Leserbriefe zur Rezension
Prägnante Worte in Versform
Samuel Becketts späte Dichtung in neuer Übersetzung
Von Evelyne von Beyme
Friedhelm Rathjen schrieb uns am 17.11.2005 Evelyne von Beyme findet wenig Gefallen an Barbara Köhlers Neuübersetzung (was natürlich ihr gutes Recht ist, auch wenn ich persönlich finde, Köhlers sehr entschieden formbewußte Fassungen tragen einen Aspekt nach, den ich in den Wischiwaschiversionen der beiden früheren Übersetzer schmerzlich vermisse); sie ringt sich am Ende aber dann doch zu einer lauen Empfehlung durch, freilich nur „der erstmaligen Miteinbeziehung des letzten Stücks der ‚Mirlitonnades’" wegen, „das bisher den deutschsprachigen Lesern unzugänglich war“. Damit folgt sie (wie übrigens auch diverse Rezensenten anderswo) der Selbstanpreisung des Suhrkamp-Verlags, der stolz verkündet, nunmehr sei „erstmals das letzte Stück der 1978 von Les Editions de Minuit veröffentlichten ‚Mirlitonnades’“ einbezogen worden. Die 27 Jahre, die seit 1978 vergehen mußten, sind wohl so etwas wie der Suhrkampsche Verzögerungsfaktor. So gesehen müssen wir vermutlich bis ins Jahr 2029 warten, um eine wirklich komplette deutsche Fassung des Gedichtzyklus zu bekommen. Mit dem einen mageren Nachtrag sind die „Mirlitonnades“ nämlich keineswegs vollständig; die vor drei Jahren in London zweisprachig erschienenen „Poems 1930-1989“ bringen noch sechs weitere, mal ganz abgesehen davon, daß es außerhalb dieses Zyklus noch andere Gedichte (und übrigens auch Prosatexte) Becketts gibt, von deren Existenz man bei Suhrkamp offenbar noch nie gehört hat und die der deutschsprachigen Leserschaft bisher vorenthalten werden. Kurzum: wenn man den Band „Trötentöne“ für etwas loben möchte, so möge man sich dafür alle möglichen Begründungen ausdenken, nur tunlichst nicht die vorschnelle Komplettitätsfreude. Komplett ist hier gar nichts, leider. |