Literaturgefluester

2018-07-21

Soutines letzte Fahrt

Filed under: Bücher — jancak @ 00:02
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Jetzt kommt ein Vorgriff oder Rückgriff auf das Buchpreislesen, bei dem ich ja nicht ganz sicher bin, ob ich es heuer schaffe, mich wieder durch die Longlists des östBps und des dBps zu lesen.

2013 habe ich mich das auch nicht getraut, aber da hat „Buzaldrins Bücher“, das sogenannte offizielle Buchpreisbloggen durch die Aktion „Fünf lesen vier“ oder „Vier lesen fünf“ ins Leben gerufen und da stand Ralph Dutlis „Soutines letzte Fahrt“ auf der Ll des dBps, den öst hat es  damals noch nicht gegeben und ich hatte von dem Buch schon etwas gehört gehabt, weil es in Leipzig, glaube ich, auf dem blauen Sofa besprochen wurde und mich vielleicht auch etwas über Autor und Thema gewundert und es wohl damals noch für genausowenig literarisch gehalten, wie einer der „Amanzon-Rezensenten“.

Aber was ist literarisch? Nur der große Goethe und der große Bernhard? Wahrscheinlich nein, sondern vielleicht schon das, was dem Leser näher kommen kann und da sind fiktionale Biografien sicher ein sehr guter Weg, sich mit Personen der Geschichte auseinanderzusetzen, denn ich hatte damals sowohl von Ralph Dutli als von Chaim Soutine noch etwas gehört.

Ralph Dutli hat mich dann nicht ausgelassen, denn der ist 2015 wieder auf der Ll gestanden und da habe ich zwar nicht offiziell dBp gebloggt, aber wohl Buchpreis gelesen und dann bin ich einmal nach Ostern auf den Zentralfriedhof zu dem Begräbnis von Friedl Hofbauer und wieder zurückgegangen und bin da in die letzten Tage des Abverkaufs der Buchhandlung auf der Wieder Hauptstraße gekommen, wo heute die Kette „Hannibal“ ihre Servietten, Tees, Schokoladen und Pasteten verkauft und da gab es in dem schon sehr leergeräumtes Geschäft „Soutines letzte Fahrt“ um drei Euro zu kaufen und wieder hat es etwas gedauert, bis ich es auf meinen Badezimmerstapel geräumt von von dort wieder hinuntergenommen habe.

Eine fiktionale Biografie also, die der 1954 geborene Ralph Dutli  über den weißrussischen jüdischen Maler Chaim Soutine, einem Zeitgenossen von Chagall, Modigliani und Picasso, wie im Klappentext steht, geschrieben hat und der litt an einem Magengeschwür und fuhr am 6. August 1943, als in Frankreich schon die Besatzer waren, in einem angeblich oder tatsächlichen Leichenwagen nach Paris, um dort behandelt zu werden.

Am neunten August ist er jedenfalls in Paris gestorben und Ralph Dutli läßt ihn und das ist wohl der ewige Schmäh der fiktionalen Biografen, sein ganzes <leben durchleben und weil Chaim Soutine ein Maler war, macht Dutli es mit surrealen phantasitischen Bildern und erzählt so das Leben des  1893 in Weißrussland, als Sohn eines Schusters geborenenm, dem der Rabbi dort das Malen verbot. So ging er bald nach Minsk und dann nach Wilna, bevor er sich soviel Geld ersparte, um nach Paris zu kommen.

Im fiktionalen oder tatsächlichen Leichenwagen fährt auch Ma Be oder Marie Berthe als Krankenschwester gekleidet mit und das war zuerst, die Lebensgefährtin von Max Ernst, später die von Soutine und ein uneheliches Töchterlein, um das sich der Maler nie kümmerte, gab es auch und eine Gerda Groth aus Magdeburg und dann den amerikanischen Pharmahzeuten, der früh das Talent des Malers erkannte, der dafür berühmt war, seine Bilder mit denen er nie zufrieden war, zu zerstören. Er kaufte alle auf. Soutine wurde berühmt, wohl auch für seine Farben, die Farbe weiß und rot spielen eine große Rolle und am Cover des bei „Wallstein“ erschienenes Buches sieht man den Bäckerjungen, mit den Soutine wohl berühmt wurde.

Die Fahrt ist dann bald zu Ende. Die letzten Kapitel erzählen über das Begräbnis das am Montparnasse stattfand und das letzte sogar von einem Besuch des Autors an Soutines Grab und seine Beziehung zu dem Maler.

Ein interessantes Buch, eine interessante Biografie, die ich da so kurz vor dem heurigen Buchpreisfiebers gelesen habe und jetzt warten, wenn ich mich nicht sehr irre, noch ein Buch über Hemingway oder seine Frau auf mich und eines über Marlene Dietrich, das von Alred Polgar geschrieben wurde, bevor ich mich entscheiden kann, ob ich mich heuer wieder an die großen zwanzig machen werde oder das lese, was abseits davon in diesem Jahr erschienen ist.

2018-07-20

Erinnerungen an Christine Nöstlinger

Ich habe ja in den Sechzigerjahren zu lesen angefangen und als Tochter eines engagierten Sozialisten zu Weihnachten immer ein Buch der Kinderfreunde unter dem Christbaum gefunden.

Damals hießen die Autoren Vera Ferra-Mikura und Friedrich Feld und was die Ferra-Mikura betrifft, sind mir da „Meine Freundin Rosine“ und „Peppis doppelte Welt“ und natürlich die „Stanisläuse“ im Gedächtnis geblieben und sie war, da bin ich mir sicher, ein Vorbild von Christine Nöstlinger, die mir als Kinderbuchautorin irgendwie verlorengegangen ist, weil ich, als sie in den Siebzigerjahren zu publizieren begann,  schon erwachsen war.

Trotzdem war sie damals in aller Munde und hat die Kinderbuchliteratur erstaunlich reformiert. Der „Wischer“ ist in den Siebziger- oder Achtzigerjahren in Ö-3 gelaufen, dann gab es das „Austauschkind“ und mit dem habe ich mir oder die anderen Autoren der „Die Mädchen dürfen pfeifen, Buben dürfen weinen- Anthologie“, den Kinderbuchpreis von 1982, glaube ich, geteilt habe.

Denn, die 1936 in Wien-Hernals, ein Bezirk, in dem ich ja auch aufgewachsen bin, geborene Autorin, war in der Jury, als Johanna Dohnal vom Staatssekretariat für Frauenfragen, einen Wettbewerb für ein nicht rollenkonformes Kinderbuch aufgerufen hat.

Ich habe eine Szene aus einem Projekt, an dem ich damals gearbeit habe, als „Güler will kein Kopftuch mehr“, umgearbeitet und eingereicht und ich bin fast sicher, daß ich den Preis den ich damit gewonnen habe, ihr verdanke.

Gelegenheit zu fragen oder mit ihr darüber zu sprechen, gab es keine, obwohl das Buch prominent  aufgenommen wurde, ein paar Auflagen hatten, den besagten Kinderbuchpreis gewonnen hat, als Taschenbuch aufgelegt wurde und und und am vorigen Freitag, als ich in Harland auf der Terrasse sitzend ein wenig herumgegooglet habe, habe ich erfahren, Christine Nöstilinger ist im einundachtzigsten Lebensjahr gestorben.

Das ist, wie mir „Wikipedia“ mitteilte, schon am achtundzwanzigsten Juni geschehen. Bekanntgegeben wurde es aber offenbar erst am letzten Freitag und hat natürlich große Betroffenheit ausgelöst, obwohl ich in einem Interview lesen konnte, daß die Autorin sich zuletzt geweigert hat, weiter Kinderbücher zu schreiben, weil sie meinte, diese mit Achtzig nicht mehr zu verstehen.

Nun, die Kinder haben sich inzwischen sicherlich geändert, die Anna ist aber mit ihren Büchern aufgewachsen und während mich als Kind Vera Ferra-Mikura „Peppis doppelte Welt“ als eine der ersten Schilderung eines Scheidungskindes sehr beeindruckt hat und ich bedauere, das Buch, das man inzwischen wahrscheinlich nur mehr gebraucht bekommen kann, nicht zu besitzen. Denn ich habe als Kind ja viel aus der Bücherlade meiner Hauptschulklasse gelesen, hatte die Anna, glaube ich, mit dem Scheidungsbuch, der Nöstlinger, wo die Welt eines Kindes offenbar viel brutaler durchgeschnitten und zerteilt wurde, mehr Schwierigkeiten, als ich mit dem Peppi, dem halt nach den Würsteln beim Papa schon schlecht war und sich trotzdem nicht traute, das Mittagessen der Mutter, das sie ihm hinstellte, als er von dort zurückkam, zu verweigern. Sie hat es aber verstanden und ihm kleine Portionen hingestellt. Heute würde man das Mittagessen wahrscheinlich ganz weg lassen. Es hat sich aber sicher als tolle Szene erwiesen, das Problem von Scheidungskindern aufzuzeigen.

Vera Ferra-Mikura hat sehr sozialkritisch geschrieben, Christine Nöstlinger ist ihren Spuren gefolgt und hat die „Feuerrrote Friederike“, glaube ich, auf dem Küchentisch geschrieben.

Ich war ja, wie schon erwähnt, für ihre Kinderbücher zu alt und bin wahrscheinlich auf Christine Nöstlinger durch das Buch von Hilde Schmölzer „Frau sein und schreiben“ aufmerksam geworden, die ein Interview mit ihr brachte. Das heißt so ganz wird das nicht stimmen, Christine Nöstlinger war in den Siebziger- und Achtigerjahren sehr populär und hat wahrscheinlich, sowohl in der Arbeiterzeitung, als auch in der sozialistischen Frau, die Frauenzeitschrift, die meine Mutter gelesen hat, regelmäßig publiziert.

Es sind dann auch bald die Gedichtbände über die ganz armen Kinder, die ganz armen Frauen und später, glaube ich, auch über solche Männer herausgekommen.

Die „Geschichten vom Franz“ habe ich der Anna vorgelesen und noch früher, war ich mal auf einer Veranstaltung, wo Christine Nöstlinger gelesen hat und ein bißchen verwirrt darüber war, daß die wahrscheinlich antiautoritär erzogenen und sehr selbstbewußten Kinder ihr nicht so recht zuhören wollten. Da hatte sie es als Autorin nicht so leicht, obwohl sie wahrscheinlich selber dazu beigetragen hat, die Kinder so zu erziehen und rotzfrech, hat sie ja in Interviews öfter  gesagt, ist sie als Kind auch gewesen.

Ihre ersten Geschichten hat sie, glaube ich, am Küchentisch geschrieben und ist, glaube ich, auch über das Zeichnen zum Schreiben gekommen. Ihre Literatur hat aber eingeschlagen. Die Kinder der Siebziger- und achtzigerjahre selbstbewußt gemacht und jetzt fehlt in den neobliberalen Zeiten wahrscheinlich ihre rotzfreche emanzipatorische Literatur und hat, obwohl ich mich bei den heutigen Kinderbuchtrends nicht so auskenne, weil ich ja keine Enkelkinder habe, denen ich Bücher vorlesen könnte, eigentlich auch keine richtige Nachfolger gefunden, die in ihrem Sinne die Emazipation in die Kinderzimmer weitertragen könnten und dort wird, höre ich ja immer, ohnehin immer weniger gelesen und immer weniger Kinder lernen das und die Lust dazu, auch in der Schule.

So ist der Tod der großen Kinderbuchautorin natürlich ein großer Verlust für die Kinderzimmer, obwohl man ihre Bücher ja weiter kaufen und lesen kann und das natürlich auch sollte.

Und an noch ein Bonmot der großen alten Dame kann ich mich erinnern. Als Johanna Dohnal gestorben bin, bin ich zu einer Gedankveranstaltung auf den Ballhausplatz gegangen. Da ist sie aufgetreten und hat gesagt, daß sie den Feminismus nie aufgegeben und ihn, wenn nötig auch noch mit der Krüke verteidigen wird. Was mich in Zeiten, wo ja die jungen rechten Frauen sehr energisch dagegen ankämpfen, sehr beeindruckt hat.

Jetzt kann sie das weder mit noch ohne Krüken tun, so daß wir, die wir den Feminismus wollen, ihn wohl selber verteidigen müssen und mit Vera Ferra-Mikuras und Christine Nöstlingers Büchern gehet das wahrscheinlich immer noch sehr gut.

2018-07-19

Ö-Töne mit Yara Lee und Arno Geiger

Filed under: Veranstaltungen — jancak @ 23:38
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Yara Lee

Yara Lee

Daniela Strigl, Yara Lee

Daniela Strigl, Yara Lee

Das zweite Debut der heurigen Saison, das Daniela Strigl für diesen Donnerstag ausgesucht hat, betraf Yara Lees „Als ob man sich auf hoher See“ befände, ein Buch aus dem „Residenz-Verlag“, das sich bereits auf der Debut-Longlist befindet, also muß ich es nicht erst hinaufreklamieren und das, glaube ich, auch schon im Literaturhaus oder war es in der „Gesellschaft für Literatur“ vorgestellt wurde.

Aber sonst sagte mir das Buch nicht viel und auch von der eigentlich Afamia Al-Dayaa heißenden, in Deutschland geborenen Autorin, die sowohl Klavier als auch Sprachkunst studierte habe ich, glaube ich, noch nicht viel gehört und sie offenbar auch bei den Sprachkunstlesungen nicht erlebt.

Ein Auszug ihres Debutroman ist aber im Vorjahr in den „Manuskripten“ erschienen, also nicht sehr genau gelesen und habe jetzt erst ihr Debut kennengelernt, den Roman, wo eine junge Frau, die den Namen Marla Maria trägt mit einem Koffer in der Hand nach Wien kommt, einen James <kennenlernt und einen Vater namens Ulysses hat, der sich eigentlich auf das Sterben vorbereitet, aber offenbar die Gelegehheit dazu nicht  findet. Das waren etwa die Stellen, die die Autorin gelesen hat und auch das, was Daniela Strigl in ihrer Einleitung erklärte.

Danach kam noch einmal Daniela Strigl auf die Bühne und moderierte Arno Geiger, aus dessen neuen Roman „Unter der Drachenwand“ ich ihn schon in Göttweig lesen und, ich glaube, außerdem noch irgendwo ein Interview daraus hörte.

Daniela Strigl stelle den 1968 in Bregenz geborenen, sehr enthusiastisch vor und meinte, daß ihrer Meinung nach „Die Drachenwand“ zu den besten Romanen dieses Jahrhunderts gehöre, was offenbar  Arno Geiger so überraschte, daß er sie daraufhin umarmte.

Ich würde nicht so weit gehen und würde mich überhaupt hüten, ein Buch, daß ich in den letzten Jahren gelesen habe, so zu bezeichnen, muß aber sagen, daß ich das, was ich bisher aus dem Roman hörte, auch für das beste halte, was ich von Arno Geiger je gehört oder gelesen habe und ich habe ja meine eigene Arno Geiger-Geschichte, habe ich ihn ja 1996 kennengelernt, als er da, als noch unbekannter Autor nach Klagenfurt kam, mit seiner Käthe-Geschichte zwar kein besonderes Aufsehen erregte, zumindestens bei der dortigen Jury nicht. Mir hat die Geschichte aber sehr gefallen und offenbar auch Martina Schmidt vom „Deuticke-Verlag“.

Jedenfalls erschienen da, glaube ich, seine ersten Bücher und ich würde auch nicht sagen, daß er 2004, als er aus seinem späteren ersten deutschen Buchpreis-Roman gelesen hat, Aufsehen erregte. Das kam erst 2005 als er mit „Es geht uns gut“ den Preis gewonnen hat.

Daniela Strigl, Arno Geiger

Daniela Strigl, Arno Geiger

Arno Geiger

Arno Geiger

„Alles über Sally“ habe ich gelesen und auch in der „Alten Schmiede“ und, ich glaube, auch in Leipzig draus gehört. Für das Memoir über seinen Vater „Der alte König in seinem Exil,“ habe ich gedacht, daß er den „Preis der Leipziger Buchpresse“ bekommen wird, den dann Clemens J. Setz mit seinem „Mahlstädter Kind“  bekommen hat.

„Selbstportait mit fluß pferd“ habe ich nicht gelesen und die „Sally“ habe ich etwas langatmig wenn nicht sogar schwülstig empfunden.

Das waren aber die Werke die Daniela Strigl von Arno Geiger, der auch den „Wildganspreis“ bekommen hat, aufzählte und meinte, daß sie das interessierte O Töne-Publikum sicher gelesen hätte.

„Anna nicht vergessen“, hätte ich ihr da gerne zugerufen, habe den Erzählband zwar inzwischen auf meinen Stapel, aber noch nicht gelesen und diese Geschichte über den blutjungen Weltkriegsoldaten, der 1944, mit dreiundzwanzig Jahren verwundet wird und sich unter die Drachenwand am Mondsee zur Genesung zurückzieht und dort die Liebe entdeckt, habe ich wirklich sehr spannend gefunden und ja auch erst ein oder zwei Bücher über die letzten Tagen des zweiten Weltkriegs gelesen und muß da sagen, daß mir das die Melker Geschichte des Ralph Rothmanns nicht so beeindruckt hat.

Im Gespräch mit Daniela Strigl sagte Arno Geiger etwas, was er, glaube ich, auch bei dem Interview erwähnt hatte, nämlich, daß er für das Buch sehr lange recherchiert hat, weil er nicht historisch darüber schreiben, sondern die Geschichte lebendig und hautnah erzählen wollte.

Etwas, was icht nicht ganz nachzvollziehen kann, denn natürlich weiß er wahrscheinlich nicht wirklich, wie es  1944 gewesen ist, auch wenn er herausgefunden hat, daß es damals keine Bindfäden gegeben hat, weil die, die Leute alle für die Pakete verwendet haben, die sie den Soldaten an die Front schickten.

Aber ich habe diese Verknüpung der Geschichten der beiden ehemaligen Nachbarn, von denen der eine, der Jude OskarMeyer mit seiner Frau und seinem Kind nach Budapest flüchtet und die dort verliert, während der  schon beschriebene Veit Kolbe unter der Drachenwand seine Liebe findet, sehr  gut geschrieben gefunden und bin jetzt nur gespannt, ob es auf die österreichische oder deutsche Buchpreisliste kommt, auf die deutsche nachdem Arno Geiger dort ja schon gewonnen hat, vielleicht nicht mehr, auf die österreichische wahrscheinlich sicher und dann kann ich das Buch, falls es zu mir kommen sollte, es ist bei „Hanser“ erschienen, ja lesen und so war auch der zweite O-Töne Abend sehr interessant und wieder sehr voll und schönes warmes Wetter und es ist sicher auch sehr gut, sich in Zeiten, wie diesen mit dem zweiten Weltkrieg zu beschäftigen, obwohl es darüber auch schon sehr viele Bücher gibt.

2018-07-18

Der Pfau

Filed under: Bücher — jancak @ 00:26
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Weiter gehts mit meiner Backlistleseliste und da bin ich jetzt bei meinem Harlander Bücherstapel und einem Buch gelandet, das 2015 oder 16 von den Blogs hochgelobt wurde.

Isabel Bogdans „Der Pfau“ und dann bin ich 2017 nach Salzburg gefahren, habe dort gelesen und mit Margot Koller deren eigene offene Bücherkoje besucht und was habe ich dort gefunden, richtig von einer Salzburger Agentur hineingelegt und jetzt ein bißchen auf meinem Bücherstapel über dem Bett gelegen oder abgehangen, wie es in dem Buch, der 1968 geborenen Autorin, Übersetzerin und, ich glaube,, auch Bloggerin, so heißt und dort hängt in einer Speisekammer in den schottischen Highlands der namensgebende Pfrau und das Buch wird von den Kritikern, als eines, das die englische Spannung in die deutsche Literatur hineinbringt, hochgelobt.

Wie warh, schreibe ich bestätigend hinzu, denn es hat einen Ton, der heute vielleicht schon  ein bißchen wagemutig klingt. Heinrich Spoerl hat, glaube ich, in „Wenn wir alle Engel wären“ so geschrieben und mich hat das Buch auch ein bißchen an Agatha Christies „Zehn kleine Negerlein“, die heute wahrscheinlich nicht mehr so heißen, erinnert, obwohl  es  kein Krimi ist und ich ich habe es auch als Sommerbuch glesen, obwohl es im Noember spielt und tiefster Schnee in den schottischen Highlands liegt. Es liest sich aber leicht und locker dahin und ist sehr vergnüglich, obwohl es eigbentlich um nicht wirklich Aufregendes geht.

Worum geht es also? Um ein altes verfallenes Schloß oder Herrenhaus in den besagten Highlands, das Lord und Lady McIntosh, die es bewohnen, vermieten müssen, um die Instandhaltungskosten zu bewältigen und da mietet sich im November eine Bankerin mit vierKollegen, einer Psychologin und einer Köchin ein, um ein verlängertes Wochenende lang dort Gruppendynamik zu betreiben.

Schön und gut, es gibt nur ein Problem, der Lord hat ein paar Pfaue herumlaufen und einer ist verrückt oder kurzsichtig. Er greift alles an was blau ist und zerstört es.

Also gibt der Lord, Ryszard, dem polnischen Mann für alles, dem Auftrag, die Pfaue dreimal am Tag in den Wald hinauszutreiben. Aber das klappt nicht ganz, denn am nächsten Morgen ist das Auto der Bankerin beschädigt und der Lord treibt nun selbst den Pfau in den Wald hinaus und erschießt ihn dort. Läßt ihn auch dort liegen, denn er kann ja nicht gut mit einem toten Pfau ins Schloß zurückkehren und die Bankergruppe macht einen Morgenspaziergang und der Hund der Chefbankerin bringt ihr den toten Pfau und sie glaubt, er hat ihn erlegt.

Das traut sie sich dem Lord nicht zu sagen, wie er sich nicht traut, ihr zu gestehen, daß das Auto von dem Pfau beschädigt wurde. So gibt sie David, einem jungen Banker, den Autrag ihn zu beseitigen. Der nimmt Helen, die energische Köchin mit und die hat gleich den Plan, ihn ihrer Truppe vorzusetzen.

Das geht auch nicht ohne Heimlichkeiten und so erklärt sie zuerst, sie macht ein Fasancurry, später aber, als einer der Banker, das in der Speisekammer hängende Tier für eine Gans hält, disponiert sie um.

Inzswischen wird die besagte Gruppendynamik betrieben, ein Schiff gezeichnet, eine Hütte gebaut, die Chefbankerin holt sich eine Verkühlung, einer der Banker verstaucht sich den Fuß, als er vom Etagenbett hüpft und Liz, die Chefbankerin, lädt zu allem Überfluß noch das Vermieterpaar zu dem Abendessen ein, als der Pfau serviert wird. Der wird zwar als Gans ausgegeben, was aber auch zu einem Problem führt, ist doch die Gans der Gastgeber, die auch zum Inventar gehört, plötzlich verschwunden und die Banker glauben nun, der Hund hat auch sie erlegt.

Köstlich, köstlich, könnte man so sagen. Leicht zu lesen und sehr vergnüglich, das gruppendynamische Wochenende wird natürlich ein Erfolg, die Gans wird wiedergefunden und nur der Pfau, den der Lord dann im Wald suchen geht, bleibt wohl ein ewiges Räsel, aber so soll es ja auch sein.

2018-07-17

Von der Sommerlesereihe ins Sommerkino

Die ersten drei  Podiums Sommerlesungen zum Thema „Lebenslang“ im Cafe Prückl habe ich ja wegen meiner Stunden bezeihungsweise den Sommerfrischenfreitagen in Harland bei St. Pölten versäumt und bin heuer nur bei der Eröffnungsversantaltung in der „Alten Schmiede“ gewesen, aber heute ist es sich ausgegangen ins Cafe Prückl zu gehen und da gab es Lesungen von zwei mir bekannten Autorinnen aus zwei unterschiedlichen Büchern.

Habe ich doch die  1957 geborene Patricia Brooks, die bei meiner letzten „Mittleren Veranstaltung“ gelesen hat, für eine eher experimentelle Autorin gehalten, die ja im Amerlinghaus ihre Radio Rosa Reihe hat und auch einmal mit dem „Fröhlichen Wohnzimmer“ im „Readingroom“ aufgetreten hat, sie hat aber auch bei der“ Edition Wortreich“ einen eher realistischen Roman herausgebracht  „Der Flügelschlag einer<Möwe“ in dem es um die Veränderungen, die ein Flügelschlag auslösen kann, geht.

Hat da doch eine junge Frau  bei ihrer Maturareise einen Mord beobachgtet und der hat ihr Leben verändert, Panikattacken und Angstzustände ausgelöst, so daß sie zu einer Therapeutin geht und ihr erzählt, daß sie dadurch ihren Freund verlassen hat und ihre Schwester hat dann ein Kind von ihm bekommen und die Therapeutin entdeckt, als sie nach der Stunde nach Hause fährt, im Auto ihres Mannes einen Slip der nicht ihr gehört, nun ja, vielleicht  ein wenig reißerisch, dafür war Gabriele Petricek, die auch bei den „Mittleren“ gelesen hat, schon öfter WienStpendiatin und auch Besuchderin des Musas und anderer Literaturveranstaltungen ist,  viel sprachexperimenteller. Das Buch aus dem sie gelesen hat, wird demnächst bei „Sonderzahl“ erscheinen, heißt die „Unerreichbarkeit von Innsbruck“ und wird in der Verlagsvorschau, als ein Reigen von  Verfolgungsritualen angekündigt.

Danach habe ich noch ein bißchen mit der Ruth geplaudert, die trotz ihres Griechischkurses im Publikum war und bin dann wieder auf den Karlsplatz gegangen, wo bald der in im besetzten Nachkriegswien von 1955 spielende Film „O Rosalinda“ beonnen hat, der nach der „Fledermaus“, die Hauptfiguren, als die vier Besatzungsmächte auftreten ließ. OskarSima war ein „Frosch“ im Steiereranzug, es wurde auf Englisch gesungen und auf die Idee mir diesen Film anzuschauen, bin ich vorigen Mittwoch gekommen, wo ich auch im „Kino unter Sternen“ war und es, als Vorgprogramm ein Quiz gegeben hat und weil ich die Melodie der „Fledermaus“ und noch etwas anderes erkannte, habe ich zwei Bücher von und über Florian Flicker gewonnen und bin auf den Geschmack mir diese Fledermausversion anszusehen gekommen, die mir aber, schreibe ich hinzu, nicht sehr gefallen hat, weil sie mir zu klischeehaft war.

2018-07-16

Meine geniale Freundin

Filed under: Bücher — jancak @ 00:48
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Nun kommt Teil eins der sogenannten „Neapolitanischen Saga“, Elena Ferrantes  Tetralogie über zwei Mädchen, die im ärmlichen Nepael der Neunzehnfünfziger- und sechzigerjahre aufgewachsen sind, die sie, wie ich „Wikipedia“ entnahm, nicht so genannt haben will und sie will auch ihre Identität, die, glaube ich, inzwischen enthüllt oder auch nicht so ganz ist, nicht outen.

Im Sommer 2016, als ich gerade mein zweites Mal Buchpreis gelesen hat, hat der erste Teil der vier Bücher, die die Kindheit und die Jugend der beiden Freundinnen Lina und Lenu beschreiben „Meine geniale Freundin“ in die Buchwelt eingeschlagen und es war neben Han Kangs „Vegetarierin“, die Bestseller der Saison, die man plötzlich lesen sollte.

Die „Vergetarierin“ habe ich gelesen, Elenas Ferrantes Saga ist an mir vorbei gegangen, wahrscheinlich habe ich  gedacht, daß ich bei „Wagenbach“ und auch bei Alberto Moravia schon genug über das Italien der der frühen Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts gelesen habe, vielleicht hat es sich auch nicht ergeben. Denn meine Leseliste ist ja lang und das doppelte Buchpreislesen, das es damals zum ersten Mal gab, hat mich voll ausgelastet.

Im Jahr 2017 sind dann die anderen Bände der Lebensgeschichte der zwei Frauen, Elena Ferrante, will es glaube ich, so genannt haben, erschienen und heuer glaube ich auch noch Buch, das sich darauf bezieht.

Ich bin im vorigen Mai mit dem Alfred und der Ruth um den Bodensee geradelt und weil wir sie dazu anläßlich ihres Geburtstags eingeladen haben, hat sie sich veranlaßt gesehen, als wir in Überlingen, glaube ich, in einer Buchhandlung standen, mich gefragt, ob ich das Buch schon gelesen habe und es haben will?

Da kann ich bekanntlichermaßen ja nie „Nein!“, sagen, obwohl ich mich erinnern kann, daß ich zu dem danebenstehebenen „Kraft“ schielte, aber nicht sagte“Eher das!“, aber das habe ich inzwischen auch gelesen, weil es auf der 2017 Buchpreisliste stand und es hat mir gar nicht so gefallen und da ich jetzt bevor die August- Neuerscheinungen und die neue Buchpreisliste erscheinen, die mich wahrscheinlich noch vollkommener von meiner Leseliste abhalten werden, wie es in den letzten Jahren geschah, ein bißchen verzweifeltes Backlistauflesen, wie ich das jetzt nennee und da kam jetzt, nachdem die Geburtstagsbücher gelesen sind, eben Elena Ferrante dran, war es ja ein Geschenk und sollte dementsprechend beachtet werden.

Vorher habe ich noch im Rahmen des „HotelReihelesens“, das ich jetzt wahrscheinlich doch nicht vollständig betreiben werde,ich mit Giorgio Bassanis „Mann mit der Goldbrille“ beschäftigt, wo ich genau jenen schwülstig erotischen Ton fand, den die italienischen Romane des vorigen Jahrhunderts bevorzugt haben.

Und genau das ist wahrscheinlich das Verdienst Elena Ferrantes und der Grund, warum alle ihre Saga, als so genial und noch nie dagewesen bezeichnen.

„Was für ein Werk!“, schreibt der „Spiegel“ am Buchrücken „Alle Welt liest Elena Ferrante“, die“ FAZ“ und „Ein epochales literaturgeschichtliches Ereiginis“, die „Zeit“, daß sie damit aufräumt und einen scharfen kantigen Ton in das Neapel um 1958 hineinbringt, wo die Brüder mit ihren Schwestern so umgingen, wie man das heute empört den Türken vorwirft und die Messer und die Fäuste flogen und die Maffia oder die Camorra ihre Geschäfte trieb und sie auf diese Art und Weise, die Sozialkritik sehr scharf zeichnet, ohne meiner Meinung nach etwas wirklich Neues zu erzählen, aber wie soll das auch gehen? War es ja wahrscheinlich so und das Los vieler Frauen, die damals in der italienischen Unterschicht aufgewachsen sind.

Einige neue Facetten sind aber wahrscheinlich schon drinnen und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum alle so begeistert aufschreien. Es ist der Ton, wie sie erzählt und der mir, ich schreibe es gleich, nicht immer gefallen, mich aber durchaus beeindruckt hat.

Da sind also Lina und Lenuccia, die eigentlich Elena heißt, die eine, die Tochter des Schusters, die andere, des Pförtners im Rathaus und sie wachsen in einem ärmlichen Viertel Neapels auf. Erzählt wird das von Elena Jahre später. Denn da ist Lina plötzlich verschwunden, ihr Sohn ruft Elena, die sich inzwischen als Journalistin und Schriftstellerin emanzipiert und die Stadt verlassen hat und fragt sie, ob sie weiß, wo sie ist? Denn sie hat alle ihre Spuren verwischt, sogar ihr Bild aus den Fotos hinausgeschnitten und so beginnt Elena in Band eins, über ihre Kindheit und dieJugend zu erzählen.

Was sehr angenehm ist, gibt es am Beginn ein ausführlches Personenregister, der Familien, die um die Hauptakteure, in dem Viertel aufwachsen und Lina wird von Elena Ferrante, meiner Meinunung  nach etwas zu abgehoben und unrealistisch genial beschrieben.

Wer die geniale Freundin ist, ist überhaupt unklar. Denn Lina hat ja ihren Rayon nie verlassen, während Elena das gelungen ist. Se war aber, schreibt sie, in der Schule genialer, hat sich selbst das Lesen und das Schreiben beigebracht, war auch frech und aufmüpfig und hat sich weder von den Lehrern noch von den Burschen etwas gefallen lassen.

So werden beiden Mädchen nach Ende der Grundschulzeit von der Lehrerin, Maestra Olivero, die zu den Eltern nach Hause geht und für ein Schmiergeld Nachhilfestunden anbietet, für die Aufnahmsprüfung in die Mittelschule vorgeschlagen.

Elenas Eltern machen das widerstrebend, der Schuster Fernando verweigert. Lina schreit „Ich mach die Prüfung trotzdem!“

Sie ist auch die Beste, auf die Schule darf sie aber trotzdem nicht, denn der Schuster schmeißt sie aus dem Fenster, so daß sie ins Spital muß, nachher darf sie zwar auf eine Haushalts oder Büromädchenschule, die sie aber verweigert, sich selbst aus den Büchern der Bibliothek Latein und Griechisch beibringt und Lenu, die damit anfangs Schwierigkeiten hat, unterrichtet, so daß die Lehrer sie bei der Nachprüfung fragen, wer ihr dabei geholfen hat und sich erkundigen, ob die Freundin, die Universität besucht?

Lina arbeitet aber in dieser Zeit in der Schusterwerkstatt und heckt mit ihren Bruder Rino Pläne aus, mit  selbstentworfenen Schuhe reich zu werden.

Denn das ist der Traum der beiden Mädchen mit viel Geld aus dem Viertel hinauszukommen. Zuerst wollten sie Bücher schreiben, um das zu schaffen. Dann entwirft Lina Schuhe. Sie stellen in jahrelanger Mühe ein Paar her, als aber Rino sie dem Vater zeigt, beginnt der ihn zu versohlen.

So war es offenbar in dem Italien des Alberto Moravia und der „Wagenbach- Schriftsteller“. Elena gelingt es aber durch nächtelanges Büffeln Klassenbeste zu werden und darf dann auch aufs Gymnasium, was auch mühsam ist, denn die Schulbücher müssen ausgeborgt oder gebraucht erstanden werden und im Sommer darf sie zwar zu Maestra Oliverios Cousine nach Ischia, aber auch nur um ihr im Haushalt zu helfen, kommt aber braungebrann und fast als Mißbrauchsopfer zurück.

Die Mädchen gehen unterdessen mit ihren Brüdern aus, fangen vorsichtig die ersten Freundschaften an und da gibt es die Solara-Brüder, die sowetwas wie die Maffia des Rayons sind, der eine stellt Llina nach, macht ihr schöne Geschenke, wie einen Fernsehapparat, aber sie verlobt sich mit Fünfzehn mit dem Lebensmittelhändler Stefano, der ein paar Jahre älter, als sie ist und außerdem noch der Sohn von Don Achillo, dem „Unhold aus dem Märchen“, wie in der Beschreibung steht, der den Mädchen als Kinder Angst machte, ihnen ihre Puppen klaute und später ermordert wird.

Das wird auch, während sich Elena durch ihre Prüfungen quält, sehr ausführlich beschrieben. Lina hat inzwischen ihr Interesse am Lernen komplett verloren. Läßt sich von ihrem Verlobten ausführen und schöne Geschenke machen. Er verspricht ihr auch ihre Schuhe groß herauszubringen, gibt dem Vater Geld, so daß der drei Gehilfen anheuern kann, die die Schuhe herstellen. Es will in dem Viertel aber niemand so teure handgemachte Schuhe kaufen.

So kommt, was kommen muß, Marcello Solara, der ja Lina heiraten wollte und den sie haßt, erscheint zur Hochzeit in dem Paar von ihr und Rino jahrelang angefertigten schuhen. Stefano hat sie ihm gegeben. Das Paar geht auf Hochzeitsreise und Elena stellt fest, daß es wohl niemals möglich ist, aus dem Viertel herauszukommen oder nur, wenn man sich anstrengt, lernt und dieses verläßt und so endet der erste Teil. In den drei anderen wird dann weitererzählt. Ein bißchen habe ich in „Wikipedia“ nachgelesen, was da passiert. Ich habe ja nur das eine Buch, werde die anderen, wenn ich sie mal in den Schränken oder einer Abverkaufskiste finden sollte, natürlich nehmen oder um einen Euro kaufen. Aber zum Lesen werde ich angesichts meiner Bücherfülle höchstwahrscheinlich nicht kommen und bin, was die Bewertung betrifft, auch ein wenig ratlos, denn so genial und umwerfend finde ich das Buch eigentlich nicht, obwohl es sehr eindringlich und auch auf eine andere Art und Weise vom Neapel der Neunzehnhundertfünfziger und sechzigerjahre, der Unterdrückung der Frauen und den zerstörten Lebensläufen erzählt.

2018-07-15

Elementarteilchen

Jetzt kommt ein Klassiker von meiner Backleseliste, nämlich Michel Houellebeqcs, 1999 erschienener Kultroman „Elementarteilchen“, den ich mir einmal beim Rotary Flohmart in St. Pölten vom Alfred kaufen ließ und auf den ich schon sehr gespannt war, obwohl das Buch jetzt im Schutzumschlag und die erste Seite angelesen,  ein halbes Jahr lang im Harlander Badezimmer lag, denn als ich es im Jänner zu lesen angfangen wollte, habe ich nach der ersten Seite überlegt, daß es doch besser wäre mit dem PDF von Joshua Cohens „Buch der Zahlen“ anzufangen und bin seither mit dem Neuerscheinungslesenlesen nicht wirklich fertig geworden.Das heißt, doch im Juni, aber da war der Alfred in Amerika und ich bin in Wien geblieben.

Ein Kultbuch also von dem man schon viel gehört hat und mit dem auch, glaube ich, der 1956 oder 1958 geborene Autor, der  etwas exzentrisch sein dürfte, berühmt wurde und von dem ich einmal einen Gedichtband, der mir sehr gefallen hat und dann „Unterwerfung“ gelesen habe.

Hier, schreibe ich gleich, war ich anfangs etwas enttäuscht, beziehungsweise habe ich gedacht, daß man dem zwanzig Jahre alten Buch sein Erscheinungsdatum deutlich anmerkt, denn das, was da über diese Sommerakademie mit den kreativen Writingkursen geschrieben wurde, habe ich nicht so sensationell, sondern alltäglich gefunden.

Es dürfte auch ein bißchen Autobiografisch sein, denn ich habe bei den beiden Brüdern Bruno und Michel, die da beschrieben werden, 1956 der eine 1958 der andere geboren, einige Parallelen zum Lebensweg des Autors gefunden.

Aber dann ist es natürlich ein das ganze Jahrhundert umfassende, breitgefächertes Buch, das das Nachkriegsfrankreich mit all seinen sexuellen Phantasien, dem Leiden von Söhnen von neunzehnhundertachtundsechziger Mütter, obwohl oder weil, die zehn Jahre früher geboren wurden, den wissenschaftlichen Fortschritten, den sexuellen Abartigkeiten und und genau darstellt wird und es ist, weil es ja bis in die Hälte des einunzwanzigsten Jahrhunderts geht, wahrscheinlich auch ein utopischer Roman, den ich mit Stephan Teichgräber im Workshop behandeln hätte können, wenn das, das sich im letzten Kapitel abspielt, nicht nur eine listige Variante des Autors sein sollte, ich neige dazu, das zu glauben und stelle schließlich fest, daß es doch ein sehr beeindruckendes Buchist, obwohl soviel männliche sexuelle Besessenheit  immer ein bißchen abtörnend auf mich wirkt, so daß ich ganze Seiten nur überflogen habe und trotzdem länger, als geplant zum Lesen gebraucht habe.

Es gibt ein Vorwort und ein Nachwort, das sich, um das Leben des Molekularbiologen Michel  Djerzinski, man sieht schon den autobiografischen Bezug, handelt, der in Irland das neue menschliche Leben klonte oder den wissenschaftlichen Beweis dazu lieferte und dann nachdem er die Artikel an die entsprechenden Fachzeitungen schickte, ins Wasser ging.

Das wird in der sogenannten „Nachrede“ ausgeführt und dann noch bis 2050 oder so die wissenschaftlichen Folgen der Forschung erklärt.

Dazwischen liegen aber drei lange Teile, die das Leben der beiden Brüder Bruno und Michel, der eine, wie geschrieben 1956 der andere 1958 beboren, erzählt. Die Mutter hieß Janine und war eine Ärztin, die die sexuellen Ausschweifungen von 1968 sehr genoß, ihre beiden Buben von zwei Vätern hatte, sie bei den Großmüttern aufwachsen ließ, so war der eine Zeitlang in Algerien,  der andere bei der anderen Großmutter in Frakreich, beziehungsweise bei seinem Vater, auch einem Arzt, der Frankreichs Frauen, die Schönheitschirurgie bescherte, dann aber den Trend versäumte.

Bruno kam bald in ein Internat, wo er von den älteren Schülern gequält und mißhandelt wurde, mit den Mädchen Schwierigkeiten hatte und Zeit seines Lebens sich seines zu kleinen Penis wegen schämte. In der Jugend erlebte er mit seinem Bruder und mit Annabelle, einen wahrscheinlich nicht so flotten Dreier, in einer dieser Komunen, der Zeltanlage mit kreativen Angebot, die wohl an den Wiener Aktionismus und an Otto Mühl erinnern soll, denn das Buch ist wissenschaftlich unterminiert, die Wiener Ferkeleien werden erwähnt und auf der anderen Seite auch Albert Einstein und Werner Heisenberg.

Bruno wird Lehrer, verheiratet sich auch, wird bald geschieden, hat seinen Sohn Victor nur am Wocheneinde bei sich und versteht ihn nicht. Die Geschichte der sexuellen Revolution wird nebenbei erläutert und Bruno, der dann als Lehrer an das Internat kommt, wo er gedemütigt wurde, wird fast verrückt an den Miniröcken seiner Schülerinnen, holt sich wahrscheinlich hinter einem Schulheft verborgen, einem nach dem anderen hinunter und berührt dann eine nordafrikanische Schülerin, weil er die afrikanischen Schüler schon längst, wegenihrer angeblich längeren Pimmel beneidet.

Das Mädchen schweigt, Bruno sucht einen Psychiater auf und wird ins Ministerium versetzt. Dann hat er eine Zeitlang eine ebenfalls sexbesessene Freundin namens Christiane, als die aber nach einem Rückenmarkleiden gelähmt wird und sich umbringt, läßt er sich wieder in die Psychiatrie einweisen, besucht nur mehr die Mutter, die in ihrer Glückskommune, wo sie den Rest ihres Lebens verbringt und der auch allen ihren Besitz vermicht, stirbt, während Michel, nachdem seine Großmutter exhuminiert wurde, an dem Ort, wo er mit seiner Jugendfreunin Annabelle aufgewachsen ist, diese wiedersieht. Die will mit vierzig nochmals schwanger von ihm werden, was sich aber zu einer Katastrophe auswächst, die Ärzte entdecken einen Krebs an ihr, so daß sie schließlich nach einem Selbstmordversuch ins Koma fällt und stirbt und Michel nach Irland geht, wo er die oben schon beschriebenen Forschungen anstellt, wovon das Buch wohl auch seinen Namen hat.

Ganz am Anfang gibt es eine sehr berührende Stelle, über Michel, der als eine Art Autist beschrieben wird,  von einem Kanarienvogel, den er gerne loslassen will, der aber an panischer Angst vor der Freiheit stirbt, so daß Michel bis er nach Irland geht,  jahrelang mit einem leeren Vogelkäfig in der Wohnung lebt.

Die zwei Seiten des Michel Houllebecqs, könnte man so deuten, ein stark sexlastiges Buch, eines das wohl skandialierte und das ich mir auch etwas anders vorgestellt habe. Es aber sicher wichtig und gut es gelesen zu haben, um sich in der Welt der  starken Männer vielleicht wieder ein bißchen besser auszukennen und auch, um auch eineLücke im literarischen Kanon zu schließen.

2018-07-14

Manuskripte lesen

Alfred KolleritschDie „Manuskripte“, die steirische Literaturzeitschrift, herausgegeben von Alfred Kolleritsch und inzwischen glaube ich, auch von Andreas Unterweger, gehört sicher zu den wichtigsten österreichischen Lliteraturproduktionen und es hat sie auch schon geben, als ich in den späten Siebziger oder frühen Achtzigerjahren anfing meine literarischen Werke in die Welt zu verschicken.

Die „Manuskritpe“ aus dem legendären Graz und in Wien gab es das „Wespennest“, die Zeitschrift für brauchbare Texte von Gustav Ernst, Peter Henisch, etcetera, herausgegeben und gegründet.

Aus Graz ist keine Antwort gekommen, aus Wien vorerst auch nicht, Josef Haslinger hat mir, glaube ich, einmal geschrieben, daß er dafür gewesen wäre, sich in der Redaktionssitzung aber nicht durchsetzen konnte, etwas von mir zu bringen.

Die „U-Bahngeschichten“ sind dann, als ich die GAV aufgenommen wurde, doch dort erschienen und so habe ich bei meiner nächsten literarischen Aussendung trotzig an Alfred Kolleritsch geschrieben, daß er mich schon noch veröffentlichen würde, womit ich mich, wie sich herausstellen sollte und mein Kritiker Uli wird jetzt wahrscheinlich aufschreien, obwohl er sich in der österreichischen Literaturzeitschriftenlandschaft vielleicht nicht so auskennt, gehörig überschätzte.

Aber damals in den spätern Siebziger- und frühen Achtzigerjahren waren die Grazer „Manuskripte“ gehörig experimentell, brachten Elfriede Jelinek, Friederike Mayröcker, Ernst Jandl, was sie, was zumindestens die beiden Erstgenannten betrifft, immer noch tun. Inzwischen ist die Zeitschrift dem allgemeinen Trend entsprechend, auch etwas realistischer geworden und wieso ich das weiß?

Ich habe in den Neunzigerjahren, glaube ich, von Hans Jörg Waldner den Rat bekommen, mich an das Kulturamt der Stadt Wien wenden soll, wenn ich kostenlos Literaturzeitschriften  zugeschickt bekommen will, was ich auch tat und seither bekomme ich die „Manuskripte“, die ich regelmäßig mehr oder weniger intensiv durchblättere und dann zur Seite lege und selber Manuskripte hinschicken, tue ich, wie meine Leser wissen werden, schon lang nicht mehr.

Aber als Elfriede Jelinek 2004 den Nobelpreis bekommen hat, habe ich mich am darauffolgenden Samstag vor die Harlander Regale gesetzt und in den dort lagernden Manuskripten, nach Erstveröffentlichungen von ihr gesucht, denn die Zeitschrift bringt nur solche.

2008 habe ich zu bloggen angefangen und mich da eine Zeitlang regelmäßig mit dem Otto, meinem literarischen Verstärker, wie ich ihn nannte, ausgetauscht, der sowohl die „Mansukripte“ als auch die Zeitschrift „Kolik“ abonniert hat, die Gustav Ernst gegrünndet hat, als er das „Wespennest“ verlassen hat.

Und der hat ja eine kurze Zeit auch einen Blog geführt und dort regelmäßig über die „Manuskripte“ berichtet, so daß wir auf diese Art und Weise Andrea Stift, die dort mitarbeitete und oder auch publizierte kennenlernten.

Ich habe, weil ich ja auch keine gerne Kurzgeschichtenleserin bin, die Zeitschrift nicht besprochen, war aber in der „Alten Schmiede“ bei einer diesbezüglichen Festveranstaltung und habe Ende 2017 so zwischen Weihnachten und Neujahr plötzlich einen Brief aus Graz mit der Aufforderung mein Abo zu bezahlen bekommen, was ich zuerst für einen Irrtum hielt, aber durch einen Anruf imKulturamt von Julia Daniecyck erfuhr, daß die Stadt Wien das Abo schon 2012 beendet hat, was von den „Mansukriüten“ offenbar nicht bemerkt wurde.

Eine sehr liebe Dame schickte mir dann eine Abo-Kündigung und erklärte daß ich ab Nummer 218 keine Zusendung mehr bekommen würde, als ich aber von Leipzig zurückkam, war das Heft 2019 da, weil das Computersystem offfenbar noch immer nicht funktionierte. Ich habe es durchgeblättert und bin  vor einigen Wochen zu den H. C. Artmann Festival in die Breitenseer Lichtspiele gegangen, wo Erwin Einziger aus seinen „Verstreuten Märchenbaumkalenderblättern“ las und verkündete, daß die in den nächsten Wochen in den „Mansukripten“ erscheinen würden.

„Schade!“, habe ich wohl gedacht und mich gefreut, vorige Woche, Heft 220″ im Postkasten gefunden zu haben und der lieben Dame vorgeschlagen, mir das Heft, als Rezensionsexemplar weiter zu schicken, ich würde es im „Literaturgeflüster“ besprechen, was ich hiermit auch tue und mich also trotz meiner Bücherberge wieder etwas genauer mit der österreichischen Literaturzeitschriftenlandschaft auseinanderzusetzen, obwohl das Heft leider zum gegebenen Anlaß mit einem Nachruf begann.

Ist doch  Jürg Laederach am  10. März 2018 in Basel verstorben und Alfred Kolleritsch, beziehungsweise die Mansukripte“ hatten wohl eine besondere Verbindung mit dem 1945 geborenen Schweizer Dichter, der offensichtlich gerne Bücher und CDs verschickte und in seinen Texten gerne von „Riesenschnitzeln“ schrieb. Ein solcher Text ist im Nachruf abgedruckt und dann gibt es Texte von Elfriede Jelinek, Marianne Schroeder, offensichtlich der Lebensfrau, Ilma Rakusa, Friederike Kretzen, Kerstin Kemper etc, die dem Verstorbenen gedenken und Felix Phillph Ingold hat sogar Boris Pasternaks „Lyrische Variationen zum Thema Krieg und Revolution“ für ihn neu übersetzt.

Danach kommen wir zum heimischen Literatubetrieb nämlich zum österreichischen Fischer und Dichter Hans Eichhorn und seinenProsastpücken „Ungeboren“, bevor es zu dem schon erwähnten Erwin Einziger und seinen „Märchenbaumkalenderblättern“ geht.

Und von Valerie Fritsch, dem jungen Grazer Literaturtalent, habe ich, seit sie mit „Winters Garten“ auf der Longlist des Bp stand und den „Alpha-Literaturpreis“ wieder Erwarten nicht damit gewonnen hat, nichts mehr gehört habe, gibt es den sehr berührenden Text „Morbus“, wo ein Mann zu seiner dementen Frau nach Hause kommt und sich ihren Tod beziehungsweise ihr Sterben herbeiwünscht.

Dann kommen Auszüge aus einem Roman der1981in Wolfsburg geborenen Silvana Cimenti, von der ich noch nie etwas gehört habe und  der in Hiroshima lebende  Leopold Ferdermair, der auch schon in Klagenfurt gelesen hatt, brachte eine „Kinderverlustgeschichte“ in der er sich auf Peter Handke bezieht.

Die 1958 in Klagenfurt geborene Helga Glantschnig, die bei „Droschl“ veröffentlicht und schon ein Buch ihre Einlaufschue herausgebracht hat, beschäftigt sich in ihrem Text mit dem Hörzendorfer See, ist also wieder  sportlich unterwegs und der ebrenfalls in Klagenfurt geborene  Werner Lassnig, zieht, mit einigen Fußnoten versehen musikalisch durch die Stadt, während die „Wildganspreisträgerin“ von 2018 Sabine Scholl von ihren „Täuschungen“, die sie in Venedig erlebte, erzählt, man sieht die „Manuskripte 220“ halten es sehr sommerlich und der Schweizer Peter K. Wehrli brachte  sogar 77 Auszüge aus seinem „Kalifornischen Katalog“.

Es gibt stark körperbezogene Textstücke der 1983 geborenen visuellen Klangdichterin Kinga Toth, die ich schon einmal im Literaturhaus hörte, da wurde die Veranstaltung von Zoltan Lesi moderiert, der in dem Band auch zwei Gedichte hat und der heuer auch beim „Literarischen Lenz“ im Theaterbrett aufgetreten ist.

Andere Gedichte gibt es auch und eine Textstelle von Friederike Mayröcker und dann für mich besonders  hilfreich, weil ich ihm ja auch nicht verstanden habe, einen erklärenden Nachruf zum ersten Todestag von Hans Jörg Zauner von Harald Miesbacher unter dem Titel „Der Sprachschneider“.

Da gibt es erklärende Worte, sowohl zum Leben, des wie Miesbacher meinte, in den letzten Jahren unter sehr prekären Umständen gelebt habenden Avantgardisten, der auch immer wieder in den „Manuskripten“ veröffentlicht hat, als auch zu dessen Werk, das wie Miesbacher meint „den Nimbus einer Schwer- bis Unverständlichkeitsliteratur“ hatte, was ich im Weinhaus Sittl bei der Gedenklesung, sowohl hören, als auch selbst empfinden konnte.

„Und so will man ihm gerne wünschen, dass sich seine Hoffnung doch wenigstens im Nachhinein erfüllen möge und es schließlich heißt „als wortaufbolzschenderer wurde er dann endlich weltbekannt“, lautet der letzte Satz des erklärenden Nachrufes.

Ob das die „Manuskripte 220“ schaffen werden, ist nicht sehr wahrscheinlich. Ich bin über die kurze Werkeinführung aber sehr dankbar, habe mich, die realistisch schreibende Autorin, wieder gern durch die neue oder ältere mehr oder weniger experimentelle Literatur gelesen und so bin ich sehr froh, wenn auch nur durch einen Computerfehler, Heft 220 bekommen habe.

Daß ich mit dem Otto wahrscheinlich nicht  darüber diskutieren kann, finde ich sehr schade, weil wir ja heuer wegen unseres Schweizurlaubs auch bei der zweiten Sladky-Wanderung nicht mitgehen können. Aber vielleicht sehe ich ihn wiedermal im Literaturhaus, wie bei der Margret Kreidl-Veranstaltung,  vor ein paar Wochen und von der gibt es in den „Manuskripten 220“ auch ein Gedicht zu lesen. Wenn auch nur auf der Werbeseite, auf der auf ihr in der „Edition Berger“ erschienenes Bändchen „Hier schläft das Tier mit Zöpfen“ hingewiesen wird.

2018-07-13

Tyll

Filed under: Bücher — jancak @ 00:10
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Jetzt kommt wieder etwas von meiner Liste, nämlich ein Buch, das ich mir im letzten November auf der „Buch-Wien“ von dem Geburtstagsgutschein der Anna gekauft habe, weil ich es auf dem „Thalia-Stapel“ liegen gesehen habe und etwas anderes mir nicht so ins Auge sprang, denn ich bin ja eigentlich kein Kehlmann-Fan, den ich eigentlich für einen sehr genau arbeitenden, aber vielleicht etwas langweiligen Schriftsteller halte, obwohl ich schon einiges von ihm gelesen habe und einmal lang lang ists her, ich glaube es war nine eleven oder kurz danach, habe ich ihn in der „Alten Schmiede“ erlebt, als er von  ein paar Studenten angegriffen wurde und sich krampfhaft freundlich „Es freut mich, daß Sie sich so sehr für mich interessieren!“, verteidigt hat, während der Herr an meiner Seite verärgert „Raunzt nichts kaufts!“, geschrien hat und Kurt Neumann, die Diskussion abbrach und Till Eulenspiegel, der Narr aus dem vierzehnten jahrhundert und überhaupt historische Rlomane interessieren mich ja nicht so sehr, so steht die „Vermessung der Welt“ mit der er berühmt geworden ist, noch immer in meinen Regalen, aber dann habe ich doch nicht widerstehen können und ich muß sagen, ich war überrascht.

Daß das einer der besten Romane der Saison sei, habe ich schon vorher wo gehört und dem will ich nicht unbedingt zustimmen, aber es war spannend mich zwar nicht durch das Mittelalter aber durch den dreißigjährigen Krieg zu lesen, hatten wir ja  vor kurzem ein Luther-Jahr und Ferdiun Zaimoglu hat mit „Evangelio“  etwas Ähnliches gemacht und da sind wir auch schon bei einer Kehlmannschen Spezialität.

Vor ein paar Jahren habe ich „F“ gelesen und da auch gehört, daß er in einem Interview sagte, ein jeder Schriftsteller würde lügen. Was ich mir so interpretiere, daß er meinte, er muß etwas erfinden oder Geschichten fabulieren und den Ausdruck eigentlich für unglücklich hielt.

Aber das Jonglieren mit der Wirklichkeit gehört wahrscheinlich wirklich zu den Kehlmannschen Spezialitäten und seiner Kunst, denn er hat den Tyll Ulenspiegel in den dreißigjährigen Krieg verlegt. Einen Gaukler, Schausteller und Vaganten aus ihm gemacht und zieht in acht Kapiteln, die eigentlich Bilder sind durch die dreißig Jahre, zieht durch das Vagantenleben seines Tyll und durch die Geschichte, erfindet, fabuliert dabei selber wahrscheinlich sehr  wortgewaltig und ich muß sagen, Hut ab, langweilig, brav und  streberhaft ist da wahrscheinlich nicht mehr sehr viel, sondern alles spitzbübisch schlau durchdacht.

Die acht Sittenbilder des Krieges sind auch nicht chronologisch und von jenem Tyll wird eigentlich auch gar nicht so viel erzählt, der dient vielleicht nur als Vorwand für die Kehlmannsche Fabulierkunst und so zeichnet er wahrscheinlich genauso scharf, direkt, bunt und derb die Armeligkeit des Krieges und das Leid der Menschen damals, wie es Feridun Zaimoglu in seinem „Evangelio“ tat.

Beginnen tut es mit den Schuhen. Da zieht der berühmte Gaukler mit seiner Schwester oder Freundin, Nele, der Bäckerstochter seines Heimattorts und einer Alten durch ein Dorf und gibt eine Vorstellung. Er tanzt am Seil und fordert die Leute dann auf, die Schuhe in die Luft zu werfen, was zuerst zu Euphorie und dann zu bitteren Streit führt, weil  sie die dann nicht wiederfinden.

Dann geht es in die Kindheit des kleinen Tyll. Er ist der Sohn eines Müllers, der aber auch ein Heiler ist und sich sehr für Bücher und Gelehrtheit interessiert, das tut in Zeiten wie diesen nicht gut, so kommen zwei Gelehrte zu ihm auf Besuch und er wird als Hexer verbrannt. Der kleine Tyll, der Junge, der einmal schon ein traumatisches Erlebnis hatte, als er mit seiner hochschwangeren Mutter einen Karren Mehl durch den Wald führen mußte und dann die Nacht allein ausharren mußte, mußt dabei zusehen. Er reißt aber mit der schon erwähnten Bäckerstochter aus, schließt sich einen Schausteller an, der ihm noch das Jonglieren   beibringt und einen sprechenden Esel, wo man nie ganz  herausfindet, ob das nun Bauchredner- oder doch Zauberkunst ist, gibt es auch und dann noch eine Reihe berühmte Herren und Wissenschaftler, die in Zeiten, wie diesen nach Drachen suchen oder ihre Memoiren schreiben und weil sie sich auf ihr Gedächtnis nicht mehr so gut verlassen können, dabei einiges verändern.

Ja, Meister Kehlmann ist sehr ausgefuchst und eine Liz, die Enkeltochter der Maria Stuart, Winterkönigin, und Kurfürstin gibt es auch, bei der Tyll, der nicht sterben wollte, nicht sterben konnte oder sich auch nur für unsterblich hielt, Hofnarr war, gibt es auch.

Ein sehr interssantes Buch, wo einiges von Daniel Kehlmanns Meisterschaft, die er sich inzwischen strebsam,  fleißig höchstwahrscheinlich erarbeitet hat, zu sehen ist, also und wem es interessiert, in meinem momentanten Work on progress, an dem ich ja immer noch, wie verrückt oder auch verzweifelt korrigiere, kommt der Meister auch vor und liest ihm österreichischen Kulturinstitut von New York aus dem Buch und diskutiert mit Jonathan Franzen dabei von dem ich in diesem Jahr ja auch schon etwas gelesen habe.

2018-07-12

O-Töne-Start

Filed under: Veranstaltungen — jancak @ 23:12
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Stefan Sterzinger Trio

Stefan Sterzinger Trio

Und wieder hat ein tolles Literaturfestival angefangen, die O-Töne, die es im Museumsquartier im Juli und im August, nun schon, glaube ich, zum fünfzehnten Mal gibt und von denen ich wegen meiner Sommerfrische, die ich früher ab Mittwoch in Harland machte, sehr viel versäumte.

Seit zwei Jahren ist der Alfred aber in Altersteilzeit und da gibt es nur mehr Sommerfrischenwochenenden und ich kann mich Donnerstagabend mit einem Buch ins Museumsquartier setzen. Denn man sollte schon eine Stunde vorher dort sein, damit man einen Platz bekommt.

Ich war also, um halb sieben dort, habe begonnen in Elelena Ferrantes „Meine geniale Freundin“, ein Buch das mir die Ruth voriges Jahr geschenkt hat, als wir mit ihr um den Bodensee geradelt sind, zu lesen. Petra Eckhart hat begonnen, die Goodiebags mit dem Programm und den Bleistiften, die ich ja für mein Lesen brauche, weil ich eine starke Anstreicherin bin, zu verteilen. Dann ist  schon meine Hauptschulfreundin Christa U. aufgetaucht, die ich meistens im Sommer bei den den Sommerfestivals sehe und etwas später die Ruth, denn wir wollen ja heuer mit ihr um den Neusiedlersee radeln und hat dem Alfred einen Plan gebracht.

Robert Seethaler

Robert Seethaler

Marie Gamillscheg

Marie Gamillscheg

Langsam hat sich das Areal im Haupthof gefüllt, das Wetter war ja sehr schön und beim Eröffnungsabend der O-Töne gibt es auch immer ein Konzert. Diesmal war es das Stefan Terzinger Trio das begonnen und immer nach dem „Chef!“, gerufen hat und außerdem noch etwas von den Impressionen preisgab, die man erleben kann, wenn man plötzlich in eine Hölle kommt.

Dann kam Daniela Strigl und stellte ihre erste Debutantin vor. Das war diesmal die 1992 in Graz geborene und in Wien lebende Marie Gamilschegg „Mit alles was glänzt“, ein Roman, der in einer Stadt, ähnlich wie Eisenerz spielt und von dem Tod eines jungen Mannes handelt. Zumindest war das die Stelle, die die junge Autorin vorgelesen hat. Sprachlich sind mir einige sehr schöne Stellen in dieser wahrscheinlich leisen Dorfgeschichte aufgefallen und eine solche hatte auch der Star des Abends, der von Katja Gasser moderiert wurde, hat doch der ebenfalls in Berlin lebende Robert Seethaler, von dem ich das erste Mal etwas hörte, als bei „Rund um die Burg neu“ seinen Trafikanten vorgestellt wurde. Ich habe im Schrank einmal ein Buch von ihm gefunden und noch nicht gelesen und richtig berühmt ist er mit seinen „Ein ganzes Leben“ geworden, ein Buch mit dem ich trotz der vielen Lorbeeren, die es bekommen hat, nicht so ganz warmgeworden bin und in seinem „Feld“ scheint es wieder, ums einfache Leben zu gehen und zwar wird da  und das ist ein origineller Einfall, den ich auch beim vorwöchigen „Bachmannlesen“ gefunden habe, eine Stadt durch ihre Toten vorgestellt. Vier solcher Stellen hat Robert Seethaler gelesen, zwei habe ich davon sehr berührend gefunden. Da erzählt eine Lehrerin, wie sie ihren Mann kennengelernt hat und die andere handelt von zwei Krebspatientinennen, die ihre letzten Tagen in einem Sanatorium genannten Sterbehospitz verbringen

Das Buch hat wieder großes Lob bekommen und ist derzeit in großen Stößen in den Buchhandlungen zu finden, so daß zu vermuten ist, daß es auf eine der beiden Buchpreislisten kommen wird. Dann werde ich es wahrscheinlich lesen und herausfinden, ob ich mit Robert Seethaler warm werden kann.

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