Literaturgefluester

2018-09-03

Hofnarr und Poet

In der Sommerreihe des Wiener Lesetheaters, wird wie Susanna C. Aschner in der Einleitung erklärte, jedes Jahr Joe Berger aufgeführt. Drei dieser Veranstaltungen habe ich mir angehört, bin ich ja irgendwie auch ein Fan des von 1939 bis 1991 lebenden Autors und Schauspielers, der irgendwie auch einen sehr skurrilen Experimentellismus hatte. In dem „Hirnhäusl-Symposium“ in der Wien-Bibliothek war ich auch einmal und was das Lesetheater betrifft, so hat der Sommer für mich heuer mit zwei Lesetheaterveranstaltungen mit Ruth Aspöcks  Nicolas Guillen-Aufführung und mit dem „Zauner-lesen“ begonnen und mit Joe Berger geendet.

„Denken Sie!“, hat eine Lesetheateraufführung geheißen, in einer anderen wurden seine Songs aufgeführt und diesmal hat Sara Berger, die Witwe mitgestaltet und mitgelesen und ich denke, sie hat sehr beeindruckende Texte aufgeführt, so daß mir diese Veranstaltung, glaube ich, am besten gefallen hat, denn manchmal ist mir Bergers Humor auch skurril und zu ordinär, diesesmal war es aber nicht so.

Es ging sehr viel um Wien und um den Österreicher, es ging auch um zwei Poeten, wo wie Sara Berger erklärte, Andre Heller und Erika Pluhar gemeint sein könnten.Jedenfalls liegt ein Paar im Beet, die Frau will schlafen, der Mann ist sehr poetisch, enthusiastisch „Du meineSonne!“ oder noch ärger und springt,  als er die Frau auch aufgestachelt hat aus dem Fenster hinaus.

Es ging um „Wien als die Stadt der Hausmeister“, was fast ein wenig an Heimito von Doderer erinnern könnte und da wird Wien in Berger skurrilen Humor mit Moskau, wo es die Birken und mit New York, das es noch nicht gibt, verglichen.

Sehr beeindruckend war auch der Text mit dem „Hausaufgaben“, wo immer Schulaufsätze vorgelesen werden, die dann von der Lehrerin korrigiert wurden. Die Ausätze stammen von einer Elfi, die den Nachmittag bei der Großmutter verbringt, weil die Eltern arbeiten, die Mutter im Büro, der Vater will auch dorthin und als sie Syvester oder Geburtstagfeiern ist die Elfi bei der Großmutter, die erlebt einen Schlaganfall. Elfi kann sie durch Pulver retten, sie stirbt aber trotzdem. Elfi beschreibt im schwarzen Kleid das Begräbnis, spielt dann mit ihren Puppen sterben und mischt sich selbst das Pulver, während die Eltern wieder feiern und die Lehrerin hat dann den letzten Aufsatz zu bewerten.

Beklemmend skurril  diese Textauswahl und sehr literarisch und ein Text aus einer Anthologie, die 1990 Thomas Bernhard parodierte, wurde am Schluß  auch noch vorgelesen, den ich, die ich Thomas Bernhard ja einmal sehr liebte und ihn jetzt als zu negativ empfinde, sehr köstlich fand, wird doch da das Kaffeehaus als der fürchterlichste aller Orte beschrieben, wo man sich jeden Vormittag hinbegibt, um einen kleinen Braunen, auch was fürcherliches, zu trinken, dabei wird man von einem Keller in einem muffelnden Frack bedient und verbrennt sich noch dieZunge, was auch sehr fürchterlich ist, die Parodie aber sehr großartig.

En großartiger Joe Berger Abend, der noch von Musik untermalt wurde, so daß ich mich schon auf das nächste Jahr und den nächste Joe berger freuen kann.

Bekannte waren auch im Weinhaus Sittel, wie Ottwald John, der diesmal im Publkum saß, Hahnrei Wolf Käfer und meine liebe Hauptschulfreundin Christa U. mit der wir uns noch länger unterhielten und die immer sehr gute Tips hat, was man in Wien alles literarisch, filmtechnisch, fotografisch etcetera erleben kann.

2018-09-02

Verregnetes Volksstimmefest

Filed under: Lesung,Veranstaltungen — jancak @ 23:15
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Das am Wochenende das Wetter sehr schlecht sein soll, höre ich schon die ganze Woche und am Samstagmorgen hat mir der Alfred sogar die Nachricht überbracht, daß die Organisatoren überlegen, ob sie das Fest nicht wegen Überschwemmungsgefahr absagen sollte, dann hat es aber, als ich nach zwei weggegangen ist, weil die Lesung diesmal länger war und mehr Autoren am Programm standen und daher früher anfangen sollte, nicht geregnet.

Ich hatte trotzdem die Regenjacke an und als ich auf der Kärntner- oder schon auf der Rotenturmstraße war, ist es auf einmal finster geworden und es hat zu schütten angefangen, so daß ich diesen Sommer zum dritten Mal naß bis auf die Haut und die Knochen wurde, was mir zwar an sich nicht so viel macht, da es jetzt aber schon etwas kälter war, war es trotzdem unangenehm, den ganzen Nachmittag und Abend naß herumzulaufen, obwohl ich ja den Regen am Samstag am Volksstimmefest schon gewohnt bin.

Ich melde mich, seit ich seit 1989 fast immer am Volksstimmefest gelesen habe,  immer für den Samstag an, weil ich es dann hinter mir habe. Da hat es meistens geregnet, während es am Sonntag wieder schön war und einmal kann ich mich erinnern, daß ich zwar gelesen habe, Helmut Rizy die Lesung aber nach mir mit Hinweis auf die Anthologie, die es ja geben würde, die Lesung abgebrochen hat und diesmal hatte es, als ich die Jesuitenwiese und die „Sigi Maron“, wie die Bühne, wo die Lesung jetzt stattfindet, heißt, Jura „Soyfer-“ und „Siebensternbühne“ hat sie, glaube ich, schon geheißen, zwar aufgehört zu regnen, aber während ich in der ersten Tranche auf der Bühne saß, wieder angefangen und dann mehr oder weniger, die ganze Lesung durchgeregnet.

Dreiunddreißig Autoren und Autorinnen hat Christoph Kepplinger für die zwei Tage angekündigt und das Thema war Kapitulaton, mit dem ich nach dem ersten Hören nichts anfangen konnte, dann dachte ich aber Kapitulation ist eigentlich alles was schiefgeht und nicht gelingt und das ist fast alles und habe das auch Hilde Schmölzer vor ein paar Wochen in der „Alten Schmiede“ so gesagt, als die mir erklärte, daß sie zu diesem Thema eigentlich nichts hättte.

„Ich auch nicht!“, habe ich gedacht oder geantwortet, war aber da, glaube ich, schon entschloßen, die Nobelpreisszene aus der „Unsichtbaren Frau“ zu lesen, weil die mir  sehr gut gefällt und da wäre die Kapitualtion, daß die Lilly Schmidt den Preis nicht bekommt, Britta gestorben ist und  Jonathan Larsen schließlich doch zur Sitzung geht, obwohl er das eigentlich nicht will.

Ich habe als Dritte gelesen, vorher waren Gabriele Hütter und die Ruth dran und die hatten eher aphoristische beziehungsweise theoretische Texte, nachher kam El Awadalla, die etwas zu der Flüchtlingskrise von 2015 aus ihrem neuem Buch brachte und da ist die Kapitulation sehr deutlich, wenn man bedeckt, daß zeitgleich mit dem Fest Leute in Chemnitz auf die Straße gingen, weil sie Angst vor den Flüchtlingen haben.

Ljuba Arnautovic brachte einen Ausschnitt aus der Fortsetzung ihres Debutromans, der auch auf der Jesuitenwiese spielt, Martina Wittels erinnerte an Harald Irnberger, der das „Extrablatt“ gegründet hat, das in den Siebzigerjahren kritische Texte in die Welt setzte. Katrin Forster brachte einen Text, wo sich eine Nörglerin darüber beschwert, daß heute jeder die Zentralmatura machen kann, weil der Staat unkritische Bürger braucht und Peter Clar den ich ja glaube ich auf einem Volksstimmegest kennenlernte, beschwerte sich in seinem Text, daß er nur mehr Friederike Mayröcker lesen kann, die sich ihrerseits nur mehr an Jaques Derrida hält.

Er rief auch zur nächsten Widerstandsdemo am vierten Oktober auf, die es jetzt doch zu geben schien und Markus Köhle und Mieze Medusa berkäftigten seinen Aufruf. Mieze Medusa ging in ihren Text in ihre Kindheit zurück, während Markus Köhle mit der Verarmung der Sprache beschäftigen „Gehen Volkkstimmefest, halten  Lesung, ectetera“. Die letzte Runde gehörten Pia Piuk die ein Stück aus ihrem Heimatroman las und Dominika Meindl, die ein Interview über die Wichtigkeit der Literatur mit Sebastian Kurz, H. C. Strache und noch einem anderen Politiker machte. Also ein sehr lustiges und satirisches Stück, worüber alle lachten.

Dann gab es wieder Kaffee und Kuchen am Favoritner Stand, der diesmal gut besucht war und es viele  interessante Literaturgespräche gegeben hat.

Mit dem Wetter hat  es dann am Sonntag nicht so ganz, wie von Christoph Kepplinger gewünscht, geklappt, ich bin aber nicht  so naß, wie am Samstag geworden und, als ich die Sigi Maron Bühne erreichte, hat gerade Magdalena Knapp-Menzel, gefolgt von Gabriele Müller gelesen, während ich den Poetry Slamer Christian Schreibmüller versäumt habe.

Die Texte waren allgemein politischer und auf die gegenwärtige Situation bezogen, als gestern, so hatte sich nicht nur Andi Pianka mit dem Regierungswechsel und dem zwölf Stundentag, der gerade in Kraft getreten ist, beschäftigt, Eva Schörkhuber hatte einen Text über die Zähne oder das Zähnezeigen des Innenministers mit seiner berittenen Polizei und zwei Hydra Satyriker Stefan Kanolky und Maximillian Zirkowitsch ,wo ich den letztern  vom „Holzbaum-Verlag“ kenne, haben ein Buch bei „Milena“ herausgebracht, wo sie sich um die Fakten bei Haiders Tod und vielem anderen beschäftigte.

Richard Schuberth verarbeitete die politische Situation mit einer Fabel und entschuldigte sich vorher bei den erwähnten Tieren dafür und Verena Mermer brachte einen sehr proaartigen lyrischen Zyklus, der sich mit der Überbelastung der Frau und dem Abgeben und „Nein sagen!“, beschäftigte.

Es gab noch einen Text von Elfriede Jelinek, die ja früher vor 1989 bei Arthur West regelmäßig auf dem Fest gelesen hat, den Christoph  Kepplinger vorgetragen hat und vieles mehr.

Danach war das Wetter besser, so daß ich noch länger mit dem Alfred über das Festgelände herumstreifte, Sturm und einen Mojito trank, Antonio Fian zum „Priessnitz-Preis“ den er heuer bekommen wird, gratulierte und uns noch länger mit Renate Sassmann bei Gratis Weintrauben und gratis Somlauer Nockerln unterhielten.

Gabriela Hütter

Gabriela Hütter

Ruth Aspöck

Ruth Aspöck

El Awadalla

El Awadalla

Gerald Jatzek

Gerald Jatzek

Ariadne Schimmler

Ariadne Schimmler

Ljuba Arnautovic

Ljuba Arnautovic

Martina Wittels

Martina Wittels

Sebastian Vogt

Sebastian Vogt

Peter Marius Huemer

Peter Marius Huemer

Katrin Forstner

Katrin Forstner

Martin Peichl

Martin Peichl

Peter Clar

Peter Clar

Mieze Medusa

Mieze Medusa

Markus Köhle

Markus Köhle

Petra Piuk

Petra Piuk

Dominika Meindl

Dominika Meindl

Christian Schreibmüller

Christian Schreibmüller

Magdalena Knapp-Menzel

Magdalena Knapp-Menzel

Gabriele Müller

Gabriele Müller

Erich Klinger

Erich Klinger

Andi Pianka

Andi Pianka

Anna Drezga

Anna Drezga

Richard Schuberth

Richard Schuberth

Stefan Kalnoky

Stefan Kalnoky

Maximilian Zirkowitsch

Maximilian Zirkowitsch

Kerstin Putz

Kerstin Putz

Jiaspa Fenzl

Jiaspa Fenzl

Wolfgang Oertl

Wolfgang Oertl

Verena Mermer

Verena Mermer

Christoph Kepplinger

Christoph Kepplinger

Eva Schörkhuber

Eva Schörkhuber

Kurto Wendt

Kurto Wendt

Olja Alvir

Olja Alvir

Eva Jancak

Eva Jancak

Christoph Kepplinger

Christoph Kepplinger

2018-09-01

Was dann nachher so schön fliegt

Filed under: Bücher — jancak @ 00:33
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Jetzt kommt eine kleine Pause von meinem heurigen dBp-Lesen, da ich, da ich ja soviele andere Neuerscheinungen habe, die nicht auf der Liste stehen, parallel, beziehungsabwechselnd lesen werde, nämlich das Debut des 1967 geborenen „Streiflichter- Redakteurs“ HiIlmar Klutes „Was nachher so schön fliegt“ und es ist eines, das durchaus daraufstehen könnte und auch eines, das meine Themen, das Schreiben und den Literaturberieb worüber ich ja auch schon sehr viel geschrieben hate, in einer wie  im Klappentext schreibt, Weise behandelt, wie man es noch nie gelesen hat. Was ich zum Teil auch bestätigen wüede

Es geht um Volker Winterberg, der zwanzigjährig, im Jahre 1987 im Ruhrgebiet seinen Zivildienst in einem Altersheim macht, aber eigentlich schreiben will, der größte Dichter der Welt wahrscheinlich und dabei sehr sehr viel von der deutschen Literatur weiß. Es ist ein Lobgesang der „Gruppe 47“ kann man sagen und es ist wahrscheinlich auch sehr viel Autobiografie des Autors dabei, über das er sich sehr lustig macht, nur mit den verschiedenen Ebenen, die das Buch beleuchtet, bin ich ein wenig durcheinander gekommen und hätte mir da vielleicht mehr Straffung gewünscht.

Denn der Volker Winterberg erzählt sehr schnoddring aus seinem Leben. Erwähnt auch durchaus, daß er die Literatur aufsaugt und noch keinen eigenen Stil hat.

Liest er die Bachmann, dann schreibt er, wie sie und am nächsten Tag, wie Heiner Müller etcera. Er  hat sehr viel gelesen, hat seine Idole, aber, was mich auch ein wenig irriterte oder wunderte, mag er Erich Fried nicht, das habe ich nicht so ganz verstanden, denn ich mag ihn gern und halte ihn auch für ein Idol, aber Volker, der am Morgen die Alten in dem Heim betreut und mit der Schwester Erika vögelt, die ihm erklärt, ob er weiß, daß  die Generation, die er da pflegt, die ist, die Auschwitz ermöglicht hat, geht einerseits wieder sehr kritisch und leicht ironisch mit den Pflegenotständen in dem Heim um. Er macht auch Gedächtnistraining mit den Alten und kümmert sich um sie, andererseits macht er sich auch über die Zustände lustig.

Dann war ein einmal in Paris und hat da ein Gedicht geschrieben und deshalb wird er zu einem Nachwuchswettbewerb nach Berlin eingeladen, wo er sich in eine junge Studentin verliebt, also wieder Liebesabenteuer hat, andererseits sehr schön beschrieben wird, wie die „konstruktive Kritik“ zu MMRs Zeiten passierte.

Da gibt es einen Workshop, wo man seine Gedichte vorstellen kann, eine junge Frau zeigt ihre Gefühle und wird heruntergeputzt. Da ist Volker wieder einfühlsam und mahnt, die anderen, sie doch nicht in den Selbstmord zu treiben. Dann verhält er sich wieder ein wenig arschhaft.

Einige junge Dichter werden beschrieben, wo mir nicht ganz klar war, ob die fiktiv und erfunden sind und die besten Stellen, die nicht ganz durchgehalten werden, sind, glaube ich, auch die, die  der Klappentext meint, wo sich Volker neben seinem realen Aufenthalt bei jenem Seminar, immer wieder die „Gruppe 47“ die ja schon viel früher stattfand, vorstellt und da auch einen Günter Grass beschreibt, mit dem er Auto stoppt und der den mitnehmenden Autofahrer von seiner „Blechtrommel“ erzählt oder er erzählt, wie er mit Erika an einem solchen Treffen teilnimmt und Hans Werner Richter stürzt sich gleich auf sie.

Es sind starke Stellen in dem Buch, die wahrscheinlich, die Biografie eines besessenen jungen Dichters erzhlen, was ich sehr nachvollziehen kann, weil ich mich ja auch seit fünfundvierzig Jahren mit dem Schreiben beschäftige. Dann sehr viel Literaturgeschichte, die eingewoben wird, die mich auch sehr interessiert und dann gibt er auch indirekte Schreibtipps, wo er seine Protagonisten nach Paris oder Berlin ziehen läßt, um etwas zu erleben, über das man dann schreiben kann und das ist ja etwas, was ich auch gerademache.

Ein spannendes Buch, das vielleicht deshalb nicht auf die LL gekommen ist, weil das Schreiben und die Literaturgeschichte nicht so viele Leute interessiert. Ich würde es aber hinauf tun und könnte es mir auch gut auf der Debutpreisshortlist vorstellen. Kann das Lesen daher allen Literaturinteressierten sehr empfehlen.

Über die Mißstände in den Altenheimen und über die Erfahrungen eines Zivis erfährt man auch sehr viel und da ist ja in Österreich vor einem Jahr auch ein anderen Buch eines jungen Wunderkindes erschienen, das zwar, glaube ich, nicht über die „Gruppe 47“ sogut Bescheid weiß, aber sehr intensiv über seinen Zivildienst in einer betreuten WG schreibt und Clemens J. Setz hat das auch einmal getan.

Der Buchtitel ist übrigens ein Gedichtzitat, das, glaube ich, von Peter Rühmkorf stammt.

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