
Mit ihrem zweiten Roman „Walter Nowak bleibt liegen“ gelang ihr der große Durchbruch: Julia Wolf gewann vergangenes Jahr mit einem Auszug des Buchs den 3sat-Preis beim Bachmann-Wettbewerb, „Walter“ wurde im Literarischen Quartett diskutiert und steht jetzt auf der Longlist des Deutschen Buchpreises.
Gebürtig stammt Wolf (*1980) aus der Nähe von Frankfurt und aus Frankfurt kommt auch ihr Verlag: 2015 veröffentlichte sie ihr Debüt „Alles ist jetzt“ bei der Frankfurter Verlagsanstalt, auf das „Walter“ im Frühjahr dieses Jahres folgte. Julia Wolf ist nicht auf ein Genre festgelegt: Sie schreibt auch Erzählungen, Kurzgeschichten und szenische Theaterstücke und Hörspiele.
Dein Roman „Walter Nowak bleibt liegen“ steht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Wie und wo hast du von der Nominierung erfahren? Und Hand aufs Herz: Hast du insgeheim damit gerechnet?
Hand auf dem Herz: Nein. Insgeheim vorgestellt habe ich es mir, ja. Und dann immer schnell an etwas anderes gedacht. Nach dem Motto: Kommt eh wie es kommt.
Die Nachricht von der Nominierung ging an den Verlag. Ich saß gerade bei einem Teller Nudeln, als Anne von der FVA mich anrief, deshalb bin ich nicht gleich drangegangen. Als ich dann auch noch eine Nachricht mit vielen Ausrufezeichen erhielt, habe ich sie zurückgerufen und es erfahren. Das war schön, mit Anne kann man sich sehr gut freuen.
Walter ist vaterlos aufgewachsen, steht Homosexuellen und Ausländern skeptisch gegenüber und hat ein antiquiertes Frauenbild, zugleich ist er ohne Partnerin an seiner Seite hilflos. Ist Walter für dich ein typischer Repräsentant der deutschen Nachkriegsgeneration?
Er wird oft als solcher verstanden und ich habe gegen diese Lesart auch nichts einzuwenden. Allerdings war es nicht mein Ansatz, eine Figur zu schaffen, die eine bestimmte Generation repräsentiert. Im Schreibprozess war mir das Individuum wichtig, dieser alte, unreflektierte, nicht sonderlich sympathische Mann — an welchen Punkten bin ich, als Frau Ende 30, ihm nahe? Gibt es solche Punkte? Wann kann ich Walter ernst nehmen? Ich wollte mich nicht über die Figur Walter erheben, oder mich einfach nur über ihn lustig machen (auch wenn Humor in dem Roman natürlich eine große Rolle spielt). Es war mir ein Anliegen, Walter mit einer gewissen emotionalen Tiefe auszustatten und das wäre mir nicht gelungen, wenn ich ihn einfach als Vertreter einer Generation behandelt hätte.
Die Beziehung von Walter zu seinem Sohn Felix ist quasi von Geburt an schwierig. Der Bruch erfolgt, als Felix herausfindet, dass Walters leiblicher Vater ein (bereits verstorbener) GI aus Nebraska ist, während Walter krampfhaft an der Vorstellung festzuhalten versucht, Elvis wäre sein Vater. Warum ist ihm das so wichtig?
Es ist mir immer unangenehm, die eigenen Texte beziehungsweise die Figuren darin, zu erklären, aber ich werde es versuchen: Walter weiß natürlich, dass Elvis nicht sein Vater ist, das käme ja rechnerisch auch gar nicht hin. Und weil er sich dafür schämt, Sohn eines „Amiliebchens“ zu sein, imaginiert er sich einen heldenhaften, strahlenden Vater, den alle lieben und bewundern. Das ist eine Vorstellung, in die er sich als Kind flüchtet und der er auch als Erwachsener noch nachhängt.
Ist Walter ein einsamer Mensch?
Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Leser*innen ihn kennenlernen, definitiv.
Du warst Stipendiatin in der MacDowell Colony, in Edenkoben, dem Schriftstellerhaus Stuttgart, in Rumänien – beeinflussen die Orte, an denen du schreibst, deine Texte?
Orte, Begegnungen, Träume finden unmittelbaren Eingang ins Notizbuch, das für mich die Grundlage der Textarbeit ist. Impulse für Erzählungen oder Romane entstehen oft im Notizbuch. Die Stipendienorte fließen also durchaus in mein Schreiben ein — aber eben nicht so direkt, dass ich etwa während eines Aufenthalts in Stuttgart Texte über Maultaschen schreibe. Hinzu kommt, dass ich an Orten wie dem Künstlerhaus Edenkoben oder der MacDowell Colony ja auch im Austausch mit anderen Autor*innen und Künstler*innen stehe und dieser Austausch beeinflusst natürlich mich und mein Denken und somit auch mein Schreiben.
„Alles ist jetzt“ und „Walter Nowak bleibt liegen“ sind, zumindest was die Motive und Topoi betrifft, Teil einer Trilogie. Kannst du bereits einen Einblick in deinen dritten Roman geben?
Das wäre wirklich noch zu früh. Wie Du sagst, die Verbindung zwischen den Büchern besteht in einem lose gespannten Netz aus Motiven und Figuren. Ich weiß, was und wer in dem neuen Roman wieder auftauchen soll, und dadurch habe ich so etwas wie Koordinaten. Es gibt Notizen und seit kurzem auch eine Bilderwand in meinem Arbeitszimmer, ich stehe wirklich noch ganz am Anfang mit dem dritten Roman. Aber seit dem Erscheinen von „Alles ist jetzt“ sind ja auch gerade mal zweieinhalb Jahre vergangen und es ist so viel passiert seitdem. Ich werde den neuen Text in aller Ruhe entwickeln.
xhttps://literaturgefluester.wordpress.com/2017/04/06/walter-nowak-bleiben/
Ich hab, glaube ich, schon ein bißchen damit gerechnet, daß das Buch auf die LL kommt
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