Die 1933 geborene Elfriede Haslehner und die 1939 geborene Hilde Langthaler, genannt Bruni, was sie später aber gar nicht wollte, waren in den späten Siebzigerjahren, als ich in den „Arbeitskreis schreibender Frauen“ gekommen bin, sicher meine prägensten literarischen Begegnungen. Als sich der „Arbeitskreis“ 1984 auflöste, beziehungsweise ich in keinen Verein eintreten wollte, habe ich mit den Beiden und mit der in den Neunzigerjahren verstorbenen Valerie Szabo noch jangelang in den verscheidensten Wohnungen und Cafes zum literarischen Austausch getroffen.
Die Elfriede hat erst kürzlich ihre von der Ruth, die ich erst später kennenlernte, organisierten „Gedenklesung“ im Lesetheater gehabt, die Bruni ist Anfangs 2019 gestorben und hat da auch einige Gedenklesungen gehabt und jetzt habe ich von ihrem Mann, dem lieben Richard, der ihr ein rührender Nachlaßverwalter ist, einen Bildband mit seinen Holzschnitten, die er, glaube ich, seit den Sechzigerjahren betreibt und vierzig ihrer Lyrik- oder Prosatexte herausgegeben, so daß ich im Monat März, wo wir ja noch immer der Lyrik gedenken mich wieder an eine wichtige Wegbereiterin meiner literarischen Karriere, die ja keine ist, gedenken kann.
Mein Verhältnis zu der Bruni war immer etwas schwierig und wir haben auch einige Auseinandersetzungen gehabt. Sie war mir glaube ich zu unsicher und zögernd und das habe ich nur schwer ausgehalten und sie hat sich wahrscheinlich an meiner Unsicherheit gestört. Besser ist das erst geworden, als ich „losgelassen“ habe und sie nicht mehr unbedingt überzeugen wollte, daß ich eine gute Freundin bin.
Das Vorwort zu dem Band hat Susanne Ayoub geschrieben mit der die Bruni sehr befreundet war und sie hat das beschrieben, was ich auch so sehen würde. Die Bruni war sehr bemüht, hat ihre Texte immer wieder überarbeitet, war nie damit zufrieden und hat sie auch mehrmals und öfter herausgegeben.
Geboren wurde sie 1939 in Graz, als Tochter einer Ärztin, ihr Onkel war Theodor Sapper auch ein eher schwieriger Lyriker, die Großmutter Agnes hat ein immer noch existierendes Kinderbuch geschrieben, das ich einmal im Schrank gefunden habe.
Sie war in den Siebzigerjahren als ich sie kennenlernte und ist das wahrscheinlich immer, sehr engagiert und hat sich an tausenden Projekten beteiligt, was wahrscheinlich auch ihre Unzufriedenheit mit sich ausmachte. Sie hat Medizin studiert und war in den Siebzigerjahren auch noch als Ärtzin tätig. Sie hat den „Wiener Frauenverlag“ mitbegründet und den „Ohrbuch-Verlag“ wo sie zum Teil afrikanische Literatur herausgegeben hat, hat viele Reise nach Afrika und auch anderswohin gemacht und hat, glaube ich, auch einige Semester lang Film studiert und jetzt durch das Buch mit den schönen Holzschnitten des lieben Richard, die man unbedingt ansehen sollte.
Es gibt derzeit pünktlich zu seinem Achtziger auch eine Ausstellung und von den Texten, wo man das Zögern und das Zaudern und die Snnlosikgeit des Lebens deutlich ablesen kann, habe ich einige schon gekannt bzw, sondern sie in ihren früheren Publikationen enthalten.
„ADRIA 1993- Sarajevo“ heißt der erste Text, da erlebt sie an den Badestränden den Krieg
„bei all der herrlichkeit des meeres und der sonne?
angst -wovor – und warum ich?
Und daneben sieht man am Holzschnitt, Sonnenschirme, Badende auf Decken und darüber schwirren die Flugzeuge.
„allein über die brücke
und doch so allein gehen wir
über die brücke-
so mutterseelenallein.“
„an deiner hand
an deiner hand will ich durch die blumen gehn
und auf keine treten
denn eine zarte blume ist die liebe
zertritt sie nicht“
Der gelassenere Richard war wohl ihr Lebensmensch und die Beziehung war, glaube ich, sehr gut und hat ihr vielleicht auch Halt und Stütze gegeben.
„als wir uns damals kennengelernt haben in hamburg,
warst du einmal bei mir im tropenkurs.
du hast mich da besucht
es wurde von der bilharziose gesprochen von einem wurm,
der sich in die haut eingräbt
und ich hab damals so einen gedanken gehabt,
ich möchte auch sowas sein,
das sich in dich,in deine haut eingräbt,
und immer bei dir ist
und von dir herumgetragen wird
und mit dir mein leben verbringt.
so ist es auch gekommen.
mein geliebter goggi,ich danke dir!“
„endloser tag
warum quält es mich
was soll der Tag, der endlose
und wohin führt er
warum kann ich nur mit meinen augen sehen
und mit meinen sinnen fühlen
immer wieder, wieder, wieder
endet niemals diese qual?“
„im hamsterrad
ich trete, trete
höre nicht auf zu treten, wenn auch immer auf der stelle.
seit anbeginn, seit ich mich erinnern kann.“
Daneben ist das Hamsterrad mit einem Bruni-Gesicht zu sehen und der nächste Text heißt passend
„im kopf-ein mühlenrad“, die „unsichtbare netze“ gibt es auch.
Es gibt Texte, die sich mit dem Los der agerikanischen Frauen beschäftigen, die täglich ihre Lasten zum Markt schleppen, obwohl es ja Ochsen gäbe, aber was hätten sie sonst zu tun?, sinniert der Pfarrer, den die Bruni danach fragt.
Und zum Schluß, damit das nicht zu endlos wird, zwei meiner Lieblingstexte:
„von fäden gezogen
in normen geschnürt
marionetten
hastend
vom heute ins morgen“ und
„wir kommen aus der ewigkeit
wir gehen in die ewigkeit
und in der kurzen zeit dazwischen…
schauen wir ständig auf die uhr“
Das Gedicht gibts glaube ich schon im Blog. Trotzdem waren in dem Büchlein auch einige Neuentdeckungen und so kann ich noch einmal Abschied nehmen von einer Weggefährtin, deren Unischerheit mich manchmal etwas genervt hat. Aber das bin ich auch selber und so stark und so direkt, wie sie kann ich meine Gefühle, wohl nicht ausdrücken, obwohl ich wahrscheinlich mehr und länger schreibe und dann auch nicht so unzufrieden mit meinen Texten bin.
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