Den 1972 geborenen Michael Hammerschmid, der 2009 den „Priessnitz-Preis“ bekommen hat, kenne ich, glaube, ich seit 2003 und durch seine Veröffenlichungen in der „Kolik“, da war jedenfalls eine große „Kolik-Veranstaltung“ im Literaturhaus und da habe ich ihn, glaube ich, auch angesprochen.
Jetzt sehe ich ihn hauptsächlich bei den Veranstaltungen die er kuratiert und moderiert in der „Alten Schmiede“, er ist da sehr vertreten und macht neben den „Textvorstellungen“ auch die Lyrikfestivals „Dichterloh“ und „Poliversale“ und seine eigene Lyrik?
Ich weiß gar nicht so genau, wie gut ich sie kenne und ob ich ihn beispielsweise schon aus seinem bei „Klever“ erschienenen Gedichtband „Nester“ lesen gehört habe?
Peter Waterhouse hat aber, glaube ich mich zu erinnern, bei seiner Laudatio im Literaturhaus bezüglich des „Priessnitzpreises“ die Hammerschidsche Lyrik sehr auseinandergenommen und jetzt nach dem ich das Buch, das ich mir beim Flohmarkt den es auf der vorletzten „Buch-Wien“ gegeben hat, kaufte, gelesen habe, fällt mir seine weiche sanfte Sprache, seine Reime und seine Wortschöpfungen auf, die so gar nichts Experimentelles haben und das hätte ich doch bei einem „Priessnitzpreisträger“ und „Alte Schmide Lyrik Festival Organisator“ fast erwartet.
Der Band ist in sechs Abteilungen gegliedert. Vorwort und erläuternde Erklärungen gibt es keine, so muß ich selber denken.
Ich kann mich aber auch mitreißen lassen von den zarten lyrischen Einfällen und mich an den Hammerschmdschen Wortschöpfungen und Einfällen erfreuen, was ich auch zu tun gedenke.
Die erste Abteilung sind die „verstecke“ und da kommt das Wort „verstecken“ in sehr vielen oder auch fast allen Gedichten vor, im „keller“ glaube ich nicht.
„der keller ist hell und dunkel ganz schnell“ oder in den „geistern: hinten im auto da wohnen die geister und draußen da streifen die schatten vorbei. – auch wir können sterben und spüren die zähne und hören den atem und müssen aufs klo was wir niemanden verraten.“
Erstaunlich modern und erstaunlich frisch die Hammerschmidschen Worteinfälle und weiter geht mit „das beste versteck ist die nacht in der man alles verbotene macht in die man jeden abend kommt in der sich der böse und der verliebte sonnt“
Das sind fast Kindergedichte könnte man sagen, aber die kommen erst erst zwei Abteilungen später. Zuerst kommen die „schlaflieder.
„ich ließe deine müden füße niemals laufen ich würde alle deine worte kaufen ich bin nur minus dieser tage du kannst mir glauben, dass ich alles wage.“ oder
„ich zerbeiße eine perlenkette ich verschlucke einen aktionär ich zersteche eine borstenleiste ich bin ich und ihr seid mehr“
Bei den „Kindergedichten“ geht es in den Zirkus.
„magst du in den zirkus gehen? magst du tiger sehen beim stehen? hast du angst vor ihren tatzen? glaubst dass diese gar nie kratzen? kratzen können sie wohl schon doch habe ich das nie gesehen“
Und wusch der Reim, der doch so schön poetisch war, ist gleich wieder weg.
Dann gibts das „kleine familienalbum“, wo mich vor allem das „muttergedicht“ sehr beeindruckte.
„ich wasche ab und ab und denke nach wie das leben meiner mutter ist –
am besten frufe ich an und frage, was sie gerade macht. doch zuerst wasche ich ab, eine weile geht es noch.“
Es gibt dann auch ein „Bruder“ und ein „Onkelgedicht“ und eines für die „Großmutter“, bevor zu zu den „pensionistinnen“ geht:
„die pensionistinnen sitzen im reden, das sie umgibt und nicht immer etwas mit ihnen zu tun hat, es ist krank, das reden, weil es von krankheit handelt, es ist süß, das reden, weil es von enkelkindern handelt und vom kaffee, und es ist verboten das reden, weil es vom zucker handelt…“
Dann gibt es ein Gedicht, das sich in zahlen von 1 bis 18: „eine bank für b. 1 gegenüber unserem haus 2 wo die Sonne sitzt—17 eine Bank 18 zum aufklappen“ fortschreitet.
Sehr originell, wenn auch nicht besonders poetisch und dann gibt es noch ein Gedicht das ein Motto von „paulina“, ist das die tochter?, hat.
„ich bin so schnell wie ich groß bin“, hat jedenfalls Paulina gesagt und Michael Hammerschmid dichtet weiter:
„ich bin so alt wie ich langsam war ich bin so faul wie ich fleißig bin ich bin so trauig wie ich bin“ und so weiter und so fort, bis es mit „so blau wie gelb wie grün“ endet.
Dann geht es in der Abteilung fünf zum „mittelmäßigen dichter“:
„der mittelmäßige dichter sitzt am fenster und schaut hinaus. die stadt steht bis zur fensterscheibe, dekt er. -er atmet aus. er weiß kein gedicht.“
Uje, uje, denn „der schriftsteller war nicht selbstverliebt, aber er liebte sein zimmer zu sehr und den tee dem er sich hingab, schluckweise“
„der mittelmäßige dichter verabschiedet sich. am liebsten verabschiedet er sich. er lächelt. atmet mitteltief ein.“ und
„eigentlich denkt er seine gedichte. er schreibt sie nur eben auch auf dieses nicht“, bis zu zu
„über das nichtschreiben von gedichten gibt es kein gedicht: auch dieses nicht usw.“ geht und auf der vorigen Seite hat noch „wann ist es aus?“ gestanden, worüber man jetzt streiten kann, ob das jetzt ein Gedicht ist oder nicht, aber vielleicht es es, ein Nichtgedicht?
In der letzten Abteilung kommen die „schlampigen schätzungen“, die aus „des ronsards kunstgedichten gewonnen“ sind und man hat sich durchgelesen durch Michael Hammerschmids Nester und ich habe eine sehr weiche zarte Seite des Dichters kennengelernt, die mich sehr erstaunte und die mir auch sehr gefallen hat, so daß ich das Buch den Lyrikfreunden und denen, wie man so schön sagt, es noch werden wollen, sehr empfehlen kann.
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