Sommer der Freundschaft
Der Kinderbuchautor Ulf Stark zeigt in „Unser Sommer mit Geist“, wie man ernste Themen gleichermaßen intelligent und unterhaltsam erzählen kann
Von Monika Grosche
Manche Erwachsene erinnern sich vielleicht nicht mehr daran, aber für die meisten Kinder ist der Sommer eine magische Zeit, die große Sehnsüchte und Träume weckt. So stand ich etwa als Zehnjährige nachts extra heimlich auf, um vom Flurfenster aus den großen Baum im Nachbarhof im Dunkeln zu betrachten, die sommerlichen Düfte einzuatmen und den Geräuschen einer schlafenden Kleinstadt zu lauschen. Alles war Verheißung und wehte die Ahnung von Freiheit und unendlichen Möglichkeiten heran, sodass man sich wünschte, die Ferien, der Sommer und diese wunderbaren Gefühle mögen nie ein Ende nehmen.
Das wünschen sich auch Aron und Amy. Sie sind beste Freunde und verbringen die Sommerferien gemeinsam auf dem Schrottplatz von Amys Vater und dem Bahndamm, wo sie voll Spannung darauf warten, dass Arons Vater in einer Lokomotive vorbeigefahren kommt und Bonbons aus dem Fenster wirft. Sie sind bei ihrer Freizeitgestaltung weitgehend auf sich allein gestellt, denn obwohl die Erwachsenen sich zeitweise um sie kümmern und sie mit leckerem Eis und Gebäck versorgen, müssen diese natürlich auch ihren beruflichen Verpflichtungen nachkommen. So denken sich die beiden Freunde immer wieder Spiele aus, mit denen sie sich die Zeit bestens vertreiben können. Auf den ersten Blick scheint alles perfekt zu sein.
Doch auf den zweiten Blick erfährt der Leser, dass Aron seinen Vater oft sehr vermisst, weil er regelmäßig lange unterwegs ist, und dass Amy am liebsten gar nicht an das Ende der Ferien denken mag, weil dann Sture und dessen Kumpane sie wieder wegen ihres Hinkens demütigen werden. Aber zum Glück haben sie einander und muntern sich in traurigen Momenten gegenseitig wieder auf. Das versuchen sie auch, als sie plötzlich „Zuwachs“ bekommen. Denn überraschend stoßen sie auf einen rauchförmigen Geist, der in einem kleinen Ölkännchen wohnt, das sie auf dem Schrottplatz finden.
Zunächst alles andere als zugänglich, einsam und eher deprimiert, wird er von ihrer Fröhlichkeit angesteckt. Denn sie zeigen ihm jeden Tag, dass sie ihn nett finden und hänseln ihn nicht, wie es die anderen Geister taten. Daraufhin wird er nicht nur nach und nach sichtbar, sondern erweist seinerseits Amy auch einen großen Freundschaftsdienst…
Einfühlsam, aber nicht kitschig fängt Unser Sommer mit Geist den Zauber eines Sommers in der Kindheit ein und erzählt dabei intelligent und mit großer Leichtigkeit von der Kraft der Freundschaft, des Vertrauens und des Zusammenhalts. Das geschieht so sensibel, dass man beim Lesen kaum bemerkt, dass hier ernste Themen wie Alleinsein, Unsicherheit und Mobbing im Zentrum stehen. Die Sprache ist schlicht, aber humorvoll und einfallsreich. Das gilt auch für die Illustrationen von Per Gustavsson, bei denen insbesondere auffällt, dass hier keine idealisierten Figuren, sondern Menschen mit Ecken und Kanten dargestellt werden. Dank der kurzen Kapitel ist der Buchtitel auch gut zum Vorlesen für Kinder zu Beginn des Lesealters geeignet – oder eben zum Selberlesen ab circa zehn Jahren.
Leider ist der Autor Ulf Stark, der zu den großen der schwedischen Kinderliteratur zählte, im Jahr 2017 verstorben, sodass wir aus seiner Feder keine weiteren solch lustigen wie aufbauenden Kinderbücher mehr erwarten können.
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