Elfriede Vavriks „Nacktbadestrand“ habe ich, glaube ich, vor cirka zwei Jahren in der Telefonzelle bei der „Seedose“ gefunden. Es ist das Buch, das ein Cover, wie die Bücher von Charlotte Roche hat, es ist damals auch durch die Blogs gegangen, 2011 oder so von einer 1929 geborenen ehemaligen Buchhändlerin geschrieben, die nach, wie sie erklärt, vierzigjähriger Abstintenz über ihren Sex berichtet und das dadurch zum „Spiegel-Bestseller“ wurde. Diese Plakette klebt jedenfalls auf meinen Buch.
Sex im Alter ist ja, glaube ich, auch ein sehr interessantes Thema, eines über das man nicht viel weiß, nicht viel geredet, geschwiegen, etcetera, wird.
Es war, glaube ich, in den Siebzigerjahren und in der Zeitschrift „Emma“, daß da eine ältere Frau von dem Sex, den sie mit einem Herrn, der wie sie im gleichen Seniorenheim lebte, in einer Telefonzelle hatte, denn innerhalb des Heimes durfte man nicht, berichtete.
Ich war damals sehr jung und mit der viel älteren Hansi Berger befreundet, die ich im „Klub der logischen Denker“ kennenlernte und die mir von einem Buch berichtete, daß dieses Thema behandelte. Den Titel habe ich vergessen, die Autorin wark glaube ichk Renate Daimler und als ich wieder Jahre später bei der „Kommunikation“ im Pflegehelferunterricht mit den Schülern dieses Thema besprach, hatte ich den Eindruck, sie wären der Meinung, das würde es nicht geben.
Es gibt es sicher und es wird wahrscheinlich noch immer nicht darüber geredet, manchmal aber darüber geschrieben. Elfriede Vavrik hat es getan und, als ich das Buch Natascha Wodin in der „Alten Schmiede“ einmal empfahl, rümpfte sie die Nase, ja richtig, ganz literarisch ist dieses „Memoir“ oder Sexbericht, Roman ist es ja, glaube ich keiner, nicht, aber interessant, wenn ich auch nicht ganz sicher bin, ob alles stimmt und stimmen kann.
Da ist also die ehemalige Buchhändlerin, sie ist neunundsiebzig, geschieden, hat drei Söhne und ihr Geschäft aufgegeben und kann in der Nacht nicht schlafen.
Deshalb geht sie zum Arzt, der verschreibt ihr, vielleicht auch nicht so ganz wahrscheinlich, kein Valium und kein Temester, sondern gibt ihr den Rat eine Kontaktanzeige aufzugeben.
Ja richtig, sie hat sich vorher mit einem Schaufelgriff befriedigt und vierzig Jahre keinen Sex gehabt. Jetzt erwacht aber die Lust und Männer kommen, meist jüngere, mit Älteren will sie nicht und, als sie es doch einmal versucht, scheitert das Experiment.
Es melden sich auf ihre Inserate hunderte Männer, da wäre ich auch ein wenig skeptisch und auch bezüglich der Hypothese, daß sehr viele Männer Sex mit älteren Frauen wollen.
Glaub ich eigentlich nicht so wirklich. Es gibt jedenfalls mehrere Dates, die Elfriede Vavrik genau beschreibt, mit einem Mörder mit dem sie Weihnachten verbringt, mit einem „Grafen“, der für sie Kontaktanzeigen aufgibt und sie bittet sich eine Woche lang nicht zu waschen, weil er sie gerne ablecken will, da wird es dann geschmacklos oder „pornographisch“ und auffällig ist auch, daß sie keine Bindung, sondern Sex haben will, so daß sie schließlich eine Beziehung zu fünf Männer hat, die sie regelmäßig besuchen.
Es gibt auch immer Rückblicke in ihr Leben, mit ihrer Mutter hat sie sich nicht sehr gut verstanden, die hat ihr eine hinuntergeknallt, als sie sich einmal, mit Siebzehn oder so, vor der Haustür mit einem Freund verplauderte. Von diesem jungen Mann gibt es noch ein Gedicht, das ich sehr schön fand. Dann besuchte sie eine Erzieherinnenschule. Der erste Mann war kein guter Liebhaber, der zweite Alkoholiker, dann vierzig Jahre Abstinenz und plötzlich die große Lust.
Es wäre den Frauen eigentlich zu wünschen locker mit ihrer Sexualität umzugehen, dann braucht man vielleicht auch keine erotischen Bestseller. Es gibt aber zwischen den neununzwanzig Kapiteln, einige erotische Geschichte, eine heißt „Schneewittchen“, die die Autorin offenbar auf Vermittlung des „Grafen“ für andere Männer schrieb, aber auch Erlebnisse mit dem Masseur, mit dem Trainer unter der Dusche und von einem einsamen Restaurantbesuch.
Fotos von einer eleganten weißhaarigen Dame mit Brille, die gepflegt und jugendlich aussieht und immer vollsätndig bekleidet ist und meistens vor ihrem Schreibtisch oder Fernseher sitzt gibt es auch und Elfriede Vavrik hat inzwischen, glaube ich, noch andere Bücher geschrieben. In letzter Zeit habe ich aber über sie und ihre Werke nicht mehr gehört.
Ja, richtig, Sommerlesebuch ist es eher keine, als das ich es ja auf meiner Leseliste vorgezogen habe, den Nacktbadestrand besucht die Autorin mit einem ihrer Liebhaber und hat da ein aufregendes Erlebnis, er ist aber nur der Titel des Buches und spielt sonst keine besondere Rolle. Es kommt dageben das Weihnachtsfest vor, daß sie ja mit einem verurteilten Mörder, der auf ihre Anzeige aufmerksam geworden ist, feiert.
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