Ich bin ja eine, die offenbar einen eher konservativen Literatur- und Kulturgeschmack hat. So habe ich mich schon als Studentin sehr energisch gegen die Regisseure gewehrt, die die „Walküre“ nach Auschwitz verlegten und den „Don Giovanni“ in einer Bäckerei spielen ließen und habe dazu auch, wie ich mich erinnern kann, handschriftliche Protestartikel geschrieben.
Damals bin ich ja noch sehr viel in die Oper gegangen, jetzt tue ich das nicht mehr. Ins Theater ging ich schon damals nicht sehr viel. Da bevorzugte ich wohl schon damals den Roman, aber jetzt, Corona macht es möglich, ist mir eine Inszenierungsmöglichkeit eingefallen, als ich gestern im Radio hörte, daß die „Fledermaus“ die berühmte Strauß-Operette auch heuer, in Zeiten, wie diesen in der Staatsoper zwar ohne Publikum, aber live im Fernsehen übertragen, aufgeführt werden soll.
Das hat mich zwar ein wenig gewundert und auch, als ich bei dem Interview mit dem Regisseur oder wem auch immer hörte, daß es eine eher konventionelle Inszenierung wäre und da ist mir eingefallen, wie man die „Fledermaus 2020“ aufführen könnte, die ich ja einmal vor Jahren im Stehen und in der Kälte vor der Oper erlebt habe, als wir ein einziges Mal mit der damals kleinen Anna über den Silvesterpfad, den es heuer auch nicht geben wird, gegangen sind.
Da hat Ernst Steinhauer oder wer auch immer, Fritz Muliar war wohl schon gestorben, die Laterne in den Mistkübel fallen lassen und dazu „Licht ins Dunkel!“, gegröhlt, was, wie ich mich erinnern kann, der kleinen Anna gut gefallen hat.
Aber nun zur Fledermaus 2020 und die würde ich in einer bürgerlichen Villa, in Hietzing oder Döbling vielleicht, spielen lassen. Ein bürgerliches Wohnzimmer oder Salon. Hinten sind groß und nicht zu übersehen, die Corona-Regeln angeschlagen. Die Desinfektionsflasche steht auf dem Tisch. Die Adele ist ein moldawisches Aupair-Mädchen mit Theaterambitionen. Sie trägt Jeans statt der Stubenmädchenuniform. Die Rosalinde ein eher zeitloses Abendkleid und später statt der Augenmaske ein Gesichtsvisir. Der Herr von Eisenstein Frack oder einen Anzug und muß ins Gefängnis, weil er die Maßnahmen nicht eingehalten hat, der Advokat ist von den „Rechtsanwälten für die Freiheit“, hat aber auch nicht helfen können und der Alfred, der ehemalige Liebhaber, der Rosalinde, der zum Schäferstündchen kommen will desinfiziert sich immer, bevor er sie ansingt. Vielleicht hat er auch eine FFP2-Maske auf oder eine im Fledermausdesign. Alle bis auf den Alfred wollen auf eine dieser verbotenen Silvesterparties. Dort steht der Prinz Orlofsky als russischer Oligarch auf der Terrasse, wirft die Raketen in die Luft, singt dazu auf die Frage, warum er das denn täte: „Ist halt bei mir so Sitte, chaqun a son gout!“
Draußen streifen die Polizisten herum und nehmen die Gesellschaft fest. Im Gefängnis gibt es statt des Franz-Josef natürlich ein Kurz-Portrait und der Frosch spritzt betrunken, statt die Laterne in den Mistkübel zu werfen mit dem Desinfektionsspray herum und traktiert die Ankömmlinge mit Schnelltests.
Der „Nichtswürdige Herr Direktor!“, gespielt von Gernot Kulis mit Nehammer-Maske, „Außen schön und innen Direktor!“, erscheint und am Schluß schleppt der Oligarch, die lustige Adele ab, um sie auszubilden. Vielleicht wird sie später die Oligarchin für das nächste Ibiza- oder was auch immer Video, sein und alle singen „Glücklich ist, wer vergißt, was vielleicht doch so ändern ist!“
Und oben schwebt die chinesische Fledermaus herum und streut das Virus aus
So und in diesem Sinn auf in ein hoffentlich besseres neues Jahr angestoßen! Der entsprechende Artikel wird bald folgen! Aber eigentlich, ganz ehrlich, wenn ich mir die Nachrichten so ansehe, bin ich nicht so optimistisch und sehe mich schon den Zeiten der freiwilligen Zwangsimpfung ohne, die man nicht auf die Straße, in ein Restaurant oder in die Arbeit gehen kann, entgegen und damit wir uns daran gewöhnen, haben wir ja demnächst die Massentests von dem man sich freitesten darf und damit das nicht so pessimistisch klingt, füge ich hinzu, Bleigießen war zu Silvester noch erlaubt und die serbische Bohnensuppe für die private Knallerei, denn furzt man öffentlich, kann das ja fünfhundert Euro kosten!
P.S und eine kleine Anspielung, daß das Rauchen nur nach der Impfung gestattet ist und, daß eine Gefängniszelle schon für den Gerrn Grasser vorbereitet sei, hat es in der alten Schenk-Inszenierung auch gegeben und am Schluß hat das Orchester in der publikumsfreien Staatsoper applaudiert.