Einführung in die Philosophie
Volker Spierling porträtiert 55 einflussreiche Denker
Von Gerhard Müller
Das allgemeine Interesse an Philosophie ist groß, und seit einigen Jahren existieren verschiedene Veröffentlichungen, die sich nicht an Fachphilosophen richten. Erinnert sei hier etwa an die bei Diederichs erscheinende Reihe "Philosophie jetzt!", an die von Margot Fleischer herausgegebenen Bände über Philosophen bestimmter Epochen bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft oder auch an den Erfolg von "Sofies Welt".
Volker Spierling hat eine Einführung in die Philosophie besonderer Art verfasst: Er stellt, wie der Untertitel seines 1990 zuerst erschienenen Buches verdeutlicht, Autorenporträts zusammen. Waren es seinerzeit 50, so sind es jetzt 55 Kapitel, die "große", also einflussreiche, weiterwirkende "Denker" darstellen. Spierling setzt dabei keine besonderen Vorkenntnisse voraus, und er versucht auch, anhand von biografischen Daten und persönlichen Dokumenten zu verdeutlichen, "daß es lebendige Menschen waren, die die großen Gedanken hervorgebracht haben, Menschen mit konkreten Schicksalen, eng verflochten mit dem Geschehen ihrer Zeit".
Im Anhang werden die wichtigsten Schriften der vorgestellten Philosophen kurz kommentiert, Namen- und Sachregister vervollständigen den Band. Vermissen könnte man indes ein ausgewähltes und kommentiertes Literaturverzeichnis, das gerade für das avisierte Lesepublikum nützlich wäre.
Spierling gliedert seinen Einführungsband übersichtlich in die Hauptabschnitte "Antike" (Vorsokratiker bis Plotin), "Mittelalter" (Justin, Tertullian bis Nikolaus von Kues), "Neuzeit" (Petrarca bis Hegel) und "19. bis 21. Jahrhundert" (Schopenhauer bis Rorty). Man kann über die Auswahl diskutieren und diesen oder jenen Ergänzungsvorschlag machen, dies ist dem Autor selbst bewusst. So sei auch hier nur angemerkt, dass zwar das Weglassen von Dilthey, Mill oder Voltaire begreiflich ist, das von Bergson, Bloch, Husserl oder Jaspers allerdings weniger. Erwähnt sei explizit noch, dass es allein um "abendländische", also um die europäische Philosophie geht.
Von Ernst Bloch übrigens entlehnt Spierling das - plausible - Motto, unter dem seine Autorenporträts stehen: "Große Philosophie hat einen durchschlagenden Klang, ein Durchtönendes, das sich in einer kurzen Formel ausdrücken läßt."
Der Autor versucht demgemäß, in seinen Einzelkapiteln zentrale Gedanken der porträtierten Philosophen prägnant und für heutige Leser formuliert darzulegen. Er bemüht sich, "den Leser in einem zentralen Aspekt am Denken des jeweiligen Philosophen teilhaben zu lassen". Die Kapitel "beabsichtigen nicht, philosophische Systeme vollständig zu erfassen". Spierlings Motiv beschreibt er selbst so: "Ich möchte einen Überblick geben über die faszinierende Vielfalt des philosophischen Denkens. Vielleicht kann der Leser neue Interessenschwerpunkte entdecken und sich auf das spannende Abenteuer einlassen, die Originalschriften zu lesen."
Nicht mehr - und nicht weniger. Aus dieser Perspektive ist Spierlings Vorhaben gelungen, und dieses Buch ist allen an der europäischen Philosophie Interessierten, gerade Schülern und Studierenden, sehr zu empfehlen.