Geschichten der 1974 in Hamburg geborenen Karen Köhler, die mit einer davon 2014 beim „Bachmnannpreis“ lesen sollte, aber nicht konnte, weil sie die Windpocken hatte und man damals noch live dabei sein mußte. Im Vorjahr ist sie mit „Miroloi“ auf der Longlist des dBs gestanden, da habe ich auch den Erzählband im Schrank gefunden, „Bestseller“ steht darauf, was für Erzählungen einer recht jungen deutschen Autoren schon ungewöhnlich ist und die Erzählungen haben es in sich, obwohl sie genau genommen gar nicht so ungewöhnlich sind, aber in einer erstaunlich frischen fetzigen Sprache erzählt werden.
Da liegt eine junge Frau mit Krebs und künstlichen Darmausgang ohne Haare im Spital, warten auf ihren Freund und trifft den „Comandante“ in der Cafeteria, der ist ein alter Mann im Rollstuhl, der eine Mischung zwischen Spanisch und Englisch spricht. Der kauft ihr eine Perücke, bestellt ihr ein Kleid, damit sie ihren Freund beeindrucken kann und, als es dann so weit ist, ist er gestorben und eine andere junge Frau trifft in Amerika in der Nähe von Las Vegas halbverdurstet und ohne Rucksack einen Indianer. Der gibt ihr zu trinken, kauft ihr Pommes Frites und eine Sonnenbrille, dann gewinnen sie zweitausend Dollar im Casino. Er wird zusammengeschlagen, hat hohes Fieber, sie päppelt ihn in einem Motel mit dem Federschmuck auf dem Kopf eine Nacht lang auf und resumiert dazwischen ihr Leben.
In „Polarkreis“ geht eine kurz mal Zigaretten holen und schreibt ihrem Liebsten dann infolge Briefe und Postkarten aus Italien.
Dann wird eine junge Frau, die im Heimatdort einen Bioladen führt, von einem Jugendfreund, der Journalist geworden ist und damit einen Preis gewonnen hat, besucht, sie trinken Schnaps und Champagner. Dann führt sie ihn auf den Friedhof, wo ihre Schwester liegt. Er hat sie einmal ihr vorgezogen, dann lag er mit ihr nach ihrem Tod doch im Heu. Das Kind hat sie verloren und in der Nacht heimlich in der Schwester Grab gelegt.
Ähnlich daramatisch, die Titelgeschichte. Da erinnert sich eine an ihre Jugendliebe, der sie durch Selbstmord verlassen hat und in „Familenportraits“ waschen Töchter in der Mittagspause, das Geschirr ihrer betrunkenen Väter, besuchen die Mutter im Altersheim, die sie beschimpft, eßen mit ihren Eltern zu Weihnachten Gans, etcetera.
In „Starcode Red“ geht es auf eine Luxus-Yacht, wo sich, weil sie von ihrem Freund verlassen wurde, eine Schauspielerin als Entertainerin anstellen ließ und nun von den Vorschriften und Regeln der Security schikaniert wird.
In „Wild ist scheu“ zieht sich eine mit einem Wasserkanister, einem Schlafsack und noch ein paar anderen Sachen auf einen Hochstand zurück,den Müsliriegel den sie auch noch bei sich hat, schmeißt sie hinunter, beachtet das Wild und wartet auf den ersten Schneee, während in „Findling“ die siebzigjährige Asja irgendwo in den russischen Wälder ihre gesamte Familie begraben hat.
„Karen Köhler schreibt über die dramatischen Momente im Leben“ steht in der Beschreibung am buchbeginn und am Buchrücken hat Ursula <märz „Reden wir nicht drum herum: Da ist Meisterschaft am Werk“, gewchrieben.
„Stimmt!“, würde ich antworten.
Dramatische Momente, Ausnahmesituationen in einer schönen Sprache und ungewöhnliche Titel, kleine schöne Illustrationen gibt es immer wieder auch.
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