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Rezensionen von literaturkritik.de
Eine spekulative „Metapsychologie“ des Sarkasmus
Burkhard Meyer-Sickendieks Habilitation analysiert die Seele jüdischer Sarkasten und lässt sich im Feld der interdisziplinären Emotionsforschung verorten
Von Hans-Joachim Hahn
Ausgabe 02-2010
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Klappentext des Verlages
Das vorliegende Buch stellt die erste Studie zum Begriff des Sarkasmus dar. Es geht davon aus, dass ein genuin literarischer Sarkasmus in der deutschsprachigen Literatur erst mit der Einwanderung ostjüdischer Autoren im neunzehnten Jahrhundert entstand. Zwar kannte die Epoche der Aufklärung den Witz und die Romantik die Ironie. Aber erst mit Autoren wie Ludwig Börne oder Heinrich Heine, Daniel Spitzer oder Alfred Kerr, Maximilian Harden oder Karl Kraus, Walter Mehring oder Kurt Tucholsky, Carl Einstein oder Alfred Döblin, Elias Canetti oder Albert Drach entwickelte sich ein literarischer Sarkasmus. Freilich geschah dies nicht sui generis, vielmehr sind es die in der Romantik so populäre Mär vom „ewigen Juden“ sowie das seit dem Auftreten Heines vor allem in Bayern und Preußen sich häufende Ressentiment gegenüber dem sogenannten „Judenwitz“, aus denen der Sarkasmus hervorging. Diese Wechselwirkung diskursiver Stereotypenbildung und subversiver Verfahren nimmt die Studie in den Blick. Sie beleuchtet zum einen die eigentümliche Psychologie sarkastischer Texte, die oft als Kompensation erlittener sozialer Verletzungen zu verstehen sind. Sie verschweigt aber auch nicht die Aspekte der Provokation bzw. Agitation, die dem Sarkasmus immanent sind. Mit Heine als dem Gründervater dieser literarischen Lachkultur, mit Kerr und Harden sowie später Kraus und Tucholsky als deren großen Strategen, mit Döblin und Canetti als deren subtilsten Psychologen erfasst die Studie den enormen Stellenwert des Sarkasmus für die deutsch-jüdische Moderne. Ein Ausblick auf Albert Drach, Edgar Hilsenrath, Elfriede Jelinek und Henryk Broder verdeutlich das tragische Schicksal dieser (Ver-)Lachkultur, die durch den Holocaust gerade in Deutschland so gut wie vernichtet und auch im Zuge der Vergangenheitsbewältigung kaum erinnert worden ist.
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