Literaturgefluester

2015-07-14

Das Schicksal

Filed under: Bücher — jancak @ 00:41
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Im zweiten Teil von John Knittels berühmter Trilogie, geht es in ein komplett anderes Miliau und es ist auch in einem anderen Ton geschrieben, moderner, sozialkritischer, härter, realistischer und für mich auch besser vorstellbar.

„Und jeden Tag werden neue Menschen geboren und in die Welt gesetzt, ob es ihnen passt oder nicht. Im besten Fall können sie sich schnell einmal in der Welt umsehen, dann müssen sie wieder gehen. Traurig, dachte Andi und äußerst lächerlich.“

Ein Satz der von Thomas Bernhard stammen könnte.

Es geht in das Städtchen Lanzberg, ins Gefängnis zum Untersuchungsrichter Dr. Andreas von Richenau.

Der ist aus einem großen Haus und ein Wunderwuzzi, Sohn eines Adeligen, der auf einem Schloß residiert. Er hat sich aber den Spleen herausgenommen, zu studieren und als einfacher Untersuchungsrichter selbst zu seinem Lebensunterhalt beizutragen und er ist verlobt mit einem Fräulein Luise Frobisch, die aus keiner so vornehmer Familie stammt, dafür ist sie aber reich und durch und durch Geschäftsfrau.

Sie haßt alle Sozialisten und alle Arbeiter, die Rechte wollen und möchte aus ihrem Andi am liebsten  einen Geschäftsmann machen. Er soll in Papas Geschäfte einsteigen und mit ihr nach England reisen.Er ist aber ein einfacher Bursche, der sich seine Hände und Füße gerne dreckig macht. Das heißt, er geht am Sonntag vor der Kirche in den Kuhstall und assistiert der Kuh beim Kalben.

Luise ist entsetzt und vorher gab es noch ein Abendessen mit der aristrokratischen Familie, da gibt es die Erbtante Isabella, eine Mutter mit der er sich aber sehr gut versteht, einen Vater der auch Geschäftsmann ist und infolge der Wirtschaftskrise einiges verloren hat und einen Bruder namens Uli, der Geistlicher ist und Unmengen ißt, hat Daniel Kehlmann ihn als Vorbild für seinen Geistlichen in dem Roman „F“ genommen?

Andi steht zu Mittag um zwölf am Fenster in seinem Büro und wartet bist die Lanzberger mit ihrem Fahrrädern zu ihren Mittagstischen fahren, erst dann nimmt er seinen Alfa Romeo und fährt in die Bahnhofgaststätte zum Essen, denn da serviert jetzt Fräulein Silvelie Lauretz und in die verliebt er sich und sie sich in ihn.

Aber er ist verlobt und sie hat ein schreckliches Geheimnis und ist außerdem Angehörige einer ganz anderen sozialen Schicht.

Sie ist aber sehr selbstbewußt und reich ist sie eigentlich auch, hat sie ja von dem alten Maler sein Haus und alle seine Bilder geerbt. Das Bargeld hat ihr aber der Vater genommen, so verdingt sie sich als Kellnerin, wird aber von einem  Kommunisten und seltsamen Vogel namens Henri, einem Freund von Andi, dessen Existenz eigentlich auch nicht ganz er klärt wird, in eine Konditorei vermittelt. In die Konfiserie Robert in der „in seinem großen Hauptfenster waren alle Arten von Kuchen ausgestellt, Pfannkuchen, Biscuits, Pralines und Schokoladen sämtlicher Sorten, in hübsche Schachteln von nur jeder möglichen Form und Farbe verpackt. Und eine riesige Registrierkasse verbarg sich hinter drei gläsernen Regalen, die mit Flaschen beladen waren: Cointreau, Anisette, Abricot Brandy, Cherry Brandy, Creme de Bananes, Pfirsichschnaps, Creme de Chocolat, Creme de Menthe, Creme de Rose, de Noyaux, de Vanille (pourdames) und daneben die ölig süßen erzeugnisse von Bols und focking, ihre Curacos, Pfeffermine und Danzinger Goldwasser.“

Das alles und noch eine Seite mehr in der tiefsten Wirtschaftskrise, aber in den All inclusive Hotels in Kreta, habe ich auf You Tube gesehen, geht es auch hoch her, während in Athen Obdachlose auf den Straßen hausen oder aus den Fenstern springen.

Andi tritt auf und bricht Silvelies Widerstand. Das heißt, er fragt nach ihrem freien Nachmittag, führt sie zum Soupieren aus, löst aber dann die Verlobung, während sie immer denkt, daß sie ihm alles sagen müßte, es dann aber doch nicht tut.

Ihr Bruder kommt einmal in die Konditorei und sagt ihr, sie muß noch einmal zum Richter und eine Aussage machen und der hat auch alles nach einer möglichen Leiche untersuchen lassen und es gibt in dem Dorf auch Gerüchte, die der Wahrheit ziemlich nahe kommen.

Als Andi ihr den Brief von seiner Entlobung schickt, kündigt sie in der Konditorei und geht in ihr Chalet. Sie schickt ihm aber dann ein Bild von ihr, die anderen Bilder zu verkaufen hat sie sich immer geweigert und so kommt er in seinen Uralub zu ihr in Nagelschuhen. Sie quartiert ihn bei sich ein. Ihre Mutter, der Bruder und die Schwester kommen auf Besuch und er will sie immer heiraten, was sie verweigert und so mit ihm leben möchte.

Er ist aber ein sehr selbstbewußter Mann. So hat sie keine Chance. Er kauft ihr teure Sachen, führt sie durch die Schweiz. Die Hochzeit soll in St. Mauritz stattfinden, Henri und Madame Robert, die Besitzerin der Konditorei, sollen die Treuzeugen sein.

Ihre Familie ist nicht eingeladen, seine Mutter kommt dann doch und ist von Andis neuer Braut, die besser als, die erste zu ihm passt, begeistert. So endet der zweite Teil und ich bin auf die Fortsetzung der Geschichte, „Die Erlösung“, sehr gespannt.

2 Kommentare »

  1. „quittiert“ ist ein sehr schönes Wort, „quartiert“ würde inhaltlich aber besser passen.

    Kommentar von Bernd — 2020-09-02 @ 23:34 | Antworten

  2. Sie habenRecht, vielen Dank für den Hinweis und das Lesen! Kennen Sie das Buch?

    Kommentar von jancak — 2020-09-03 @ 00:23 | Antworten


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