Warum den Hausmeister fast der Fußabstreifer getroffen hätte
Herbert Rosendorfer überzeugt mit abgründigen Geschichten
Von Ulrich Karger
Dieses Jahr wurde er 65, und denen, die seine Bücher längst schätzen und lieben, reicht es anzusagen: Es liegen zwei neue Bücher von Herbert Rosendorfer vor. Wer sich dennoch vergewissern will, was er da möglichst nicht versäumen sollte, sei zusätzlich auf das Nachfolgende verwiesen. In Leinen gebunden und gleich mit zwei Vorworten versehen, sind "Die Schönschreibübungen des Gilbert Hasdrubal Koch" nachzulesen. Das erste Vorwort offenbart gleich einer Ouvertüre den Horizont, der sich in den Schönschreibübungen auftut, und macht uns mit den Ein- und Absichten Gilbert Hasdrubals bekannt.
Diese Camouflage, die Rosendorfer zum Herausgeber seiner eigenen Geschichten macht, ist weniger Koketterie als Teil einer durchdachten Strategie des (mindestens) doppelten Bodens. Und so, wie die Lebensskizze Hasdrubals angelegt ist, durchzieht auch die Schönschreibübungen eine Melancholie, die von sich und der Mitwelt keine großen Überraschungen mehr erwartet. Aber keine Angst: Seine altersgemäße Abgeklärtheit hat nichts mit Resignation zu schaffen.
Wer sich an Herbert Rosendorfer erst einmal vorsichtig herantasten will, dem sei eine preiswerte Taschenbuch-Kostprobe empfohlen. "Der China-Schmitt" versammelt fünf neue Geschichten, die jede für sich ein Kleinod alltäglich grausamer Beiläufigkeit vorstellt. Von wegen es gäbe keine nennenswerte deutschsprachige Literatur: Warum z.B. den Hausmeister Seilinger beinah ein zehn Pfund schwerer Fußabstreifer getroffen hätte, das muß man einfach gelesen haben.