Literatur und Uranerz
Der Band „Strahlungen“, herausgegeben von Wolfram Ette, Michael Ostheimer und Jörg Pottbeckers, beschäftigt sich mit der „Literatur um die Wismut“
Von Stephan Krause
Mit dem Band „Strahlungen“ beginnt die Reihe Euros, Chemnitzer Arbeiten zur Literaturwissenschaft, herausgegeben an der Technischen Universität Chemnitz. Dieser erste Band widmet sich der „Literatur um die Wismut“. Diese vorsichtig erscheinende Formulierung im Untertitel reflektiert bereits die Problematik der Wismut als Motiv und/oder Thema sowie der literarischen Darstellbarkeit überhaupt der erzgebirgischen Uranförderung. Letzteres wird auch in fast allen der insgesamt sieben Beiträge (inklusive eines Gesprächs mit Lutz Seiler) des Bandes problematisiert, mit Ausnahme derer von Werner und Hofmann und Ionova vielleicht. Werners Untersuchung zur Regionalliteratur bleibt eher positivistisch und zum Teil fraglich (ist die Wikipedia eine wissenschaftliche Referenz?). Hofmann und Ionova hingegen heben eher auf den Grad der Authentizität der von ihnen untersuchten Texte ab. Gleich drei Aufsätze untersuchen Werner Bräunigs unvollendeten Roman „Rummelplatz“, mit dem der eigentliche Eintritt der Wismut in die Literatur als Schauplatz und Stoff anzusetzen ist. Unter anderem darauf weist Michael Ostheimer in seinem grundlegenden Text zu Begriff und Gestalt der ‚Wismut-Literatur‘ hin und bietet einen Überblick über wesentliche Vertreter des so bezeichneten Teilbereichs der DDR-Literatur und der Gegenwartsliteratur. Jörg Pottbeckers und Wolfram Ette arbeiten in ihren Bräunig-Aufsätzen jeweils bestimmte Aspekte heraus. So unternimmt Pottbeckers eine (stark theoretisch unterfütterte) Beschreibung der Bräunig’schen Wismut als Gedächtnisort, während Ette sich der spannungsreichen Problematik des ‚Neuen Menschen‘ im „Rummelplatz“ widmet, die er mit Freud betrachtet. Die im Vorwort angekündigte Kontextualisierung der „Literatur um die Wismut“ in der Bergbauliteratur liefern weitere Beiträge zu Franz Fühmann, dessen Bergwerk in eine etwas problematische Konkurrenz zu Wismut-Brigadetagebüchern gestellt wird, und Angela Krauß und ihrem Wismut-Text „Der Dienst“ und ein Gespräch mit Lutz Seiler, das ausführlich die Bedeutung des Uranbergbaus und seiner massiven Folgen für das Werk des Lyrikers erörtert. Die so eröffneten Zusammenhänge ließen sich fortführen, etwa mit einem Beitrag zu Schwarzenberg bei Heym und Braun oder zu Bergbautexten aus anderen ehemals sozialistischen Ländern, beispielsweise aus Polen (etwa Michał Walczaks Drama „Kopalnia“ [Bergwerk] von 2004).
Der Band „Strahlungen“ hält nahezu uneingeschränkt, was die Herausgeber versprechen, er bietet ein Panorama dessen, wofür die Wismut literarisch steht und Untersuchungen dazu, was von diesem „in vielerlei Hinsicht strahlenden Unternehmen“ erzählt und nicht erzählt werden kann.
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