Die 1971 in Wien geborene Gertraud Klemm könnte man wohl als eine postfeministische Autorin bezeichnen.
Ich habe sie, glaube ich, vor Jahren bei den „Textvorstellungen“ in der „AS“ kennengelernt, wo sie die Vorläuferform von „Muttergehäuse“ vorstellte. Das Buch ist, glaube ich, zuerst bei „Arovell“ erschienen, dann kamen ein paar Bücher bei „Droschl“ und die Lesung beim „Bachmannpreis“, die von den Juroren als sehr wohlwollend aufgenommen wurde, ich aber eher dachte, das hatten wir doch schon, der Feminismus der Siebzigerjahre, Karin Struck, Gert Brantenberg und so, das was wir auch im „Arbeitskreis schreibender Frauen“, besprachen, ist doch schon vorbei und läßt sich wohl so nicht wieder aufwärmen.
Mit „Aberland“ ist sie dann 2015 auf der LL des dBp gestanden. Dann kam „Muttergehäuse“ bei <kremayr und Scheriau“, 2017 „Erbsenzählen“ bei „Droschl“, das ich nicht gelesen habe und jetzt das neue Buch von dem ich mit guten Grund sehr gespannt bin, ob es auf Longlist, Shortlist des dBp oder gar den Preis bekommt.
Der gute Grund ist, das Buch handelt davon und vom Literaturbetrieb der 1960 und 1970 Jahre, ist eine Abrechnung desselben und das durchaus im Bernhardstil „In Angesicht des Todes ist das Gehorchen lächerlich geworden“, obwohl es ja ein Buch ist, das die Benachteiligung der Atorinnen gegenüber der Autoren aufzeigen will.
Da ist Helene Schulze, Jahrgang 1954 und die ist plötzlich gestorben. Es heißt, sie hätte sich zu Tode getrunken, ist an der Männerwelt und dem Literaturbetrieb zu Grunde gegangen, etcetera.
Elvira Katzenschlager ihre etwas jüngere Freunin soll ihren Nachlaß aufarbeiten und ist deshalb in das Haus nach Hintermoos gefahren, wo die Autorin gestorben ist. Die ist sehr jung mit ihrem ersten Buch namens „Rauhreif“ berühmt geworden und dann vom Literaturbetrieb vergessen worden, obwohl sie beim „Bachmannpreis“ gelesen hat, den Preis aber nicht bekommen hat, weil der kleine dicke Literaturkritiker herausfand, daß ein Satz von ihrem Text schon irgendwo erschienen ist.
Beim Ersteren habe ich an Brigitte Schwaiger, beim Zweiteren an Gabriele Petricek gedacht und bei Hintermoos an Friederike Mayröcker, die ja, glaube ich, mit ihrem Ernstl in einem Ort namens Rohrmoos öfter Urlaub machte. Helene hat dann geiratet, ist nach Kaiserbad, das ist, glaube ich, das Synonym für Baden, wo Gertraud Klemm, glaube ich, lebt oder lebte, gezogen, hat zwei Kinder geboren und sich ihnen und dem Ehemann gewidmet. Dann zog sie aber nach Hintermoos und hat noch einen Roman nämlich der „Drohenkönig“ geschrieben, von dem im Anhang steht, daß das inhaltliche Konzept an die „Töchter Egalias“ angelehnt ist und damit wurde sie für den deutschen Buchpreis nominiert.
Da hat die Kritikerin in mir gleich gedacht, das geht doch nicht, wenn sie schon gestorben ist, aber Brigitte Kronauer ist ja auch im Juli gestorben und bei den Facebooktips für die neue Longlist wird öfter ihr neuer Roman „Das Schöne, Schäbige, Schwankene“, genannt.
Es gibt aber noch ein paar Details, die nicht stimmen. Wird der Preis doch am Abend und nicht am Vormittag vergeben und auf der Shortlist stehen sechs und nicht fünf Autoren. Aber das sind wohl die Verfremdungseffekte, die ein guter Roman ja haben muß.
Helene Schulze wurde jedenfalls nominiert. Elvira Katzenschlager soll ihren Nachlaß ordnen und auch ein Interview geben, zu dem neben der Redakteurin auch ein junger Kameramann namens Adrian kommt.
Elvira Katzenschlager, die nicht mehr ganz gesund und wohl etwas schwierig ist, bricht das Interview ab, bereitet aber eine sogenannte Kunstinstallation vor, in dem sie Scheiße auf einen Hochstand schleppt, um die tote Helene, gegen das Unbill, das ihr die Männerwelt zugefügt hat, zu rächen. Ein Sturz, aber auch die Bandscheiben, lassen sie nach einem Assistenten suchen. So ruft sie Adrian an und heuert ihn für eintausendzweihundert Euro in der Woche an, ein solcher zu werden und der „Roadtrip des feministischen Aktionismus“, wie am Buchrücken steht, beginnt.
Zuerst wird die Scheiße noch irgendwohin geschmissen. Dann geht es nach Kaiserbad in den Kurpark, dort werden die Männerbüsten verkleidet und in Frauen verwandelt, denn Helene hat sich während ihres Hausfrauendaseins vergeblich für ein Frauenmuseum eingesetzt. Sie hat auch ein uneheliches Kind, das sie mit Fünfzehn eigentlich abtreiben wolle, eine bigotte Jungscharführerin hat sie daran gehindert. So ist ihr die nächste Kunstaktion gewidmet. Dann geht es nach Salzburg, wo eine Preisverleihung stattfinden soll, weil Helene aber den Preis nicht bekommen hat, werden der Kulturkritiker und die Jungautorin, die ihn bekommen soll, eingesperrt und Elvira hält auf der Bühne eine flammende Rede und so weiter und so fort, ich soll ja nicht so viel spoilern, höre ich gelegentlich.
Es geht also weiter mit den feministischen Racheaktionen. Elvira geht inzwischen das Geld aus, Helene kommt auf die Shortlist, bekommt den Preis dann nicht und Marlene Streeruwitz, die ja auch aus Baden stammt und dort wohl auch noch keine Denkmal hat, wird in dem Buch mehrmals erwähnt und hat auch schon über den Buchpreis und die dortige Nominierung geschrieben.
Es wird ihr am Schluß wird auch gedankt und ich denke, man könnte Gertraud Klemm durchaus als ihre Nachfolgerin betrachten und füge gleich hinzu, daß mir das Buch, die ich mich ja in meinem Schreiben auch öfter mit dem Literaturbetrieb befasse, gefallen hat und nun, wie schon erwähnt sehr neugierig bin, ob es auf die Longlist, Shortlist, etcetera, kommt, der österreichische Buchpreis wäre ja auch noch zu erwähnen und am nächsten Donnerstag das kann ich auch noch erwähnen, liest Gertraud Klemm daraus bei den O-Tönen.
Weil hier „Die Töchter Egalias“ erwähnt wurden: Es gibt auch eine Version für Männer – „Die Söhne Egalias“ von Peter Redvoort – und das ist kein zynisches, sondern ein durch und durch „profeministisches“ Büchlein .. (erfreulicherweise) ..
LG Renate
Kommentar von Renate — 2019-08-23 @ 15:27 |
Interessant, müßte ich mir mal ansehen!
Kommentar von jancak — 2019-08-23 @ 15:53 |