Chronik einer Unzufriedenheit
Hélène Lenoir erzählt in "Ihr Mädchenname" von den Frustrationen einer Hausfrau
Von Anette Müller
Das plötzliche Auftauchen eines Fremden, dem sie vor zwanzig Jahren schon einmal nur ein paar Sekunden lang in die Augen blickte, bringt die Welt der Unternehmer-Ehefrau und dreifachen Mutter Britt Casella endgültig ins Wanken. Aufgerieben von Haushaltspflichten und Kindererziehung, lässt sie ihre Frustration mehr und mehr an der Familie aus. Sie sieht kein Entkommen, bis jener vergessene Mann in Erscheinung tritt, dem sie bereits einmal vor ihrer Ehe begegnet ist und der sie nun Stück für Stück zu der Person zurückführt, die sie einmal war.
"Ihr Mädchenname", der Roman Hélène Lenoirs, skizziert die Unzufriedenheit einer Frau, die sich längst zwischen selbstloser Demut und geheuchelter Familienliebe verloren hat. Es braucht die Begegnung mit dem geheimnisvollen Fremden von damals, um Britt allmählich erwachen zu lassen.
Lenoir versucht sich an der Geschichte der Befreiung einer Frau und scheitert kläglich. Britts Geschichte schmeckt von Anfang an schal und abgedroschen; zu gewollt ist ihr plötzliches Erwachen, als die Vergangenheit wieder zur Gegenwart wird. Die französische Autorin bedient sich in der Darstellung ihrer Protagonistin zu vieler Klischees - frustrierte Hausfrau, überforderte Mutter, entmündigte Ehefrau -, um ein Ausbrechen aus der Rolle glaubwürdig erscheinen zu lassen. Und Britt Casella gelingt es bereits nach wenigen Seiten, dem Leser mit ihrem hysterischen Geschrei ebenso auf die Nerven zu gehen wie mit ihrer demonstrativen Aufopferung für die Familie.
Lenoir hetzt durch ihre Sätze, findet meist erst am Ende eines langen Absatzes einen Punkt und malträtiert das Auge mit endlos langen Wortkaskaden. Dabei kann sie sich nie für einen Blickwinkel entscheiden, sondern springt zwischen verschiedenen Erzählebenen hin und her, erzählt erst ewig aus dem Blickwinkel Britts, um dann unmotiviert die Geschehnisse aus der Sicht der Tochter oder des Ehemanns zu schildern. Zurück bleibt ein Wirrwarr aus Charakteren, ohne schlüssigen Plot.