Die Tiefe des Katzenjammers

E. M. Ciorans "cafard" als Hörbuch

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Innerhalb der Philosophie blieb E.M. Cioran stets ein Außenseiter. Er hat kein systematisches Werk hinterlassen, keine Schule begründet, sondern lediglich ein Leben lang Essays und Aphorismen verfaßt. Von den Fachphilosophen wird er deshalb gern als "Literat" abgetan.

Und doch ist er einer der, wenn man so will, tiefsten Denker unserer Zeit gewesen, ein Denker, der sich dem existentiellen Katzenjammer, der Einsamkeit, der Schlaflosigkeit und der Verzweiflung, die ihn plagten, stets gestellt hat: "Das Paradoxe meines Wesens ist", sagt Cioran, "daß ich eine Leidenschaft für die Existenz habe, zugleich aber alle meine Gedanken gegen das Leben richte. Ich habe von Anfang an die negative Seite des Lebens gespürt und gefühlt, daß alles alles leer ist. Ich habe an einer fundamentalen Langeweile gelitten. Das ist vielleicht angeboren, dagegen kann ich nicht ankämpfen. Das französische Wort ist absolut unübertragbar und heißt le cafard. J'ai le cafard. Dagegen kann an nichts machen. Das muß sich von selbst erschöpfen."

Nach anderthalbjähriger Arbeit hat der supposé-Verlag nun die verstreuten Tondokumente Ciorans auf einer CD gesammelt vorgelegt. Klugerweise haben die Herausgeber Thomas Knöfel und Klaus Sander im Falle der Interviews lediglich die Antworten Ciorans wiedergegeben und diese so hintereinander geschnitten, daß eine interessante, intensive Collage entstand, die Cioran beim Verfertigen seiner Gedanken präsentiert. Beigelegt ist der CD ein 120 Seiten dickes Heft, fast ein kleines Buch für sich, in dem neben Fotos und einem (vermeidbaren) Essay von Peter Sloterdijk über die Schlaflosigkeit ein schönes Gespräch Ciorans mit H.J. Heinrichs vollständig abgedruckt ist.

Titelbild

Emile M. Cioran: cafard.
Supposé Verlag, Köln 1998.
75 min., 34,80 EUR.
ISBN-10: 3932513002
ISBN-13: 9783932513008

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