Jetzt kommt eine Entdeckung, nämlich der Roman der 1915 in Warschau geborenen und 2010 in Toronto verstobenen Helen Weinzweig, den sie mit fünfundsechzig Jahren geschrieben hat und der jetzt bei „Wagenbach“ auf Deutsch herausgekommen ist.
Eine im surrealen Stil der Neunzehnhundertdreißigerjahre geschriebene aber durchaus in der Gegenwart der Fünfundsechzigjährigen, spielendende Geschichte, wo man nicht recht weiß, geht es dabei, um die Unterdrückung der Frau oder um die Emanzipation der selben, was in Zeiten wie diesen ja besonders wichtig ist?
Der Text am Buchrücken unterscheidet sich auch vom Klappentext und das, was man dann auf den hundertsechundachtzig Seiten liest, ist noch ein bißchen anders.
Da geht es um Shirley, eine1925 geborene Frau, die sich einen anderen Namen gibt und durch die Welt reist, um sich mit ihren Geliebten namens Coenraad zu treffen.
Das muß auf geheimnisvolle Art und Weise geschehehn. Er hinterläßt in den Hotels, in denen sie absteigt, Nachrichten, für sie. Sie muß dann nach ihm suchen und liegt abends einsam in ihrem Hotelzimmer, schaut sich Postkarten an und durchdenkt ihr Leben und ihre Beziehung zu ihrem Geliebten, der ihr klare Vorschriften gibt, nicht entdeckt werden und selbst bestimmen möchte, ob und wann er sie zum letzten Mal sieht.
Sie ist verheiratet mit einem Zbiginew, an den sie manchmal denkt, während sie im schwarzen Kleid mit Perlenkette durch die Straßen läuft, sich von Kellnerinen zuerst an Katzentische, dann doch zu besseren Tischen führen und sich von ihren ihre Lebensgeschichten erzählen läßt.
Eine der Botschaften, die Coenraad für sie ausgelegt haben könnten, handelt von aussterbenden Ulmen. So sucht sie in den nächsten Tagen alle Ulmenstraßen ab, bis sie erkennt, daß das vielleicht eine falsche Fährte war, weil in dem Hotel auch eine Gruppe von Botanikern logiert, die diese Folder in die Gästefächer auslegen ließ.
Sie wird aber von einem angesprochen und zu sich eingeladen, weil er ihr seine Orchiddeensammlung zeigen möchte.
Dann ist sie wieder zu Hause und findet in Bett und Küche eine Francesca vor, denn der Zbigniew ist inzwischen auch nicht untätig gewesen. Franscesca erzählt ihr ihre Lebensgeschichte und serviert dann die Pfirsiche, die sie selbst eingelegt hat, als die ihren, was Shirley ärgert, so daß sie sich zwar zuerst mit ins Ehebett legt, später aber ihre Kleider nimmt, Francesca ihre Perlenkette hinterläßt und das Haus verläßt, um vielleicht in ein neues besseres Leben aufzubrechen.
Das weiß man nicht so genau, hat aber einen interessanten Roman gelesen, der in der Frühlingsproduktion, wo es ja um traurige Gäste, Blauwale, Gotteskinder, aber auch um das neue Kultbuch von Michelle Houllebeque „Sarotonin“ und Takis Würgers „Stella“ geht, die letzteren habe ich nicht gelesen, ein wenig aufhorchen läßt.
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