Mehr als Lachen machen

Stephan Krafts große Studie erschließt die Komödientheorie-Geschichte vom Happyend her

Von Bernd BlaschkeRSS-Newsfeed neuer Artikel von Bernd Blaschke

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Was mag es für die Gegenwartsstimmung bedeuten, dass in den letzten Jahren eine ganze Reihe origineller Habilitationsschriften zur Geschichte und Theorie der Komödie verfasst wurde? Daniel Fulda erkundete den Zusammenhang von Komödie und Ökonomie, Nikolaus Müller-Schöll erforschte das Komische als Paradigma der Moderne, Tom Kindt diskutierte und revidierte neuere linguistische wie kognitionswissenschaftliche Komik-Modelle und erprobte sie an Komödien des 18. Jahrhunderts, schließlich rekonstruierte Stephan Kraft die Geschichte des Happyends und seiner Problematisierungen in Komödientheorien von der Antike bis zur Gegenwart. Kommt unserer spätmodernen Gegenwart nur noch die Komödie bei? Schon Friedrich Dürrenmatt behauptete dies. Reizt die vermeintliche Spaßgesellschaft die Geisteswissenschaftler zum verschärften Nachdenken über Geschichte und Funktionen komischer Spielformen? Ist dem Zeitgeist nach Lachen zu Mute? Oder ist es ganz schlicht der wissenschaftslogische Drang in die Forschungslücke? Denn die Komödie wurde seit der Antike weniger beforscht, sie galt lange Zeit als weniger würdig und minder geistreich als ihre ernsten Schwestern, die Tragödie und später das Drama.

Stephan Kraft benennt als Ergebnis seines Durchgangs der Komödienforschung drei Wesensmerkmale der Komödie: die Lachreaktionen als Wirkungsintention, die gattungstypische Ausstellung des Spielcharakters, schließlich die Finalstruktur des guten Endes. Da die ephemeren Lachreaktionen sowie die Selbstthematisierung des Spielens zur Transgression geregelter Formbildungen neigen, bleibe allein das Happyend die bestimmende Formdimension des Komödienbaus und der Komödientheorien. Zudem sei nur bezüglich der Lach- und Komikparadigmen und der Happyend-Konvention ein geschichtliches Kontinuum der Komödientheorien gegeben. Die bisherige Forschung untersuchte meist die historische, soziale oder literarische Ausprägung der Komik; obwohl doch die Kunstkomik der Komödie kaum abgrenzbar ist von (Alltags-)Komik und somit einen fragwürdigen und fragilen Einsatzpunkt darstellte für eine formenbezogene, genuin literarhistorische Komödienforschung. So bleibt als systematisch gut begründete Forschungslücke die Finalstruktur, das Happyend als vielversprechender literaturwissenschaftlicher Ansatz, um Wandlungen, Kontinuitäten und Bedeutungsaufbau der Komödienform zu erhellen.

Zwar ist die Erforschung von Finalstrukturen seit Frank Kermodes Studie „The Sense of an Ending“ (1967) durchaus ein Topos der Literatur- und Kulturforschung − im deutschsprachigen Kontext herausragend belegt durch einen „Poetik und Hermeneutik“-Band über „Das Ende“ (1996). Doch wurde das Finale der Komödie bisher nur von wenigen Aufsätzen erkundet; zudem erfolgte dies eher im Hinblick auf einzelne Lustspiele als auf die Theoriegeschichte. Ein Grund für die bisher wenig umfangreiche Erforschung der Komödienschlüsse und ihrer historischen Theoretisierungen mag in der vermeintlichen Trivialität des Happyends liegen. Gerade im 20. Jahrhundert galt das harmonische Ende nur dann als poetologisch (oder gar geschichtsphilosophisch) satisfaktionsfähig, wenn es problematisiert oder verworfen wurde. Theodor Adorno und Nachfolger kritisierten das Happyend als falsche oder ‚erzwungene‘ Versöhnung. Ernst Blochs Wertschätzung des (als utopisch gedeuteten) guten Endes war eine Minderheitsposition unter Theoretikern.

Krafts Studie geht es dabei letztlich um mehr als nur die komödienimmanente Finalstruktur. Denn in die Reflexion auf das Ende der Komödie ist seit Dantes „Divina Commedia“ zugleich auch das Ende im theologisch eschatologischen Sinne involviert. Und die geschichtsphilosophischen Gattungsspekulationen des deutschen Idealismus verhandeln den Status oder Verfall der Gattung Komödie nach dem Ende der Kunst als angemessene Darstellungsform des Zeitgeists.

Schon die frühen Anfänge der Komödientheorie marginalisierten die heitere Spielart − und standen im Zeichen des Vergessens des schon Gesagten. Im „Gastmahl“ Platons schlafen die Teilnehmer am Ende des langen Diskussionsgelages ein, als Sokrates über die Komödie philosophiert. So ist nicht überliefert, was Sokrates, der Vordenker des Lachfeindes Platon, über die heitere Gattung gesagt haben mag. Die Komödien-Reflexion Aristoteles’ ging mit dem Zweiten Buch seiner „Poetik“ verloren, so dass auch im aristotelischen Kunstdenken fast alles Überlieferte die ernste Gattung der Tragödie betrifft. Lange orientierte sich die Komödiendiskussion an der Tragödienpoetik des Aristoteles, etwa indem versucht wurde, eine komische Katharsis als Gegenstück zur tragischen zu profilieren. Der spätantike „Tractatus Cosilianus“ stieß als prominentester früher Versuch auf Schwierigkeiten bei der Modellierung einer komischen Katharsis. Denn Furcht und Mitleid als die von der Tragödie visierten Affekte lassen sich nicht umstandslos durch Lachen und Vergnügen und Freude ersetzen. In diesem Zusammenhang betont Stephan Kraft wiederholt das für die heitere Rezeption notwendige, durch die Gattungskonvention garantierte Zusammenspiel zwischen der Lizenz zum Lachen und dem garantierten guten Ende. Die Komödie war und blieb als heiteres Spiel mit vielen Lachszenen auf ein gutes Ende angewiesen. Dies belegt auch die nie nachhaltig gelungene Etablierung einer heiter-komischen Gattung mit bösem Ende. Hingegen sei die Tragikomödie als Schreckensspiel mit letztlich gutem Ausgang lange etabliert. Dieser Plotverlauf dominiere heute geradezu die Dramaturgie der meisten Hollywood-Filme und Fernsehspiele.

Die bedeutendsten mittelalterlichen Theoreme zum Komödienende finden sich in den Debatten um Dantes „Divina Commedia“. Dieser Erzähltext erhielt seine Komödienzuordnung nur aufgrund der Verwendung der Volkssprache und wegen seines Handlungsverlaufs, der von der Hölle zum Paradies und mithin zu einem glücklichen Ausgang führt. Um Komik oder Lachen gehe es Dantes „Commedia“ − trotz satirisch zeitkritischer Passagen − kaum. Kraft referiert Giorgio Agambens originelle theologische Rekonstruktion der mittelalterlichen Komödienverhältnisse. Demnach könne die heidnische Tragödie den (teilweise) schuldhaften Menschen am Ende nicht erlösen, während die Komödie den durch Erbsünde und Schuldverstrickungen fehlerbehafteten Menschen − ermöglicht durch Christi Erlösungstat − retten oder integrieren könne. Allerdings entspreche diese theologisch argumentierende Rekonstruktion Agambens nicht den faktischen Kenntnisständen und Gattungsdiskussionsverläufen im Mittelalter.

Neben Scaligers berühmter Renaissance-Poetik diskutiert Kraft auch den weniger bekannten Übertragungsversuch der Katharsis durch den Jesuiten Jacob Masen, der 1664 die Furcht, die den Tragödienverlauf kennzeichnet, in der Komödie durch Hoffnung ersetze und das tragische Mitleid durch Komödienfreude, die hervorgerufen werde durch die schicksalhafte Erlangung des Guten (und das eben meist am Ende). Auf ihren ersten 100 Seiten greift Krafts Studie komparatistisch aus und berücksichtigt nach den italienischen Renaissancetheoretikern auch kurz die französischen Klassiker Nicolas Boileau und Pierre Corneille, den Aufklärer und Dramenreformator Denis Diderot und den Engländer John Dryden. Germanistisch wird und bleibt diese Habilitationsschrift dann, wie üblich, ab Johann Christoph Gottsched und Gotthold Ephraim Lessing. Diese Verengung geschieht wohl vor allem aus pragmatischen Gründen des Studien-Umfangs; vielleicht auch, weil seit Gottsched eine hinreichend breite und selbstbezügliche deutsche Komödien-Diskussion stattfand.

Gründliche Analysen Krafts gelten den teils tragischen teils spielerischen Wissensständen und Charakteranlagen von Lessings komödiantischer Minna von Barnhelm und ihrem Verehrer Tellheim. Ebenfalls ausführlich werden die übers Knie gebrochenen Happyends von Jakob M.R. Lenz und seine theoretischen Überlegungen zum Komödiengenre besprochen; wobei auffällt, dass dessen Theorie weit weniger provokative Genre-Revisionen offeriert als seine Stücke − oder als es die Interpreten der Lenz’schen Stücke behaupteten, wenn sie diese als genuin modern analysierten. Herders zirkuläre Komödien-Definition, wonach sich Fehler im Gegensatz zu den tragischen Lastern immer aufklären, verortet Kraft zwar trotz ihrer späten Entstehung im Rahmen der aufklärerischen Überlegungen Lessings. Doch bereite Johann Gottfried Herders Komödienreflexion, weil sie von konkreten Stücken absehe, zugleich den Weg zur stückfernen, spekulativen Theoriedebatte, die bald von Friedrich Schiller zu den idealistischen Philosophen führt. Schiller setze die Gemütsfreiheit als tertium comparationis von Tragödie und Komödie. Denn für ihn beruhe die Komödie auf dem Immer-schon-über-den-Dingen-Stehen als spezifischer komischer Distanz. Hingegen zeige die Tragödie den Prozess einer aktiven Überwindung eines negativen Affekts.

Aristophanes, der erste Komödienautor, dessen Stücke überliefert sind, spielte in der Komödientheorie zwischen dem 4. vorchristlichen und dem 18. Jahrhundert kaum eine Rolle. Nach seiner emphatischen Wiederentdeckung um 1800 lasse sich die Komödientheorie seither weitgehend begreifen als Widerstreit von alter, aristophanischer Komödienkonzeption und Plädoyers für das Modell der neuen, strukturierteren Komödie Menanders. Für Johann Georg Sulzer etabliere sich die Komödie als Kunstform überhaupt erst durch die Vorschrift der neuen Komödie, Handlungen und Figuren zu erfinden, statt satirische Darstellung realer Personen zu betreiben, wie es die alte Komödie tat. Die Idee, dass der Roman als eine Art Reservegattung der Komödie fungiere, lasse sich, so Kraft, nicht nur auf die Diskussionen um 1800 beschränken; Happyends für Romane mit Liebeshandlung waren bis weit ins 18.Jahrhundert für den hohen Roman weitgehend verpflichtend. „Mit Witz, Ironie und Unform sind somit gleich drei der Kernpunkte der romantischen Literaturtheorie, die in der Moderne am prominentesten mit dem Roman verbunden sind, auf Schlegels spezielle Konzeption der alten Komödie rückführbar.“

Im deutschen Idealismus werde die Kategorie der Versöhnung dann vom Komödienfinale übernommen und gewissermaßen enteignet, indem sie nun für alle Kunst das Prinzip abgebe. Von der stofflichen Ebene der Konfliktlösung mutiere Versöhnung nun zu einer allgemeinen ästhetisch-strukturellen Kategorie. Auch das Tragische werde nun im Rahmen einer Versöhnung des Allgemeinen mit dem Besonderen und eines ästhetischen Ausgleichs gedacht. Mit dieser Ausweitung werde, wie schon Peter Szondi gezeigt habe, die Abgrenzung der Gattungen tendenziell hinfällig. Überaus detailliert und scharfsinnig rekonstruiert Kraft den Status der Komödie bei Hegel sowie ihre Rolle als Versöhnungskunst oder als letztes Stadium der ins Subjektivistische ausartenden Kunst. Vom frühen Hegelaufsatz „Über die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts“, über „Die Phänomenologie des Geistes“ bis zu den verschiedenen Mitschriften seiner Ästhetik-Vorlesungen kam Hegel immer wieder auf die Komödie zurück. Dabei ging es dem enzyklopädischen Systembauer nicht bloß um die heitere Kunstform und ihre Gattungsausprägungen, sondern immer auch um die Rolle der Komödie als Indiz für eine spezifische Gesellschaft und ihre geistesgeschichtliche Entwicklungsstufe. Da die Konflikte der Komödie (im Gegensatz zur Tragödie) als nichtige und ihre Widersprüche als nicht-fundamentale gedeutet werden, sei die Versöhnung bei der Komödie gewissermaßen von Anfang an gegeben, während sie bei der Tragödie erst am Ende stehe. Kraft verhandelt zudem Hegels Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Komödienproduktion, insbesondere in der wenig bekannten Hegel’schen Rezension einer (längst vergessenen) Komödie von Raupach, die Hegel überschwänglich lobte. Auch in die zumindest oberflächlichen Widersprüche zwischen Hegels geschichtsphilosophischer These vom Ende der Kunst (als avancierteste Erscheinungsweise des Geistesstands einer Epoche) und seiner lobenden Wertung zeitgenössischer Kunstwerke vertieft sich Kraft. Hegels geschichtsphilosophische Spekulationen über die Rolle der Komödie wurden von seinem materialistischen Erben Karl Marx aufgenommen. Von ihm wird die Komödie als Verabschiedung einer überkommenen Zeit betrachtet. Wenn sich Geschichte wiederhole (wie Marx es im Staatsstreich des Louis Napoleon geschehen sah), erscheine das zweite Mal im Modus der Farce, wo es beim ersten Mal noch eine Tragödie war.

Im späten 19.und im 20. Jahrhundert werden Komödientheorien dann kaum mehr von Philosophen und Systematikern entworfen. Die wichtigsten Auseinandersetzungen mit den Gattungsproblemen findet Kraft nunmehr in Selbstkommentaren der Autoren oder in Rezensionen. Mit der Überschrift zum 20. Jahrhundert „Die Gattung als Proteus“ verweist Krafts Studie darauf, dass die Komödienform und die Finalszenarien sehr wandlungsfähig wurde. Die klassische Moderne wird charakterisiert anhand der Debatten und Autorenessays über Gerhart Hauptmanns „Biberpelz“, Hugo von Hofmannsthals „Der Schwierige“ und Carl Sternheims „Bürger Schippel“. Sternheim schwankte in seinen Selbstdeutung dieses Finales, das den Aufstieg des Proletariers Schippel zum Gewinner unter Bürgern zeigt, zwischen der Kritik dieses Parvenus (was auf eine satirische Wirkungsabsicht deutet) und seiner Behauptung eines Happyends, in dem das starke Individuum am Ende zu Recht sich durchsetzte.

Hofmannsthal verwies in seinem Essay „Die Ironie der Dinge“ auf den Krieg, der alle Ordnungen und Hierarchien auf den Kopf stelle und so als nachgerade ironische Instanz der Komödie verwandt sei und zur Rehabilitierung oder Aufwertung des Genres beitrage. Bemerkenswert an der Moderne ist für Kraft nicht zuletzt die Verabschiedung teleologischer Finalmodelle zugunsten von Kreisformen, die Serialität des Geschehens ermöglichen. Die Rückkehr zur Ausgangssituation erlaube es Fernsehformaten wie den Sitcoms, mit gleichem Personal unendlich komische Episoden zu reihen. Doch finde sich eine Verweigerung von Finalität auch schon in Arthur Schnitzlers „Reigen“ oder Hauptmanns „Biberpelz“. Da auch und gerade das absurde Theater (etwa Becketts „Warten auf Godot“ oder Ionescos „Kahle Sängerin“) am Ende eine Rückkehr an den Anfang präsentiere, bleibe die entscheidende Frage, ob diese Zirkularität eher auf eine permanente, ausweglose Katastrophe verweist, oder auf eine Rückkehr zu harmonischen Verhältnissen.

Nachdem die Tragödie mit ihrem Versprechen einer Sinnstiftung durch die Katharsis im katastrophischen 20. Jahrhundert (wahlweise auch durch das sozialistische Versprechen eines erreichten Endes der Klassenkämpfe) endgültig abdanken musste, lag es vielfach nahe, die Komödie als ‚Erbin‘ der dahingeschiedenen Tragödie einzusetzen. So wird Peter Hacks als herausragender sozialistischer Komödientheoretiker und seine verschiedenen Entwürfe im Kontext der DDR-Literaturdebatten diskutiert. Friedrich Dürrenmatts tritt als Hacks westlicher Gegenspieler auf, nicht zuletzt, weil der Schweizer in der Nachfolge des Romantikers Solgers bemerkte, dass die alte Komödie des Aristophanes weniger vom Ende her strukturiert sei (wie Menanders neue Komödie) als vom Anfang. Die alte Komödie beruhe vor allem auf dem überraschenden Einfall, auf der Einsetzung einer widersinnigen Weltordnung. Kraft schließt seinen aufschlussreichen Gang durch gut 2.000 Jahre Schluss-Logiken mit der Beobachtung, dass weder das absurde Theater und schon gar nicht das postdramatische Theater noch viel übrig hätten für dramatische Handlungsstrukturen und mithin auch nicht für ausgefeilte Finalüberlegungen. Das Happyend und seine Abwandlungen lebten hingegen fröhlich weiter im diesbezüglich konservativeren Film.

Und einen Film über das durchaus germanistische Sujet der Holocaust-Darstellung wählt der Autor als Finale seiner so materialreichen wie reflexionsstarken Habilitationsschrift. Seine souveräne Darstellung der Debatten um den mit Oscars preisgekrönten Konzentrationslager-Komödienfilm Roberto Begninis, „La vita è bella“, gipfelt in einer scharfsinnigen Analyse der raffiniert konzipierten Handlungsführung aus Clowns-Komik, Gewalt und Kontingenz. Natürlich wird auch diese Komödie über das denkbar schwierigste Sujet gerahmt vom gut informierten Hinweis auf weitere NS-Komödien seit Chaplin und Lubitsch. Kraft verdeutlicht, wie das Happyend (die Rettung des Kindes, das in der Komödienlogik keineswegs zu Tode kommen darf) subtil gegenbalanciert wird mit dem Tod des Komiker-Helden. Dessen Erschießung kurz vor Befreiung des Lagers durch die amerikanischen Panzer bleibe ein im Handlungsverlauf total sinnloses Ereignis. Dieser Tod ist nicht als Opfer für die Rettung des Kindes oder der Frau aufwertbar. Er folgt keiner Märtyrer-Heilsökonomie. So werde die Integrations- oder Versöhnungskraft der Komödie zwar unterminiert, doch bewahrte dies Begninis Film vor dem Kitsch massiver Geschichtsklitterung, die mit der forcierten Sinngebung des Sinnlosen einhergehe.

Wünschenswert (wie für alle solcherart materialreiche und in Theorie- wie Literaturgeschichte weit ausgreifende Studien) wären beigefügte Register der Begriffe und Personen; jedoch finden sich solche in den schwer zu finanzierenden wissenschaftlichen Büchern eben nur noch selten. Doch ist dieses Buch gut strukturiert und leserfreundlich formuliert. Kraft schreibt schöne, klare Sätze, in denen auch die Komplexitäten etwa der Systembauten und Kunstnischen der deutschen Idealisten Schelling und Hegel auf anschauliche Weise erklärt werden. Die Studie erfüllt mit ihrer historischen Breite, ihrer theoretischen Schärfe und zudem durch die umfassende Erschließung eines bisher wenig erforschten Themas geradezu modellhaft die Erwartungen an eine Habilitation. Somit liegt hier bis auf weiteres ein Klassiker der Erforschung des Komödienbaus und des Happyends vor.

Titelbild

Stephan Kraft: Zum Ende der Komödie. Eine Theoriegeschichte des Happyends.
Wallstein Verlag, Göttingen 2011.
456 Seiten, 49,90 EUR.
ISBN-13: 9783835309456

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