Indie-Adventskalender 2013

Die meisten von euch haben es sicherlich mitbekommen: Auf unserer Facebook-Seite gab es im Dezember einen Indie-Adventskalender, prall gefüllt mit fabelhaften Buchempfehlungen, um euch den Geschenkfindungsprozess zu erleichtern. Vom 1. bis zum 23. haben Freunde von We read Indie und wir euch ganz besondere literarische Schätze vorgestellt und euch verraten, was sie lesens- und liebenswert macht, und am 24. haben wir eine dieser wunderbaren Perlen, Michael Weins‘ Roman Goldener Reiter aus dem mairisch Verlag, verlost.

Weil diese Bücher aber natürlich auch jenseits von Weihnachten gekauft und gelesen werden sollen, präsentieren wir sie euch hier noch einmal gebündelt und hoffen, dass ihr euren ganz persönlichen Schatz darunter findet. Allen, die mitgemacht und ihre literarischen Lieblinge mit uns geteilt haben, möchten wir an dieser Stelle nochmals ganz herzlich danken – ohne ihre Unterstützung wäre We read Indie nicht annähernd so lebendig und so erfolgreich. Und unseren Lesern wünschen wir viel Vergnügen beim Stöbern und Lesen!

1. Edward Gorey: Ein fragwürdiger Gast, Lilienfeld Verlag

„Der Lilienfeld Verlag hat mit einer kleinen Edward Gorey (Neu-)Ausgabe angefangen, das ist wunderbar, weil Gorey ein bildmächtiges Genie war – rätselhaft, poetisch, makaber, ausgekocht, rührend, komisch, schrecklich, voller Esprit und ganz und gar originell. Eine Gorey-Zeichnung kann man nicht nicht erkennen, seine kalender01philosophischen Implikationen kann man nicht übersehen, und man weiß nie, warum und wie er sich auch darüber lustig macht. Nur dass er es sehr elegant tut, das ist klar. Zum Einstieg empfehle ich Ein fragwürdiger Gast.“ (Auf ocelot.de bestellen)

Thomas Wörtche, geboren 1954, schreibt über Texte, Bilder und Musik. Ist einer der Macher von CULTurMAG und Herausgeber von Penser Pulp und tummelt sich ansonsten in den unterschiedlichsten Medien. Lebt in Berlin. (Foto © Christine Fenzl)

2. Nino Haratischwili: Mein sanfter Zwilling, Frankfurter Verlagsanstalt

kalender02Mein sanfter Zwilling der aus Georgien stammenden Autorin Nino Haratischwili ist ein Raubtier von einem Buch und eines der besten, die ich je gelesen habe. Zwei Jahre ist das jetzt her, und ich bekomme immer noch eine Gänsehaut, wenn ich nur an diesen intensiven Roman denke. Die Geschichte ist kompliziert und rätselhaft, sie dreht sich um Sehnsucht, Schuld, Vergebung und Tod, um zwei Menschen, die sich aneinander klammern, um nicht zu ertrinken, und die paradoxerweise beinahe aneinander zugrunde gehen. Berührend, schockierend und fesselnd erzählt Nino Haratischwili von einer Wunde, die nicht heilt, von einer Liebe, die nicht sein kann, und von zwei Kindern, die ihr ganzes Leben unter der Schuld leiden, die von den Erwachsenen auf sie abgewälzt wurde. Ganz unglaublich gut.“ (Weiterlesen/bestellen)

Mareike Fallwickl arbeitet als freie Lektorin und Texterin in der Nähe von Salzburg und bloggt über Literatur im Bücherwurmloch sowie für We read Indie.

3. Jade Y. Chen: Die Insel der Göttin, Münchner Frühling Verlag

„Nach vielen Jahren der Wanderschaft kehrt die Ich-Erzählerin in die Heimat zurück und beginnt das Schicksal ihrer Familie zu entschlüsseln. Ich habe das Buch gelesen, als ich nach mehreren Jahren den Rückweg von Taiwan in meine Heimat antreten musste, und mir ist beim Lesen klar geworden, wie sehr mir das Land ans Herz gewachsen war. Aus einer Familiengeschichte von drei Generationen lässt die Autorin ein Panorama entstehen, das von der japanischen Kolonialzeit bis in die Gegenwart reicht. Ohne falsche Sentimentalität erzählt sie von den Verheerungen, welche Krieg und Politik in Taiwan angerichtet kalender03haben, und macht begreiflich, wie viel Leid hinter der Sprachlosigkeit der Figuren steht – auch demjenigen, den keine persönliche Geschichte mit dem Ort verbindet.“ (Bestellen)

Stephan Thome, 1972 in Biedenkopf/Hessen geboren, studierte Philosophie und Sinologie und arbeitete zehn Jahre in Ostasien. Mit den Romanen Grenzgang (2009) und Fliehkräfte (2012) war er bereits zweimal auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.

4. Wolfgang Sofsky: Einzelgänger, Matthes & Seitz Verlag

„Wolfgang Sofskys Erzählungen sind ein literarischer Hochgenuss. Zwar sind sie nicht in jedem Falle dazu geeignet, zur Hebung der Stimmung beizutragen, eher versetzen sie in einen Zustand kratzigen Weltschmerzes, werfen sie hinein in einen Strudel aus kalender04Fatalismus und Ohnmacht, aber das tun sie so gekonnt, dass man sich auch in besinnlicher Zeit gern in diesen Zustand versetzen lässt. Märchenhaft, sprachlich brilliant und mitreißend, ein tolles Geschenk für alle, die sich gelegentlich der literarischen Melancholie hingeben.“ (Weiterlesen/bestellen)

Sophie Weigand, geboren 1989 in Magdeburg, absolviert eine Buchhandelsausbildung in Lübeck, betreibt den Blog Literaturen und schreibt neben We read Indie auch für Ein Achtel Lorbeerblatt und booknerds.de.

5. Elif Shafak: Die vierzig Geheimnisse der Liebe, Kein & Aber

Die vierzig Geheimnisse der Liebe von Elif Shafak ist eine literarische Goldgrube, aus der man stets schöpfen kann und die nie leer wird. Es ist ein Buch über zerstörerische Eifersucht, Verzweiflung, über den ewigen Kampf zwischen Vernunft und Gefühl, über den Islam als Religion der Liebe. Ein Märchen für Erwachsene, eine Liebesgeschichte, ein Buch über Suchen und Finden, ein Wegweiser in Sachen Liebe, eine kalender05Hymne auf die Liebe und Freundschaft, ein kraftvolles Buch über Spiritualität. Ein Buch, das zu einem Lebensbuch werden kann, in dem man Notizen macht, zu dem man greift, wenn es einem nicht so gut geht oder wenn man sich von der Worten streicheln lassen möchte. Ein Buch voller scharfsinniger Beobachtungen, die einem beim Lesen manchmal den Atem rauben.“ (Bestellen)

Dorota Federer arbeitet als Buchhändlerin, bloggt als Bibliophilin über ihre Suche nach literarischen Schätzen und ist ein Mitglied des We-read-Indie-Teams.

6. Michael Weins: Goldener Reiter, mairisch Verlag

„Ich bin Ohren. Dieser Satz auf der ersten Seite von Michael Weins‘ Roman Goldener Reiter ist vielleicht daran schuld, dass ich überhaupt mit dem Schreiben angefangen habe. Das Buch, 2002 zuerst bei Rowohlt als Taschenbuch erschienen, hat mich und meinen Blick auf Literatur verändert. Goldener Reiter ist die Geschichte des 11jährigen Jonas Fink, dessen alleinerziehende Mutter in die tiefen einer psychischen Krankheit abrutscht und schließlich in eine Klinik eingewiesen wird. Erzählt wird aus Jonas‘ Perspektive, die auf mich einen ungeheuren Sog ausgeübt und mich tief bewegt hat. Ich weiß nicht, wie oft ich das Buch kalender06bisher verschenkt habe. Plötzlich war es nicht mehr lieferbar. Wie gut, dass Michael Weins literarische Heimat, der mairisch Verlag, es nun in wunderschönem Design neu aufgelegt hat. Es ist gold. Es ist gut. Es ist besonders. Ich lege es euch ans Herz.“ (Weiterlesen/Bestellen)

Karen Köhler hat Schauspiel studiert, sie schreibt seit ein paar Jahren Theaterstücke und Prosa. Im Herbst 2014 erscheint ihr erster Erzählband Wir haben Raketen geangelt im Hanser Verlag. Wenn sie Bock hat, illustriert sie alles Mögliche.

7. Claire Beyer: Refugium, Frankfurter Verlagsanstalt

„Claire Beyer ist mit Refugium ein außergewöhnlicher Roman gelungen, der bezaubert und verstört. Zusätzlich erhält die Geschichte durch die mystische und eiskalte schwedische Winterlandschaft einen Hauch von Magie. Refugium lässt sich als Kriminalliteratur lesen, wobei für mich jedoch weniger die Suche nach dem Verschwundenen im Vordergrund stand, als die Entdeckung der Hauptfigur ein eigenes Leben zu haben, das immer noch aus Träumen und Wünschen besteht. kalender07Claire Beyer ist ein sensibles Stück Literatur gelungen, ein feiner und leiser Roman, der irgendwo ganz tief in meiner Brust immer noch nachklingt.“ (Weiterlesen/bestellen)

Mara Giese hat Literaturwissenschaft studiert und bloggt bei Buzzaldrins Bücher über zeitgenössische Literatur.

8. Michael Weins: Lazyboy, mairisch Verlag

„Immer noch ein Geheimtipp, aber das ideale Buch für Murakami-Fans, um die Wartezeit auf den neuesten Roman Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki, der im Januar erscheint, zu überbrücken: Lazyboy von Michael Weins enthält viele Murakami-typische Elemente, spielt an auf Hard-Boiled Wonderland und Mister Aufziehvogel. kalender08Aber es ist noch viel mehr als das: Weins bringt einen ganz besonderen Humor mit ein, spielt mit Sprache und entwickelt so eine skurrilen aber herzlichen Roman mit unvorhergesehenem Ende.“ (Bestellen)

Neben Murakami stellt Friederike auf japanliteratur.net noch viele weitere Werke japanischer Autoren vor – darunter auch Titel, die bisher noch gar nicht in Deutschland erschienen sind.

9. Sorel & Seksik: Die letzten Tage von Stefan Zweig, Jacoby & Stuart

Die letzten Tage von Stefan Zweig haben mir die verzauberte Tür zu Graphic Novels geöffnet. Ein Genre, mit dem ich bis dahin regelrecht gefremdelt hatte. Eben so lange, bis ich mich in dieses wunderschöne Cover von Sorel verliebt habe und dieses Buch daraufhin unbedingt lesen musste. Guillaume Sorel findet wundervoll melancholische Farben und Bilder für die von Laurent Seksik kenntnisreich und sensibel adaptierte Geschichte. Wir begleiten Stefan Zweig und seine zweite Ehefrau Lotte auf der Flucht vor den Nazis ins Exil nach Brasilien. Wir erleben den Schriftsteller in den letzten Schimmern der Hoffnung und dann schlussendlich in der absoluten Gewissheit, dass er ohne seine ‚geistige Heimat Europa‘ nicht mehr leben will. Dieses Werk ist weit mehr, als nur ein Puzzlestück zu Stefan Zweigs Biographie. Es ist eine Studie zur Psychologie derer, die heimatlos geworden sind, kalender09es ist eine glühende Erinnerung an die Liebe eines Paares, das gemeinsam den Freitod wählte und es macht vor allem unglaublich hungrig auf die Werke dieses großartigen Intellektuellen.“ (Bestellen)

Maria-Christina Piwowarski ist Buchhändlerin bei ocelot, not just another bookstore. Sie wurde 1982 geboren und hat zwei Söhne.

10. Aleks Scholz: Lug, Ton und Kip. Die Erforschung der Wicklows, CulturBooks

„Aleks Scholz läuft die Wicklow Mountains ab. Er lässt sich vollregnen, wälzt sich im Matsch, kämpft mit Fliegen und beschließt zwischendrin auch mal, sein Leben zu ändern. Irgendwann weiß er alles über Moos und diese seltsamen Berge, Hügel eigentlich, außer vielleicht, warum er das ständig tut, immer wieder auf ihnen herumzuwandern. Oder weiß er es doch? Ein ganz großartiger, kalender10lakonischer, rührender Text über die Liebe zum Wandern und zu den Bergen, dringend etwas für wandernde und nicht wandernde Irlandbereisende und Menschen, die gern ein bisschen für sich sind.“ (Bestellen)

Zoë Beck, geboren 1975, Autorin und Übersetzerin, Verlegerin bei CulturBooks. (Foto © Victoria Tomaschko)

11. Jan Skudlarek: Elektrosmog, luxbooks

„Dieses Jahr war ein ganz besonders gutes Lyrik-Jahr! Mit Björn Kuhligk, Ron Winkler, Uljana Wolf und Steffen Popp haben einige der besten Gegenwartslyriker neue Bände vorgelegt; außerdem gab es auch ganz neue Stimmen wie Tristan Marquardt, Sascha Kokot und eben Jan Skudlarek, die jeweils mit ihrem Erstlingsband debütiert haben. Skudlareks Elektrosmog, das bei luxbooks erschienen ist, möchte ich den We-Read-Indie-Lesern besonders ans Herz legen: Die Gedichte stecken voller Sprachspielereien, surrealer Momente und brechen mit so ziemlich allen denkbaren Erwartungshaltungen. Der Leser wird mit ungewöhnlichen Bildern oder Horrorfilmzitaten auf falsche Fährten geführt und an den Rand der Verstörung gebracht. kalender11Stille Kontemplation oder klagendes Pathos sind Skudlareks Sache nicht, stattdessen bekommt man es mit einer kühlen, oft ironisch-maschinenhaften Sprache zu tun, die aus einem Science-Fiction-Film stammen könnte, aber eigentlich ziemlich genau in unsere Gegenwart trifft, die von Google, Facebook und Apple-Produkten dominiert wird. Kostprobe: ‚wenn du nicht sprichst, sind deine lippen offline. / könnte man zumindest meinen. systemneustart, / diese ganze gegend muss neu gebootet werden.‘ Sollte man riskieren – mit Elektrosmog ist man mittendrin in der jungen, spannenden Gegenwartslyrik!“ (Bestellen)

Fabian Thomas, geboren 1983, ist Herausgeber des Kulturblogs The Daily Frown, bloggt für die Buchhandlung ocelot, not just another bookstore und ist Mitgründer der unabhängigen digitalen Verlagsplattform shelff. Er lebt in Berlin.

12. Jutta Person: Esel, Matthes & Seitz Verlag

„Ein magisches kleines Büchlein über ein Tier, das in der langen Geschichte seiner Beziehung mit den Menschen, als Nutztier und Projektionsfigur, viele Verwandlungen durchgemacht hat. Manche Szenen und Beschreibungen erinnern in ihrer Zartheit an W. G. Sebald, kalender12und das Buch ist von einer beneidenswerten Klugheit. Beim Lesen dachte ich: Wozu Romane schreiben? Das hier ist so viel gehaltvoller.“ (Bestellen)

Clemens J. Setz, geboren 1982, lebt als Übersetzer und Schriftsteller in Graz. Mit den Romanen Die Frequenzen und Indigo stand er auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises, für den Erzählband Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes wurde er 2011 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. (Foto © Paul Schirnhofer)

13. Erich Mühsam: Tagebücher, Verbrecher Verlag

„Erich Mühsam. Der Name war immer präsent, aber bis auf eine Anekdote aus DDR-Zeiten – ein Kalenderblatt vom 10. Juli wurde umgedeutet: aus ‚Erich Mühsam ermordet‘ wurde ‚Erich [Honecker] mühsam ermordet‘ – und einzelnen Gedichten mir kaum bekannt. Die Tagebücher, die seit 2011 im Verbrecher Verlag erscheinen, haben das gründlich geändert. Das pralle Nachtleben der Münchner Boheme vor dem ersten Weltkrieg, das man sich jetzt dort kaum vorstellen kann. Der für Mühsam anhaltende ‚Dalles‘ (Geldverlegenheit). Und sein erotischer Missstand (‚Wie ist es blos denkbar, daß ich, da ich – das bilde ich mir doch ein – ein Erotiker bin, wie nicht viele herumlaufen, daß ich kalender13so maßlos wenig Glück bei den Frauen habe?‘). All das hat Mühsam humorvoll, manchmal auch bissig, beleuchtet. Für mich sind die Tagebücher die verlegerische und herausgeberische Großtat der letzten Jahre.“ (Bestellen)

Leif Greinus, geboren 1976 in Dresden, ist Mitgründer und Verleger vom Verlag Voland & Quist sowie Initiator der Lesebühne Sax Royal und des Dresdner Festivals Literatur Jetzt.

14. Tschingis Aitmatow: Dshamilja, Unionsverlag

Dshamilja war die erste Liebesgeschichte, die mich wirklich ergriffen hat, und noch heute ist es für mich eine der schönsten überhaupt. Beim Lesen erging es mir wie der Hauptfigur Dshamilja in der Erzählung: Es startet völlig unverdächtig, entfaltet langsam seinen Zauber und kalender14verändert zuletzt den Blick auf die eigene Welt. Ein wunderbares kleines Buch, das in mir auflebt, wann immer ich daran denke.“ (Bestellen)

Leander Wattig, geboren 1981, ist Blogger und trägt mit Projekten wie Ich mach was mit Büchern und der deutschlandweiten Stammtisch-Reihe „Pub ’n‘ Pub“ zur stärkeren Vernetzung der Buchbranche bei.

15. Abbas Khider: Brief in die Auberginenrepublik, Edition Nautilus

„Salim wird wegen des Besitzes illegaler Bücher im Irak verhaftet und gefoltert. Ihm gelingt die Flucht und er schlägt sich im lybischen Exil durch. Doch er hat nichts mehr von seiner Familie oder seiner Geliebten Samia gehört. Allerdings hat er von einem Netzwerk illegaler Briefboten gehört. Dieses Netzwerk überspannt die ganze arabische Welt. Er beschließt, Samia über diesen Weg ein Lebenszeichen zukommen zu lassen. Eine Alternative zum geschriebenen Brief gibt es im Jahr 1999 auch noch nicht wirklich. Mit kalender15diesem Brief, in dem jedes Wort an der richtigen Stelle sitzt, schickt uns Abbas Khider auf eine lange Reise in die arabische Welt. Wir lernen die Menschen kennen, die diesen Brief in den Händen halten, und erfahren, warum sie das tun. Ein großartiges Buch!“ (Bestellen)

Selma Wels, geboren 1979 in Pforzheim, ist Mitbegründerin des Berliner binooki Verlags, der junge türkische Literatur in deutscher Sprache veröffentlicht.

16. Steven Uhly: Adams Fuge, secession Verlag

„Dass dieses Buch zumindest interessant ist, das zeigen vier 5-Sterne- sowie zwanzig 1-Sterne-Rezensionen auf Amazon. Es polarisiert und es überfordert diejenigen Leser, die Bücher nur aufgrund von Berichten bei den öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten kaufen. Gut so. Dass dieses Buch im Übermass klug, krank, fesselnd, tieftraurig, hoch politisch und absurd witzig ist, ist das große Verdienst von Steven Uhly. Er erzählt seine komplexe Geschichte über Identität, Migration, Integration und Mord in einer kunstvoll einfachen Sprache und reiht, fernab von realistischer Erzählung, die Szenen doch so aneinander, dass sie Sinn ergeben und in sich schlüssig sind. kalender16So schlüssig, dass ein Pflaster als Ursache für Blindheit logisch ist, und so schlüssig, dass urplötzlich auf einer halben Seite die scharfsinnigsten Sätze zur Integration stehen. Eines der wenigen Bücher, die man wirklich unbedingt gelesen haben muss.“ (Bestellen)

André Gstettenhofer, geboren 1971 in Zürich, ist Gründer und Verleger des Salis Verlags und kümmert sich dort um junge deutschsprachige Literatur. Er pendelt zwischen Berlin und Zürich.  (Foto © Michel Gilgen)

17. Benjamin Maack: Monster, mairisch Verlag

„Benjamin Maack habe ich erst nach seiner grandiosen und preisgekrönten Lesung in Klagenfurt in diesem Jahr so richtig für mich entdeckt. In seinen Erzählungen im Buch Monster geht es um die Verlorenen, die Tragischen, die Deformierten, die Ver- und Gestörten, um Monster wie dich und mich. Dass er ihren Schicksalen eine rührende Komik abtrotzt, dass er sie einfängt in starken Bildern und einem wahnsinnigen kalender17Rhythmus, den man spätestens dann nie wieder vergisst, wenn man Benjamin Maack einmal hat vorlesen hören, das schadet nicht. Und dass der mairisch Verlag seine Bücher wunderbar ausstattet und einen Code fürs kostenlose eBook mit eindruckt genauso wenig.“ (Bestellen)

Anvar Cukoski ist seit 2009 Lektor im Berlin Verlag und hat dort in diesem Herbst zum Beispiel die Romane von James Salter und Katharina Hartwell betreut.  (Foto © Rabea Edel)

18. Simon Urban: Gondwana, Schöffling & Co.

„Simon Urban nimmt sich in seiner neuen Krimisatire Gondwana (erscheint im April 2014 im Verlag Schöffling & Co.) die Religion an sich vor und hat ein Zukunftsszenario entworfen, das es in sich hat: Die gesamte Menschheit ist unter einer großen Weltreligion vereinigt, weil es angeblich nur so Frieden geben kann, und wird von einem Pafizik-Atoll aus beherrscht. Doch dann geschieht dort ein Mord, der alles durcheinander wirbelt – und aufklären soll ihn ausgerechnet der radikal ungläubige Inspector Ahorn. Leider geht jetzt das Chaos erst richtig los. Nachdem Urban schon in seinem ersten Roman Plan D souverän ein Paralleluniversumkalender18 entworfen hat, wie man es so vorher noch nicht gelesen hatte, treibt er das jetzt in Gondwana auf die Spitze. Böse, temporeich, sehr unterhaltsam, dazu sogar noch versehen mit Comic-Zeichnungen von Ralph Niese. Und wer nicht bis April warten kann, kann ja vorher schnell noch Plan D lesen!“ (Gondwana vormerken / Plan D bestellen)

Daniel Beskos, geboren 1977, ist Verleger des mairisch Verlags und Erfinder des Indiebookdays.

19. Finn-Ole Heinrich: Räuberhände, mairisch Verlag

„Finn-Ole Heinrichs Romandebüt Räuberhände, bereits 2007 im großartigen mairisch Verlag erschienen und nun auch als Hörbuch erhältlich, ist die Geschichte einer Jungen- und Jugendfreundschaft, die mich beim Lesen nachhaltig beeindruckt hat. Samuel und Janik; der eine, Sohn einer Pennerin und eines ihm unbekannten Vaters, der andere aus linksliberalem Haushalt, erleben einen intensiven Sommer. Janik wächst als Ziehsohn in der Familie Samuels auf, die Sehnsucht nach seiner wahren Herkunft wird aber immer größer. Er fängt an, sich seinen Wurzeln zu nähern. Die Freundschaft der beiden Protagonisten wird dabei auf eine harte Probe gestellt, Samuel versteht seinen langjährigen kalender19Freund plötzlich nicht mehr. Doch wird er ihm auf der Suche nach seinem Vater sogar bis nach Istanbul folgen … Eigentlich ein Jugendroman, beindruckt die klare und sensible Sprache, die Finn-Ole Heinrich findet, auch jeden erwachsenen Leser.“ (Buch bestellen / Hörbuch bestellen)Frithjof Klepp ist leidenschaftlicher Buchhändler seit fünfzehn Jahren und gründete 2012 ocelot, not just another bookstore in Berlin-Mitte. (Foto © Yves Sucksdorff)

20. Sabine Scho: Tiere in Architektur. Texte und Fotos, kookbooks

„Die Poesie hat es schwer in diesen Zeiten. Zwar wird sie in Sonntagsreden hochgehalten, auch Poesiefestivals sind gut besucht, aber wehe, wenn es um das Lesen, das Kaufen oder gar um das Verlegen von Gedichtbänden geht. Poesie braucht Refugien, und eines davon ist der von Daniela Seel vor zehn Jahren ins Leben gerufene Kookbooks Verlag. Soeben ist dort der schöne Band Tiere in Architektur. Texte und Fotos von Sabine Scho erschienen. Scho ist seit vielen Jahren an einer bestimmten Form der gated communities interessiert: vom Leben der Tiere im Zoo. Neben einem reichen Fototeil mit Abbildungen von Flughunden, Pinguinen, Löwen und noch viel mehr Zootieren vervollständigen kurze Prosatexte und Gedichte den Band. Immer geht es um die kalender20Kreatur und darum, wie die Tiere, mehr oder weniger unfrei, in den vom Menschen geprägten Räumen leben. Und, das muss auch noch gesagt sein, die kookbooks-Bücher, jeweils gestaltet von Andreas Töpfer, sind, jedes für sich, ein Augenschmaus.“ (Weitere Infos zum Buch)

Thomas Geiger, geboren 1960, arbeitet im Literarischen Colloquium Berlin und ist dort zuständig für das Literaturprogramm sowie für die Redaktion der Zeitschrift Sprache im technischen Zeitalter. (Foto © Tobias Bohm)

21. Wsewolod Petrow: Die Manon Lescaut von Turdej, Weidle Verlag

Die Manon Lescaut von Turdej von Wsewolod Petrow ist ein schmales Buch, aber voller großer Gefühle, in denen ich versinke. Eine Liebesgeschichte, die mit jeder Seite ihren Zauber entfacht und mich die Kälte und die Hässlichkeit des Zweiten Weltkrieges, vor dessen Kulisse sie spielt, fast vergessen lässt. Es ist die Liebe mit ihrer großen Kraft, die ihren Rettungsschirm über die beiden Protagonisten spannt. Und mich dabei mit einnimmt. Obwohl Petrows Erzählweise unaufgeregt ist, erzeugt sie dennoch auf bezaubernde Weise so viele Gefühle und unvergesslich betörende Momente, dass ich sie konservieren möchte, weil sie so wunderschön sind. kalender21Ein Juwel in der Literatur, der dank des Weidle Verlags uns allen zugänglich gemacht wurde und eine wertvolle Kostbarkeit ist. Verdienterweise hat es dieses Jahr den Hauptpreis der Hotlist als bestes Buch aus unabhängigen Verlagen erhalten!“ (Weiterlesen / bestellen / E-Book kaufen)

Simone Finkenwirth ist ausgebildete Verlagskauffrau, arbeitet als Führungskraft im Buchhandel und betreibt seit 2010 ihren Literaturblog Klappentexterin. Sie hat das Projekt We read Indie initiiert.

22. Clemens J. Setz: Die Frequenzen, Residenz Verlag

„Clemens J. Setz‘ Roman Die Frequenzen wurde wegen seines überambitionierten, ausufernden Wesens vielerorts kritisiert, und zugegeben: Den Faden droht man mehr als einmal zu verlieren. Aber das ist in diesem Fall nicht wirklich schlimm, allein die überbordende Fabulierlust des Autors ist Freude genug. Für die Geschichte, die hier erzählt wird, würden im Grunde zweihundert Seiten genügen, doch Setz webt um sie herum einen Teppich aus sympathisch-schrulligen Details, bedient sich verschiedener Perspektiven, Zeitebenen und Textsorten und erzählt unzählige skurrile Mikrogeschichten innerhalb der eigentlichen Geschichte. Die kühne, eigenwillige, höchst poetische Sprache und der daraus hervorgehende Witz halten alles zusammen, es bereitet ein unsägliches Vergnügen, sich in den außergewöhnlich geistreichen und schrägen Bildern zu verlieren. kalender22Als ‚Semi-Lebewesen aus Papier und Karton‘ werden Bücher an einer Stelle bezeichnet: Die Frequenzen sind genau das – ein Lebewesen, ein Werk voller Leben, farbenprächtig und sprachlich opulent.“ (Weiterlesen/bestellen)

Caterina Kirsten, geboren 1985, arbeitet in der copywrite Literaturagentur, bloggt auf SchöneSeiten über Gegenwartsliteratur sowie anspruchsvolle Krimis und ist Mitglied des We-read-Indie-Teams.

23. Noelia Blanco & Valeria Docampo: Im Garten der Pusteblumen, mixtvision

Im Garten der Pusteblumen von Noelia Blanco ist eine Ode an das Wünschen in einem Zeitalter, in dem so viele Bedürfnisse per Knopfdruck befriedigt werden können. So auch im Tal der Windmühlen, in dem die Perfekten Maschinen nahezu jeden Wunsch der Talbewohner unverzüglich umsetzen. Der perfekte Moment? Klick, erfüllt. Ein guter Freund? Mit einem schnellen Tastendruck ist er da. Aufgrund dieser unkomplizierten Methode verlernen die Bewohner das Wünschen und verlieren dadurch schleichend den Sinn für die Besonderheit des Träumens – außer einer kleinen Schneiderin und einem Vogelmann, die beide einen Herzenswunsch haben, der sich mit keiner Maschine der Welt erfüllen lässt. Erst durch das Aufeinandertreffen der beiden und mithilfe einer altbewährten Methode, bei der der Wind eine tragende Rolle spielt, wird den Talbewohnern wieder bewusst, worin die Magie des Wünschens eigentlich besteht… Noelia Blanco hat mit Im Garten der Pusteblumen eine kalender23Geschichte ersponnen, die ganz wunderbar, aber nicht nur in die Weihnachtszeit passt, weil sie den Blick weg vom stupiden Konsumrausch und hin zu dem Wesentlichen lenkt. Über Valeria Docampos Illustrationen lässt sich nur eines sagen: Wunderschön und märchenhaft fantasievoll! Eine Empfehlung für all jene, die verträumte Geschichten und bezaubernd illustrierte Bilderbücher mögen.“ (Bestellen)

Ada Mitsou ist ausgebildete Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste und geht diesem Beruf mit Freude nach. Seit 2009 schreibt sie auf Ada Mitsou liest… ihre Gedanken zu Büchern und damit verwandten Themen nieder. Ihr Herz schlägt ganz besonders für Kinderbücher.

3 Kommentare zu „Indie-Adventskalender 2013

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