Was ist ein Psychothriller?
„Wikipedia“ definiert da etwas von sich überschneidenden Mystery- und Krimielementen und nennt als Beispiele Alfred Hitchcock, Ken Follet, Dan Brown und Eric Ambler, aber Psycho heißt auch Seele und Mara Muthspiel, die Protogonistin in Amaryllis Sommerers 2010 bei „Milena“ erschienenen Psychothriller „Keine Wunde nichts“ hat einmal Psychologie studiert.
Inzwischen ist sie Fernsehredakteurin, das heißt, sie sitzt mit einem Typen namens Feichtinger in einem Kammerl und schneidet aus Filmen Gewaltszenen heraus, damit die unbeaufsichtigten Kinder, die sich das ansehen, keinen Schaden erleiden.
Die Arbeit überfordert sie und so raucht ihr, als sie in der Nacht, in die Kettenbrückengasse, wo sie wohnt, zurückkommt, der Kopf und sie sieht überall Leichen.
Das heißt, sie glaubt, Resi Sternberg, die trinkende Kellnerin aus dem Hinterhaus mit den Zöpfen und den Rehaugen, bei der Mülltonne liegen zu sehen und geht in ihre Wohnung.
Das schlechte Gewissen treibt sie zurück und sie findet eine tote vierzehnjährige Drogensüchtige, die, wie sich später herausstellt, erschlagen worden ist.
Das führt nun zu Komplikationen, die wahrscheinlich nichts mit einem herkömmlichen Psychothriller zu tun haben, aber vielleicht hat Amaryllis Sommerer, die auch Drehbuchautorin ist, mit ihrem zweiten „Milena-Krimi“ eine Satire schreiben wollen?
Es passiert also viel in Maras Kopf. Sie hat Schuldgefühle, hört die Stimme der Tote, ist unfähig ihre Filme zu schneiden und seht sich nach Island. Sie will dorthin abhauen, ein neues Leben beginnen, etcetera.
Inzwischen kommt ein müder alter Kriminalinspektor, verhört Mara und die anderen im Haus. Da gibt es noch einen dicken Sportreporter namens Clemens, einen Zahntechniker namens Franz, in dem sich Mara, die vor eineim Jahr verlassen wurde, fast ein wenig verliebt und es gibt eine Bezirksrätin namens Fischer, die gleich politischen Aufwind spürt, Sicherheitsschlösser und Zugangskontrollen im Haus anbringt und es gibt Resi, das Rehlein und Quartalsäuferin, die während das alles passiert, in ihrer Wohnung im Hintterhaus ihren Vater umbringt.
Dazu glaubt sie ein Recht zu haben, denn er hat sie mißbraucht und so kommt sie in Maras Wohnung und gesteht ihr alles. Die fühlt sich gleich verantwortlich. Das heißt, zuerst will sie die Polizei holen, aber vorher Frühstück kaufen. In der Bäckerei, die es, glaube ich, in der Kettenbrückengasse nicht gibt, sieht sie aber im Fernseher, ihre vierzehnjährige Nichte, die bei einer Demo von der Polizei beschuldigt wird.
Also nichts damit, das unschuldige Rehlein soll nicht leiden und statt ihr nach Island fliegen und dort verschwinden. Aber zuerst müßen sie die Leiche beseitigen und auf eine Party gehen. Das führt wiederum zu vielen Komplikationen und Slapsticken und eigentlich geht es für einen Psychothriller auch sehr langsam vor sich.
Aber das war wahrscheinlich Absicht, denn ein moderner Krimi muß ja Lokalkolorit zeigen, also die Kettenbrückengasse, keine Ahnung, ob Amaryllis Sommerer, die ich schon bei einigen Lesungen, zum Beispiel in der „Alten Schmiede“ hörte, dort wohnt?
Ich wohne in der Nähe und da das beschriebene Haus neben einer Apotheke liegt, könnte es das sein, in dem Elfriede Gerstl einmal ihr Lager hatte.
Dort könnte es auch den beschriebenen Brunnen geben. Ob das ein Durchhaus ist, weiß ich nicht, denn das befindet sich, glaube ich, eher auf der anderen Seite und den Drogenstrich vor der U-Bahnstation Kettenbrückengasse habe ich eigentlich auch noch nicht gesehen.
Aber es ist ja ein Roman, also Erfindung und Fiction, störend ist dann nur, das Wörtchen „Abitur“ statt „Matura“, denn wer bitte macht die in Wien und der „Milena“ ist ja ein Wiener Verlag, auch wenn er 2010 vielleicht unter deutscher Leitung war.
Auf das Lesen des Buches habe ich schon gewartet, habe ich es doch gemeinsam mit Amaryllias Thriller-Debut „Selmas Zeichen“ mit dem sie für den „Glauser nominiert war, schon vor längerer Zeit im „Wortschatz“ gefunden. Das werde ich demnächst lesen.
„Ulrich und seine „Täter“, 2012 bei „Milena“ erschienen, habe ich mir letzten Dezember beim „Literaturhaus-Flohmarkt“ gekauft.
Inzwischen verlegt Amaryllis Sommerer bei „Picus“ und hat das 2016 erschienenen Buch „Wie das Leben geht“ das, glaube ich, auch kein Krimi ist, sondern in das Wien der Fünfziger und Sechziger führt, auf der „Buch Wien“ vorgestellt.
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