Noch anderthalb Wochen bis zum Indiebookday – es gibt kaum einen besseren Anlass, um eine neue Reihe ins Leben zu rufen, in der wir mit den Menschen hinter den aufregenden Verlagsprogrammen reden: »We talk Indie«. Letzte Woche machten die Damen von binooki im Gespräch mit der Klappentexterin den Anfang, nächste Woche folgt das Verlagshaus J. Frank | Berlin. Heute hingegen kommen Sebastian Wolter und Leif Greinus zu Wort, die Gründer des Leipziger Verlages Voland & Quist. Alle drei genannten Verlage werden gemeinsam mit Dörlemann auch eine Rolle am 22. März spielen. Ihr dürft gespannt sein!
Sebastian Wolter und Leif Greinus / Foto © Robert Gommlich
Wie ist es zur Gründung des Verlages gekommen?
Sebastian Wolter: Leif Greinus und ich haben uns während des Studiums kennengelernt und dann schnell nebenbei aus Spaß Literaturveranstaltungen organisiert. Dort haben wir Autoren kennengelernt, die wir toll fanden, das waren z.B. Nora Gomringer, die Surfpoeten, damals noch mit Ahne und Spider, oder auch Volker Strübing. Die sind alle bis heute im Verlag übrigens. Die Idee einen Verlag zu gründen wuchs dann langsam, und als wir mit dem Studium fertig waren, haben wir es gewagt und Voland & Quist gegründet.
Welche Schwerpunkte setzt Voland & Quist? Was zeichnet den Verlag aus?
Allgemein gesagt: Voland & Quist verlegt zeitgemäße urbane Literatur – und das in den deutschsprachigen Reihen meist als Buch mit CD, damit man unsere Autoren und Autorinnen auch hören kann. Wir finden, das gehört bei ihnen, die sehr gute Vorleser bzw. Vortragende sind, dazu. Genauer betrachtet sind unsere Schwerpunkte Lesebühnenliteratur, Spoken-Word-Lyrik, Romane/Erzählungen junger osteuropäischer Autoren sowie Comedy und Kinderbücher.
Welchen Herausforderungen musstet ihr euch anfangs stellen? Sind es dieselben wie heute?
Das hat sich schon ziemlich gewandelt. Am Anfang mussten wir uns Geld leihen, um das erste Programm zu finanzieren. Unseren Lebensunterhalt bestritten wir zum großen Teil über Nebenjobs, das ist nun zum Glück nicht mehr notwendig. Der Verlag ist zudem mittlerweile auch schuldenfrei. Neue Herausforderungen betreffen Personalführung (wir haben jetzt drei fest angestellte Mitarbeiter) und vor allem den digitalen Wandel: Wie stellen wir uns mit unserem Programm darauf ein? Wie wollen unsere Leser unsere Autoren in Zukunft lesen? Wo erreichen wir sie? Nach den „normalen“ eBook-Umsetzungen unserer Printtitel haben wir jetzt ein neues Projekt für digitales Lesen gestartet, eine App für Kurzgeschichten: „A Story A Day“. Wie der Name schon sagt, bekommt man jeden Tag eine Kurzgeschichte aufs Handy. Bezahlt wird im Abo: 4,99 Euro/Monat. Das ist ein Versuch, unsere Geschichten unabhängig vom Format Buch zu vertreiben und neue digitale Wege zu beschreiten. In Zukunft wollen wir den Pool an Geschichten noch um Texte befreundeter Autoren und Verlage erweitern.
Was schätzt ihr an der unabhängigen Kleinverlagswelt?
Die Eigenwilligkeit der Programme und den Enthusiasmus der Menschen dahinter. Sowohl die Verlagsprogramme als auch die Verleger haben Charakter. Wirkliche Entdeckungen sind unserer Meinung vor allem hier möglich, weniger bei den Konzernverlagen.
Wie beurteilt ihr in diesem Kontext – Kleinverlage auf der einen Seite, Konzernverlage auf der anderen – den aktuellen Streit um den Wanderhuren-Titel?
Das kann man nicht verallgemeinern auf einen grundsätzlichen Konflikt „kleine Verlage gegen große Verlage“. Es geht hier um verschiedene Auffassungen davon, was Satire darf. Wir sind der Meinung, dass unser Titel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ durch die Kunstfreiheit gedeckt ist. Da hat Droemer Knaur ganz andere Vorstellungen. Und nun wird am 13.3. ein Gericht entscheiden.
Welche Entwicklungen auf dem Buchmarkt / im Literaturbetrieb beschäftigen euch zurzeit besonders stark?
Die Digitalisierung und die Zukunft des Buchhandels, s. oben.
Zum Abschluss würden wir uns über eine Buchempfehlung freuen – aus eurem eigenen Programm oder dem eines anderen Indie-Verlages.
Dann machen wir einfach beides: Aus dem eigenen Programm empfehlen wir „Die Ankunft“ von Andrej Nikolaidis, der zum ersten Mal auf Deutsch erscheint. Das Buch ist eine Mischung aus Hardboiled-Krimi und historischem Roman. Eine Empfehlung aus einem anderen Indie-Verlag ist definitiv „Das Licht der Flammen auf unseren Gesichtern“ von Dorian Steinhoff aus dem mairisch Verlag – das sind toll geschriebene und berührende Erzählungen.
Besten Dank an Sebastian Wolter und Leif Greinus für das Gespräch!