Fachsimpelei zwischen den Kontinenten
Philip Roth interviewt in "Shop Talk" literarische Größen des 20. Jahrhunderts
Von André Hille
Ein Großer der Literatur spricht mit Großen der Literatur. Oder: Ein Amerikaner spricht mit Europäern. In seinem Buch "Shop Talk" versammelt Philip Roth zehn Begegnungen mit Künstlern. Der größte Teil besteht aus Interviews mit europäischen Schriftstellern (etwa Milan Kundera, Primo Levi oder Ivan Klima), doch Roth fügt dieser Zwitter-Veröffentlichung noch einen Briefwechsel mit Mary McCarthy, eine Geschichte über ein Treffen mit dem Maler Philip Guston und einen Essay über Saul Bellows Werk hinzu. Immer wieder nimmt Roth in seinen Fragen Bezug auf osteuropäische und jüdische Themen, wobei sich der amerikanische Autor als profunder Kenner der Werke seiner Interviewpartner und der osteuropäischen Geschichte erweist. Doch trotz aller Kenntnis wirken die Interviews distanziert und streckenweise belanglos. Mit wenigen Perlen in den Aussagen der Autoren wird belohnt, wer sich durch die Statements zu den jeweils aktuellen Romanen arbeitet.
Es stellt sich Frage der Intention des Fragenden. Als Interviewer ist Roth ganz auf sein Gegenüber fixiert, doch dafür stellt er sich selbst und sein Wissen zu sehr in den Vordergrund. Fragt Roth als Schriftsteller oder als eine Art Journalist? Der Titel "Shop Talk", zu deutsch Fachsimpelei, legt Ersteres nahe, doch dazu fehlt den Interviews die Zeitlosigkeit. Zu Letzterem hingegen das Gespür für Unterhaltsamkeit. So ist "Shop Talk" eher eine Plauderstunde mit einigen europäischen Intellektuellen. Erst am Ende des Bandes wird man mit dem typischen Roth belohnt. Der Aufsatz "Bilder von Philip Guston" findet man die Intelligenz und den derben Witz, die man etwa aus "Das sterbende Tier" kennt.
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