Strohblonde Frau mit Scheißkerl
Madeleine St Johns erster Romanversuch "Ein sommer in Sydney" Sommer in Sydney"
Von Ulla Biernat
Der Roman "Ein Sommer in Sydney" beginnt "am Ende eines heißen Novembertages". Hier mag der Kontinental-Europäer noch stutzen, doch dann legt die australische Schriftstellerin Madeleine St John dem Leser keine weiteren intellektuellen Stolpersteine in den Weg. Sie erzählt die Geschichte der vier Cocktailkleider-Verkäuferinnen Patty, Fay, Magda und Lisa geradlinig, unspektakulär und mit minimaler Sprachvarianz. Die bescheidenen Selbstverwirklichungsversuche der farblos und typisiert gezeichneten Frauen (die eine jung, die andere alt, die eine reich, die andere arm) wechseln ab mit Eheglück und Ehefrust im australischen Alltag der fünfziger Jahre; allerdings bleibt die Soziographie so oberflächlich, daß der Roman auch in einem Land vor unserer Zeit angesiedelt sein könnte.
"Ein Sommer in Sydney" ist der erste von drei Romanen, die die in Großbritannien lebende Autorin seit 1993 veröffentlicht hat. Ihr letztes Buch "The Essence of the Thing" (1997) wurde für den renommierten Booker-Preis nominiert. Doch das allein ist noch kein ausreichender Grund, den dürftigen Erstling auf den deutschen Buchmarkt zu werfen. Ab der dritten Seite hat die Autorin ihr künstlerisches Pulver verschossen; denn auf Seite drei darf zum ersten und einzigen Mal gelacht werden: "Mrs. Williams war eine kleine, magere, strohblonde Frau mit verhärmtem Gesicht und einer störrischen Dauerwelle. Frank, ihr Ehemann war ein Scheißkerl - was sonst?"