit einer Teilmenge von zehn weiblichen und fünf männlichen, wobei sich die weibliche Teilmenge, wieder in eine von schwangeren und karenzirten unterteilt und bei dieser oder der Hauptmenge gibt es nur mehr eine sehr kleine Menge, die was von Literatur, Musik, oder bildender Kunst versteht, so daß es zu einem wahren Lottogewinn wird, welche Schüber mit welchen Bildungsgrad, nachher die Schule verlassen und auf eine Lehrstelle warten.

Auch da kann man inzwischen, die wunderschönsten Vergleiche ziehen und in Seufzer oder auch Heulen ausbrechen, aber es geht noch weiter.

Über die Jagd wird hergezogen über die Krankenstandkontrolleure und den Baron, dem alles im Dorf  gehört, der eine Hühnerfarm und eine Bierfabrik hat, deshalb der Blasmusik gerne mal ein Krügerl spenden kann und den Sozialisten Deuth, der auch die Dorfchronik schreib, gleich einmal zum heimlichen oder wiederbelebten Monarchisten macht.

Und beben dem Alkoholiker Ürdinger, dem Philosophen Deuth, haben wir  noch den Frauenhelden Blüminger, der seinen Dienst mit der Posttasche und der schönen Uniform so versteht, daß er allen einsamen Witwen und  Hausfrauen, die schönsten Komplimente macht und er deshalb seinen Dienst am liebsten auch am Sonntag ausführen würde, aber da sind ja die Handelsvertreter und Fabriksarbeiter, also die Gatten der einsamen Damen, zu Haus.

Und so weiter und so fort und köstlich grausig übertrieben. Spitzbübisch von dem Philologen, der auf dem Bild am Klappentext gar nicht mehr zu erkennen ist, erzählt.

Inzwischen sieht, der emeritierte Universitätsprofessor ganz anders aus und hat auch schon eine Fortsetzung seiner Briefträger geschrieben.

Inzwischen sind die Herren Ürdinger, Blumauer und Deuth, in dem 2011, beim neuen „Residenz-Verlag“ erschienenen „Zur Entlastung der Briefträger“ längst in Pension und sitzen im Gasthaus, um über die vergangenen  und vielleicht auch neuen Seiten zu räsonieren.

Da war ich zu Zeiten der „Leipziger Buchmesse“ bei einer Lesung in der „Gesellschaft der Literatur“ und das 2013 erschienene „Kummer ade“ habe ich auch gelesen.

Im Vorjahr erschien dann „Aluigis Abbild“, das habe ich leider nicht mehr bekommen, aber im Sinne meines Buchpreislesens höchstwahrscheinlich keine Zeit dazu gehabt oder doch vielleicht, denn Brandtstetter zu lesen, lohnt sich, wie dieser „Oldie“ zeigt besonders, weil man in dem feinsinnigen Sprachgeschimpfe gut erkennt, wie sich die Zeiten geändert haben und besser sind sie, wie ich fürchte, auf keinen Fall geworden, obwohl ich mir eigentlich nicht vorstellen kann, daß Alfreds Vater dieses Buch gefallen hat.

Wahrscheinlich hat er es aber, der, wenn er mit seinem Moped und seiner Uniform zu seiner Arbeit fuhr, auch schon mal einen toten Hasen auf der Straße fand, gar nicht gelesen, würde ich vermuten und bedaure sehr, daß ich mir solange Zeit dazugelassen habe.

2016-07-25

Das zweite Lesehalbjahr

Jetzt kommt wieder eine Glosse, beziehungsweise das Eingestehen einer Schwäche oder Stärke, man kann das ja drehen und wenden, wie man will und möchte, denn wenn man neugierig ist und irgendwie ganz heimlich oder auch schon ziemlich offen, den Anspruch hat, möglichst alle Bücher zu lesen und gleichzeitig auch seine Bücherbeschränkungspläne und seine Leselistenpläne irgendwie auch einhalten will, muß man zwangsläufig scheitern, das geht gar nicht anders.

Ist das ja, wie die Quadratur des Kreises oder irgendwie auch anders, denn Lesen ist ja schön und eigentlich ist es auch herrlich, daß es so viele Bücher gibt und so viele Leute schreiben und das tue ich ja auch und habe gerade mit dem Alfred das „Dummie“ der „Nika, Weihnachtsfrau“ bestellt. Das wird nächste Woche kommen und mit den „Berührungen“ hoffe ich derzeit ja auch bald fertig zu werden, damit ich mit meinem Sommerbuch „Claire Klara Clarissa“, vielleicht doch noch vor dem „Nanowrimo“ anfangen kann.

Über meine Lesepläne oder den Badezimmerstapel, den ich vor ein paar Wochen zur Seite geräumt habe und mir ausgerechnet habe, welche Bücher davon ich heuer wahrscheinlich, doch nicht mehr lesen will, habe ich ja schon geschrieben und auch gedacht, es dabei zu lassen, beziehungsweise bin ich in meine heurigen Sommerfrischenwochenende gestartet und habe da ja ein paar ganz alte DDR-Bücher überm Bett liegen, den „Tod des Vergil“, eigentlich kein Sommerbuch oder doch vielleicht, wenn ich da sehe, daß die Kritiker und Feuilletonisten zum Lesen der „Odyssee“ als Sommerkeltüre, statt Hennig Mankell oder einem Ostfriesenkrimi raten und in Wien lockt ja die Vicki Baum, aber bevor ich zu ihr komme, muß ich noch Ruth Schweikerts „Ohio“lesen, da ich mit Richard Wagners „Habseligkeiten“ jetzt fertig geworden bin.

Dann lese ich aber auch immer gerne Blogs oder schaue die Vlog-genannten Videos und da gibt es ja Sophie Palme und die präsentierte vor kurzem ihr letztes Lesehalbjahr, was mich dazu anregte, auch über mein noch vor mir liegendes nachzudenken, beziehungsweise nachzudenken, wieviele Bücher ich von meiner langen Leseliste bis jetzt geschafft habe?

Jetzt ist der Juli schon ziemlich fortgeschritten, habe aber bis jetzt sechsundsiebzig Bücher gelesen und wenn ich das verdoppele, werden es wahrscheinlich hundertvierzig bis hundertfünfzig werden.

Also weniger, wie bisher, das habe ich schon geschrieben, daß ich seltsamerweise langsamer werde und ab August bezüglich der deutschen und der österreichischen Buchpreisliste bezüglich meiner Leseliste wahrscheinlich nicht mehr wirklich weiterkommen werde.

Also endlich die Vicki Baum lesen und dann die Schmankerln, die ich eigentlich unbedingt schaffen,möchte, dazu gehört ja der Franzobel, den ich auf der vorletzten Buch-Wien gewonnen habe, den Richard Schuberth, der seltsamerweise bei den O-Tönen als Debut präsentiert wird, obwohl es, glaube ich, nicht sein erstes Buch ist und auch schon im letzten Jahr erschienen ist.

„Licht im August“, sollte ich eigentlich lesen, Martina Wieds „Rauch über St. Florian“ sollte ich als Sommerbuch lesen und dann noch Arno Geigers „Uns geht es gut“, Erich Landgrebes „Adam geht durch die Stadt“, Jürgen Benvenutis „Kolibri“ Carla Federicos „Im Land der Feuerblume“, Sabine Grubers „Stillbach oder die Sehnsucht“, Amarylis Sommerers „Krimis“ und und und, denn darauf habe ich mich, als ich die Bücher gefunden oder aus den Abverkaufskisten gezogen habe, ja sehr gefreut.

Aber die Buchproduktion schläft nicht und wenn man, wie ich regelmäßig zu Lesungen geht, wächst die Neugier und so habe ich, nach dem es bei den O-Tönen jetzt ja so eine Reihe gibt, einige Debut angefragt, Susanne Mewes Roman, die letzte Wartholz Gewinnerin, interessiert mich natürlich und ich bekomme auch manchmal Anfragen von Verlagen und Agenturen, wo ich eigentlich angesichts meiner überlangen Leseliste „Nein!“, sagen sollte und es doch nicht tue.

Denn eigentlich, glaube ich, möchte ich ja alles lesen und es ist auch eigentlich egal ob ich mit dem Alten oder Neuen anfange oder eigentlich denke ich und hat sich auch bestätigt, die Mischung machts und so habe ich von Bernhard Kellermann, einem eigentlich zimelich vergessenen DDR-Autor „Die Stadt Anatol“ hervorgeholt, habe Elfriede Vavriks „Nackbadestrand“ gelesen, als jemand im „Literaturcafe“, nach Literatur für oder von Alten fragte und der Sexbericht einer neunundsiebzigjährigen alten Dame ist eigentlich sehr interessant, auch, wenn ich bei allem nicht glaube, daß es so ist oder es bei mir anders vorstellen könnte.

Also werden es in den nächsten fünfeinhalb Monaten sicher wieder viele neue Bücher werden und neue Versuchungen kommen und eigentlich schön, wenn man so einfach anfragen und sich durch die Bücherlisten lesen oder im Schrank auch einmal einen „Inselkrimi“, Paulus Hochgatterer „Die Süße des Lebens“, den Bestseller aus 2007 oder einen alten Jan Peter Bremer finde.

Ich weiß, sein Bachmannpreis hat mir nicht so besonders gefallen, aber vielleicht mache ich beim „Palast im Koffer“ eine Überraschung und ansonsten bin ich schon sehr neugierig, was in einem Monat auf dieser Liste stehen wird. Diesmal werde ich alles anfragen und nur lesen was kommt, die Hälfte würde ich einmal vermuten, aber dann gibt es ja noch soviele andere Neuerscheinungen und Lyrik, sollte ich  auch noch lesen und Dietmar Füssel hat mir gerade gemailt, daß er mir die Neuauflage eines seiner früheren Büchern  schicken wird.

Also wird es die Mischung machen und ich werde wohl noch einige Bücher auf meine übervolle Leseliste schreiben und dann im Dezember ein paar, die ich auch gern gelesen hätte, wieder hinunternehmen.

Aber wenn ich auch nur sehr zögernd zu meinem Vicki Baum Schwerpunkt komme, der Stefan Zweig Schwerpunkt war ja nicht eingeplant und auch sehr wichtig und die Buchdebuts sind spannend, aber auch das, was die vielleicht unbekannteren Autoren in den österreichischen und deutschen Kleinverlagen und natürlich auch die Selfpublisher schreiben, denn das finde ich auch sehr interessant.

2016-07-24

Habseligkeiten

Filed under: Bücher — jancak @ 01:29
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Jetzt kommt wieder ein Buch, das vor zwei oder drei Jahren nach dem klinischen Mittag in der kleinen schäbigen Buchhandlung in der Lerchenfelderstraße aus einer der Abverkaufskisten zog.

Richard Wagners „Habseligkeiten“2004 bei „Aufbau“ erschienen und von dem 1952 im Banat geborenen, der dort als Deutschlehrer und Journalist tätig war und 1987 nach Berlin übersiedelte, habe ich, glaube ich, schon „Ausreiseantrag“ gelesen.

Er hätte auch 2009 bei der „Literatur im Herbst“ lesen sollen, ist aber nicht gekommen und das Buch schildert etwas höchstwahrscheinlich Autobiografisches, obwohl der Ich-erzähler laut Klappentext Werner Zillich heißt.

Der ist nach dem Tod seines Vaters auf Besuch bei der Mutter im Dorf. Die trägt ihm die guten heimischen Tomaten auf, Kaffee und Tee und fragt ihn alle paar Minuten, ob er nicht noch bleiben will?

Denn lebend wird sie den inzwischen in Deutschland lebenden Sohn wohl nicht mehr sehen. Der muß aber zurück, mit dem Auto über Ungarn und Budapest und überdenkt auf der langen Fahrt, die Geschichte seiner Familie.

Die Großeltern Johann und Katharina sind zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts nach Amerika ausgewandert. Die Tochter Theresia haben sie dabei bei den Großeltern zurückgelassen. Weil John, wie er inzwischen heißt, angeblich einen Mann aus dem Fenster schmiß, kommen sie neun Jahre später wieder zurück und der erste Weltkrieg kommt auch.

Theresia redet nichts mehr mit der Mutter, verheiratet sich mit einem Bastian, bekommt drei Kinder, Lizzy, die Mutter des Erzählers, Paul und Franz, die im nächsten Krieg nach Deutschland gehen und mit Totenköpfen an der Uniform auf Heimaturaub kommen, beziehungsweise ihr weiteres Leben nach dem Krieg in Brasilien verbringen.

Im zweiten Kapitel macht der Erzähler dann in Budapest in einem Hotel Station, nimmt sich zwei Mädchen mit aufs Zimmer, betrinkt sich mit ihren und soll dann eine mit dem Auto nach Wien fahren, wo die Mutter während der Kriegszeit lebte, während er in Budapest einen Onkel hatte, einen Großvater in Wien und  die Mutter ist nach dem Krieg wieder zurück in den Banat gekommen.

Mit  Clara, fährt er nach Wien und steigt dort in einem Hotel in der Nähe des Westbahnhofs an, während sie sich  in einem „Table-Dance-Loka“ verdingt, liegt er im Bett und denkt über seinen Vater Karl nach. Der war Müller, wurde von den Kommunisten enteignet,  vorher war er im Krieg bei der rumänischen Volksarmee und wurde dann fünf Jahre von den Russen zur Zwangsarbeit deponiert, was sehr lang und genau beschrieben wird.

Dann kehrte er zurück und Werner wurde in den Fünfzigerjahren, als schon die Kommunisten herrschten geboren, die Mutter gab, weil ja alles verstaatlicht wurde, ihre Schneiderei auf und arbeitete fortan schwarz, hinter versclossenen Türen für die Frauen im Dorf gegen Liebesromane, die sie gerne las.

Werner Zillich ging als einziger aufs Gymnasium, wurde Bauingenieur in Temeswar und heiratete wegen der „Zuteilung“, das heißt verheiratete Studenten bekamen eine Stelle in der Nähe, während die anderen übers Land verschickt wurden, Monika, eine Germnistikstudentin, die er schon von der Schule kannte.

Ihre Eltern hatten schon einen Ausreiseantrag erstellt, so hat er diesen gleich „miterheiratete“ und wanderte dann mit ihr und der Tochter Melanie in den Achtzigerjahren nach Deutschland aus. Die Ehe scheiterte, wegen eines Seitensprungs, es kam zu einem Rosenkrieg und vielen Psychologen, die die Tochter untersuchten und dem Vater ein Besuchsverbot erteilten. Die Tochter verweigerte lang den Kontakt, jetzt ist sie aber schon erwachsen und studiert in Ulm, wofür der Vater bezahlen mu0ß.

So traut er sich einen Anruf und fährt von Wien über Ulm zurück, wo er die Tochter in einem Lokal trifft und es zu einer Aussprache zwischen den beiden kommt.

Im vierten Teil geht es dann nach Sandhofen anf die Baustelle, wo er Bauleiter ist und es Probleme gibt. Es ist nicht alles so in Ordnung und läuft ein bißchen korrupt. Dennoch muß er unterschreiben und den Architekten, seinen rivalen, den jetzigen Mann seiner Geliebten, mit der er Monika betrogen hat und die in der Firma Sekretärin ist, schmeißt er fast aus dem Fenster. Die Ungarn, die er in Budapest kennenlerne und die Clara zu ihm bringen, retten ihn, sie steigen auch in die Firma ein, machen ihm zum Aufseher. Er heiratet Clara, besucht mit ihr und Melanie die Mutter und am Schluß machen sie Urlaub auf den Seychellen und er liest ihnen einen Brief von seinem Vater, den in der Süterlinhandschrift vor.

Ein märchenhafter Schluß, habe ich irgendwo gelesen. Am Buchrücken steht „Dieser Roman steht in der Erzähltradition, die Christa Wolf, Johannes Bobrowski und Uwe Johnsen begründet haben.“

Richard Wagner, der inzwischen an Parkinson erkrankt ist, hat 20115 das Buch „Herr Parkinson“ herausgegeben, das wahrscheinlich von einer anderen Realität und Wirklichkeit des Autors handeln wird.

2016-07-23

Unverständlich schreiben

Filed under: Glosse — jancak @ 01:54
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Ich blogge hier ja meistens ziemlich unbemerkt dahin, bekomme durchschnttlich in der Woche einen Kommentar und meinen „Gefällt-mir-Stammliker“ habe ich jetzt auch verloren, so daß ich mich  manchmal ein bißchen einsam fühle, aber einige Kommentare,  neben den aufmunternden, die es auch gibt, wie, daß es, das ziemlich schlechteste von allen Schlechten ist, was ich hier verfaße, daß ich desinteressiert und uninteressant schreibe, viele Fehler mache, noch immer, daß mit scharfen ß schreibe und nicht zu verstehen bin, habe ich schon bekommen.

Nicht sehr oft, in den letzten acht Jahren, die ich blogge, gerade ein oder zwei Handvoll solcher Meldungen würde ich mal schätzen und zwei Damen, die mich ein bißchen provozieren oder aufziehen wollten, habe ich auch gehabt, was mich  immer etwas irritiert und ich nachträglich, wie ich bin, auch immer und immer wieder, vielleicht damit es nicht vergeßen wird, erwähne und nach Anerkennung jage ich auch,  bin ein wenig frustriert, daß ich sie nicht bekomme und ich die Handvoll regelmäßiger Kommentierer, die ich im ersten Jahr hatte, verloren habe. Derzeit kommentiert nur Manfred Lagler-Regall ziemlich regelmäßig und die liebe Ruth schickt mir  gelegentlich Kommetare.

Ansonsten herrscht hier das große Sommerloch, was  es in der Politik mit der wiederholt werden müssenden Präsidentenwahl, dem Türkeiputsch, den Anschlägen in Frankreich, eterera, derzeit nicht gibt.

In den letzten Tagen habe ich aber einen regen Mailwechsel mit einem Kritiker geführt, der mich wieder einmal darauf aufmerksam machte, daß ich „Schlechtes, unverständliches Zeug!“, schreibe und meinte, daß meine Erfolglosigkeit daher komme, daß ich nicht schreiben könne und ich daher nie und nimmer  einen Verlag finden werde und ich alle diesbezüglichen Hoffnungen und, die nach Preisen und Anerkennung, füge ich hinzu, getrost aufgeben kann!

„Kann es sein, daß Sie zwar schreiben wollen, es aber schlicht und einfach nicht können?“, hat er mich gefragt und ich habe pflichtgemäß geantwortet „Mag sein!“, da ich  solche Kritiken öfter bekomme. Andererseits schreibe ich dafür dann eigentlich wieder zu viel und auch zu lang.

Denn ich habe das Schreiben nicht,  wie die meisten in der Schule gelernt, sondern bin schon mit diesen Kenntnissen in die erste Klasse gekommen, weil, als meine Mutter ein Jahr früher, ich bin ein Novemberkind, mit mir zur Anmeldung ging, haben die mich dort wegen Sprachfehler nicht genommen, sondern wollten mich in eine Sonderschule für Sprachverzögerungen schicken.

„Mein Kind kommt in keine Sonderschule!“, hat  meine Mutter geantwortet und ist mit mir ein Jahr lang zu einem Logopäden gegangen, der mir offensichtlich nicht nur das fehlende „R“  und „S“ oder, was immer damals nicht stimmte, sondern auch das Lesen und das Schreiben beibrachte und, ich glaube, ich habe schon in der Volkschule in meiner Freizeit Aufsätze geschrieben, die ich dann mit Stolz meiner Lehrerin zeigte und in der Hauptschule ein Krippenspiel.

In der Straßergasse habe ich zwar die Frau Professor Friedl mit meiner fehlerhaften Rechtschreibung, denn die war mir damals sehr egal, geplagt, aber, daß ich später schreiben und Psychologie studieren will, habe ich schon zwei Jahre vor meiner Matura gewußt und das habe ich auch ausgeführt, nur leider nicht oder weil ich vielleicht zu fehlerhaft und unverständlich schreibe, den literarischen Erfolg, der mir, wie, meine Leser wissen, sehr wichtig ist, gehabt.

Daß ich „unverständliches Zeug“ schreibe, würde ich eigentlich nicht glauben, obwohl ich schon solche Rückmeldungen bekommen habe, ich bin eher, hätte ich gedacht, zu einfach, zu wenig abgehoben, zu realistisch, etcetera.

Nun gut, ich habe also 1973 mit dem literarischen Schreiben angefangen, die erste Erzählung vollendet, bin dann prompt in eine Krise geraten, denn untertags studieren und am Abend und in den Ferien ohne Rückmeldungen schreiben, Schreibschulen hat es damals nicht gegeben und Kontakt zur Szene hatte ich ebenfalls nicht, war nicht so einfach.

1976 oder 1977 habe ich dann  eine Geschichte „Die Einladung zum Tee“ verfaßt, mit der ich wieder zufrieden war und sie dem Gerhard K. und der Monika Jensen gezeigt, die beide gefühlte Stunden darauf herumdozierten, wie schlecht der Text nicht sei!

Die Monika hat mich  aber trotzdem in den „Arbeitskreis schreibender Frauen“ gebracht, wo ich in Kontakt mit Marie Therese Kerschbaumer, El Awadalla, Elfriede Haslehner, Hilde Langthaler, Christa Stippinger, Erika und Bärbl Danneberg etcetera kam, gebracht.

1986 habe ich um Aufnahme in  die GAV, dem größten österreichischen Autorenverein angesucht, 1987 haben sie mich genommen.

1980 habe ich, glaube ich, mit „Güler will kein Kopftuch mehr“, den Preis für ein nicht geschlechtspezifisches Kinderbuch gewonnen, das dann auch 1982 den „Kinderbuchpreis der Stadt Wien“ bekam und bei „Jugend und Volk“ verlegt wurde.

Den „Körner Preis habe ich bekommen und ich habe angefangen meine Texte herumzuschicken, sowie die Verlage, wie ich meinen würde, mehr oder weniger patschert, angeschrieben.

Zweiundvierzig, glaube ich, bei den „Hierarchien“, das war Ende der Achtziger-Anfang der Neunzigerjahre, dann habe ich schon damals beim Hofrat Unger, der damals dafür zuständig war, um einen Druckkostenzuschuß angesucht, um es selber zu machen, das aber auch Jack Unterweger von der „Edition Wortbrücke“ geschrieben, der es dann herausbrachte.

Weitergeschrieben, ein paar Texte in Literaturzeitschriften und Anthologien, Verlag keinen mehr gefunden, bis ich es  ab 2000 selber machte und jetzt schon an die vierzig selbstgemachte Bücher, die ich mir zu je fünfzig Stück beim „Digitaldruck.at“, früher in anderen Druckereien drucken lasse.

Etwas, was früher eher unmöglich war, dann kam aber das „Book on Demand“ und das Selfpublishverfahren und jetzt machen es sehr viele selber, wenn sie dann auch ihre Bücher eher bei „Amazon“ einstellen.

Der Stein des Anstoßes zu dem Mail, daß ich nicht schreiben kann, war auch mein Kommentar im „Literaturcafe“, bezüglich der Debatte, daß die Raubkopierer, den Selfpublishern sehr schaden würden, etwas, das ich nicht so kritisch, sondern eher lockerer sehe, weil ich mir eigentlich  nicht  vorstellen kann, daß die Selfpublischer wirklich so viel verdienen und ihre Bücher so oft gelesen werden, daß die Raubkopierer sie um vierstellige Eurobeträge brächten.

Das habe ich kommentiert, sehr schnell,  mit vielen Kommafehlern und sehr unverständlich offenbar, wie der Kritiker meinte, der in seinem Mail einige Blogartikel von mir, in denen ich, wie ich sehr gern tue, über mein erfolgloses Schreiben jammerte, verlinkte und mich darauf hinwies, wie man sie besser und verständlicher schreiben kann.

Er würde, hat er noch geschrieben, meine Kommentare gern im Literaturcafe lesen, weil ihm meine Fehler, das „Gruseln“ beibringen, so wie man als Kind verbotenerweise Horrorfilme sieht und die Hand dann vor Entsetzen vor die Augen legt, es aber dennoch nicht lassen kann!

Ein starker Tabak und  sicherlich sehr kränkend, denn ich will ja, wie die meisten Aufmerksamkeit und Erfolg, bemühe ich sosehr und dann höre ich immer wieder oder doch gelegentlich, daß ich nicht schreiben kann!

Ich werde offenbar damit leben müßen und bin auch schon dabei das zu tun!

Meine vierzig selbstgemachten Bücher sind ja solche Selbsthilfereaktionen und auch mein inzwischen schon über achtjähriges Bloggen, denn da schreibe ich  jeden Tag über die Bücher die ich lese, die Veranstaltungen, die ich besuche und ich gehe  wahrscheinlich auch schon über vierzig Jahre mehrmals in der Woche zu Literaturveranstaltungen und natürlich auch über mein Schreiben und noch vieles andere.

Da bin ich inzwischen auch sehr selbstbewußt und habe wahrscheinlich wirklich das Gefühl, ich kenne mich gut aus, was den anderen, wenn das dann noch mit ein paar Fehlern garniert wird, höchstwahrscheinlich auf die Nerven geht und zu Kommentaren, wie die oben zitierten führt!

Trotzdem frage ich mich immer noch, warum man eigentlich  fehlerlos schreiben muß, bevor man bloggen, kommentieren, veröffentlichen, etcetera, darf?

In Zeiten, wie diesen darf oder kann das jeder und kann  auch mit Rechtschreibfehlern seine Bücher publizieren (ein Lektorat ist natürlich zu empfehlen) oder bloggen und da kann man natürlich geteilter Meinung sein und ich bin das, ganz ehrlich, auch.

Denn auf der einen Seite bin ich immer noch der Meinung, wie damals, als ich in die Straßergasse ging und, die Frau Professor Friedl ins Schwitzen brachte, weil sie mir wegen meiner Rechtschreibfehler nur ein „Sehr gut minus“ geben konnte und ich mir dachte „Was hat sie nur, das ist doch in Ordnung?“

Auf der anderen Seite, habe ich dann doch einen Perfektionismus, der mich dazu bringt, daß ich, so wie gerade jetzt, bei den „Berührungen“ meine Texte Wochen und Montate lang korrigiere, damit sie endlich fehlerlos werden und ich  die gewünschte Anerkunng bekomme, was dann doch nicht klappt.

Und ich denke auch, man sollte sich bemühen, fehlerfrei und verständlich zu schreiben, verstehe  aber nicht wirklich, warum ich „daß“ jetzt mit zwei „ss“ schreiben soll, wenn ich es doch in der Schule so lernte? Und so tue ich es auch nicht.

Ich bin auch ein wenig schlampert und wahrscheinlich auch ein bißerl legastehen, wie ich immer schreibe, eine umtrainierte „Linke“ halt, wie man das damals vor fünfundfünfzig Jahren, als ich in die Schule kam, so machte und das mißfällt meinen Lesern und weil man ja im Internet offen und ehrlich sein darf, kommen dann Kommentare und Mails, wie oben und werfen mich zurück, beziehungsweise, denke ich, inzwischen, ich muß  lernen damit zu leben und habe auch mit meinem Kritiker, der sich sehr bemühte, mir zu zeigen, wie ich verständlicher schreibe und mir den Rat gab, viel zu lesen, eifrig kommentiert.

Aber ich lese ja sehr viel und da manchmal auch ebenfalls Unverständliches, was dann die Bücherblogger reizt und  das auch  regelmßig auf die deutsche Buchpreisliste kommt.

Es ist vielleicht auch ein bißchen verwirrend, daß die Romane, die bei den Literaturwissenschaftlern, den höchsten Wert haben, wie die von Proust, James Joyce, Arno Schmidt, zum Beispiel, als eher unverständlich gelten und von den wenigsten gelesen werden, obwohl man in den Literaturseminaren davon lernt und seine Diplom- oder Bachelorarbeiten, wie das jetzt heißt, darüber schreibt.

Ich vergleiche mich natürlich nicht mit Arno Schmidt und habe ihn, als ich ihn gelesen habe, auch nicht verstanden und mich dafür entschieden, mich jetzt kein Jahr damit zu beschäftigen, sondern,  das Buch nur zu überfliegen und das in meinen Blog auch so zu berichten und auch das Leseverhalten ändert sich.

Es können immer weniger Leute lesen. Die Schulen werden inzwischen von vierzig Prozent sekundären Analphabeten verlassen, so daß es inzwischen  „Leichter  Lesen-Bemühungen“ gibt.

Dazu kommen dann auch die Migranten und die Flüchtlinge, die unser Sprachverhalten verändern werden und das war heuer auch beim „Bachmannpreis“ besonders ersichtlich, daß da zwei Autoren gelesen haben, die nicht in das übliche „Literatururinstitutsniveau“, passten, nämlich die Facebookautorin Stefanie Sargnagel und der Israeli Tomer Gardi, der wenn ich es richtig vertanden habe, nur gebrochen Deutsch spricht.

So heißt jedenfalls der Roman, der bei „Droschl“ erscheint oder schon erschienen ist und der Text, den er las, war in dieser gebrochenen Sprache, die inzwischen viele Migranten zumindest am Anfang, haben werden und die werden dann, wenn sie beispielsweise kommentieren, das vielleicht auch fehlerhaft tun und ich bin ja eine, die sich wünscht, daß alle schreiben sollen, so gut, wie sie es können und sich  diesbezüglich Toleranz und Offenheit wünscht!

So verstehe ich eigentlich nicht, daß man keine Rechtschreibfehler haben darf oder dann nichts mehr veröffentlichen und kommentieren sollte, weil dann  sehr viel verloren geht und ich eigentlich schon glaube, daß der Weg das Ziel ist.

Wie es auch beim “ Ohrenschmaus“, dem Literaturpreis für „Menschen mit Lernschwierigkeiten“, so gang und gebe ist, daß da  keine Rechtschreibfehler zählen und der wird  heuer ganz prominent im Rahmen der „Buch Wien“ vergeben und nicht, wie bisher, Anfang Dezember am „Tag der Behinderung“ und da wünschten sich die Intitatoren schon vom Anfang an, daß die Autoren auch beim „Bachmannpreis“ lesen dürfen.

Sie werden es wahrscheinlich nicht können, weil die meisten Texte keine Länge von zwanzig Minuten haben und die meisten Autoren auch nicht selber lesen, was man da ja tun muß.

Es ist aber, habe ich,  heuer in Klagenfurt gehört, das einzige Kriterium dort auftreten zu können, ein Text in deutscher Sprache, der nicht einmal gut sein muß.

Das hat Klaus Kastberger, so verlautet, der Tomer Gardi  eingeladen hat und er hat es sicherlich nur getan, weil er der Meinung war, daß der Text gut ist.

Das wirft uns aber, denke ich, an die Ausgangslage zurück, daß sehr viele Leute schreiben wollen, es auch irgendwie können, aber nur vierzehn beim „Bachmannpreis“ lesen düfen und daher auch sehr ausgewählt werden. Die Literaturinstitute suchen aus, die Verlage tun es und „Die Lektoren würden stöhnen oder zu lesen aufhören, wenn sie meine Texte sehen!“, hat mein Kritiker gemeint.

Mag sein, ich habe ja außer bei den zwei Fachbüchern, keinen ẃirklichen Verlag gefunden, schreibe aber schon seit über vierzig Jahre, habe inzwischen über vierzig Bücher selber publiziert, die der Alfred lektoriert und die ich selber monatelang auf Fehler überprüfe, obwohl ich das eigentlich nicht will und inzwischen gibt es auch für die übergebliebenen anderen bei „Amazon“ die Möglichkeit zu publizieren, was wie ich  immer höre,  ein großer Erfolg sein soll.

Weil ich sehr viel und auch über den Tellerrand lese, habe ich auch solche Bücher gelesen und bin eigentlich beim Lesen nicht sehr anspruchsvoll, sondern eher tolerant und so verstehe ich auch das meiste, außer Arno Schmid und Richard Obermayr, könnte ich jetzt frech einwerfen, aber das ist eine andere Liga und so schreibe und blogge ich auch weiter.

Nerve, wie ich fürchte, meine Leser machmal mit meinen ewigen Jammern, daß ich es nicht und nicht in den Literaturbetrieb schaffe, die sich dann vielleicht damit rächen, daß sie „Was wollen Sie, gute Frau, könnte es nicht daran liegen, daß sie einfach schlecht und unverständlich schreiben?“, ausrufen.

„Vielleicht!“, muß ich dann wohl antworten.

Aber ich bemühe mich doch sehr, habe schon sehr viel geschrieben und gelesen und denke auch, daß man das, was man gern und viel tut, irgendwie kann!

Werde mich aber, ich verspreche es, bemühen, bei meinen Kommentaren aufzupassen und sorgfältiger zu sein.

Und meine Blogartikel korrigiere ich auch immer wieder, obwohl es natürlich vorkommt, daß ich Fehler übersehe und die sollten nicht sein, das stimmt schon. Aber der Weg ist das Ziel und vielleicht ist das, was eine, die so lang und so unermüdlich schreibt, doch nicht so uninteressant?

Und so werde ich wahrscheinlich weiter für mein „Recht zu schreiben“, kämpfen und würde mir auch Anerkennung, Geduld und Verständnis meiner Leser wünschen, aber das ist wohl in Zeiten, wie diesen, wo immer mehr Leute schreiben und immer weniger lesen, vielleicht wirklich ein bisserl naiv!

2016-07-22

Nacktbadestrand

Filed under: Bücher — jancak @ 00:50
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Elfriede Vavriks „Nacktbadestrand“ habe ich, glaube ich, vor cirka zwei Jahren in der Telefonzelle bei der „Seedose“ gefunden. Es ist das Buch, das ein Cover, wie die Bücher von Charlotte Roche hat, es ist damals auch durch die Blogs gegangen, 2011 oder so von einer 1929 geborenen ehemaligen Buchhändlerin geschrieben, die nach, wie sie erklärt, vierzigjähriger Abstintenz über ihren Sex berichtet und das dadurch zum „Spiegel-Bestseller“ wurde. Diese Plakette klebt jedenfalls auf meinen Buch.

Sex im Alter ist ja, glaube ich, auch ein sehr interessantes Thema, eines über das man nicht viel weiß, nicht viel geredet, geschwiegen, etcetera, wird.

Es war, glaube ich, in den Siebzigerjahren und in der Zeitschrift „Emma“, daß da eine ältere Frau von dem Sex, den sie mit einem Herrn, der wie sie im gleichen Seniorenheim lebte, in einer Telefonzelle hatte, denn innerhalb des Heimes durfte man nicht, berichtete.

Ich war  damals sehr jung und mit der viel älteren Hansi Berger befreundet, die ich im „Klub der logischen Denker“ kennenlernte und die mir von einem Buch berichtete, daß dieses Thema behandelte. Den Titel habe ich vergessen, die Autorin wark glaube ichk Renate Daimler und als ich wieder Jahre später bei der „Kommunikation“ im Pflegehelferunterricht mit den Schülern dieses Thema besprach, hatte ich den Eindruck, sie wären der Meinung, das würde es nicht geben.

Es gibt es sicher und es wird wahrscheinlich noch immer nicht darüber geredet, manchmal aber darüber geschrieben. Elfriede Vavrik hat es getan und, als ich das Buch Natascha Wodin in der „Alten Schmiede“ einmal empfahl, rümpfte sie die Nase, ja richtig, ganz literarisch ist dieses „Memoir“ oder Sexbericht, Roman ist es ja, glaube ich keiner, nicht, aber interessant, wenn ich auch nicht ganz sicher bin, ob alles stimmt und stimmen kann.

Da ist also die ehemalige Buchhändlerin, sie ist neunundsiebzig, geschieden, hat drei Söhne und ihr Geschäft aufgegeben und kann in der Nacht nicht schlafen.

Deshalb geht sie zum Arzt, der verschreibt ihr, vielleicht auch nicht so ganz wahrscheinlich, kein Valium und kein Temester, sondern gibt ihr den Rat eine Kontaktanzeige aufzugeben.

Ja richtig, sie hat sich vorher mit einem Schaufelgriff befriedigt und vierzig Jahre keinen Sex gehabt. Jetzt erwacht aber die Lust und Männer kommen, meist jüngere, mit Älteren will sie nicht und, als sie es doch einmal versucht, scheitert das Experiment.

Es melden sich auf ihre Inserate hunderte Männer, da wäre ich auch ein wenig skeptisch und auch bezüglich der Hypothese, daß sehr viele Männer Sex mit älteren Frauen wollen.

Glaub ich eigentlich nicht so wirklich. Es gibt jedenfalls mehrere Dates, die Elfriede Vavrik genau beschreibt, mit einem Mörder mit dem sie Weihnachten verbringt, mit einem „Grafen“, der für sie Kontaktanzeigen aufgibt und sie bittet sich eine Woche lang nicht zu waschen, weil er sie gerne ablecken will, da wird es dann geschmacklos oder „pornographisch“ und auffällig ist auch, daß sie keine Bindung, sondern Sex haben will, so daß sie schließlich eine Beziehung zu fünf Männer hat, die sie regelmäßig besuchen.

Es gibt auch immer Rückblicke in ihr Leben, mit ihrer Mutter hat sie sich nicht sehr gut verstanden, die hat ihr eine hinuntergeknallt, als sie sich einmal, mit Siebzehn oder so, vor der Haustür mit einem Freund verplauderte. Von diesem jungen Mann gibt es noch ein Gedicht, das ich sehr schön fand. Dann besuchte sie eine  Erzieherinnenschule. Der erste Mann war kein guter Liebhaber, der zweite Alkoholiker, dann vierzig Jahre Abstinenz und plötzlich die große Lust.

Es wäre den Frauen eigentlich zu wünschen locker mit ihrer Sexualität umzugehen, dann braucht man vielleicht auch keine erotischen Bestseller. Es gibt aber zwischen den neununzwanzig Kapiteln, einige erotische Geschichte, eine heißt „Schneewittchen“, die die Autorin offenbar auf Vermittlung des „Grafen“ für andere Männer schrieb, aber auch Erlebnisse mit dem Masseur, mit dem Trainer unter der Dusche und von einem einsamen Restaurantbesuch.

Fotos von einer eleganten weißhaarigen Dame mit Brille, die gepflegt und jugendlich aussieht und immer vollsätndig bekleidet ist und meistens vor ihrem Schreibtisch oder Fernseher sitzt gibt es auch und Elfriede Vavrik hat inzwischen, glaube ich, noch andere Bücher geschrieben. In letzter Zeit habe ich aber über sie und ihre Werke nicht mehr gehört.

Ja, richtig, Sommerlesebuch ist es eher keine, als das ich es ja auf meiner Leseliste vorgezogen habe, den Nacktbadestrand besucht die Autorin mit einem ihrer Liebhaber und hat da ein aufregendes Erlebnis, er ist aber nur der Titel des Buches und spielt sonst keine besondere Rolle. Es kommt dageben das Weihnachtsfest vor, daß sie ja mit einem verurteilten Mörder, der auf ihre Anzeige aufmerksam geworden ist, feiert.

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