Jetzt kommt gleich ein Buch der Preisträgerin des „Rauriser Förderungspreises“ von 2013. Das Debut der 1975 geborenen Renate Silberer von der ich schon ihren 2017erschienenen Erzählband „Das Wetter hat viele Haare“ gelesen habe und jetzt auch ein bißchen verwirrt bin, dachte ich doch die „Rauriser Preise“ gehen an Debuts und Renate Silberer habe ich auch schon bei verschiedenen Lesungen gehört.
Das Buch ist vielleicht ein bißchen verwirrend, weil wieder viel zu viel darin verknüpft und etwas, was ich eigentlich für normal halte, als Problem geschildert wird.
Es geht, wie ich der Beschreibung entnehme, um Kritik am Leistungsdenken und an Führungsseminare und es geht auch wieder in die Vergangenheit, nämlich in die Eziehungsmethoden der Natonalsozialisten „Der Letzte, der nicht den Verstand verloren hat, wird Geschäftsführer: ein bitterböser Roman über das Leistungsdenken und den Glauben an sich selbst.“
Das klingt schon einmal interessant und der Anfang, der die Ausstiegspläne des Consultersmarius Tankwart schildert ist auch recht spannend und gut geschrieben. Dann zerfleddert es sich aber und verknüpft Dinge,die eigentlich nicht verknüpfbar sind. Da ist der sehr erfolgreicheConsulter, Platz vierundsechig bei den Top hundert, glaube ich, der will aussteigen und nach Mexiko gehen will. Vorher soll er aber noch unter vier Angestellten, den künftigen Geschäftsführer einer Werbeagentur aussuchen. Das soll im Saal „Harmonie“ des „Hotel Weitblicks“ geschehen. Die vier Kanditaten sind Horst, der ehrgeizige, wahrscheinlich FPÖ-Wähler mit ausländer- und frauenfeindlichen Ansichten, der während er zum Seminar fährt, Angst hat, von seiner Veronika verlassen zu werden. Dann gibt es Franz, den Familienvater, der am Schluß von seiner Frau verlassen wird, die Quotenfrau Annette, die an Panikattacken leidet und Helmut der offenbar der Schwächste ist, weil er immer von seinem Psychiater spricht.
In dem Hotel wird Dr. Tankwart, der lieber Schauspieler geworden wäre, aber keine Chance hatte sich gegen seine Mutter durchzusetzen, von dieser angerufen, die ihm zum Geburtstag gratuliert und dabei schildert, wie schwierig die Geburt für sie war. Das tut sie jedes Jahr und das führt zu dem berühmten Buch der Frau Dr. Haarer „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“, das bis in die Neunzehnhundertsiebzigerjahre wieder aufgelegt wurde und in dem steht, daß man Kinder nicht verwöhnen, sondern schreien lassen soll, damit sie harte Menschen werden und im leben nicht versagen.
Das ist das Problem von Dr Tankwart. Er geht dann aber in den Seminarraum, das Buch beginnt am Freitag und endet am Sonntag, wie das bei Assmesmentseminaren üblich ist und es beginnt auch mt den üblichen Psychoübungen. Aufeinander zu gehen, einen Baum zeichnen und sich dann auf den heißen Stuhl setzen, etcetera. Das denke ich, ist normal bei solchen Assesmentseminaren und die Teilnehmer darauf eingestellt. Diese, besonders Horst rebellieren aber und verstehen den Sinn nicht, betrinken sich am Abend, was vielleicht wieder ganz typisch ist und am Schluß flippt der Cosulter aus und sagt, er wird niemanden vorschlagen, sondern das Seminar verlassen. Der Schwächste, nämlich Helmut wird von der Polizei abgeführt. Die Quotenfrau bleibt über und die beiden anderen schreiben sich ihre Empfehlenungen selbst. Da würde ich jetzt an Daniel Glattauer und sein Paartherapiestück denken, wo der Therapeut zusammenbricht, weil ihm seine Frau angeblich verlassen hat. Das zerstrittende Paar verläßt versöhnt die Praxis, und der Therapeut ruft die Frau an und sagt „Hat wieder mal funktioniert!“
Aber hier war das ernstgemeint und nicht Seminarmethode, sondern sollte „Das Leistungsdenken, den Glauben an sich selbst und die Handlungsweisen der Gesellschaftbitterböse aufzeigen“, wie in den Beschreibungstexten steht.
Was das mit den nationalsozialistischen Erziehungsmethoden der Dr. Haarer zu tun hat, wird mir nicht ganz klar, beziehungsweise finde ich diese Verknüpfung zu den Assesmentmethoden und der Führungskräfteauswahl als zu plump und einfach gestrickt. Denn schließlich sind es jetzt wahrscheinlich schon die Enkelkinder die zu Führungsseminaren gehen und die wurden oft von den Achtundsechzigern erzogen, die den „Struwwelpeter“ und die Dr. Haarer längst in den Mistkübel geworfen haben und sie antiautoritär aufwachsen ließen, was, wie ich immer höre, auch nicht gut ist.
Gut hat mir aber die Anfangsstelle gefunden, wo der Consulter im Cafehaus sitzt, sich Zeitungen holt, als er zurückkommt, sitzt eine alte Frau auf seinen Platz, sagt er kann sich dazusetzen. Er liest einen Artikel von einer Frau, die ein Sessel sein möchte und die alte Dame spricht ihn darauf an, die ist dann offenbar der Mutterersatz und führt ihn durch das Buch und motiviert sein Aussteigen.
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